BT-Drucksache 15/4786

zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/2193- Mülltrennung vereinfachen - Haushalte entlasten

Vom 28. Januar 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4786
15. Wahlperiode 28. 01. 2005

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst,
Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/2193 –

Mülltrennung vereinfachen – Haushalte entlasten

A. Problem
Durch den Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden,
l anzuerkennen, dass eine Getrenntsammlung von Abfällen in Privathaushal-

ten und von hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen aufgrund des technischen
Fortschritts bei Sortier- und Verwertungsanlagen teilweise entfallen könne,
weil durch den Einsatz moderner Techniken sowohl die Verwertung nutzba-
rer Abfallbestandteile als auch die umweltverträgliche Beseitigung der Ab-
fälle gewährleistet werden könne,

l im Rahmen der beratenden Mitarbeit des Bundesministeriums für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit in der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall
in diesem Sinne auf Vollzugshinweise zu § 5 Abs. 2 Satz 4 Kreislaufwirt-
schafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) und dem untergesetzlichen Regel-
werk hinzuwirken und

l dem Deutschen Bundestag darüber hinaus ein überarbeitetes Konzept für
eine zukunftsfähige Abfallwirtschaftspolitik in Deutschland vorzulegen.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der
FDP

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Die Kosten sind Gegenstand der politischen Diskussion (siehe Bericht).

Drucksache 15/4786 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag – Drucksache 15/2193 – abzulehnen.

Berlin, den 15. Dezember 2004

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker
Vorsitzender

Petra Bierwirth
Berichterstatterin

Werner Wittlich
Berichterstatter

Dr. Antje Vogel-Sperl
Berichterstatterin

Birgit Homburger
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4786

Bericht der Abgeordneten Petra Bierwirth, Werner Wittlich, Dr. Antje Vogel-Sperl
und Birgit Homburger

I.
Der Antrag – Drucksache 15/2193 – wurde in der 100. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 25. März 2004 zur
federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an
den Rechtsausschuss sowie den Ausschuss für Wirtschaft
und Arbeit überwiesen.
Der Rechtsausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP empfohlen, den An-
trag – Drucksache 15/2193 – abzulehnen.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat mit den
Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP
empfohlen, den Antrag – Drucksache 15/2193 – abzuleh-
nen.

II.
Durch den Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert
werden,
l anzuerkennen, dass eine Getrenntsammlung von Abfäl-

len in Privathaushalten und von hausmüllähnlichen Ge-
werbeabfällen aufgrund des technischen Fortschritts bei
Sortier- und Verwertungsanlagen teilweise entfallen kön-
ne, weil durch den Einsatz moderner Techniken sowohl
die Verwertung nutzbarer Abfallbestandteile als auch die
umweltverträgliche Beseitigung der Abfälle gewährlei-
stet werden könne,

l im Rahmen der beratenden Mitarbeit des Bundesministe-
riums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in
der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall in diesem Sinne
auf Vollzugshinweise zu § 5 Abs. 2 Satz 4 Kreislaufwirt-
schafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) und dem unter-
gesetzlichen Regelwerk hinzuwirken und

l dem Deutschen Bundestag darüber hinaus ein überarbei-
tetes Konzept für eine zukunftsfähige Abfallwirtschafts-
politik in Deutschland vorzulegen.

III.
a) öffentliche Anhörung
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat am 1. Dezember 2004 eine öffentliche Anhö-
rung zu dem Antrag – Drucksache 15/2193 – durchgeführt.
Folgende Einzelsachverständige, Verbände und Organisati-
onen haben im Rahmen der Anhörung zu dem Antrag Stel-
lung genommen:
l Rudolf Alsdorf, Schönmackers Umweltdienste GmbH &

Co. KG, Kempen,
l Dr.-Ing. Joachim Christiani, HTP Ingenieurgesellschaft

für Aufbereitungstechnik und Umweltverfahrenstechnik
PG, Prof. Hoberg & Partner, Aachen,

l Dipl.-Phys. Jürgen Giegrich, ifeu – Institut für Energie-
und Umweltforschung, Heidelberg,

l Susanne Hempen, Naturschutzbund Deutschland
(NABU) e. V., Bonn,

l Dr. Konrad Kerres, RWE Umwelt AG, Viersen,
l Prof. Dr.-Ing. Thomas Pretz, Institut und Lehrstuhl für

