BT-Drucksache 15/4506

Energieeffizienz in Gebäuden steigern - unbürokratische Energieausweise entwickeln

Vom 14. Dezember 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4506
15. Wahlperiode 14. 12. 2004

Antrag
der Abgeordneten Thomas Dörflinger, Hubert Deittert, Dirk Fischer (Hamburg),
Eduard Oswald, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Dr. Peter Paziorek, Georg
Brunnhuber, Dr. Rolf Bietmann, Renate Blank, Wolfgang Börnsen (Bönstrup),
Cajus Julius Caesar, Marie-Luise Dött, Enak Ferlemann, Ingrid Fischbach,
Dr. Maria Flachsbarth, Georg Girisch, Josef Göppel, Peter Götz, Markus Grübel,
Holger Haibach, Bernd Heynemann, Ernst Hinsken, Klaus Hofbauer, Norbert
Königshofen, Werner Kuhn (Zingst), Helmut Lamp, Eduard Lintner, Doris Meyer
(Tapfheim), Klaus Minkel, Marlene Mortler, Henry Nitzsche, Günter Nooke, Franz
Obermeier, Ulrich Petzold, Dr. Joachim Pfeiffer, Wilhelm Josef Sebastian, Gero
Storjohann, Lena Strothmann, Volkmar Uwe Vogel, Gerhard Wächter, Werner
Wittlich und der Fraktion der CDU/CSU

Energieeffizienz in Gebäuden steigern – unbürokratische Energieausweise
entwickeln

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll zur Senkung der Treibhausemis-
sionen müssen durch nationales Handeln untersetzt werden. Nach den Fest-
legungen für die Wirtschaft durch das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz
und das Zuteilungsgesetz 2007 werden nun vor allem Maßnahmen zur Energie-
einsparung im Bau- und Verkehrswesen erforderlich.
Für den Gebäudebereich müssen die Maßnahmen insbesondere darauf aus-
gerichtet sein, Innovations- und Investitionsanreize auszulösen. Das damit
verbundene Energieeinsparpotential kann ganz erheblich zur Erfüllung der
Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll beitragen. Bessere Kenntnisse der
öffentlichen und privaten Gebäudeeigentümer Hauseigentümer über den Ener-
gieverbrauch ihrer Gebäude sind eine wichtige Voraussetzung, noch wichtiger
für die Zielerreichung sind jedoch Informationen über geeignete Sanierungs-
und Modernisierungsmaßnahmen sowie deren Umsetzung.
Die Europäische Union (EU) hat mit der Richtlinie über die Gesamtenergie-
effizienz von Gebäuden ihre Mitgliedstaaten verpflichtet, Rechts- und Verwal-
tungsvorschriften zur Einführung eines Energiepasses für Gebäude in Kraft zu
setzen. Der Energieausweis soll bei Bau, Verkauf oder Vermietung von Ge-
bäuden (bzw. Wohnungen) vorgelegt werden. In Deutschland sind davon neben
öffentlichen und gewerblichen Liegenschaften ca. 17,1 MillionenWohngebäude
betroffen, davon allein 14,1 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser. Ziel ist es
vor allem, mehr Transparenz für Wohnungen und Gebäude zu schaffen. Damit
verbunden ist die Hoffnung, mehr Innovationen und Investitionen im Gebäude-
bestand zur Kohlendioxidminderung (CO2) zu unterstützen. Gebäudeeigen-

