BT-Drucksache 15/4502

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung -15/4500- Waldzustandsbericht 2004 - Ergebnisse des forstlichen Umweltmonitorings -

Vom 14. Dezember 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4502
15. Wahlperiode 14. 12. 2004

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Cajus Julius Caesar, Peter H. Carstensen (Nordstrand), Gerda
Hasselfeldt, Klaus Brähmig, Artur Auernhammer, Peter Bleser, Gitta Connemann,
Helmut Heiderich, Ursula Heinen, Uda Carmen Freia Heller, Dr. Peter Jahr, Volker
Kauder, Julia Klöckner, MarleneMortler, Bernhard Schulte-Drüggelte, Kurt Segner,
Jochen Borchert, Hubert Deittert, Thomas Dörflinger, Susanne Jaffke, Dr. Klaus
Rose, Norbert Schindler, Georg Schirmbeck, Max Straubinger, Volkmar Vogel,
Dr. Peter Paziorek, Dr. Rolf Bietmann, Marie-Luise Dött, Dr. Maria Flachsbarth,
Georg Girisch, Josef Göppel, Holger Haibach, Helmut Lamp, Dr. Klaus W. Lippold
(Offenbach), Doris Meyer (Tapfheim), Franz Obermeier, Ulrich Petzold, Werner
Wittlich, Ernst Hinsken, Jürgen Klimke, Maria Michalk, Wilhelm Josef Sebastian,
Edeltraud Töpfer, Dr. Hans Georg Faust, Werner Kuhn (Zingst), Anita Schäfer
(Saalstadt), Johannes Singhammer und der Fraktion der CDU/CSU

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 15/4500 –

Waldzustandsbericht 2004
– Ergebnisse des forstlichen Umweltmonitorings –

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Ergebnisse des Waldzustandsberichtes 2004 zeigen, dass unsere Wälder so
krank sind wie niemals zuvor. Die seit 1983 ergriffenen vielfältigen Maßnah-
men der unionsgeführten Bundesregierungen haben erste Erfolge gezeigt. Ganz
offensichtlich ist die von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geführte Bun-
desregierung nicht in der Lage, trotz mehrfacher Ankündigungen den Heraus-
forderungen gerecht zu werden. Einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Forst-
wirtschaft und damit auch der Produktion nachwachsender Rohstoffe wird un-
seres Erachtens nicht die Bedeutung beigemessen, die ihr gebührt.
Die von Forstfachleuten Deutschlands ermittelten Daten belegen, dass der Zu-
stand unserer Wälder Anlass zur Sorge bereitet. Dabei ist das Laubholz in be-
sonderem Maße betroffen. Bei der Buche sind über die Hälfte der Bäume
krank, bei älteren Buchen sind es rund zwei Drittel. Auch die Eiche erreicht
Schadausmaße von rund der Hälfte aller Bäume. Das Laubholz ist in besonde-
rem Maße betroffen, weil es einen Boden mit höherem PH-Wert, also basischer
Ausgangsposition, benötigt. Aufgrund der Versauerung durch Luftschadstoffe

Drucksache 15/4502 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

ist der PH-Wert an manchen Standorten auf bis zu zwei PH-Wert-Punkte abge-
sunken, wobei zu berücksichtigen ist, dass eine Absenkung um einen Punkt
eine zehnfache Versauerung, zwei Punkte sogar eine hundertfache Versauerung
bedeutet. PH-Werte auf bestimmten Standorten, die zwischen zwei und drei lie-
gen, sind vergleichbar mit dem Säuregehalt von Essig- oder Zitronensäure. Al-
lerdings ist bei der Bundesregierung eine nachlassende Bereitschaft, gegen die
fortschreitende Versauerung vorzugehen, zu erkennen. Von den etwa 11 Mio.
Hektar Wald in Deutschland stocken rund zwei Drittel auf versauerten Böden,
sodass durch Kalkungsmaßnahmen rund 7 Mio. Hektar kalkungsnotwendig wä-
ren.
Die Übersäuerung der Böden führt zu einer Abnahme der Bodenfruchtbarkeit.
Nicht nur der Wald stirbt auf saurem Untergrund, ebenso leiden die Äcker und
Gärten, sodass Pflanzen- aber auch gewisse Tierarten verschwinden. Der saure
Eintrag aus der Luft vermindert nicht nur die Boden-, sondern auch die Wasser-
qualität. Je saurer das Grundwasser, desto aufwendiger ist seine Aufbereitung.
Die Säure im Boden führt zudem dazu, dass Nährstoffe aus dem Boden ausge-
waschen werden. Eine Schwermetallanreicherung erfolgt, die sich letztendlich
auch auf das Grundwasser durchschlagen wird. Damit werden die Wurzelsys-
teme stark geschädigt und die Bäume insgesamt empfindlicher gegen Klimaex-
treme, Sturmwurf und Schädlinge.
Geht man davon aus, dass nach einer Kalkung die Umsetzung des kohlensauren
Kalkes rund zehn Jahre anhält, sind durchschnittlich pro Jahr 700 000 Hektar
zu kalken. Tatsächlich werden derzeit aber nur rund 100 000 Hektar gekalkt bei
einem Defizit von rund 7 Mio. Hektar.
Die mehr als 1,3 Millionen privaten Waldbesitzer in Deutschland, aber auch
viele kommunale Waldbesitzer, warten auf Maßnahmen der Bundesregierung
im Bereich des Klimaschutzes, der Reduzierung von Schadstoffbelastungen,
insbesondere durch den Autoverkehr, aber auch auf stabilisierende Kalkungen
für unseren Wald. Eine wesentliche Ursache für die Waldschäden sind vor al-
lem die Autoabgase. Zwei Drittel der Stickoxyde stammen aus dem Straßenver-
kehr, nur 17 Prozent von Industrie- und Kraftwerken.
Weiterhin ist festzustellen, dass die derzeitige Bundesregierung die Rahmenbe-
dingungen für Erhalt, Pflege und nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes stets
verschlechtert. Neben steuerlichen Maßnahmen werden stets neue Abgaben er-
hoben. Völlig unverständlich ist, warum Waldbesitzer, die für den Hochwasser-
schutz durch Speicherung des Wassers und für sauberes Grundwasser durch
Filterwirkung ihres Waldes sorgen, gleichzeitig noch zu horrenden Beiträgen
für die Wasser- und Bodenverbände herangezogen werden.
Stets neue Auflagen gesetzlicher Art durch etwa das Bundesnaturschutzgesetz,
Gebote, Verbote, Festsetzungen und Bewirtschaftungseinschränkungen er-
schweren den Vor-Ort tätigen Waldbewirtschaftern die Arbeit auf unsinnige
Weise.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
– innerhalb der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und

