BT-Drucksache 15/5309

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -15/4977- Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes

Vom 19. April 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5309
15. Wahlperiode 19. 04. 2005

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (14. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 15/4977 –

Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes

A. Problem
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 11. Dezember 2003 entschie-
den, dass aufgrund der 1999 erfolgten Änderung des Wohngeldgesetzes zum
1. Januar 2001 den Heimbewohnern gewährte Hilfe in besonderen Lebenslagen
nach dem Bundessozialhilfegesetz wohngeldrechtlich kein Einkommen ist; die
Anrechnung einer entsprechenden Pauschale aufgrund der Wohngeldverord-
nung ist durch die Ermächtigung im Wohngeldgesetz nicht gedeckt. Außerdem
können nach diesem Urteil eigene Einnahmen des Heimbewohners (z. B. eine
Rente) nicht bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen und beim Wohngeld
gleichzeitig anspruchsmindernd berücksichtigt werden. Aufgrund dieses Urteils
ist deshalb im Fall von Heimbewohnern die Zurechnung der Hilfe in besonderen
Lebenslagen zum Jahreseinkommen im Sinne desWohngeldgesetzes für die Zeit
vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2004 nicht möglich. Der Wille des
Gesetzgebers 1999 war es jedoch, den für den Lebensunterhalt bestimmten
Anteil der Hilfe in besonderen Lebenslagen dem wohngeldrechtlichen Einkom-
men zuzurechnen. DiesemWillen des Gesetzgebers, die hinsichtlich der Zurech-
nung der Hilfe in besonderen Lebenslagen zum wohngeldrechtlichen Einkom-
men bis Ende 2000 geltende Rechtslage fortzuführen, entsprachen die einhellige
Auslegung der 1999 geänderten Norm in Bund und Ländern sowie die einhellige
Vollzugspraxis.

B. Lösung
Mit der Änderung des Wohngeldgesetzes für die Zeit ab dem 1. Januar 2001 soll
der gesetzgeberische Wille klargestellt werden. Für die Zeit vom 1. Januar 2001
bis zum 31. Dezember 2004 soll die Einkommensermittlung für Heimbewohner
bei Empfang von Hilfe in besonderen Lebenslagen neu geregelt werden. Dabei
wird die Maßgabe des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtigt,
dass eigenes Einkommen von Heimbewohnern, welches bereits bei der Ermitt-
lung des Anspruchs auf Hilfe in besonderen Lebenslagen berücksichtigt wurde,
im Rahmen der Pauschalierung wohngeldrechtlicher Einnahmen abzusetzen ist.
Zur Sicherstellung der Anwendung der rückwirkenden Vorschriften erfolgen
entsprechende verfahrensrechtliche Änderungen des Wohngeldgesetzes. Zu

Drucksache 15/5309 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Gunsten betroffener Anspruchsberechtigter wird im Rahmen dieser Regelungen
ein Nachteilsausgleich geregelt.
Annahme des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
der CDU/CSU

C. Alternativen
Ablehnung des Gesetzentwurfs.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5309

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf – Drucksache 15/4977 – unverändert anzunehmen.

Berlin, den 13. April 2005

Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

Eduard Oswald Gero Storjohann
Vorsitzender Berichterstatter

Drucksache 15/5309 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Gero Storjohann

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 15/4977 in seiner 163. Sitzung am 10.März 2005 bera-
ten und an den Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungs-
wesen zur federführenden Beratung sowie an den Ausschuss
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Mitberatung
überwiesen. An den Haushaltsausschuss hat er den Gesetz-
entwurf gemäß § 96 der Geschäftsordnung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Mit dem Gesetzentwurf soll einem Urteil des Bundesverwal-
tungsgerichts vom 11. Dezember 2003 Rechnung getragen
werden, nach dem aufgrund der 1999 erfolgten Änderung
des Wohngeldgesetzes zum 1. Januar 2001 den Heimbewoh-
nern gewährte Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem
Bundessozialhilfegesetz wohngeldrechtlich kein Einkom-
men ist, die Anrechnung einer entsprechenden Pauschale
aufgrund der Wohngeldverordnung durch die Ermächtigung
im Wohngeldgesetz nicht gedeckt ist und eigene Einnahmen
des Heimbewohners (z. B. eine Rente) nicht bei der Hilfe in
besonderen Lebenslagen und beim Wohngeld gleichzeitig
anspruchsmindernd berücksichtigt werden können. Auf-
grund dieses Urteils ist im Fall von Heimbewohnern die Zu-
rechnung der Hilfe in besonderen Lebenslagen zum Jahres-
einkommen im Sinne des Wohngeldgesetzes für die Zeit
vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2004 nicht mög-
lich. Mit dem Gesetzentwurf soll für die Zeit vom 1. Januar
2001 bis zum 31. Dezember 2004 die Einkommensermitt-
lung für Heimbewohner bei Empfang von Hilfe in besonde-
ren Lebenslagen neu geregelt werden. Dabei soll die Maßga-
be des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtigt
werden, dass eigenes Einkommen von Heimbewohnern,
welches bereits bei der Ermittlung des Anspruchs auf Hilfe
in besonderen Lebenslagen berücksichtigt wurde, im Rah-
men der Pauschalierung wohngeldrechtlicher Einnahmen
abzusetzen ist. Zur Sicherstellung der Anwendung der rück-
wirkenden Vorschriften sollen entsprechende verfahrens-
rechtliche Änderungen des Wohngeldgesetzes erfolgen. Zu
Gunsten betroffener Anspruchsberechtigter soll im Rahmen
dieser Regelungen ein Nachteilsausgleich geregelt werden.