Aufbereitung und Recycling fester Abfallstoffe der
RWTH Aachen, Aachen,

l Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland AG,
Köln,

l Deutscher Städtetag, Berlin.
Die Ergebnisse der Anhörung sind in die Beratungen des
Ausschusses eingeflossen. Das auf einer korrigierten Ton-
bandabschrift beruhende Protokoll der Anhörung (Protokoll
Nr. 15/55 der 55. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Na-
turschutz und Reaktorsicherheit) sowie der Fragenkatalog
und die eingegangenen schriftlichen Stellungnahmen der
zur Anhörung geladenen Einzelsachverständigen, Verbände
und Organisationen (Ausschussdrucksachen 15(15)318,
15(15)325 Teil 1, Teil 2 und Teil 3) sind im Internetangebot
des Ausschusses abrufbar.
b) Beratung im Ausschuss
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat den Antrag – Drucksache 15/2193 – in seiner
Sitzung am 15. Dezember 2004 beraten.
Die Fraktion der SPD vertrat die Auffassung, der derzei-
tige technische Kenntnisstand biete keine Gewähr für einen
ökologisch effizienten Ersatz des bisherigen Systems der
getrennten Hausmüllsammlung durch eine maschinelle Ab-
falltrennung. Die in Einzelversuchen erzielte Qualität einer
automatisierten Mülltrennung sei von den zur Anhörung ge-
ladenen Sachverständigen zwar als hoch bewertet worden,
diese hätten jedoch übereinstimmend betont, dass die Er-
gebnisse der bisher durchgeführten Testversuche nicht ver-
allgemeinert werden dürften. Wie die Anhörung deutlich
gemacht habe, gebe es im Hinblick auf eine automatisierte
Mülltrennung noch zahlreiche ungeklärte Fragen. Offen sei
beispielsweise, ob sich die in den Testversuchen verwendete
Technik auch bei einem großflächigen dauerhaften Einsatz
bewähren würde, da entsprechende Erfahrungen aus Lang-
zeitversuchen bisher fehlten. Neben den technischen Pro-
blemen seien die ökonomischen Konsequenzen einer Ab-
kehr von der bisherigen Getrenntsammlung von Haushalts-
abfällen zu berücksichtigen. Da automatisierte Abfallsor-
tieranlagen weitgehend neu beschafft werden müssten, ohne
dass auf diesbezügliche finanzielle Reserven zurückgegrif-
fen werden könne, sei absehbar, dass ihre Einführung eine
Erhöhung der Abfallgebühren nach sich ziehen werde. Fer-
ner gelte es in Betracht zu ziehen, dass rund 95 Prozent der
Bürgerinnen und Bürger das bisherige System der getrenn-
ten Hausmüllsammlung als unmittelbar praktizierten Um-
weltschutz auffassten. Dieser hohe Identifikationsgrad dürfe
nicht leichtfertig zur Disposition gestellt werden. Stattdes-