des Küstenschutzes“ den Forstbetrieben gezielt finanzielle Mittel für die von
den Waldbesitzern nicht zu verantwortenden, durch Schadstoffe verursach-
ten negativen Auswirkungen auf die Waldböden zur Verfügung zu stellen
und damit zur Gesunderhaltung des Waldes beizutragen;

– die vorgelegte Charta für Holz mit Leben zu erfüllen und damit dem nach-
wachsenden und umweltfreundlich erzeugten Rohstoff Holz Chancen als
Bau- und Energiestoff zu eröffnen;

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4502

– die beabsichtigten Kürzungen, die den Holzabsatzfonds mit 637 000 Euro
jährlich treffen, rückgängig zu machen, da die schon jetzt bedenkliche Lage,
die von der Bundesregierung zu verantworten ist, noch weiter verschärft
werden würde;

– den Absatz von Holz aus einheimischen Wäldern zu fördern und Importe
aus illegalem Holzeinschlag gesetzlich zu unterbinden;

– den Gesetzesdschungel zu entflechten sowie Steuern und Abgaben auf ein
erträgliches Maß zurückzuführen;

– Voraussetzungen für die Pflege und somit die Gesunderhaltung des Waldes
und einer auf Dauer existenzfähigen Forstwirtschaft zu schaffen;

– dafür zu sorgen, dass verstärkte und vor allem kontinuierliche Kompensati-
onskalkungen der betroffenen Waldgebiete unter Einbeziehung vorheriger
Bodenanalysen durchgeführt werden;

– die Forschung über die Ursachen der Waldschäden im Rahmen des forstli-
chen Monitorings in enger Zusammenarbeit mit den Ländern im Sinne kon-
sequenter Maßnahmen gegen die Waldschäden voranzubringen;

– dem Klimaschutz und damit einer CO2-Reduzierung durch die Schaffungund Anerkennung von Senken durch Waldvermehrung Rechnung zu tragen;
– die Absenkung der Fördermittel im Rahmen des Programms „Verbesserung

der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, die für die Forstwirtschaft zur
Verfügung gestellt werden, rückgängig zu machen;

– der Bedeutung des Waldes und damit den umfangreichen sozialen und öko-
logischen Leistungen der Waldbesitzer mehr Rechnung zu tragen, denn
Forstwirtschaft sichert heimische Arbeitsplätze und steht für Erholung und
Tourismus sowie Natur-, Arten- und Klimaschutz;

– das bewährte Bundeswaldgesetz nicht durch weitere bürokratische Regelun-
gen und Auflagen praxisfremd zu gestalten;

– die von der Bundesregierung zugesagte Ausgleichsregelung für die durch
Schutzgebietsausweisungen, wie etwa von Flora-Fauna-Habitat-Gebieten,
für Waldbesitzer hinzunehmenden Einschränkungen einzulösen;

– eine Vorbildfunktion durch die Verwendung des umweltfreundlich erzeugten
Roh- und Baustoffes Holz durch die vermehrte Verwendung bei Bauten des
Bundes zu übernehmen. Dies hat sowohl im Sinne von dadurch möglicher
Energieeinsparung als auch im Rahmen steigender Holzverbauung zu ge-
schehen;

– der Gleichrangigkeit von Ökologie, Ökonomie und sozialer Komponente als
Grundsatz des Miteinander von Umweltschutz, wirtschaftlicher Betätigung
und Einbeziehung der Menschen mehr Beachtung zu widmen;

– praxisfremden Lösungen eine Absage zu erteilen, die zu pauschalen Kahl-
schlags- und Düngungsverboten bzw. Anordnungen führen, die bestimmte
Baumartenanteile vorschreiben und Kleinstflächen bürokratisch regeln wol-
len und nur mit hohen Kosten überwacht und durchgesetzt werden könnten.
Dabei ist dem forstlichen Personal im Rahmen des Umweltschutzes mehr
Kompetenz zu übertragen;

– dem Vertragsnaturschutz Vorrang vor hoheitlichen Maßnahmen einzuräu-
men;

– der freiwilligen Zertifizierung des heimischen Holzes nach PEFC (Pro-
gramme for the Endorsement of Forest Certifikation Schemes) eine Chance
zu geben;

Drucksache 15/4502 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
– Waldboden und Trinkwasser den ausreichenden Schutz zukommen zu las-
sen.

Berlin, den 14. Dezember 2004
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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