BT-Drucksache 15/5283

Energiegewinnung aus nachwachsenden Rohstoffen in Deutschland

Vom 12. April 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5283
15. Wahlperiode 12. 04. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek, Gerda Hasselfeldt, Franz Obermeier,
Dr. Rolf Bietmann, Artur Auernhammer, Peter Bleser, Jochen Borchert,
Klaus Brähmig, Helge Braun, Peter H. Carstensen (Nordstrand), Cajus Julius
Caesar, Gitta Connemann, Hubert Deittert, Thomas Dörflinger, Marie-Luise Dött,
Ingrid Fischbach, Dr. Maria Flachsbarth, Georg Girisch, Josef Göppel, Helmut
Heiderich, Ursula Heinen, Uda Carmen Freia Heller, Ernst Hinsken, Susanne
Jaffke, Dr. Peter Jahr, Volker Kauder, Julia Klöckner, Helmut Lamp, Dr. Klaus
W. Lippold (Offenbach), Doris Meyer (Tapfheim), Marlene Mortler, Ulrich Petzold,
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr, Dr. Klaus Rose, Norbert Schindler, Georg Schirmbeck,
Bernhard Schulte-Drüggelte, Kurt Segner, Max Straubinger, Volkmar Uwe Vogel,
Werner Wittlich und der Fraktion der CDU/CSU

Energiegewinnung aus nachwachsenden Rohstoffen in Deutschland

Angesichts der endlichen Verfügbarkeit fossiler Rohstoffe und der im Kyoto-
Protokoll vereinbarten Treibhausgasreduktionsziele nehmen der Einsatz erneu-
erbarer Energien sowie die Nutzung nachwachsender Rohstoffe weltweit an Be-
deutung zu. Nachwachsende Rohstoffe können sowohl einen Beitrag zur stoff-
lichen Nutzung, als auch zur Strom- und Wärmeerzeugung sowie zur
Kraftstoffgewinnung leisten.
Vor diesemHintergrund hat die Europäische Union (EU) verschiedene Ziele for-
muliert, durch die der Anteil erneuerbarer Energien und die Energiegewinnung
aus nachwachsenden Rohstoffen gesteigert werden soll. So soll zumBeispiel der
Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Bruttostromverbrauch in Europa bis
zum Jahre 2010 auf 21 Prozent erhöht werden. Für Deutschland bedeutet dies
eine Erhöhung des Anteils bis zum Jahr 2010 auf 12,5 Prozent und damit eine
Verdoppelung gegenüber dem Jahre 2000. Des Weiteren hat sich die EU zum
Ziel gesetzt, den Anteil von Biokraftstoffen im Kraftstoffmarkt bis zum Jahr
2005 auf 2 Prozent zu erhöhen, für das Jahr 2010 werden 5,75 Prozent ange-
strebt, im Jahr 2020 rechnet die EU mit einem Anteil von 8 Prozent.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Potenziale sieht die Bundesregierung für die Energieerzeugung aus

nachwachsenden Rohstoffen und Biomasse in Deutschland?
Wie teilen sich diese Potenziale jeweils auf die Strom-, Wärme- und Kraft-
stoffnutzung aus Biomasse sowie auf die stoffliche Nutzung auf?

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2. Welchen Jahresumsatz und welche Investitionen erzielen die verschiedenen
Nutzungspfade der nachwachsenden Rohstoffe und der Biomasse derzeit?
Wie teilen sich die Umsätze und Investitionen auf die Nutzungsbereiche
Strom (Kraftwerke, Biogasanlagen, Blockheizkraftwerke (BHKW) mit
Pflanzenöl bzw. Biodiesel etc.), Wärme (Biomasseheizwerke, diverse
Kleinfeuerungsanlagen), Biokraftstoffe (Biodiesel, Bioethanol, Pflanzenöl)
und stoffliche Verwertung konkret auf?

