BT-Drucksache 15/4973

zu dem Antrag der Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen), Dr. Christian Ruck, Dr. Ralf Brauksiepe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -15/2746- Chance zum demokratischen Neubeginn in Haiti unterstützen

Vom 25. Februar 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4973
15. Wahlperiode 25. 02. 2005

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen), Dr. Christian Ruck,
Dr. Ralf Brauksiepe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 15/2746 –

Chance zum demokratischen Neubeginn in Haiti unterstützen

A. Problem
Die politische und humanitäre Situation Haitis hat sich angesichts der gewalttä-
tigen Ausschreitungen im Land, die im September letzten Jahres einen Höhe-
punkt erreichten, und durch die Auswirkungen des Hurricane „Jeanne“ weiter
verschlechtert. Die äußerst schwierige aktuelle Lage, in der sich Haiti nach der
Amtsaufgabe von Präsident Jean-Bertrand Aristide, der Entsendung einer VN-
Friedenstruppe und der Bildung einer Übergangsregierung befindet, gibt drin-
gend Anlass, Maßnahmen zur Einleitung einer Entwicklung zu Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit und Stabilität zu ergreifen.

B. Lösung
Annahme des Antrages der Fraktion der CDU/CSU – Drucksache 15/2746 – in
der vom Ausschuss vorgeschlagenen Fassung.
Einstimmige Annahme bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Es sollen weiterhin Mittel bereitgestellt werden, um zur Verbesserung der pre-
kären humanitären Situation in Haiti beizutragen und, nach einer demokrati-
schen Konsolidierung des Landes, eine längerfristige Zuammenarbeit anzustre-
ben.

Drucksache 15/4973 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag – Drucksache 15/2746 – in der folgenden Fassung anzunehmen:
Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Haiti ist eines der ärmsten Länder der Welt. Das durchschnittliche jährliche Pro-
Kopf-Einkommen betrug 2003 nach Angaben des Internationalen Währungs-
fonds 400 US-Dollar. 75 Prozent der erwerbsfähigen Haitianer sind arbeitslos.
Die Analphabetenquote liegt bei rund 50 Prozent. Auf dem Entwicklungsindex
der Vereinten Nationen liegt Haiti damit auf Rang 150 von 175 erfassten Staaten.
Nach der jahrzehntelangen Gewaltherrschaft der Familie Duvalier war das Land
auch nach der erfolgreichen Absetzung des Diktators „Baby Doc“ Jean-Claude
Duvalier 1990 und der Wahl von Präsident Jean-Bertrand Aristide politisch
äußerst instabil geblieben. Die offensichtlichen eklatanten Schwächen der Re-
gierung Jean-Bertrand Aristide haben das Land zuletzt in immer tiefere Armut,
Korruption und Unregierbarkeit geführt. Die erneute Wahl Jean-Bertrand
Aristides im Jahr 2000 wurde von internationalen Beobachtern hinsichtlich der
Wahrung demokratischer Verfahrensgrundsätze kritisiert. Parallel zum wirt-
schaftlichen und sozialen Verfall des Landes entwickelte sich eine stark wach-
sende Schattenwirtschaft verbunden mit einer steigenden Bedeutung Haitis als
Umschlagplatz des internationalen Drogenhandels. In den zurückliegenden Jah-
ren erlebte Haiti eine immer weiter fortschreitende Fragmentierung der Macht.
Bewaffnete Banden begannen damit, sich dem Zugriff der Regierung zu ent-
ziehen und sich eigene Einflussbereiche zu sichern. Gewalt, politische Willkür
und Menschenrechtsverletzungen sowohl von Anhängern als auch von Gegnern
Jean-Bertrand Aristides bestimmten die Verhältnisse.
Die weitere Eskalation der politischen Krise im März 2004 hat die wirtschaft-
liche und soziale Lage des Landes weiter verschlechtert. Die gewalttätigen
Auseinandersetzungen und der Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung
haben Präsident Jean-Bertrand Aristide veranlasst, am 1. März 2004 das Land
zu verlassen. Doch auch die Amtsaufgabe Jean-Bertrand Aristides, die Entsen-
dung einer von den USA geführten Friedenstruppe auf der Grundlage der VN-
Resolutionen 1529 vom 29. Februar 2004 und 1542 vom 30. April 2004 und die
Bildung einer Übergangsregierung haben die Lage in Haiti nicht nachhaltig
stablisieren können. Tatsächlich haben Gewalt und Bandenterror im Chaos der
Verwüstungen durch den Hurricane „Jeanne“ im September 2004, der in Haiti
nach Schätzungen etwa 2 000 Todesopfer gefordert und zehntausende Men-
schen obdachlos gemacht hat, am 30. September 2004 einen neuen Höhepunkt
erreicht, als gewalttätige Anhänger des ehemaligen Präsidenten Jean-Bertrand
Aristide bei ihrer so genannten Operation Bagdad in Port-au-Prince vierzig
Menschen getötet haben. Die humanitäre Situation in einigen Provinzen des
Landes ist nach wie vor überaus kritisch. Wegen Übergriffen und Plünderungen
haben Hilfsorganisationen die Auslieferung von Hilfsgütern vorerst stoppen
müssen. Die Sicherheitslage ist äußerst gespannt und nicht unter Kontrolle der
Ordnungskräfte. Das öffentliche Leben ist weitgehend lahm gelegt.
Gleichwohl muss sich die internationale Gemeinschaft entschlossen undmit lan-
gem Atem der Herausforderung in Haiti stellen. Es muss verhindert werden,
dass Haiti dauerhaft zu einem gescheiterten Staat mit allen regionalen Risiken
wird, stattdessen eine Entwicklung zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und
Stabilität eingeleitet und damit dem leidgeprüften Volk Haitis eine Zukunftsper-
spektive eröffnet wird. Dabei müssen die strukturellen Konfliktursachen des