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tümer werden jedoch nur bei entsprechender Wirtschaftlichkeit derartige Ent-
scheidungen treffen.
Prinzipiell widerspricht die Einführung des Energieausweises dem allgemeinen
politischen Ziel, die Bürokratie für die Menschen in Deutschland abzubauen.
Bei der nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie ist sicherzustellen, dass die
Einführung des Energieausweises schlank, effizient und unbürokratisch ausge-
staltet wird. Es muss darauf Wert gelegt werden, dass die nationale Umsetzung
so einfach und kostengünstig wie möglich für die Gebäudeeigentümer erfolgt
und dass sie gleichzeitig die gewünschte Transparenz für Mieter und Haus-
erwerber und Besucher öffentlicher Gebäude liefert.
Die EU-Richtlinie erklärt ausdrücklich, dass sowohl die tatsächlich verbrauchte
Energiemenge als auch die veranschlagte Energiemenge zur Erstellung des
Energieausweises herangezogen werden kann. Ein Energieausweis, dessen
Werte einheitlich sowohl für Neubauten als auch für Bestandsgebäude oder für
alle Gebäudegrößen ermittelt werden, ist nicht gefordert. Somit kann eine sinn-
volle Abgrenzung von Gebäuden zur möglichst unbürokratischen Erfüllung der
EU-Richtlinie beitragen.
Für Neubauten wird die EU-Richtlinie durch die Vorschriften der Energieein-
sparverordnung (EnEV) bereits erfüllt, von besonderer Bedeutung ist daher die
Umsetzung für die Bestandsgebäude.
Die Deutsche Energie-Agentur (dena) hat im Jahr 2004 einen Feldversuch zur
Entwicklung und Erprobung des Energiepasses durchgeführt. Untersucht wor-
den ist dabei ausschließlich ein kennwertbasierter Energiepass, der zu theoreti-
schen Ergebnissen führt. Der tatsächliche Energieverbrauch des Gebäudes wird
dabei nicht dargestellt. Parallel hat u. a. der GdW-Verband deutscher Woh-
nungsunternehmen eigene Untersuchungen zu verbrauchswertbasierten Ener-
gieausweisen durchgeführt. Diese Ergebnisse sollten in die Überlegungen zur
nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie einbezogen werden.
Wegen der von verschiedenen Seiten geäußerten starken Kritik an einem zu
aufwendig gestalteten Energiepass, der keine Aussagen über den tatsächlichen
Verbrauch trifft, den damit verbundenen erwarteten Kosten sowie wegen der
befürchteten Rechtsfolgen gibt es einen berechtigten Anspruch, das Parlament
und die Öffentlichkeit über die Ergebnisse des Feldversuchs sowie über die
Einschätzung der Bundesregierung über mögliche Alternativen vor den grund-
sätzlichen Entscheidungen zu informieren.
Für Gebäude, die von Behörden oder ähnlichen Einrichtungen, die für eine
große Anzahl von Menschen öffentliche Dienstleistungen erbringen, genutzt
werden, ist künftig ein Energieausweis öffentlich auszuhängen. Die damit beab-
sichtigte Vorbildfunktion kann durch einen Energieausweis, der auf Grundlage
des tatsächlichen Verbrauchs ermittelt worden ist, erreicht werden. Die betrof-
fenen Gebäude stehen mehrheitlich nicht zum Verkauf bzw. zur neuen Vermie-
tung an. Für die an der ökologischen Vorbildfunktion interessierte Öffentlich-
keit ist vor allem der tatsächliche Energieverbrauch relevant. Nicht nur durch
Sanierungs- und Modernisierungsinvestitionen, sondern auch durch entspre-
chende Mitarbeitermotivation zu bewusst energiesparsamem Verhalten im Ge-
bäude kann er gesenkt werden. Öffentlich nachvollziehbare Entwicklungen
über den tatsächlichen Energieverbrauch der Gebäude sind für das Ziel der
CO2-Minderung relevanter als theoretisch ermittelte Energiebedarfswerte.Außerdem erscheint diese Lösung auch kostengünstiger.
Mit dem Gebäudesanierungsprogramm zur CO2-Minderung werden bis ein-schließlich 2005 emissionsmindernde Maßnahmen der Heizungserneuerung
und der energetischen Verbesserung der Gebäudeaußenhüllen bei vermieteten
und eigengenutztem Wohnraum mit über 1 Mrd. Euro aus dem Bundeshaus-
halt unterstützt. Zusätzlich werden einschließlich des Bundeshaushalts 2005