Drucksache 15/4786 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

sen plädiere man dafür, das bestehende System gründlich
auf Verbesserungsmöglichkeiten hin zu überprüfen, hierzu
durchgeführte Testversuche positiv zu begleiten und deren
Ergebnisse mit der gebotenen Sorgfalt zu beraten. Dies gelte
auch im Hinblick auf die laufenden Versuche. Wie bereits
dargelegt, reichten die derzeit vorliegenden Erkenntnisse für
einen Systemwechsel im Sinne des Antrags nicht aus. Der
Antrag werde daher abgelehnt.
Die Fraktion der CDU/CSU gab zu bedenken, dass das
von der Fraktion der FDP ins Auge gefasste abfallpolitische
Konzept zahlreiche bisher ungeklärte Fragen aufwerfe. Dies
habe auch die Anhörung zu dem Antrag deutlich gemacht.
So seien weder die technische Machbarkeit noch die ökolo-
gischen und ökonomischen Vorteile einer Aufhebung der
Mülltrennung hinreichend geklärt. Zwar habe es bereits
Pilotprojekte gegeben, in denen Restmüll und Verpackungs-
abfälle gemeinsam gesammelt und anschließend maschinell
getrennt worden seien, doch seien die Projekte lediglich mit
geringen Abfallmengen und unter Laborbedingungen
durchgeführt worden. Daher halte man es für unverantwort-
lich, auf deren Grundlage Rückschlüsse auf eine generelle
technische Machbarkeit zu ziehen. Auch von kommunaler
Seite seien ernst zu nehmende Bedenken gegen eine Aufhe-
bung der Mülltrennung geäußert worden; hierbei sei insbe-
sondere auf den drohenden Verlust der mit dem derzeitigen
Abfalltrennsystem verbundenen Produktverantwortung der
Hersteller von Verpackungen abgestellt worden. Ferner sei
unklar, welche Auswirkungen eine Aufhebung der Müll-
trennung auf die Abfallgebühren hätte. Bei einer gemeinsa-
men Müllerfassung entfiele der heute bestehende Anreiz,
kommunale Abfallgebühren durch eine gezielte Rückgabe
von Verpackungsabfällen im Rahmen des Dualen Systems
einzusparen, etwa durch die Verwendung einer kleineren
Mülltonne. Es stehe zu befürchten, dass sich daraufhin die
Müllgebühren erhöhen würden, was für die Fraktion der
CDU/CSU nicht akzeptabel wäre. Ferner halte man es für
bedenklich, die Bürgerinnen und Bürger in der Abfallpolitik
mit widersprüchlichen Signalen zu konfrontieren. Folgte
man dem Antrag, so würden Verpackungs- und Restabfälle
gemeinsam gesammelt und anschließend sortiert, anderer-
seits bliebe es bei einer getrennten Erfassung von Bioabfall,
Papier, Pappe, Karton und Glas. Ferner gelte es zu beden-
ken, dass die Getrenntsammlung durch eine Vielzahl abfall-
rechtlicher Einzelregelungen auf immer mehr Abfallfraktio-
nen ausgedehnt werde, etwa durch die Batterieverordnung,
die Gewerbeabfallverordnung, die Altholzverordnung und
das zur Beratung anstehende Elektro- und Elektronikgeräte-
gesetz. Insofern sei es fraglich, ob der Bevölkerung eine
Aufhebung der Abfalltrennung im Sinne des vorliegenden
Antrags vermittelt werden könne. Vor diesem Hintergrund
halte man es zum jetzigen Zeitpunkt nicht für sinnvoll, das
bestehende funktionierende System der Mülltrennung in
Deutschland abzuschaffen, zumal dieses erheblich zur Zu-
nahme des Umweltbewusstseins in der Bevölkerung beige-
tragen habe und in sehr hohem Maße mit dem Thema Um-
weltschutz identifiziert werde. Der Antrag werde daher ab-
gelehnt.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, eine
gemeinsame Erfassung von Restmüll und Leichtverpackun-
gen werde nicht grundsätzlich abgelehnt. In technologischer
Hinsicht gebe es zahlreiche vielversprechende innovative
Ansätze zur Ermöglichung einer nachträglichen automati-