III. Stellungnahme des mitberatenden
Ausschusses

DerAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 15/4977 in seiner
53. Sitzung am 16. März 2005 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU
dessen Annahme.

IV. Beratungsverlauf im federführenden Aus-
schuss

Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 15/4977 in seiner
69. Sitzung am 16. März 2005 anberaten.

Die Fraktion der SPD vertrat die Auffassung, es handele sich
bei der vorgeschlagenenÄnderung desWohngeldgesetzes le-
diglich um eineKlarstellung. Das Bundesverwaltungsgericht
habe die bisherige Praxis in Frage gestellt; mit dem Gesetz-
entwurf solle dies wieder geheilt werden. Es sei wichtig, dass
der Gesetzgeber hier möglichst schnell Klarheit schaffe. Da
mehr Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. mehr Hilfe in beson-
deren Lebenslagen zu weniger Wohngeld führe und umge-
kehrt, bedeute die Änderung des Wohngeldgesetzes für die
Betroffenen von wenigen Ausnahmefällen abgesehen keine
Schlechterstellung. Der Gesetzgeber habe auch bei der ur-
sprünglichen Gesetzesfassung keine Besserstellung gewollt.
Ohne die Neuregelung könne es möglicherweise dazu kom-
men, dass rückwirkend Zahlungen in einer Größenordnung
von 800Mio. Euro zu leisten seien. Solche zusätzlichen Zah-
lungen an Heimbewohnerinnen und Heimbewohner hätten
aber nie dem Willen des Gesetzgebers entsprochen. Für
bestimmte Fälle sei im Gesetz ein Nachteilsausgleich vorge-
sehen. Sie fürchte auch, dass zusätzliche finanzielle Lasten,
die ohne die gesetzliche Änderung einträten, nicht anders
erwirtschaftet werden könnten als durch eine generelle Kür-
zung des Wohngeldes. Das wolle niemand. Der Bundesrat
habe gegen den Gesetzentwurf keinerlei Einwendungen er-
hoben. Es gehe bei dem Gesetzentwurf lediglich darum, dass
vom Gesetzgeber Gewollte, was auch gängige Praxis gewe-
sen sei, noch einmal klarzustellen. Es gehe hier nicht um eine
Verschlechterung für die Betroffenen, sondern um die
Vermeidung einer Besserstellung, die von Anfang nicht be-
absichtigt gewesen sei.
Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, sie sehe das Problem
des Gesetzentwurfs in der rückwirkenden Änderung der
Rechtslage. Die Bundesregierung gehe davon aus, dass
Sozialhilfeträger keinen Vertrauensschutz genössen, was
aber zweifelhaft sei. Sie wies darauf hin, dass der zuständige
Ausschuss für Städtebau und Wohnungswesen des Bundes-
rates zu dem Gesetzentwurf eine sehr kritische und ableh-
nende Stellungnahme abgegeben habe. Die Entscheidung
des Bundesrates, sich nicht gegen den Gesetzentwurf auszu-
sprechen, sei nur auf das Votum der Finanzexperten der
Länder zurückzuführen. Sie wolle sicherstellen, dass bei der
Entscheidung auch die Auswirkungen auf die kommunale
Seite mit berücksichtigt würden. Sie beantrage daher, vor
einer Entscheidung eine schriftliche Stellungnahme der
kommunalen Spitzenverbände einzuholen.
Die Fraktion der FDP bekundete, sie stimme dem Gesetzent-
wurf zu.
Auf Antrag der Fraktion der CDU/CSU beschloss der Aus-
schuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, den drei
kommunalen Spitzenverbänden gemäß § 69 Abs. 5 GO-BT
Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben.
Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände
hat daraufhinmit Schreiben vom 6. April 2005 folgende Stel-
lungnahme abgegeben (Ausschussdrucksache 15(14)1616):
Ausgangssituation
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 11. De-
zember 2003 festgestellt, dass eine anteilige Berücksich-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/5309

