BT-Drucksache 15/4541

Wahlen in Mosambik

Vom 14. Dezember 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4541
15. Wahlperiode 14. 12. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Arnold Vaatz, Dr. Egon Jüttner, HermannGröhe, Hartwig Fischer
(Göttingen), Holger Haibach, Klaus Brähmig, Rainer Eppelmann, Anke Eymer
(Lübeck), Irmgard Karwatzki, Melanie Oßwald, Daniela Raab, Karl-Theodor
Freiherr von und zu Guttenberg, Hubert Hüppe, Julia Klöckner, Werner Lensing,
Albert Rupprecht (Weiden), Dr. Wolfgang Schäuble und der Fraktion der CDU/CSU

Wahlen in Mosambik

Am 1. und 2. Dezember 2004 fanden in Mosambik Parlaments- und Präsident-
schaftswahlen statt. Von den mehr als acht Millionen wahlberechtigten Mosam-
bikanern sollen nach Einschätzung von Wahlbeobachtern lediglich 30 Prozent
von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben.
Der scheidende Präsident Joaquím Alberto Chissano von der regierenden
FRELIMO hat daher unmittelbar nach der Wahl gefordert, dass die Wähler
zukünftig für ihre Stimmabgabe etwas Geld erhalten sollten, und dies damit
begründet, dass sie dann „viel lieber zum Wählen kommen“. Im Hinblick auf
die in Mosambik bestehende „hohe Analphabetenrate“ und der „weit verbreite-
ten Unkenntnis des politischen Systems“ würden viele den Nutzen von Wahlen
in Frage stellen (Frankfurter Rundschau vom 6. Dezember 2004).
Anlässlich der mosambikanischen Kommunalwahlen im Herbst 2003 forderte
die EU-Wahlbeobachtermission in ihrem im Februar 2004 vorgestellten Ab-
schlussbericht transparentere und fairere Wahlen für die Zukunft. Insbesondere
müsse Wahlbeobachtern ein ungehinderter Zugang zum Auszählungsprozess
gewährt werden. Das vom früheren amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter
gegründete Carter Center hatte in seinem im März 2004 vorgelegten Bericht zu
den Kommunalwahlen 2003 die unverzügliche Aktualisierung der Wählerlisten
eingefordert. Nur so könne die Doppeleintragung von bis zu einer Million
Wählern bereinigt werden.
Unmittelbar vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen teilte die Natio-
nale Wahlkommission mit, dass
– den Wahlbeobachtern nicht erlaubt werde, mit den mosambikanischen Wahl-

helfern an den Urnen zu sprechen, und dass sie Wähler erst 300 Meter nach
Verlassen des Wahllokals ansprechen dürften;

– den Wahlbeobachtern die zur Stimmenauszählung genutzte Computer-Soft-
ware nicht zur Verfügung gestellt werde;

– bei der Überprüfung von ungültigen Stimmen – die bei den letzten Wahlen
fast 10 Prozent der abgegebenen Stimmen ausmachten und ganz überwie-
gend in den Hochburgen der RENAMO anfielen – keine Wahlbeobachter
zuzulassen seien;

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– bei der Überprüfung von Wahlbezirken, die durch die amtliche Wahlkom-
mission von der Auszählung ausgeschlossen werden würden, ebenfalls keine
Wahlbeobachter zuzulassen seien.

Die staatliche Wahlkommission hat inzwischen eingeräumt, dass rund 100
Wahllokale geschlossen blieben. Das staatliche Fernsehen meldete zudem, dass
in zwei Provinzen fast 25 000 Wähler abgewiesen worden seien. Die staatliche
Wahlkommission lehnte die Forderung nach einer Wahlwiederholung ab, da
das Ergebnis durch die fehlenden Stimmen nicht beeinflusst werde. Der Leiter
der Wahlbeobachtermission der Commonwealth-Staaten Vaughan Lewis zeigte
sich besorgt über Verzögerungen bei der Auszählung. Je länger die Auszählung
hinausgezögert werde, desto stärker kämen Zweifel an der rechtmäßigen
Durchführung der Wahlen auf.
Wahlbeobachter beschwerten sich, dass ihnen der Zugang zu den Auszählungs-
zentren verwährt bliebe.
Das amtliche Endergebnis soll am 17. Dezember 2004 verkündet werden.
Mosambik ist ein Schwerpunktland der deutschen entwicklungspolitischen
Zusammenarbeit und zudem eines von vier „Fokusländern“ des Aktionspro-
gramms 2005 der Bundesregierung im südlichen Afrika. Nach Aussage des
Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im
Medienhandbuch Entwicklungspolitik 2002 ist dafür maßgeblich „der bemer-
kenswerte Friedens- und Demokratisierungsprozess“. Deutschland beteiligt
sich seit Beendigung des Bürgerkrieges an führender Stelle beim Wiederaufbau
des Landes und engagiert sich im Besonderen bei der Förderung demokra-
tischer Strukturen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie beurteilt die Bundesregierung die am 1. und 2. Dezember 2004 durch-

geführten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen?
Verdienen sie uneingeschränkt das Prädikat „frei und fair“?

2. Hat die Bundesregierung den mosambikanischen Botschafter in Deutsch-
land einbestellt, wie dies Anfang November 2004 mehrere Mitgliedstaaten
der Europäischen Union mit den bei ihnen akkreditierten mosambikanischen
Botschaftern getan haben sollen, um eine größere Transparenz bei den Präsi-
dentschafts- und Parlamentswahlen zu gewährleisten?
Falls ja, was war gegebenenfalls das Ergebnis dieses Gespräches?
Falls nein, warum nicht?

3. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, ob und gegebenenfalls inwie-
weit die von der EU-Wahlbeobachtermission und dem Carter Center anläss-
lich der 2003 durchgeführten Kommunalwahlen in Mosambik gemachten
Verbesserungsvorschläge zur Konsolidierung der Wählerlisten von der
mosambikanischen Regierung bei den jetzigen Wahlen berücksichtigt wur-
den?

4. Wie beurteilt die Bundesregierung die Arbeit der Nationalen Wahlkommis-
sion von Mosambik insbesondere im Hinblick auf eine unabhängige Aus-
übung ihres Mandats?

5. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, ob internationale Wahlbeob-
achtermissionen, insbesondere die der EU, uneingeschränkten Zugang zu
den Wahllokalen und den zentralen Auszählungszentren hatten und inwie-
weit sie die Möglichkeit haben, die Zusammenführung der Wahlergebnisse
auf nationaler Ebene sowie die als „ungültig“ eingestuften Stimmzettel zu
überprüfen?

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6. Welche Folgerungen wird die Bundesregierung für die weitere Entwick-
lungszusammenarbeit mit dem Schwerpunktland Mosambik ziehen, wenn
die EU-Wahlbeobachtermission die Wahlen nicht als uneingeschränkt frei
und fair einstufen sollte?

7. Unterstützt die Bundesregierung angesichts einer zunehmenden Wählerapa-
thie Maßnahmen, um das Vertrauen der Bevölkerung in den Demokratisie-
rungsprozess zu stärken?

Berlin, den 14. Dezember 2004
Arnold Vaatz
Dr. Egon Jüttner
Hermann Gröhe
Hartwig Fischer (Göttingen)
Holger Haibach
Klaus Brähmig
Rainer Eppelmann
Anke Eymer (Lübeck)
Irmgard Karwatzki
Melanie Oßwald
Daniela Raab
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
Hubert Hüppe
Julia Klöckner
Werner Lensing
Albert Rupprecht (Weiden)
Dr. Wolfgang Schäuble
Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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