BT-Drucksache 15/4771

250 Tage EU-Osterweiterung

Vom 25. Januar 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4771
15. Wahlperiode 25. 01. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jürgen Klimke, Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, Veronika
Bellmann, Dr. Rolf Bietmann, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Klaus Brähmig,
Alexander Dobrindt, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), Erich G. Fritz, Dr. Michael
Fuchs, Hans-Joachim Fuchtel, Georg Girisch, Dr. Reinhard Göhner, Kurt-Dieter
Grill, Ernst Hinsken, Robert Hochbaum, Klaus Hofbauer, Volker Kauder, Michael
Kretschmer, Gunther Krichbaum, Dr. Martina Krogmann, Dr. Hermann Kues,
Wolfgang Meckelburg, Friedrich Merz, Laurenz Meyer (Hamm),
Dr. Joachim Pfeiffer, Hans-Peter Repnik, Dr. Heinz Riesenhuber, Franz Romer,
Kurt J. Rossmanith, Albert Rupprecht (Weiden), Hartmut Schauerte,
Johannes Singhammer, Matthäus Strebl, Michael Stübgen, Marco Wanderwitz
und der Fraktion der CDU/CSU

250 Tage EU-Osterweiterung

Am 1. Mai 2004 ist die Europäische Union um zehn Länder erweitert worden
und zählt mit jetzt rund 354,7 Millionen Menschen zu einem der bevölkerungs-
reichsten Wirtschaftsräume der Welt.
Insbesondere für Deutschland als stark exportorientiertem Land ergeben sich
durch die Integration der neuen EU-Staaten in den EU-Binnenmarkt erhebliche
zusätzlicheWachstums- undBeschäftigungschancen –wenn die EU-Osterweite-
rung durch eine gezielte nationale Politik erfolgreich gestaltet wird. Denn allein
die Abwicklung des Reise- und Warenverkehrs hat sich nachhaltig vereinfacht
und wird damit dem grenzüberschreitenden Handel neue Impulse verleihen.
Es ist daher eine zentrale politische Herausforderung, die Voraussetzungen zu
schaffen, dass die Menschen in unserem Land die Chancen der EU-Osterweite-
rung so aktiv wie möglich nutzen und infolgedessen per saldo deutlich mehr
Arbeitsplätze, mehr Wachstum und damit letztlich mehr Wohlstand in Deutsch-
land entstehen können.

Wir fragen die Bundesregierung:
I. Allgemeine Wirtschaftsentwicklung
1. Mit welchem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) rechnet die

Bundesregierung in den neuen EU-Mitgliedsländern in den nächsten drei
Jahren?

2. Wie stellen sich die Perspektiven der neuen Mitgliedstaaten aus Mittel- und
Osteuropa im Einzelnen im Hinblick auf ihren jeweiligen Beitritt zur Euro-
Zone dar?

3. Ab wann ist mit dem Beitritt der einzelnen Länder zur Euro-Zone bei Be-
achtung ihrer jeweiligen wirtschaftlichen Lage zu rechnen?

Drucksache 15/4771 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

II. Auswirkungen auf Deutschland
4. Inwieweit werden Unternehmen und die Beschäftigungssituation in

Deutschland von dem BIP-Wachstum in den Beitrittsländern profitieren?
5. Wie wird sich der Handel mit den neuen EU-Staaten entwickeln?

Welche Branchen werden in Deutschland besonders von dem vergrößerten
Binnenmarkt profitieren?
Für welche Branchen ergibt sich ein erhöhter Anpassungsbedarf?

6. Wie viele Arbeitsplätze können in Deutschland durch den Handel mit den
neuen EU-Mitgliedsländern in den kommenden drei Jahren per Saldo ent-
stehen?

7. Durch welche politischen Maßnahmen wird die Bundesregierung einen
positiven Beschäftigungsimpuls durch die EU-Osterweiterung in Deutsch-
land verstärken?