tigung von Leistungen der Hilfe in besonderen Lebenslagen
bei der Berechnung des wohngeldrechtlichen Einkommens
nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 2 Nr. 16 WoGG ausge-
schlossen ist. Für Heimbewohner bedeutet dies, dass ihnen
bei einem geringeren wohngeldrechtlichen Einkommen ein
höherer Wohngeldanspruch zusteht.
Für die Sozialhilfeträger bedeutet dies, dass sie über die den
Heimbewohnern geleistete Hilfe in besonderen Lebenslagen
seit 2001 das diesen zustehende Wohngeld teilweise quasi
vorfinanziert haben. Nach der Rechtsprechung des Bundes-
verwaltungsgerichts stehen ihnen in diesen Fällen somit als
nachrangig verpflichtete Sozialleistungsträger Erstattungs-
ansprüche zu. Soweit es in Folge der bisherigen Praxis der
Wohngeldstellen zur Ablehnung von Wohngeld oder zur
Bewilligung eines zu geringen Wohngeldes gekommen ist,
haben die Sozialhilfeträger zugleich nach § 44 SGB X die
Rücknahme der rechtswidrigen Verwaltungsakte und die
Neuentscheidung beantragt und können insoweit übergelei-
tete Ansprüche geltend machen.
Finanzielle Folgen
Die finanziellen Folgen sind erheblich: Die vom Gesetzent-
wurf ohne die beabsichtigte Neuregelung erwarteten Wohn-
geldmehrausgaben für Bund und Länder gemeinsam in Höhe
von bis zu 800 Mio. Euro würden zu einem Großteil den
Sozialhilfeträgern über die Erstattungsansprüche bzw. über-
geleiteten Ansprüche zustehen.
Dies soll nun durch den vorliegenden Gesetzentwurf ausge-
schlossen werden. Dies lehnen wir nachdrücklich ab. Damit
würde die vom Bundesverwaltungsgericht festgestellte ein-
deutige Rechtssituation zu Lasten der Sozialhilfeträger ge-
ändert werden und Bund und Länder würden sich von ihrer
gerichtlich festgestellten Leistungsverpflichtung entlasten.
Es käme zu einer ungerechtfertigten Verschiebung der
Finanzierungslast von dem für das Wohngeld zuständigen
Bund und Ländern auf die Kommunen als Sozialhilfeträger.
Wille des Gesetzgebers fraglich
Sofern in der Begründung zum Gesetzentwurf darauf abge-
stellt wird, es handele sich lediglich um die Umsetzung des
Willen des Gesetzgebers, der bereits bei der jetzigen Rege-
lung gewollt habe, den für den Lebensunterhalt bestimmten
Anteil der Hilfe in besonderen Lebenslagen dem wohn-
geldrechtlichen Einkommen zuzurechnen, sehen wir dies
nicht so eindeutig, wie die Begründung suggeriert.
Die in der Begründung zum vorliegenden Gesetzentwurf auf
S. 8 zitierte Begründung aus der Drucksache 14/1636 wird
nur unvollständig wiedergegeben. Nicht aufgeführt wird der
Teil der Begründung, „dass es in der Regel nicht zu finanzi-
ellen Nachteilen für die Wohngeldempfänger kommen wird“.
Bei Heimbewohnern kommt es aber bei beiden Lesarten in
der Regel nicht zu finanziellen Nachteilen, da ein geringeres
Wohngeld durch höhere Leistungen der Hilfe zum Lebens-
unterhalt ausgeglichen wird.
Das Bundesverwaltungsgericht verweist auf S. 7 f. des Ur-
teilsumdrucks vom 11. Dezember 2003 zutreffend auf die
Formulierung „laufende Leistungen für den Lebensunter-
halt“, unter die auch der Anteil der Hilfe zum Lebensunter-
halt im Rahmen der Hilfe in besonderen Lebenslagen sub-
sumiert werden kann. Diese Formulierung steht aber
vorliegend nicht zur Disposition. Vielmehr hat der Gesetzge-

