BT-Drucksache 15/5161

Die deutsche Messewirtschaft unter Globalisierungsdruck

Vom 15. März 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5161
15. Wahlperiode 15. 03. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jürgen Klimke, Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, Veronika
Bellmann, Dr. Rolf Bietmann, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Klaus Brähmig,
Alexander Dobrindt, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), Erich G. Fritz, Dr. Michael
Fuchs, Hans-Joachim Fuchtel, Dr. Reinhard Göhner, Kurt-Dieter Grill, Ernst
Hinsken, Robert Hochbaum, Volker Kauder, Dr. Martina Krogmann, Dr. Hermann
Kues, Wolfgang Meckelburg, Laurenz Meyer (Hamm), Dr. Joachim Pfeiffer,
Ronald Pofalla, Hans-Peter Repnik, Dr. Heinz Riesenhuber, Franz Romer,
Kurt J. Rossmanith, Hartmut Schauerte, Johannes Singhammer, Matthäus Strebl
und der Fraktion der CDU/CSU

Die deutsche Messewirtschaft unter Globalisierungsdruck

Fast 20 Prozent der weltweitenMessemärkte finden zwischen Elbe und Isar statt
und erzielen einen volkswirtschaftlichen Produktionseffekt von 23 Mrd. Euro
und 250 000 Arbeitsplätzen. Aber diese Branche hat zu kämpfen. Dies ist einer-
seits auf die schlechte wirtschaftliche Lage in Deutschland, andererseits auf den
weltweiten Konzentrationsprozess in der Messewirtschaft zurückzuführen. Der
Konkurrenzdruck für Deutschland erhöht sich auch durch weltweite Anbieter
wie Reed Exibitions, der den Messemarkt dominiert. Andererseits erhöhen im-
mer mehr kleinere, lokale Messen den nationalen Konkurrenzdruck.
In den vergangenen drei Jahren wuchs die Zahl der Messeplätze in Asien um
58 Prozent, in den USA, einem weiteren bedeutenden Messestandort, geht die-
ser Prozess langsamer voran. Auch europäische Messestandorte wie Paris,
Barcelona, Madrid und Verona erweitern ihre Ausstellungsflächen. In Deutsch-
land wuchs die Ausstellungsfläche in den vergangenen fünf Jahren um 10 Pro-
zent. Die Angebotsausweitung führte dazu, dass die Preise verfielen. Dies ist
zwar ein Standortvorteil, da Deutschland international die günstigsten Stand-
mieten hat, andererseits verringern sich dadurch die Margen. Der Einsatz von
Steuergeldern hat bisher drohende Insolvenzen vonMessestandorten verhindert.
Allerdings bewertet die Europäische Kommission diese Praxis als unerlaubte
Subvention.
Immer mehrMesseverantwortliche fordern deshalb, den Einfluss des Staates auf
ein Minimum zurückzufahren. Stattdessen werden Shareholder-Value-Modelle
oder die Einrichtung einer Deutsche Messe AG diskutiert. Sinkende Besucher-
zahlen, weniger Aussteller und ein Rückgang der vermieteten Hallenflächen der
142 internationalen Messen in Deutschland scheinen diesen Schritt notwendig
zu machen.

Drucksache 15/5161 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche wirtschaftliche Bedeutungmisst die Bundesregierung der deutschen

Messewirtschaft zu?
2. Welches Ranking haben deutscheMessestandorte international und welches

sind die zehn wichtigsten deutschen Messen für das In- und Ausland?
3. Wie hoch war der Anteil ausländischer Aussteller und Messebesucher an

deutschenMessen innerhalb der letzten fünf Jahre (bitte einzeln nach Stand-
ort aufschlüsseln)?

4. An welchen nationalen und internationalenMessestandorten undMessen ist
die Bundesregierung finanziell beteiligt (bitte einzeln aufführen)?

5. Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse, ob deutsche Messen ge-
meinsam oder getrennt nach dem Besitz, also der Immobilie, und nach dem
Betrieb, also dem Messemanagement, vermarktet werden, und welche
rechtliche Konstruktion weshalb gewählt wird?

6. Bis zu welcher Grenze sollten nach Auffassung der Bundesregierung Bund,
Länder und Gemeinden Infrastrukturverantwortung für Messen wahrneh-
men?

7. Bis zu welcher Grenze sind Messen nach Auffassung der Bundesregierung
eine öffentlich-rechtliche Einrichtung und ab welchem Punkt ein rein pri-
vatwirtschaftliches Unternehmen?

8. Welche Mitglieder der Bundesregierung sind nach Kenntnis der Bundes-
regierung Mitglied in Gremien der zehn wichtigsten deutschen Messen und
erhalten für ihr Mandat Aufwandsentschädigungen in welcher Höhe (bitte
einzeln aufschlüsseln)?

9. WelcheMessestandorte wurden von der Bundesregierung durch die Inlands-
messeförderung nach welchen Kriterien in den letzen fünf Jahren gefördert
(bitte einzeln aufzählen)?

10. Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse, welche Zuschüsse die öffent-
liche Hand in welcher Höhe in den letzten fünf Jahren den 10 größten Mes-
sestandorten in Deutschland gezahlt hat (bitte einzeln aufschlüsseln)?

11. Welche nationalen gesetzlichen Regelungen auf Bundesebene befassen sich
mit der Messewirtschaft?

12. Welche Fusionen von Messegesellschaften hat es in den letzten fünf Jahren
gegeben?

13. Wie bewertet die Bundesregierung Überlegungen zur Einrichtung einer
Deutsche Messe AG, die den Messeplatz Deutschland im Ausland zentral
vermarktet?

14. Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass Großveranstalter von Messen
nur noch Großunternehmen, nicht aber mehr die zahlreichen kleinen und
mittleren Unternehmen (KMU) ansprechen können?

15. Gibt es eine Zusammenarbeit zwischenMessestandorten und der Deutschen
Zentrale für Tourismus bei ausländischenMessen mit deutscher Beteiligung
bzw. deutschen Messestandorten und den jeweiligen lokalen touristischen
Vermarktern?

16. Wie berücksichtigt die Bundesregierung bei Entscheidungen über die
Unterstützung der weiteren Internationalisierung desMesseplatzesDeutsch-
land durchMaßnahmenderGemeinschaftswerbung, dass der sog. Incoming-
Geschäftsreisetourismus in großem Ausmaß messeinduziert ist?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5161

17. Wie unterstützt die Bundesregierung, sofern dies Aufgabe des Bundes ist,
den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sowie die Anbindung der Messe-
gelände an diese, um die An- und Abreise des Geschäftsverkehrs an die
Messen zu verbessern?

18. Welche der in der Antwort zu Frage 17 genanntenMaßnahmenmussten auf-
grund fehlender Mauteinnahmen bis wann verschoben werden?

19. Hatte die Flexibilisierung bei der Befristung von Arbeitsverträgen gemäß
§ 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes Auswirkungen auf das projekt-
abhängige und saisonale Arbeitsaufkommen der Messe- und Ausstellungs-
wirtschaft?
Wenn ja, welche?

20. Entstehen nach Ansicht der Bundesregierung durch die Verbindung virtuel-
ler und traditioneller Messeplätze Synergien und wie lassen sich diese für
den Messestandort Deutschland nutzen?

21. Wie hat sich die Anzahl der virtuellen Messeplätze in den Jahren 2000 bis
2004 entwickelt und stellen sie eine besondere Gefahr für bestimmte Mes-
sen und deren Standorte dar?

22. Inwieweit gibt es direkte und indirekte Fördermaßnahmen der Europäischen
Union für die Messewirtschaft in den einzelnen Mitgliedstaaten und in wel-
chem Umfang werden welche Länder gefördert (bitte einzeln aufzählen)?

23. Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse, ob die Europäische Kommis-
sion den Einsatz von Steuergeldern zur Abwendung drohender Insolvenzen
von Messestandorten als unerlaubte Subvention betrachtet?
Wenn ja, plant die Europäische Kommission, diese Praxis zu unterbinden?

24. Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse, wie die Europäische Kom-
mission die Subventionierung von Messestandorten durch die öffentliche
Hand innerhalb Europas bewertet und ob sie dies zum Gegenstand eines
Berichtes gemacht hat?
Wenn ja, welche Konsequenzen ergeben sich hieraus?

25. Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse, ob Messestandorte inner-
oder außerhalb Europas privatisiert wurden, und ist dieses Vorgehen auch
für den Messestandort Deutschland denkbar?
Wenn nein, warum nicht?

26. Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse, ob und in welcher Höhe aus-
ländische Messeplätze staatliche Subventionen erhalten?

27. Lässt sich nach Ansicht der Bundesregierung ein weltweiter Konzentra-
tionsprozess in Sachen Messewirtschaft feststellen?
Wenn ja, weshalb, und wenn nein, warum nicht?

28. Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse, ob ausländische Messen mit
den jeweiligen Tourismuszentralen zusammenarbeiten bzw. Messen als
Plattform nutzen, um den jeweiligen Standort touristisch zu bewerben
(wenn ja, bitte nach den 10 weltweit wichtigsten ausländischen Messen auf-
schlüsseln)?

29. Wie werden die weltweit 10 wichtigsten Messen und Messestandorte be-
worben und vermarktet?

30. Welche Schwerpunkte insbesondere zur Erschließung schwieriger Märkte
hatte das Auslandmesseprogramm der Jahre 2001 bis 2004 (bitte einzeln
aufzählen)?

Drucksache 15/5161 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
31. Welche KMU wurden durch das Auslandmesseprogramm der o. g. Jahre
weshalb besonders gefördert (bitte einzeln aufzählen)?

32. Wie haben sich die Ausgaben des Bundes zur Beteiligung an Auslandsmes-
sen und -ausstellungen seit 1998 entwickelt (Darstellung der Soll- und Ist-
Entwicklung)?

33. In welcher Höhe sind in der mittelfristigen Finanzierungsplanung des Bun-
des bis 2008 Ausgaben zur Beteiligung an Auslandmessen und -ausstellun-
gen vorgesehen?

34. Was unternimmt die Bundesregierung, um vorhandene räumliche und per-
sonelle Engpässe in den deutschen Botschaften und Konsulaten zu beheben,
damit die Internationalität des Messeplatzes Deutschland nicht durch
Schwierigkeiten der Visaerteilung an Vertreter ausstellender und messebe-
suchender Unternehmen gefährdet wird?

35. Werden als Konsequenz der Anschläge des 11. September 2001 auslän-
dische Messebesucher und Aussteller einer besonderen Sicherheitsüber-
prüfung unterzogen, und wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 15. März 2005
Jürgen Klimke
Karl-Josef Laumann
Dagmar Wöhrl
Veronika Bellmann
Dr. Rolf Bietmann
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Klaus Brähmig
Alexander Dobrindt
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Reinhard Göhner
Kurt-Dieter Grill
Ernst Hinsken
Robert Hochbaum
Volker Kauder
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Wolfgang Meckelburg
Laurenz Meyer (Hamm)
Dr. Joachim Pfeiffer
Ronald Pofalla
Hans-Peter Repnik
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Kurt J. Rossmanith
Hartmut Schauerte
Johannes Singhammer
Matthäus Strebl
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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