BT-Drucksache 15/4760

Richtige finanzpolitische Weichenstellung in der EU

Vom 25. Januar 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4760
15. Wahlperiode 25. 01. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Michael Meister, Peter Altmaier, Veronika
Bellmann, Kurt-Dieter Grill, Olav Gutting, Volker Kauder, Gunther Krichbaum,
Patricia Lips, Dr. Gerd Müller, Dr. Georg Nüßlein, Albert Rupprecht (Weiden),
Thomas Silberhorn, Michael Stübgen, Matthias Wissmann, Roland Gewalt,
Josef Göppel, Michael Grosse-Brömer, Ursula Heinen, Michael Hennrich, Klaus
Hofbauer, Bernhard Kaster, Michael Kretschmer, Laurenz Meyer (Hamm), Franz
Obermeier, Thomas Rachel, Dr. Wolfgang Schäuble, Dr. Andreas Schockenhoff,
Annette Widmann-Mauz und der Fraktion der CDU/CSU

Richtige finanzpolitische Weichenstellung in der EU

Die Wiedervereinigung Europas hat mit dem Beitritt von zehn Ländern zum
1. Mai 2004 neue europäische Perspektiven eröffnet. Mit der EU-Erweiterung
ist der größte Binnenmarkt der Welt entstanden. Dies ist auch eine neue Heraus-
forderung für den der Europäischen Union zu Grunde liegenden Kohäsions-
gedanken, die nur zu bestehen ist, wenn die finanzpolitischen Weichen richtig
gestellt werden. Dies muss im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung der EU
– der so genannten Finanziellen Vorausschau 2007 bis 2013 – geschehen, mit der
nicht nur die finanzielle Ausstattung der EU, sondern die Politikstrategie und ih-
re Inhalte für die nächsten sieben Jahre festgelegt werden.
Die Verhandlungen über den nächsten Finanzrahmen von 2007 bis 2013 sind an-
gesichts der bestehenden Haushaltszwänge in den einzelnen Mitgliedstaaten
schwierig. Unbestreitbar liegt die Wirtschaftskraft der neuen Partner deutlich
unter dem Durchschnitt der Europäischen Union. Allein der Anpassungsprozess
wird dort erhebliche Finanzmittel fordern und sich über einen Zeitraum von vie-
len Jahren erstrecken. Deshalb bedarf es einer Konzentration auf klare Prioritä-
ten und einer nüchternen Aufgabenanalyse auf europäischer Ebene, aus der sich
die Finanzbedürfnisse ergeben, um eine Ausgabenexplosion auf europäischer
Ebene zu vermeiden, die die nationalen Haushalte überfordern würde. Ange-
sichts der notwendigen Konsolidierungszwänge in den nationalen Haushalten
zur Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes sollte der finanzielle Rah-
men strikt begrenzt werden. Auch hier gilt das Gebot der Sparsamkeit. Im Ge-
genzug zu einer Konzentration der Förderung besonders benachteiligter Gebiete
muss der Spielraum der Mitgliedstaaten für eigene Maßnahmen erweitert wer-
den.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie sieht der Vorschlag der EU-Kommission für den Finanzrahmen 2007 bis

2013 in Preisen von 2004 aus (aufgeteilt nach Jahren und Verpflichtungen
bzw. Zahlungen sowie jeweils in Prozent des Bruttonationaleinkommens
(BNE) der EU)?

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2. Welche Gesamtsummen ergeben sich aus dem Vorschlag der EU-Kommis-
sion für den Finanzplanungszeitraum (in absoluter Höhe nach Verpflichtun-
gen und Zahlungen bzw. in Prozent des BNE der EU nach Verpflichtungen
und Zahlungen) und welche Steigerung bedeutet dies im Vergleich zum
Finanzrahmen 2000 bis 2006?

3. Wie teilen sich die jährlichen Gesamtsummen (2007 bis 2013) nach dem
Vorschlag der EU-Kommission auf die Rubriken (nachhaltiges Wachstum,
nachhaltige Bewirtschaftung und Schutz der natürlichen Ressourcen,
Unionsbürgerschaft, Freiheit, Sicherheit und Recht, EU als globaler Partner,
Verwaltung) und Unterrubriken (insbesondere Wettbewerbsfähigkeit für
Wachstum und Beschäftigung, Kohäsion für Wachstum und Beschäftigung)
auf (in absoluter Höhe nach Verpflichtungen und Zahlungen)?