3. Wie hoch sind die Beschäftigungseffekte der verschiedenen Nutzungspfade
der nachwachsenden Rohstoffe und der Biomasse derzeit?
Wie teilen sich die Beschäftigten auf die Nutzungsbereiche Strom (Kraft-
werke, Biogasanlagen, BHKW mit Pflanzenöl bzw. Biodiesel etc.), Wärme
(Biomasseheizwerke, diverse Kleinfeuerungsanlagen), Biokraftstoffe (Bio-
diesel, Bioethanol, Pflanzenöl) und stoffliche Verwertung konkret auf?
Wie hoch werden die Beschäftigungseffekte gesamt und für die einzelnen
Nutzungspfade bis 2020 eingeschätzt?

4. Wie hoch sind die derzeitigen Exportumsätze der verschiedenen Nutzungs-
pfade der nachwachsenden Rohstoffe und der Biomasse?
Wie teilen sich die Exportumsätze auf die Nutzungsbereiche Strom (Kraft-
werke, Biogasanlagen, BHKW mit Pflanzenöl bzw. Biodiesel etc.), Wärme
(Biomasseheizwerke, diverse Kleinfeuerungsanlagen), Biokraftstoffe (Bio-
diesel, Bioethanol, Pflanzenöl) und stoffliche Verwertung konkret auf?
Welche Entwicklungschancen werden für die jeweiligen Nutzungspfade im
Exportmarkt gesehen?
Welche Exportquote ist möglich bzw. wird von der Bundesregierung ange-
strebt?

5. Welchen Beitrag leisten nachwachsende Rohstoffe (und Biomasse) bereits
heute zur CO2-Einsparung?
Wie teilen sich die CO2-Einsparungen auf die Nutzungsbereiche Strom(Kraftwerke, Biogasanlagen, BHKW mit Pflanzenöl bzw. Biodiesel etc.),
Wärme (Biomasseheizwerke, diverse Kleinfeuerungsanlagen), Biokraft-
stoffe (Biodiesel, Bioethanol, Pflanzenöl) und stoffliche Verwertung kon-
kret auf?
Welche weiteren Potenziale gibt es in diesem Bereich noch?

6. Wie hoch sind die CO2-Vermeidungskosten für die jeweiligen nachwach-senden Rohstoffe sowie für die einzelnen Marktsegmente Strom, Wärme,
Biokraftstoffe und stoffliche Verwertung (in Euro je Tonne CO2)?

7. Welchen Anteil hat derzeit die stoffliche Nutzung auf Basis nachwachsen-
der Rohstoffe in Deutschland (absolut und in Prozent)?

8. Welchen Anteil haben derzeit erneuerbare Energien auf Basis nachwachsen-
der Rohstoffe und Biomasse an der Stromerzeugung in Deutschland diffe-
renziert nach Biomasse(heiz-)kraftwerken, Biogasanlagen, BHKW mit
Pflanzenöl bzw. Biodiesel etc. (absolut und in Prozent sowie nach Höhe der
installierten Leistung)?
Welchen Anteil haben derzeit erneuerbare Energien auf Basis nachwachsen-
der Rohstoffe an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien differen-
ziert nach Biomasse(heiz-)kraftwerken, Biogasanlagen, BHKW mit Pflan-
zenöl bzw. Biodiesel etc. (absolut und in Prozent sowie nach Höhe der
installierten Leistung)?

9. Welchen Anteil haben derzeit erneuerbare Energien auf Basis nachwachsen-
der Rohstoffe (und Biomasse) an der Wärmeerzeugung in Deutschland dif-

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ferenziert nach Biomasseheizwerken und den diversen Kleinfeuerungsanla-
gen (Holzpelletsanlagen, Scheitholzvergaseranlagen etc. (absolut und in
Prozent sowie nach Höhe der installierten Leistung)?
Welchen Anteil haben derzeit erneuerbare Energien auf Basis nachwachsen-
der Rohstoffe an der Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien differen-
ziert nach Biomasseheizwerken und den diversen Kleinfeuerungsanlagen
(Holzpelletsanlagen, Scheitholzvergaseranlagen etc.) (absolut und in Pro-
zent)?

10. Welchen Anteil haben derzeit alternative Kraftstoffe auf Basis nachwach-
sender Rohstoffe am gesamten Kraftstoffverbrauch in Deutschland (absolut
und in Prozent)?
Welcher Anteil entfällt dabei auf welche Kraftstoffe (jeweils einzeln aufge-
listet)?