ber in § 10 Abs. 2 Nr. 16 WoGG die Formulierung „Leistun-
gen der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vor-
schriften des BSHG“ verwandt. Dies ist etwas anderes und
schließt, wie das BVerwG dargestellt hat, die Hilfe in beson-
deren Lebenslagen gerade nicht mit ein.
Rückwirkung
In der Begründung zum Gesetzentwurf wird – zutreffend –
ausgeführt, dass die geplante Änderung der Einkommens-
berechnung eine echte Rückwirkung entfaltet, da in die
Wohngeldnachzahlungsansprüche von Heimbewohnern ein-
gegriffen wird. Als Argument für die Zulässigkeit der Rück-
wirkung wird in der Begründung angeführt, ein Vertrauens-
schutz sei vorliegend nicht gegeben, da die betroffenen
Empfänger aufgrund der – vor dem Urteil des Bundesver-
waltungsgerichts – einhelligen Gesetzesauslegung und Pra-
xis nicht damit hätten rechnen können, höhere Wohngeld-
ansprüche zu haben.
Wir halten diese Argumentation nicht für tragfähig, da bei-
spielsweise im Land Baden-Württemberg schon im Jahr
2002, also weit vor der Entscheidung des Bundesverwal-
tungsgerichts im Dezember 2003, eine sehr hohe Zahl von
Widersprüchen gegen die Wohngeldbescheide mit der Be-
gründung eingelegt wurde, dass die Hilfe in besonderen Le-
benslagen kein Einkommen im Sinne des § 10 Abs. 2 Nr. 16
WoGG sei. Auch ohne die Bundesverwaltungsgerichtsent-
scheidung wurde mithin aufgrund des Gesetzeswortlautes
mit höheren Wohngeldansprüchen gerechnet, als nach da-
maliger Verwaltungspraxis zugebilligt. Insofern halten wir
das für eine Anwendung des rechtsstaatlichen Rückwir-
kungsverbots notwendige Vertrauen in die Fortgeltung der
bestehenden gesetzlichen Regelung für gegeben.
Den mit Rücksicht auf das Rückwirkungsverbot in dem Ge-
setzentwurf vorgesehenen Nachteilsausgleich für die betrof-
fenen HbL-Empfänger und private Dritte halten wir zudem
für nicht ausreichend. Denn die HbL-Empfänger wurden in
den meisten Fällen durch die fehlerhafte Einkommensbe-
rechnung nicht benachteiligt, da die niedrigeren Wohngeld-
zahlungen durch entsprechend höhere Leistungen der Hilfe
in besonderen Lebenslagen kompensiert wurden.
Insofern sind von der rückwirkenden Gesetzesänderung im
Wesentlichen die Sozialhilfeträger betroffen. Der Hinweis
auf ihre Rolle als „Träger öffentlicher Aufgaben“ vermag
hieran nichts zu ändern, da er die unterschiedliche Finanzie-
rungsverantwortung für das Wohngeld und die Sozialhilfe-
leistungen völlig außer Acht lässt. Die rückwirkende Geset-
zesänderung entlastet den Haushalt von Bund und Ländern
auf Kosten der Sozialhilfeträger. Insofern sind die Träger der
Sozialhilfe – unabhängig davon ob man das Rückwirkungs-
verbot aus Grundrechten oder aus allgemeinen Staatsprin-
zipien ableitet – vorliegend ebenso wie die HbLEmpfänger
und private Dritte von der Rückwirkung des Gesetzes nach-
teilig betroffen.
Aus den genannten Gründen bitten wir darum, von der ge-
planten Änderung des Wohngeldgesetzes und der Wohngeld-
verordnung Abstand zu nehmen.
Auf diese Stellungnahme hat das Bundesministerium für
Verkehr, Bau- und Wohnungswesen durch die Parlamentari-
sche Staatssekretärin Iris Gleicke, MdB, mit Schreiben vom