4. Wie sieht der Vorschlag der Bundesregierung für den Finanzrahmen 2007
bis 2013 in Preisen von 2004 aus (aufgeteilt nach Jahren und Verpflichtun-
gen bzw. Zahlungen sowie jeweils in Prozent des BNE der EU)?

5. Wie stellt sich die Bundesregierung die sich aus ihrem 1 %-Szenario erge-
bende Verteilung der Gesamtsumme für den Finanzrahmen 2007 bis 2013
auf die einzelnen Rubriken vor und in welchen Politikbereichen strebt die
Bundesregierung Kürzungen gegenüber den Vorstellungen der EU-Kom-
mission an, um das 1 %-Szenario zu realisieren?

6. Welche Gesamtsummen ergeben sich aus dem Vorschlag der Bundesregie-
rung für den Finanzplanungszeitraum (in absoluter Höhe nach Verpflichtun-
gen und Zahlungen bzw. in Prozent des BNE der EU nach Verpflichtungen
und Zahlungen) und welche Steigerung bedeutet dies im Vergleich zum
Finanzrahmen 2000 bis 2006?

7. Wie teilen sich die jährlichen Gesamtsummen (2007 bis 2013) nach dem
Vorschlag der Bundesregierung auf die Rubriken (nachhaltiges Wachstum,
nachhaltige Bewirtschaftung und Schutz der natürlichen Ressourcen,
Unionsbürgerschaft, Freiheit, Sicherheit und Recht, EU als globaler Partner,
Verwaltung) und Unterrubriken (insbesondere Wettbewerbsfähigkeit für
Wachstum und Beschäftigung, Kohäsion für Wachstum und Beschäftigung)
auf (in absoluter Höhe nach Verpflichtungen und Zahlungen)?

8. Wie soll nach dem Willen der Bundesregierung der in den Jahren 2007 bis
2013 insgesamt für die Unterrubrik „Kohäsion für Wachstum und Beschäf-
tigung“ (bisher: Struktur- und Kohäsionsfonds) maximal zur Verfügung ste-
hende Gesamtbetrag auf die alten (EU-15) und neuen (EU-10)Mitgliedstaa-
ten verteilt werden, gibt es Abweichungen (absolut und prozentual) von
dem Ansatz der EU-Kommission, und wenn ja, wie groß sind diese?

9. Welcher Betrag soll nach dem Willen der Bundesregierung für die Unter-
rubrik „Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums“ (ohne Fischerei/
Umwelt) 2007 bis 2013 maximal zur Verfügung stehen, gibt es Abweichun-
gen (absolut und prozentual) von dem Ansatz der EU-Kommission, und
wenn ja, wie groß sind diese?

10. Stimmt es, dass die Bundesregierung ihr 1 %-Szenario immer auf die Ver-
pflichtungen bezogen hat?

11. Sind in dem 1 %-Szenario der Bundesregierung alle EU-Ausgaben einge-
rechnet oder gibt es darüber hinaus Finanzinstrumente, gegebenenfalls mit
Abwicklung außerhalb des EU-Haushalts?

12. Sind in dem 1 %-Szenario auch die Ausgaben für den Beitritt von Rumänien
und Bulgarien (gegebenenfalls mit weiteren Ausgaben) sowie die Ausgaben
für die Einbeziehung des bisherigen Entwicklungshilfeinstruments (EEF)
enthalten?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4760

13. Welchen Unterschied macht es, ob die strikte Ausgabenbegrenzung auf 1 %
des EU-BNE auf Verpflichtungen oder auf Zahlungen bezogen wird (aufge-
teilt nach Jahren in absoluten Größenordnungen sowie in Prozent des BNE
der EU)?

14. Wie hoch ist der deutsche Finanzierungsanteil an den Bruttoleistungen des
EU-Haushalts (Verpflichtungen und Zahlungen) in den Jahren 2004 und
2005 (in absoluten Zahlen und prozentual bezogen auf den EU-Gesamt-
haushalt)?