11. Hält die Bundesregierung es vor diesemHintergrund für realistisch, bis zum
Jahr 2020 25 Prozent der stofflichen Nutzung auf Basis nachwachsender
Rohstoffe, 25 Prozent der Stromversorgung und 25 Prozent der Wärmenut-
zung auf Basis erneuerbarer Energien mit einem hohen Beitrag der nach-
wachsenden Rohstoffe sowie 25 Prozent der Kraftstoffe auf Basis alternati-
ver Kraftstoffe mit einem hohen Beitrag der Biokraftstoffe zu gewinnen?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?

12. Mit welchen konkreten politischen Instrumenten und Maßnahmen beab-
sichtigt die Bundesregierung die angestrebten Zielvorgaben im Strom-,
Wärme- und Kraftstoffmarkt sowie in der stofflichen Verwertung zu errei-
chen?
Welcher jährliche Zubau an installierter Leistung bzw. Produktionskapazität
ist aus Sicht der Bundesregierung in den einzelnen Marktsegmenten Strom
(Kraftwerke, Biogasanlagen, BHKW mit Pflanzenöl bzw. Biodiesel etc.),
Wärme (Biomasseheizwerke, diverse Kleinfeuerungsanlagen), Biokraft-
stoffe (Biodiesel, Bioethanol, Pflanzenöl, andere Biokraftstoffe) notwendig,
um die Zielvorgaben in den jeweiligen Marktsegmenten zu erreichen?

13. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Bedarf an nachwachsenden Roh-
stoffen, um bis zum Jahr 2020 25 Prozent der stofflichen Nutzung auf Basis
nachwachsender Rohstoffe, 25 Prozent der Stromversorgung und 25 Pro-
zent der Wärmenutzung auf Basis erneuerbarer Energien mit einem hohen
Beitrag der nachwachsenden Rohstoffe sowie 25 Prozent der Kraftstoffe auf
Basis alternativer Kraftstoffe mit einem hohen Beitrag der Biokraftstoffe
gewinnen zu können?
Welche nachwachsenden Rohstoffe sind dabei insbesondere für die jeweili-
gen Marktsegmente von Bedeutung?

14. Welche Anbaufläche würde in Deutschland benötigt, um bis zum Jahr 2020
25 Prozent der stofflichen Nutzung auf Basis nachwachsender Rohstoffe, 25
Prozent der Stromversorgung und 25 Prozent der Wärmenutzung auf Basis
erneuerbarer Energien mit einem hohen Beitrag der nachwachsenden Roh-
stoffe sowie 25 Prozent der Kraftstoffe auf Basis alternativer Kraftstoffe mit
einem hohen Beitrag der Biokraftstoffe gewinnen zu können?
Welchen Anteil hätte diese Anbaufläche an der gesamten in Deutschland zur
Verfügung stehenden Anbaufläche?

15. Würde die in Deutschland zur Verfügung stehende Anbaufläche ausreichen,
um bis zum Jahr 2020 25 Prozent der stofflichen Nutzung auf Basis nach-
wachsender Rohstoffe, 25 Prozent der Stromversorgung und 25 Prozent der

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Wärmenutzung auf Basis erneuerbarer Energien mit einem hohen Beitrag
der nachwachsenden Rohstoffe sowie 25 Prozent der Kraftstoffe auf Basis
alternativer Kraftstoffe mit einem hohen Beitrag der Biokraftstoffe gewin-
nen zu können?
Wenn nein, wie hoch schätzt die Bundesregierung den Anteil, der mit nach-
wachsenden Rohstoffen aus Deutschland abgedeckt werden könnte?

16. Welche Folgen hätte vor diesem Hintergrund der Import von nachwachsen-
den Rohstoffen aus dem Ausland für die deutsche Landwirtschaft?

17. Wie haben sich die jährlichen Forschungsausgaben im Bereich nachwach-
sender Rohstoffe differenziert nach stofflicher und energetischer Nutzung
im Bundeshaushalt seit 1998 bis heute entwickelt?

