BT-Drucksache 15/4497

Informatives Berichtswesen als Grundlage einer guten Forschungs- und Technologiepolitik

Vom 14. Dezember 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4497
15. Wahlperiode 14. 12. 2004

Antrag
der Abgeordneten Katherina Reiche, Thomas Rachel, Dr. Maria Böhmer,
Dr. Christoph Bergner, Helge Braun, Klaus Brähmig, Vera Dominke, Axel E.
Fischer (Karlsruhe-Land), Helmut Heiderich, Volker Kauder, Michael Kretschmer,
Werner Lensing, Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn), Bernward Müller (Gera),
Uwe Schummer, Marion Seib und der Fraktion der CDU/CSU

Informatives Berichtswesen als Grundlage einer guten Forschungs- und
Technologiepolitik

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Ein qualifizierter forschungs- und technologiepolitischer Dialog kann nur auf
der Grundlage einer soliden Daten- und Informationsbasis erfolgen. Deshalb
liegt eine breite und qualitativ hochwertige Berichterstattung zu Forschung und
Technologie gleichermaßen im Interesse von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft
und Gesellschaft.
Bisher erfolgt die Berichterstattung im Bereich Forschung und Technologie auf
zwei klar abgegrenzten und transparenten Ebenen, nämlich die Berichterstat-
tung der Bundesregierung und der Länder über die Situation Forschung sowie
über die jeweilige Forschungspolitik auf der einen Seite und die Begutachtung
der technologischen Leistungsfähigkeit durch Institute auf der anderen Seite.
Alle vier Jahre legt die Bundesregierung den Bundesbericht Forschung vor, der
über die Strukturen der deutschen Forschung und ihre Finanzierung informiert
und die Ressourcen für Wissenschaft, Forschung und Entwicklung in Deutsch-
land und im internationalen Vergleich darstellt. Zudem werden die Forschungs-
und Technologiepolitik des Bundes und die der Länder (Länderselbstdarstel-
lung) bis in die einzelnen Programme hinein beschrieben. Zur Aktualisierung
der Datenbasis gibt die Bundesregierung zwischen der Vorlage zweier For-
schungsberichte jeweils noch einen Faktenbericht zum Bundesbericht Forschung
heraus.
Den Bericht über die Technologische Leistungsfähigkeit Deutschlands erstellen
im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mehrere aner-
kannte Innovationsforschungsinstitute, die die alleinige Verantwortung für die
Ergebnisse und deren Interpretationen tragen. Aufgrund der erforderlichen
Aktualität und um Trends intensiv verfolgen und neue Entwicklungen aufneh-
men zu können, erfolgt die Vorlage dieses Berichts im jährlichen Rhythmus.
Die Bundesregierung hat begonnen, von dieser bewährten Berichterstattung
abzuweichen. Der Bericht zur Technologischen Leistungsfähigkeit 2003 wurde
in diesem Jahr nicht, wie in den Vorjahren üblich, Anfang des Jahres vorgelegt,
vielmehr wurde ein schmaler Teil „Innovationsindikatoren zur Technologischen

Drucksache 15/4497 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Leistungsfähigkeit“ im Mai als ein Kapitel des Bundesberichts Forschung ver-
öffentlicht.
Damit wurde die sachgerechte Trennung, Bericht der Bundesregierung und der
Länder auf der einen und Ergebnisse und Interpretation der Innovationsfor-
schung auf der anderen Seite, durchbrochen.
Weitergehende Ergebnisse des Forschungsauftrags zur technologischen Leis-
tungsfähigkeit wurden erst als „Ergänzungsbericht 2003/2004“ im November
2004 veröffentlicht, obwohl der Bericht von Forschungsinstituten bereits im
Juli vorgelegt wurde und die Datenerhebung sogar schon im Februar 2004
abgeschlossen war. Durch diese Praxis leiden Transparenz, Klarheit und Aktua-
lität der Berichterstattung mit entsprechend negativen Konsequenzen für eine
sachgerechte forschungspolitische Diskussion.
Inzwischen hat der Ausschuss Bildung, Forschung und Technikfolgenabschät-
zung des Deutschen Bundestages mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen be-
schlossen, dass der Forschungsbericht ab dem Jahr 2008 entfallen soll. Das
heißt der Bundesbericht Forschung 2004 war der letzte seiner Art. Statt einer
Darstellung der Strukturen und der Finanzierung von Forschung sowie der
politischen Maßnahmen als eine Art Arbeitsbericht der Administration von
Bund und Ländern sollen internationale Innovationsforscher eine Begutachtung
vornehmen und alle zwei Jahre einen Bericht vorlegen. Der bisherige Bericht
zur technologischen Leistungsfähigkeit soll ebenfalls im Rahmen der Umstel-
lung der Berichterstattung entfallen.
Daneben beabsichtigt die Bundesregierung im Rhythmus von zwei Jahren
lediglich noch die Grundlinien der Forschungs- und Innovationspolitik im
Zusammenhang mit programmatischen Zielstellungen darzulegen.
Diese Ankündigungen werfen viele Fragen hinsichtlich des zukünftigen Be-
richtswesens auf. Unklar ist z. B., wann die Berichterstattung zur Technologi-
schen Leistungsfähigkeit eingestellt werden soll, wie detailliert die Politikmaß-
nahmen im zukünftigen Bericht der Bundesregierung dargestellt werden sollen,
ob es weiterhin noch eine Berichterstattung der Länder gibt, nach welchen Kri-
terien und wann die internationalen Innovationsforscher ausgesucht werden
sollen für den Bericht 2008 und wer die Themen und Kriterien für die Begut-
achtung festlegt.
Die bisherigen Aussagen lassen befürchten, dass die transparente und umfas-
sende Berichterstattung über den „Ist-Zustand“ deutscher Forschungs- und Ent-
wicklungspolitik sowie über die Technologische Leistungsfähigkeit Deutsch-
lands zugunsten einer politisch motivierten Begutachtung auf der einen und
programmatischen Erklärungen auf der anderen Seite aufgegeben werden soll.
Dadurch würde dem forschungspolitischen Dialog die sachliche Grundlage ent-
zogen, sowohl dem Deutschen Bundestag würden Entscheidungen erschwert
als auch wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gruppierungen die Formulie-
rung und Begründung ihrer Forderungen an die Politik.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
zur verlässlichen Berichterstattung über die Forschungspolitik in Deutschland
sowie über die Technologische Leistungsfähigkeit zurück zu kehren und
1. wie bisher einmal in der Legislaturperiode einen Bundesbericht Forschung

(einschließlich Länderselbstdarstellung) orientiert an der bisherigen Bericht-
erstattung vorzulegen,

2. dazwischen jährlich Faktenberichte Forschung zur Aktualisierung der Daten-
basis herauszugeben und

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4497

3. jährlicheBerichte zur TechnologischenLeistungsfähigkeit von deutschen und
evtl. ausländischen Innovationsforschungsinstituten gemeinsam erstellen zu
lassen und zeitnah zu veröffentlichen.

Berlin, den 14. Dezember 2004
Katherina Reiche
Thomas Rachel
Dr. Maria Böhmer
Dr. Christoph Bergner
Helge Braun
Klaus Brähmig
Vera Dominke
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)
Helmut Heiderich
Volker Kauder
Michael Kretschmer
Werner Lensing
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)
Bernward Müller (Gera)
Uwe Schummer
Marion Seib
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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