sierten Abfalltrennung. Allerdings müsse gewährleistet
sein, dass mit der Übernahme eines derartigen Ansatzes ein
ökologischer Vorteil verbunden sei, der die Aufgabe der bis-
herigen Getrenntsammlung rechtfertige. Da die Abfalltren-
nung von der Bevölkerung als eines der zentralen Elemente
praktizierten Umweltschutzes aufgefasst werde, gelte es mit
dieser Thematik sorgfältig umzugehen. Die Anhörung habe
deutlich gemacht, dass eine generelle Abschaffung der Ge-
trenntsammlung von Abfällen weder ökologisch noch öko-
nomisch sinnvoll sei. In vielen Bereichen würden stattdes-
sen mit dem bisher praktizierten System der Abfalltrennung
bei verhältnismäßig geringen Kosten qualitativ gute Ergeb-
nisse erzielt. Sowohl unter ökologischen als auch unter öko-
nomischen Gesichtspunkten wäre es daher fatal, wenn die-
ses System generell aufgegeben würde. Im Übrigen bestehe
bei der maschinellen Abfalltrennung weiterer Forschungs-
und Entwicklungsbedarf, etwa im Hinblick auf die Verbes-
serung der Trennschärfe. Insofern müsse man die Ergeb-
nisse entsprechender einschlägiger Testversuche der Entsor-
gungswirtschaft abwarten. Benötigt würden tragfähige Ab-
fallwirtschaftskonzepte mit erkennbarem ökologischen Nut-
zen. In dieser Hinsicht greife der vorliegende Antrag zu
kurz. Auf jeden Fall sei die im Antrag erhobene Forderung
nach einer pauschalen Abschaffung der haushaltsnahen Ab-
falltrennung angesichts des bestehenden Forschungsbedarfs
und der noch ausstehenden Ergebnisse laufender einschlägi-
ger Untersuchungen nicht gerechtfertigt. Der Antrag werde
daher abgelehnt.
Die Fraktion der FDP rief im Rahmen einer Erläuterung
der im Antrag dargelegten abfallpolitischen Auffassungen
einleitend in Erinnerung, dass laut Antwort der Bundesre-
gierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der
FDP zur Vereinfachung der Mülltrennung (Bundestags-
drucksache 15/1978) von insgesamt rd. 2,3 Mio. Tonnen
Abfällen, die im Jahr 2002 in Sammelsystemen für Leicht-
verpackungen gesammelt worden seien, nur etwa 1,4 Mio.
Tonnen (ca. 58 Prozent) der Verwertung zugeführt worden
seien; bei der restlichen Abfallmenge habe es sich um an-
dere Materialien, so genannte Sortierreste, gehandelt, die als
Restmüll entsorgt worden seien. Dies mache deutlich, dass
im Gelben Sack und in der Gelben Tonne aufgrund von
Fehlwürfen umfangreiche Restmüllbestandteile enthalten
seien. Empirische Untersuchungen hätten zudem zu dem
Ergebnis geführt, dass Restmüll in großem Umfang ver-
wertbare Wertstoffe in sich berge. So seien in Restmüll-
analysen des Bayerischen Landesamtes für Umweltschutz
bei häuslichen Restabfällen im ländlichen Bereich Wert-
stoffanteile von bis zu 43 Prozent und bei häuslichen
Restabfällen im innerstädtischen Bereich Wertstoffanteile
von bis zu 54 Prozent festgestellt worden. Diese im Rest-
müll enthaltenen verwertbaren Bestandteile gelte es auszu-
sortieren und der Verwertung zuzuführen. Der technische
Fortschritt in der Abfallbehandlungs- und Sortiertechnik
mache es inzwischen möglich, die erforderliche sortenreine
Abfalltrennung maschinell vorzunehmen. Dies sei in der
Anhörung von einer Reihe von Sachverständigen bestätigt
worden. Hierbei sei wiederholt auf die technische
Marktreife der entsprechenden Trenntechniken für einen
großtechnischen Einsatz hingewiesen worden. Im Rahmen
der Erörterung der technischen Fragen habe sich ferner
gezeigt, dass es durchaus möglich sei, bereits bestehende
Anlagen zur Sortierung von Leichtverpackungen technisch

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/4786

so nachzurüsten, dass sie sich auch für eine maschinel-
le Restmüllsortierung eigneten; hierzu verweise man
beispielsweise auf Ausführungen der Sachverständigen
Susanne Hempen vom Naturschutzbund Deutschland
(Ausschussdrucksache 15(15)325 Teil 1, Antwort der
Sachverständigen Susanne Hempen auf Frage 3 der
Fraktion der CDU/CSU).
Vor diesem Hintergrund werde die Bundesregierung u. a.
aufgefordert anzuerkennen, dass eine Getrenntsammlung
von Abfällen in Privathaushalten und von hausmüllähnli-
chen Gewerbeabfällen in der bisherigen Form teilweise ent-
fallen könne, wobei der Antrag nicht auf die Einführung
eines Eintonnensystems abziele, sondern eindeutig dafür
eintrete, Bioabfälle, Papier, Pappe, Karton und Glas sowie
besonders problematische Abfälle weiterhin getrennt zu
sammeln. Ferner fordere der Antrag nicht dazu auf, den
Grünen Punkt bzw. das Duale System abzuschaffen. Viel-
mehr halte man an dem Konzept des lizenzgebührenfinan-
zierten Dualen Systems fest, um den damit verbundenen
wettbewerblichen Anreiz zur Herstellung recyclingfreundli-
cher Verpackungen aufrechtzuerhalten und die Hersteller
von Verpackungen nicht aus ihrer diesbezüglichen Produkt-
verantwortung zu entlassen. Im Übrigen hätte der ersatzlose
Verzicht auf ein lizenzgebührenfinanziertes Duales System
für die Entsorgung von Verpackungsabfällen privater Haus-
halte im Rahmen der herkömmlichen kommunalen Abfall-
entsorgung den nachteiligen Effekt einer Erhöhung der
Abfallgebühren. Dem Eintreten für ein Duales System auf
Lizenzgebührenbasis stehe nicht entgegen, dass man sich
seit langem dafür einsetze, dieses wettbewerblich zu organi-
sieren. Klarzustellen sei darüber hinaus, dass der Antrag
keine schlagartige gemeinsame Erfassung bestimmter, bis-
her getrennt gesammelter Haushaltsabfälle fordere, sondern
darauf abziele, die richtigen Weichenstellungen im Sinne
der vorgetragenen Forderungen vorzunehmen. Die bisherige
Getrenntsammlung von Verpackungen und Restabfällen der
Privathaushalte lasse sich schon allein deswegen nicht kurz-
fristig flächendeckend aufheben, weil die vertragliche Situ-
ation in den einzelnen Gebietskörperschaften unterschied-
lich sei, beispielsweise im Hinblick auf die Laufzeiten der
mit der Duales System Deutschland AG abgeschlossenen
Verträge.
Unabhängig davon sei die Einführung einer gemeinsamen
Erfassung von Verpackungsabfällen privater Haushalte und
Haushaltsrestabfällen mit anschließender maschineller Ab-
falltrennung und -aufbereitung nicht nur mit positiven öko-
logischen Effekten im Hinblick auf eine effizientere Erfas-
sung von Wertstoffen, sondern auch mit beträchtlichen öko-