8. Wie viele deutsche Firmen sind derzeit in den neuen EU-Mitgliedstaaten
registriert (nach Ländern)?

9. Welche deutschen Firmen investieren in welche Wirtschaftszweige der
neuen EU-Mitgliedstaaten (nach Ländern und Branchen)?

10. In welchen Branchen in den neuen EU-Ländern Mittel- und Osteuropas
haben deutsche Firmen eine marktführende Stellung inne (nach Ländern
und Branchen)?

11. In welchen Branchen der neuen EU-Staaten Ost- und Mitteleuropas haben
deutsche Firmen zusammengenommen einen Marktanteil von mehr als
33 % (nach Ländern und Branchen)?

12. Wie viele deutsche Firmen haben Produktionsstandorte von Deutschland
in die neuen EU-Mitgliedstaaten in Mittel- und Osteuropa verlegt?
– Wie viele Beschäftigungsverhältnisse sind durch die Verlagerung in

Deutschland ab- und in Osteuropa aufgebaut worden?
– Aus welchen Gründen ist es zu den Verlagerungen gekommen?
– Von welchen weiteren Verlagerungen in welchem Zeitraum geht die

Bundesregierung aus und wie bewertet sie in diesem Zusammenhang
die Aussagen der TU München, wonach im Jahr 150 000 Arbeitsplätze
bis insgesamt 1,9 Millionen Arbeitsplätze verlagert werden könnten?

13. Können aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit den Übergangsfristen
bereits jetzt Forderungen für die konkrete Ausgestaltung der Übergangs-
fristen 2006 bis 2009 abgeleitet werden, insbesondere bezüglich einer
dezentralen, regionalen Steuerung der Arbeitnehmerfreizügigkeit?

14. Wie hoch sind die durchschnittlichen Kosten einer Arbeitsstunde in den
neuen EU-Mitgliedstaaten im Vergleich zu Deutschland und welche Ent-
wicklung erwartet die Bundesregierung in diesem Bereich?

15. Welche Interessenvertretungen der deutschen Wirtschaft gibt es in den
neuen EU-Mitgliedstaaten?

16. Wie bewertet die Bundesregierung Kooperationen wie die des ostseeweiten
Netzes „ScanBalt“?

17. Hat die Bundesregierung Kenntnis über weitere Kooperationen im Ostsee-
raum, und wenn ja, welche deutschen Firmen und Regionen sind dort ver-
treten und wie bewertet sie dieses Engagement?

18. In welchem Maße wird sich das Handelsvolumen im Ostseeraum bis 2010
nach Einschätzung der Bundesregierung entwickeln?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4771

19. Welche wirtschaftlichen Chancen ergeben sich aus Sicht der Bundesregie-
rung aus einer Ostsee als europäisches Binnenmeer für strukturschwache
Regionen wie Mecklenburg-Vorpommern?

20. Wie und mit welchen Mitteln werden derartige Kooperationen von der EU,
dem Bund und den Kommunen unterstützt?

21. Wann ist mit dem Abschluss eines deutsch-polnischen und deutsch-
tschechischen Abkommens zur kommunalen grenzüberschreitenden Ko-
operation analog dem Karlsruher Abkommen von 1996 zu rechnen?

22. Welche deutschen Firmen betreiben „Offshoring“, also die Verlagerung
von IT-Aufgaben in die neuen EU-Mitgliedstaaten in Mittel- und Ost-
europa, und welche Auswirkungen hat dies auf Arbeitsplätze in Deutsch-
land?

23. Wie haben sich die Antrags- und Bewilligungsquoten beim Programm
„Go east“ seit Beginn des Programms entwickelt?
Welches langfristige Ziel verfolgt die Bundesregierung mit diesem Förder-
programm?

24. Wie hoch ist bereits heute jeweils das von der EU genehmigte Förder-
gefälle der Grenzregionen zu Polen und Tschechien für die einzelbetrieb-
liche Förderung?

25. Wie werden sich diese Fördergefälle in der kommenden Finanzperiode ent-
wickeln und welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung?

26. Welche qualitativen und quantitativen Erkenntnisse liegen der Bundes-
regierung bezüglich des Tanktourismus in den Grenzregionen vor?