18. Plant die Bundesregierung, diese Forschungsausgaben zu erhöhen?
Wenn ja, in welchen Bereichen und wie hoch sollen diese ausfallen?

19. Wie beabsichtigt die Bundesregierung, den notwendigen Forschungs- und
Entwicklungsbedarf für die nachwachsenden Rohstoffe und die Biomasse
zukünftig institutionell und strukturell umzusetzen?

20. Wie viel Mittel hat die Bundesregierung für Forschungs- und Entwicklungs-
vorhaben im Bereich erneuerbare Energien in den Jahren 1998 bis 2005
bereitgestellt, aufgeschlüsselt nach Wind-, Wasser-, Solar- und Biomasse-
energie?

21. Wie sind im Vergleich dazu andere Energieträger durch Forschungsgelder
gefördert worden?

22. Inwieweit können kleine Unternehmen die Mittel für Forschung und Ent-
wicklung für Bioenergie in Anspruch nehmen?

23. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass durch die verschiedenen
Zuständigkeiten vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernäh-
rung und Landwirtschaft (BMVEL), dem Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), dem Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit (BMWA) und dem Bundesministerium für For-
schung und Bildung (BMBF) die Förderaktivitäten für Bioenergie für
Außenstehende undurchsichtig sind?

24. Plant die Bundesregierung, ein zusammenfassendes und überschaubares
Gesamtkonzept für die Forschung im Bereich Bioenergie zu erstellen?

25. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die aktuelle Gesetzeslage in
Form der Mineralölsteuergesetzgebung und der Branntweinsteuer die von
ihr selbst gewollte Förderung von Biokraftstoffen, hier speziell Bioethanol,
so stark behindert, dass die positive Entwicklung dieses neuen Biokraft-
stoff-Marktes ernsthaft gefährdet ist?
Wenn ja, welche Maßnahmen will sie dagegen ergreifen?
Wenn nein, warum nicht?

26. Plant die Bundesregierung, Bioethanol ausschließlich nach dem Mineralöl-
steuergesetz zu besteuern?
Wenn ja, bis wann soll dies umgesetzt werden?
Wenn nein, warum nicht?

27. Plant die Bundesregierung, dass die Bioethanol-Produktion in Form eines
offenen Branntweinlagers unter permanenter Steueraufsicht und gleich-
zeitiger Aussetzung der Hinterlegung einer Sicherheitsleistung erfolgt?
Wenn ja, bis wann soll dies umgesetzt werden?
Wenn nein, warum nicht?

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28. Wird die Bundesregierung es ermöglichen, dass auch Mischungen von Bio-
ethanol mit mineralischem Treibstoff hergestellt werden können?
Wenn nein, warum nicht?

29. Wie hoch ist der Anteil der Importe von Bioethanol amGesamtverbrauch an
Bioethanol in Deutschland (absolut und in Prozent)?
Welche Entwicklung wird bei den Importen in den nächsten Jahren erwar-
tet?

30. Auf welche Summe belaufen sich die Steuerausfälle durch die Substitution
von Bioethanol (in Mio. Euro)?
Wie werden sich die Steuerausfälle bei steigenden Importen entwickeln?

Berlin, den 12. April 2005
Dr. Peter Paziorek
Gerda Hasselfeldt
Franz Obermeier
Dr. Rolf Bietmann
Artur Auernhammer
Peter Bleser
Jochen Borchert
Klaus Brähmig
Helge Braun
Peter H. Carstensen (Nordstrand)
Cajus Julius Caesar
Gitta Connemann
Hubert Deittert
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Ingrid Fischbach
Dr. Maria Flachsbarth
Georg Girisch
Josef Göppel
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Uda Carmen Freia Heller
Ernst Hinsken
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Volker Kauder
Julia Klöckner
Helmut Lamp
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Doris Meyer (Tapfheim)
Marlene Mortler
Ulrich Petzold
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Bernhard Schulte-Drüggelte
Kurt Segner
Max Straubinger
Volkmar Uwe Vogel
Werner Wittlich
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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