nomischen Vorteilen verbunden. Dies sei im Rahmen der
Anhörung eindeutig bestätigt worden. So habe der Sachver-
ständige Dr. Konrad Kerres auf die Frage der Fraktion der
FDP, ob eine gemischte Sammlung von Restabfällen und
Leichtkunststoffverpackungen mit anschließender maschi-
neller Trennung und Sortierung im Vergleich zur heute übli-
chen getrennten Sammlung und Behandlung kostengünsti-
ger durchführbar sei, mit „ja“ geantwortet und darauf hinge-
wiesen, dass nach einer ersten groben Abschätzung von ei-
ner Kostenreduzierung in der Größenordnung von fünf bis
zehn Prozent der Gesamtkosten ausgegangen werden könne
(Ausschussdrucksache 15(15)325 Teil 1, schriftliche Ant-
wort des Sachverständigen Dr. Konrad Kerres auf Frage 16
der Fraktion der FDP). Damit eröffne sich die Möglichkeit,
durch eine entsprechende gemeinsame Erfassung von Haus-
haltsabfällen die Bürgerinnen und Bürger finanziell zu ent-
lasten.
Was die rechtliche Dimension des Antrags anbelange, so sei
darauf hinzuweisen, dass eine generelle Verpflichtung zur
Getrennthaltung von Abfällen nicht bestehe. Das Kreislauf-
wirtschafts- und Abfallgesetz sehe eine Getrennthaltungs-
pflicht nur insoweit vor, wie sie für die entsprechende Ver-
wertung bzw. Beseitigung erforderlich sei. Dies sei, wie
sich auch in der Anhörung gezeigt habe, bei der Erfassung
von Haushaltsrestmüll und Leichtverpackungen nicht der
Fall. Die Verpackungsverordnung lege keine Getrennthal-
tungs-, sondern Rücknahmepflichten für Verpackungen fest.
Insofern könne den vorgeschriebenen Anforderungen an die
Verwertung von Abfällen auf der Grundlage des von der
Fraktion der FDP vorgeschlagenen Ansatzes entsprochen
werden; die Getrenntsammlung von Abfällen privater Haus-
halte in der gegenwärtig praktizierten Form sei hierfür keine
zwingende Voraussetzung. Daher fordere man die Bundes-
regierung auf, sich im Rahmen ihrer Mitarbeit in der Län-
derarbeitsgemeinschaft Abfall im Sinne des Ansatzes der
Fraktion der FDP einzusetzen und die Länder erforder-
lichenfalls dazu zu bewegen, entgegenstehende landesrecht-
liche Regelungen entsprechend zu modifizieren. Dies könne
jedoch nur gelingen, wenn sich die Bundesregierung nicht
der Erkenntnis verweigere, dass die geforderten Reform-
maßnahmen technisch und nach dem Kreislaufwirtschafts-
und Abfallgesetz sowie der Verpackungsverordnung auch
rechtlich möglich seien.
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion der FDP, dem Deutschen Bundes-
tag zu empfehlen, den Antrag – Drucksache 15/2193 – ab-
zulehnen.

Berlin, den 27. Januar 2005
Petra Bierwirth
Berichterstatterin

Werner Wittlich
Berichterstatter

Dr. Antje Vogel-Sperl
Berichterstatterin

Birgit Homburger
Berichterstatterin

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