III. Wirtschaftsentwicklung in einzelnen Branchen
27. Welches Potenzial an Besuchern und Ausstellern aus den neuen EU-

Mitgliedstaaten aus Mittel- und Osteuropa ergibt sich für den deutschen
Messemarkt?

28. Welche deutschen und internationalenMessebetreiber investieren in welche
Messestandorte in den neuen EU-Mitgliedstaaten inMittel- und Osteuropa?

29. Welche deutschen Medienkonzerne sind bzw. waren in welcher Form in
den neuen EU-Mitgliedstaaten in Mittel- und Osteuropa aktiv?

30. Welche Kenntnis besitzt die Bundesregierung über Kooperationen des
deutschen Handwerks bzw. seiner Standesvertretungen mit Betrieben aus
den neuen EU-Staaten aus Mittel- und Osteuropa?

31. Hat die Bundesregierung Kenntnis über Probleme bei der Kooperation
deutscher Handwerksbetriebe mit solchen in mittel- und osteuropäischen
Nachbarstaaten im administrativ-politischen Bereich, und wie können die-
se behoben werden?

32. Welche entsprechenden Initiativen plant die Bundesregierung?
33. Welches Entwicklungstempo prognostiziert die Bundesregierung der ITK-

Branche in den neuen EU-Mitgliedstaaten in Mittel- und Osteuropa und
welche Chancen ergeben sich hierdurch für deutsche ITK-Firmen?

34. Wie hoch ist das Investitionsniveau der Staaten, Firmen und Haushalte der
neuen EU-Mitgliedstaaten aus Mittel- und Osteuropa in Informations-
technik im Vergleich zum westeuropäischen Durchschnitt (nach Staaten)?

35. Wie viele Schlachthöfe und Molkereien haben in den jeweiligen neuen EU-
Mitgliedstaaten noch keine EU-Zulassung und für welche Nahrungsmittel
gibt es derzeit noch eine Übergangsfrist?

Drucksache 15/4771 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

36. Wie wird gegenwärtig kontrolliert, dass Nahrungsmittel, für die es noch
eine Übergangsfrist gibt, nicht außerhalb der jeweiligen neuen EU-Mit-
gliedsländer in den Verkehr gelangen?

37. Wie viele Verstöße wurden bei den Übergangsvorschriften im Bereich
Nahrungsmittel bisher festgestellt?

38. Welche Prämien und in welcher Höhe werden derzeit in den neuen Mit-
gliedstaaten an die Landwirte bezahlt?

39. Welche Chancen bietet der zunehmende Reiseverkehr zwischen Deutsch-
land und den neuen EU-Mitgliedstaaten Mittel- und Osteuropas für deut-
sche Reiseveranstalter und Fluggesellschaften in den neuen EU-Mitglieds-
ländern sowie den Tourismusstandort Deutschland?

40. Sind mittlerweile in allen neuen EU-Mitgliedstaaten die Beschränkungen
für Reiseleiter anderer Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit
aufgehoben?

41. Ist die gegenseitige Anerkennung der jeweiligen Absicherung von Pau-
schalreisen gegen die Insolvenz oder den Konkurs von Reiseveranstaltern in
EU-Mitgliedstaaten, die den Vorschriften der Richtlinie 90/314/EWG des
Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (EG-Pauschalreiserichtlinie)
entspricht, in allen neuen EU-Mitgliedstaaten gewährleistet?

42. Sind die Vorschriften aus der 6. EG-Richtlinie zur Besteuerung von touris-
tischen Leistungen in allen neuen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt, damit
deutsche Reiseveranstalter dort die nötige Rechtssicherheit und Grundlage
für ihre Kostenkalkulation erhalten?

43. Welche Chancen bietet der Umweltbereich deutschen Firmen in den neuen
EU-Mitgliedstaaten, da diese ihre Umweltstandards innerhalb der vertrag-
lich festgesetzten Übergangfristen anpassen müssen?