15. Wie hoch sind die Rückflüsse in den Jahren 2004 und 2005 (in absoluten
Zahlen und prozentual bezogen auf den EU-Gesamthaushalt)?

16. Wie hoch ist der deutsche Nettofinanzierungsanteil am EU-Haushalt in den
Jahren 2004 und 2005 (in absoluten Zahlen und prozentual bezogen auf den
EU-Gesamthaushalt)?

17. Wie haben sich der deutsche Finanzierungsanteil an den Bruttozahlungen
des EU-Haushalts, die Rückflussquoten und damit der deutsche Nettofinan-
zierungsanteil am EU-Haushalt im Finanzrahmen 2000 bis 2006 entwickelt
(in absoluten Zahlen und prozentual bezogen auf den EU-Gesamthaushalt
jeweils getrennt nach Jahren)?

18. Wie hoch ist der zu erwartende deutsche Finanzierungsanteil an den Brutto-
leistungen des EU-Haushalts (Verpflichtungen und Zahlungen) in den Jah-
ren 2007 bis 2013, wenn der Vorschlag der EU-Kommission verwirklicht
würde (in absoluten Zahlen und prozentual bezogen auf den EU-Gesamt-
haushalt jeweils getrennt nach Jahren)?

19. Wie hoch sind die zu erwartenden Rückflüsse in den Jahren 2007 bis 2013,
wenn der Vorschlag der EU-Kommission verwirklicht würde (getrennt nach
Jahren, Rubriken und Unterrubriken und als Gesamtsumme sowie jeweils
prozentual bezogen auf den EU-Gesamthaushalt)?

20. Wie hoch sind die zu erwartenden Nettozahlungen Deutschlands in den Jah-
ren 2007 bis 2013, wenn der Vorschlag der EU-Kommission verwirklicht
würde (in absoluten Zahlen und prozentual bezogen auf den EU-Gesamt-
haushalt jeweils getrennt nach Jahren)?

21. Wie hoch ist der zu erwartende deutsche Finanzierungsanteil an den Brutto-
leistungen des EU-Haushalts (Verpflichtungen und Zahlungen) in den Jah-
ren 2007 bis 2013, wenn der Vorschlag der Bundesregierung verwirklicht
würde (getrennt nach Jahren und nach Verpflichtungen bzw. Zahlungen)?

22. Hat die Bundesregierung bei ihrem 1 %-Szenario berücksichtigt, dass die-
ses zu überproportionalen Kürzungen der Rückflüsse aus den Strukturfonds
in den ostdeutschen Ländern (Ziel-1-Region), aber auch in den westdeut-
schen Ländern (Ziel-2-Regionen) führen wird?
Wie gedenkt die Bundesregierung, diese gravierenden Kürzungen zu kom-
pensieren?

23. Welche Auswirkungen ergäben sich durch eine Änderung der Rückfluss-
quote auf die deutsche Nettozahlerposition nach Jahren und Rubriken bzw.
Unterrubriken zwischen 2007 und 2013, wenn der deutsche Vorschlag rea-
lisiert würde?

24. Wie hoch wären die zu erwartenden Nettofinanzierungsanteile für die Jahre
2007 bis 2013, wenn der Vorschlag der Bundesregierung realisiert würde (in
absoluten Zahlen und prozentual bezogen auf den EU-Gesamthaushalt je-
weils getrennt nach Jahren)?

25. Welche EU-Mitgliedsländer teilen die Position der Bundesregierung grund-
sätzlich und den 1 %-Vorschlag im Speziellen?

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26. Beziehen diese EU-Mitgliedstaaten das 1 %-Ziel auf Zahlungsermächtigun-
gen oder auf Verpflichtungsermächtigungen?

27. Welcher dieser EU-Mitgliedstaaten unterstützt die deutsche Position zum
Budget der Unterrubrik „Kohäsion für Wachstum und Beschäftigung“ (bis-
herige Struktur- und Kohäsionsfonds)?

28. Sollen die Agrarausgaben für Rumänien und Bulgarien dem Brüsseler
Agrarkompromiss (Gesamtsumme 293Mrd. Euro) hinzugerechnet werden?