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4973

Landes, die weiterhin eine Bedrohung für die politische und soziale Entwick-
lung Haitis darstellen, überwunden werden.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. schon jetzt darauf hinzuwirken, dass die Europäische Kommission ihre beste-

henden Handlungsmöglichkeiten im Rahmen des Artikel 96-Verfahrens des
Cotonou Abkommens voll nutzt und die Aufnahme der regulären Zusam-
menarbeit nach Abhaltung demokratisch legitimierter Wahlen vorbereitet;

2. weiterhin Mittel bereitzustellen, um zur Verbesserung der prekären humani-
tären Situation in Haiti beizutragen und nach einer demokratischen Konsoli-
dierung des Landes eine längerfristige Zusammenarbeit anzustreben;

3. die Vereinten Nationen bei der Durchsetzung des Mandats der MINUSTAH-
Mission gemäß Nummer 7 der Resolution 1542 (2004) zu unterstützen;

4. im Rahmen der Vereinten Nationen darauf hinzuwirken, dass die in Num-
mer 4 der Resolution 1542 genannte Stärke der Friedenstruppe von
6 700 Soldaten tatsächlich erreicht wird, um ein wirksames Tätigwerden
von MINUSTAH überhaupt zu ermöglichen;

5. gegenüber der haitianischen Übergangsregierung auf eine sofortige und
umfassende Verbesserung der Sicherheitslage insbesondere durch ein um-
fangreiches Entwaffnungsprogramm sowie durch die Aufklärung und Verfol-
gung politischer Verbrechen und Gewaltakte der Vergangenheit hinzuwirken;

6. die haitianische Übergangsregierung zu drängen, die Einhaltung der Bürger-
und Menschenrechte zu gewährleisten;

7. darauf zu drängen, dass baldmöglichst die demokratischen Institutionen Ha-
itis wiederhergestellt werden, insbesondere durch die Durchführung baldiger
Parlaments- und Präsidentschaftswahlen;

8. mit dafür Sorge zu tragen, dass die im Rahmen der internationalen Geber-
konferenz für Haiti am 20. Juli 2004 in Washington zugesagten Finanzhilfen
der Europäischen Union in Höhe von 325 Mio. US-Dollar zweckgerichtet
und im Interesse einer nachhaltigen politischen und wirtschaftlichen Stabili-
sierung eingesetzt werden.

Berlin, den 16. Februar 2005

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Rudolf Kraus
Vorsitzender

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Peter Weiß (Emmendingen)
Berichterstatter

Thilo Hoppe
Berichterstatter

Markus Löning
Berichterstatter

Drucksache 15/4973 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dr. Sascha Raabe, Peter Weiß (Emmendingen),
Thilo Hoppe und Markus Löning

I. Zum Beratungsverfahren
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag in seiner 111. Sit-
zung am 27. Mai 2004 zur federführenden Beratung an den
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung und zur Mitberatung an den Auswärtigen Aus-
schuss, den Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre
Hilfe und den Ausschuss für die Angelegenheiten der Euro-
päischen Union überwiesen.
DerAuswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner Sitzung
am 15. Dezember 2004 in Erwartung eines interfraktionellen
Antrags vertagt. Am 23. Februar 2005 empfahl er einstim-
mig, dem Antrag in der vom Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung vorgelegten Fassung zu-
zustimmen.
Der Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre
Hilfe hat den Antrag in seiner Sitzung am 30. Juni 2004
beraten und mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP die Ablehnung des Antrags
empfohlen.
DerAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat den Antrag in seiner Sitzung am 29. September
2004 beraten. Er empfahl mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen

der Fraktionen der CDU/CSU und FDP die Ablehnung des
Antrags.
Der federführende Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung hat die Beratung des Antrags
in seiner 50. Sitzung am 1. Dezember 2004 vertagt. Er hat
den Antrag in seiner 54. Sitzung am 19. Januar 2005 und in
seiner 55. Sitzung am 26. Januar 2005 beraten. Er beschloss
mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU/CSU und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP, vorbehaltlich desMitberatungsvotums des
Auswärtigen Ausschusses, die Annahme des Antrags in der
neu gefassten Form zu empfehlen.

II. Zum Inhalt der Beratungen
In der Sitzung des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung vom 26. Januar 2005 haben
die Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN begrüßt, dass es gelungen sei, eine inter-
fraktionelle Fassung der Beschlussempfehlung zu finden.
Der Antrag sei aktualisiert und die acht Punkte des Forde-
rungskatalogs seien neu gefasst worden. Die Fraktion der
FDP bedauerte, dass sie über den Antrag in der neuen Fas-
sung nicht informiert war und deshalb nicht zustimmen
konnte.

Berlin, den 16. Februar 2005
Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Peter Weiß (Emmendingen)
Berichterstatter

Thilo Hoppe
Berichterstatter

Markus Löning
Berichterstatter

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