44. Welches Potenzial sieht die Bundesregierung für deutsche Firmen der
Hygienebranche in den neuen EU-Mitgliedstaaten aus Mittel- und Ost-
europa, da diese ihre Normen innerhalb der vertraglich festgesetzten Über-
gangfristen anpassen müssen?

IV. Verkehrspolitik
45. Welche Chancen bieten der erforderliche Ausbau der Autobahn- und Schie-

nenverkehrswegenetze sowie der Ausbau von Häfen und Flughäfen in den
neuen EU-Mitgliedsländern Mittel- und Osteuropas für deutsche Firmen?

46. Wie viele Projekte zur Verbesserung der Anbindung in Richtung Mittelost-
europa beinhaltet die zwischen der Bundesregierung und der Deutschen
Bahn AG vereinbarte Liste der 66 Schienenprojekte?

47. Welche Verkehrsprojekte hat die Bundesregierung im Zuge der euro-
päischen Wachstumsinitiative gemeldet und wie ist jeweils ihr Realisie-
rungsstand?

48. Welche dieser Projekte haben grenzüberschreitenden Charakter?
49. Welche ersten Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Ent-

wicklung der Verkehrsinfrastrukturbelastung nach der EU-Erweiterung in
Deutschland vor und mit welcher Entwicklung rechnet die Bundesregie-
rung in den nächsten zehn Jahren?

50. Welches finanzielle Volumen ist erforderlich, um die dafür notwendige
Infrastruktur in Deutschland aufzubauen?

51. In welchen deutschen Regionen ist es durch die EU-Osterweiterung zu
einer erheblich gestiegenen Verkehrsbelastung gekommen und mit welchen
Maßnahmen plant die Bundesregierung die entsprechend angespannte Ver-
kehrssituation kurzfristig zu verbessern?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/4771

52. Welche nationalen und europäischen Institutionen wachen über die See-
sicherheit in der Ostsee und wie stimmen diese ihre Maßnahmen im Not-
fall, beispielsweise bei Schiffshavarien, ab?

53. Plant die Bundesregierung, auf die neuen EU-Mitgliedstaaten in Mittel-
und Osteuropa einzuwirken, dass die zur Verfügung stehenden EU-Mittel
zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur insbesondere zielgenau und nach-
haltig für die Verbesserung der grenzüberschreitenden Verkehrsverbindun-
gen eingesetzt werden?

V. Bildung und Wissenschaft
54. Wie viele Schülerinnen und Schüler in Deutschland lernen die polnische

oder die tschechische Sprache, und wie hoch ist die Anzahl derer, die in
Tschechien oder Polen die deutsche Sprache erlernen?

55. Reicht nach Ansicht der Bundesregierung die Sprachkompetenz gerade in
den Grenzregionen aus, um das Zusammenwachsen der Regionen zu ge-
währleisten?

56. Wie bewertet die Bundesregierung die Ausbildung und Qualifizierung der
Facharbeiter aus den neuen EU-Mitgliedstaaten in Mittel- und Osteuropa
im Vergleich zu deutschen Facharbeitern?

57. Wie beurteilt die Bundesregierung das Niveau der schulischen und univer-
sitären Ausbildung der neuen EU-Mitgliedstaaten in Mittel- und Osteuropa
im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland?

58. Wie sind Schulen der neuen EU-Mitgliedstaaten in Mittel und Osteuropa
im Vergleich zu deutschen Schulen mit EDV und PCs ausgerüstet (nach
Ländern)?

59. Welche Kooperationen bestehen zwischen deutschen Bildungseinrichtun-
gen und solchen aus den neuen EU-Mitgliedstaaten aus Mittel- und Ost-
europa?

60. Wie viele und welche Kooperationen im Bereich Wissenschaft und For-
schung existieren derzeit mit den neuen EU-Mitgliedstaaten?

61. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag, deutsche Forschungs-
programme für Partner in den Grenzregionen zu öffnen?

62. Welche Planungen zur Verstärkung der Wissenschaftskooperation bestehen
mit den jeweiligen neuen EU-Mitgliedstaaten?

Berlin, den 25. Januar 2005
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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