Drucksache 15/5309 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

11. April 2005 Folgendes erwidert (Ausschussdrucksache
15(14)1622):
I. Zu „Finanzielle Folgen“
Unzutreffend ist, dass durch den Gesetzentwurf eine „unge-
rechtfertigte Verschiebung der Finanzierungslast … auf die
Kommunen als Sozialhilfeträger (Kommunalen Spitzenver-
bände, S. 2, 2. Absatz [hier: oben Seite 4, rechte Spalte,
3. Absatz]) erfolge:
Da keine neue Belastung der Sozialhilfeträger erfolgt, son-
dern lediglich Erstattungsansprüche aus der Vergangenheit
nicht mehr durchgesetzt werden können (vgl. Gesetzesbe-
gründung. Drucksache 15/4977, S. 10), liegt keine unge-
rechtfertigte Finanzierungslastenverschiebung vor. Mit die-
sen Erstattungsansprüchen konnten die Träger auch nicht
rechnen. In einheitlicher Auslegung und Praxis wurde die
Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfege-
setz im bestimmten Umfang als wohngeldrechtliches Ein-
kommen angerechnet. Anders lautende Entscheidungen
wurden gerade nicht getroffen, Entscheidungen (bzw. Wider-
spruchsentscheidungen) wurden allenfalls ausgesetzt.
Hinzu kommt, dass in der der Sozialhilfe zu Grunde liegen-
den Finanzausstattung der Kommunen durch die Länder die
ursprüngliche Kostenverteilung für 2001 bis 2004 bereits
berücksichtigt worden ist (Finanzausstattung auf Grund des
Konnexitätsprinzips, An. 104a Abs. 1 GG).

II. Zu „Wille des Gesetzgebers fraglich“
Der Gesetzentwurf stellt den ursprünglichen Willen des
Gesetzgebers klar (vgl. Begründung, Drucksache 15/4977,
S. 9).
Soweit die Kommunalen Spitzenverbände argumentieren,
der gesetzgeberische Wille „sei nicht so eindeutig, „wie die
Begründung suggeriert“ (Kommunalen Spitzenverbände,
S. 2, 3. Absatz [hier: oben Seite 4, rechte Spalte, 4. Absatz]),
ist dies unzutreffend: Dieser Wille ist eindeutig, wie sich so-
wohl aus der Gesetzesbegründung als auch zusätzlich aus
der Systematik des § 10 Abs. 2 Nr. 16 (Nr. 7) WoGG ergibt
(vgl. Drucksache 15/4977, S. 8 f.).

III. Zu „Rückwirkung“
Die Rückwirkung des Gesetzes ist sowohl gegenüber den be-
troffenen Bürgern (denen für den Ausnahmefall finanzieller
Betroffenheit ein umfassender Nachteilsausgleich gewährt
wird) als auch insbesondere gegenüber den Sozialhilfeträ-
gern zulässig.
Die Kommunalen Spitzenverbände meinen, die betroffenen
Empfänger hätten damit rechnen können, höhere Wohngeld-
ansprüche zu haben; z. B. sei im Land Baden-Württemberg
2002 eine sehr hohe Zahl von Widersprüchen eingelegt wor-
den (Kommunalen Spitzenverbände, S. 3, 1. Absatz [hier:
oben Seite 5, linke Spalte, 4. Absatz]). Das Land Baden-
Württemberg hat bereits am 27. Mai 2004 mitgeteilt, dass die
Bearbeitung von Widersprüchen zurückgestellt werde; deren
Anzahl ist aufgrund des mit der Ermittlung verbundenen
hohen Verwaltungsaufwandes nicht bekannt.
Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
hat den Gesetzentwurf in seiner 70. Sitzung am 13. April
2005 abschließend beraten.
Die Fraktion der SPD stellte fest, sie unterstütze den Ge-
setzentwurf nach wie vor. Es sei zu erwarten gewesen, dass
die kommunalen Spitzenverbände so argumentieren würden,
wie sie es getan hätten. Die Bundesregierung habe diese Ein-
wände entkräftet. Sie seien zwar verständlich, aber in sich
nicht schlüssig.
Die Fraktion der CDU/CSU äußerte, sie halte die politische
Forderung aufrecht, diesen Gesetzentwurf nicht so zu be-
schließen, wie er vorgelegt worden sei. Die Bundesregierung
stelle fest, dass lediglich Erstattungsansprüche der
Sozialhilfeträger entfielen, was deutlich mache, dass es hier
Erstattungsansprüche der Kommunen oder der Sozialhilfe-
träger gebe. Dabei gehe es um eine Größenordnung von 800
Mio. Euro von der sich Bund und Länder zu Lasten der
Sozialhilfeträger befreien wollten. Man halte dies für rechts-
widrig und unbillig, zumal es rückwirkend für die Jahre 2001-
2004 geschehen solle. Man empfehle daher die Ablehnung
des Gesetzentwurfes.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte, sie
stimme dem Gesetzentwurf zu.
Die Fraktion der FDP bemerkte, der Gesetzentwurf sei die
Konsequenz einer Entscheidung des Bundesverwaltungs-
gerichtes; man werde ihm zustimmen.

Berlin, den 13. April 2005

Gero Storjohann
Berichterstatter

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