BT-Drucksache 15/4898

zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Funke, Dr. Karl Addicks, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/4405- Ratifikations des 12. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention

Vom 17. Februar 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4898
15. Wahlperiode 17. 02. 2005

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
(16. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Funke, Dr. Karl Addicks,
Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/4405 –

Ratifikation des 12. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschen-
rechtskonvention

A. Problem
Deutschland hat das 12. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechts-
konvention, das ein universelles über den Geltungsbereich des Artikels 14
EMRK hinausgehendes Diskriminierungsverbot enthält, zwar gezeichnet, aber
noch nicht ratifiziert. Es fehlen noch zwei Ratifizierungsurkunden, damit das
Protokoll in Kraft treten kann. Deutschland würde durch die Ratifizierung seine
Vorbildrolle im Menschenrechtsbereich stärken und zugleich ein Signal für
weitere Ratifizierungen, insbesondere durch die „großen“ Europaratsmitglie-
der, aussenden.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimme der Fraktion der FDP bei
Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Keine

Drucksache 15/4898 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag – Drucksache 15/4405 – abzulehnen.

Berlin, den 26. Januar 2005

Der Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Christa Nickels
Vorsitzende und Berichterstatterin

Christoph Strässer
Berichterstatter

Hermann Gröhe
Berichterstatter

Rainer Funke
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4898

Bericht der Abgeordneten Christoph Strässer, Hermann Gröhe, Christa Nickels
und Rainer Funke

I. Überweisung
Der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/4405
wurde in der 145. Sitzung des Deutschen Bundestages am
2. Dezember 2004 dem Ausschuss für Menschenrechte und
Humanitäre Hilfe zur federführenden Beratung und dem
Auswärtigen Ausschuss zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Das 12. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechts-
konvention (EMRK) wurde am 26. Juni 2000 vomMinister-
komitee des Europarats verabschiedet und bereits am
4. November 2000 von 25 der damals 41 Mitgliedstaaten
– darunter auch Deutschland – unterzeichnet. Seitdem haben
weitere 9 Staaten unterzeichnet. Erst mit der zehnten Ratifi-
kation tritt das Zusatzprotokoll in Kraft. Bislang haben erst
acht Mitgliedstaaten ratifiziert, dazu gehört jedoch nicht
Deutschland.
In dem Zusatzprotokoll wird erstmals ein universelles Dis-
kriminierungsverbot festgehalten, das vor den nationalen
Gerichten sowie vor dem Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte eingeklagt werden kann. Die EMRK kennt
bislang nur ein eingeschränktes Diskriminierungsverbot,
das lediglich in Verbindung mit Rechten und Freiheiten, die
in der EMRK sowie ihren Zusatzprotokollen vorgesehen
sind, Anwendung findet. Eine Erweiterung dieses akzessori-
schen Diskriminierungsverbots spielt eine wichtige Rolle
im Kampf gegen Rassismus und Intoleranz sowie bei der
Gleichstellung von Mann und Frau.
Deutschland kann mit seiner Ratifizierung eine Signal-
wirkung innerhalb des Europarats erreichen und das Inkraft-
treten des Zusatzprotokolls sichern.
Deshalb wird von der Bundesregierung ein Gesetzentwurf
zur Ratifizierung des 12. Zusatzprotokolls gefordert.

III. Stellungnahmen der mitberatendenAusschüsse
Der Auswärtige Ausschuss hat die Vorlage in seiner
56. Sitzung am 26. Januar 2005 beraten und dem feder-
führenden Ausschuss mit den Stimmen der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der
CDU/CSU empfohlen, den Antrag abzulehnen.

IV. Beratung im federführenden Ausschuss
Der Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre
Hilfe hat die Vorlagen in seiner 55. Sitzung am 26. Januar
2005 beraten.
Die Fraktion der FDP unterstrich, dass sie mit ihrem An-
trag dem universellen Diskriminierungsverbot, das völker-
rechtlichen Charakter habe, zur Durchsetzung verhelfen
wolle. Die Ratifizierung des Zusatzprotokolls sei auch nicht
mit Blick auf das von der Koalition beschlossene Antidis-
kriminierungsgesetz entbehrlich, da Letzteres nicht völker-
rechtliche, sondern privatrechtliche Fragen regele. Deutsch-
land könne mit seiner Ratifizierung eine Signalwirkung in-
nerhalb des Europarats erreichen und das Inkrafttreten des
Zusatzprotokolls sichern.
Die Fraktion der SPD schloss sich bei der Ablehnung des
Antrags der Auffassung des Bundesministeriums der Justiz
(BMJ) an, wonach zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Rati-
fizierung des Zusatzprotokolls nicht in Betracht gezogen
werde, da dieses Fragestellungen behandle, die weit über
die Regelungsbereiche der EMRK hinausgingen. Es sei
noch in diesem Jahr – auch ohne Deutschland – mit den
zum Inkrafttreten des Zusatzprotokolls erforderlichen wei-
teren Ratifizierungen zu rechnen. Vor einer Entscheidung
über die deutsche Ratifizierung könne dann die Rechtspre-
chung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
Berücksichtigung finden. Im Übrigen sei der Vorstoß der
Fraktion der FDP nicht glaubwürdig, da sie während ihrer
Regierungszeit bez. eines Zusatzprotokolls zum VN-Zivil-
pakt genau jenes universelle Diskriminierungsverbot abge-
lehnt habe, das sie jetzt einfordere.
Die Fraktion der CDU/CSU vertrat die Auffassung, dass
die Koalitionsfraktionen nicht deutlich gemacht hätten,
welcher Art die vom BMJ geäußerten „ernst zu nehmenden
Bedenken“ seien. Sie wies auch darauf hin, dass das
Auswärtige Amt auf seiner Homepage die Wichtigkeit des
12. Zusatzprotokolls unterstreiche. Es zeigten sich also
sogar innerhalb der Regierung unterschiedliche Sichtweisen
und Argumentationen, die einerseits innen- und andererseits
außenpolitisch motiviert seien.
Als Ergebnis der Beratungen hat der Ausschuss den Antrag
auf Drucksache 15/4405 mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimme
der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der
CDU/CSU abgelehnt.

Berlin, den 26. Januar 2005
Christoph Strässer
Berichterstatter

Hermann Gröhe
Berichterstatter

Christa Nickels
Berichterstatterin

Rainer Funke
Berichterstatter

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.