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insgesamt ca. 400 Mio. Euro für das Programm „Niedrigenergiehaus im Be-
stand“ zur Verfügung gestellt. Öffentliche Förderung als Anreizsystem ist ein
Weg zur Zielerreichung. Zu kritisieren ist die Senkung des Teilschulderlasses
von 20 Prozent auf 15 Prozent beim Programm „Niedrigenergiehaus im
Bestand“ seit dem 1. November 2004, zumal der Deutsche Bundestag jetzt die
Aufstockung dieses Programms um 160 Mio. Euro beschlossen hat. Die Wei-
terentwicklung und Fortsetzung der öffentlichen Anreizsysteme muss unter
Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten solange erfolgen, bis die
Ziele zur Reduzierung der CO2-Emissionen im Gebäudebereich erreicht sind.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. einen Bericht über die Ergebnisse des Feldversuchs der dena vor einer

Entscheidung über die Art und Weise der nationalen Umsetzung der EU-
Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden vorzulegen. Un-
tersuchungen der Wohnungswirtschaft zu verbrauchswertbasierten Gebäu-
deenergieausweisen sollten einbezogen werden. Mit dem Bericht ist auch
eine Darstellung der Vor- und Nachteile (einschließlich einer Kostenbetrach-
tung) eines Kennwertbasierten bzw. auch einen verbrauchswertbasierten Ge-
bäudeenergieausweis für Bestandsgebäude für die einzelnen Gebäudegrö-
ßenklassen vorzunehmen. Für Gebäude, die von Behörden oder ähnlichen
Einrichtungen, die für eine große Anzahl von Menschen öffentliche Dienst-
leistungen erbringen, genutzt werden, sollen zusätzlich die Effekte für die
erhoffte Vorbildfunktion aufgezeigt werden;

2. zusätzlich darüber zu berichten, wie – soweit bekannt – andere Mitglied-
staaten der EU den Gebäudeenergieausweis gestalten wollen und welche
Mitgliedstaaten die Absicht haben, von der Möglichkeit des Artikels 15
Abs. 2 zur Fristverlängerung Gebrauch zu machen. Hierbei ist auch darzu-
stellen ob und welches Fachpersonal für die Ausstellung des Energieaus-
weise in Deutschland hinreichend zum Zeitpunkt der geplanten Einführung
zur Verfügung steht;

3. bei der Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht sicherzustellen,
dass der Energieausweis lediglich zur Information dient und nicht juristi-
scher Bestandteil des notariellen Kaufvertrags bzw. des Mietvertrags wird.
Es dürfen vom Energieausweis keine Rechtswirkungen ausgehen. Die dem
Energieausweis gemäß Artikel 7 Abs. 2 der EU-Richtlinie beizufügenden
Empfehlungen für kostengünstige Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz
sollen nicht Bestandteil des Energieausweis sein und ausschließlich der
Beratung des Gebäudeeigentümers dienen. Sie sollen auch Hinweise über
aktuelle öffentliche Förderungen für die vorgeschlagenen Maßnahmen ent-
halten;

4. in Vorbereitung auf die Haushaltsberatungen 2006 eine Evaluierung des
Gebäudesanierungsprogramms zur CO2-Minderung einschließlich des Pro-gramms „Niedrigenergiehaus im Bestand“ durchzuführen und dem Deut-
schen Bundestag darüber bis September 2005 zu unterrichten. Die
Ergebnisse des Programms sollen im Verhältnis zum Gesamtgebäudebestand
bzw. zum Gesamtsanierungsbedarf zur Zielerreichung untersucht werden.
Konsequenzen für die Programmgestaltung bei einer möglichen Fortführung
über das Jahr 2005 hinaus sind einzubeziehen.

Berlin, den 14. Dezember 2004
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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