29. Gibt es einen strukturierten Abstimmungsprozess unter den Nettozahlern?
30. Ergeben sich aus dem deutschen 1 %-Vorschlag für die nach Deutschland

fließenden EU-Agrarausgaben bzw. für die Strukturhilfe Auswirkungen,
und wenn ja, welche?

31. Welcher Anteil der Ausgaben für „Kohäsion für Wachstum und Beschäfti-
gung“ (bisherige Struktur- und Kohäsionsfonds) soll für die Jahre 2007 bis
2013 nach Ansicht der Bundesregierung in die alten Bundesländer und wel-
cher Anteil in die neuen Bundesländer fließen (insgesamt und getrennt nach
Jahren in absoluten Zahlen und prozentual)?

32. Wie hoch sind die zu erwartenden Rückflüsse in den Jahren 2007 bis 2013
in die deutschen Grenzregionen zu den EU-Beitrittsstaaten gemäß dem
von der EU-Kommission vorgesehenen Status als „geografisch benach-
teiligte Region“, wenn der Vorschlag der EU-Kommission verwirklicht
würde?

33. Wird der geplante Sonderstatus der genannten Grenzregionen auch im
1 %-Vorschlag der Bundesregierung aufrechterhalten, inklusive der vor-
gesehenen Möglichkeit zur Sonderförderung innerhalb der Unterrubrik
„Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“?

34. Wie hoch sind die zu erwartenden Rückflüsse in den Jahren 2007 bis 2013
in die deutschen Grenzregionen zu den EU-Beitrittsstaaten gemäß dem Sta-
tus als „geografisch benachteiligte Region“, wenn der Vorschlag der Bun-
desregierung verwirklicht würde?

35. Wie sehen die Planungen der EU-Kommission zur Weiterentwicklung des
EU-Finanzierungssystems aus, und welche Haltung hat die Bundesregie-
rung zu den Vorschlägen im Einzelnen?

36. Welche Entlastung erwartet die Bundesregierung von dem Vorschlag der
EU-Kommission zur Einführung eines allgemeinen Korrekturmechanis-
mus?

37. Wird das Vereinigte Königreich nach Einschätzung der Bundesregierung
der Einführung des von der EU-Kommission vorgeschlagenen allgemeinen
Korrekturmechanismus zustimmen?

38. Unterstützt Frankreich nach Einschätzung der Bundesregierung die Einfüh-
rung des von der EU-Kommission vorgeschlagenen allgemeinen Korrektur-
mechanismus?

39. Wird mit den Reformvorstellungen der EU-Kommission nach Ansicht der
Bundesregierung eine faire Lastenverteilung zwischen den EU-Mitglied-
staaten erreicht und welche Haltung haben die anderen EU-Mitgliedstaaten
in dieser Frage bislang geäußert?

40. Setzt sich die Bundesregierung im Gegenzug zu einer Konzentration der
Kohäsionsmittel auf besonders benachteiligte Gebiete für eine Erweiterung
des finanziellen Spielraums der Mitgliedstaaten für eigene Maßnahmen
ein?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/4760

41. Bringt die Bundesregierung bei den Verhandlungen zum Finanzrahmen das
Konzept der Kofinanzierung in der Agrarpolitik ein?
Wenn nicht, warum nicht?

Berlin, den 25. Januar 2005
Peter Hintze
Dr. Michael Meister
Peter Altmaier
Veronika Bellmann
Kurt-Dieter Grill
Olav Gutting
Volker Kauder
Gunther Krichbaum
Patricia Lips
Dr. Gerd Müller
Dr. Georg Nüßlein
Albert Rupprecht (Weiden)
Thomas Silberhorn
Michael Stübgen
Matthias Wissmann
Roland Gewalt
Josef Göppel
Michael Grosse-Brömer
Ursula Heinen
Michael Hennrich
Klaus Hofbauer
Bernhard Kaster
Michael Kretschmer
Laurenz Meyer (Hamm)
Franz Obermeier
Thomas Rachel
Dr. Wolfgang Schäuble
Dr. Andreas Schockenhoff
Annette Widmann-Mauz,
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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