BT-Drucksache 15/4439

Klarheit und Informationsgehalt des Geschäftsberichts der Bundesregierung in Bezug auf die Gesundheits- und Sozialpolitik

Vom 30. November 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4439
15. Wahlperiode 30. 11. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hildegard Müller, Andreas Storm, Annette Widmann-Mauz,
Dr. Wolf Bauer, Monika Brüning, Verena Butalikakis, Dr. Hans Georg Faust,
Michael Hennrich, Hubert Hüppe, Volker Kauder, Gerlinde Kaupa, Barbara
Lanzinger, Maria Michalk, Matthias Sehling, Jens Spahn, Matthäus Strebl,
Gerald Weiß (Groß-Gerau), Wolfgang Zöller und der Fraktion der CDU/CSU

Klarheit und Informationsgehalt des Geschäftsberichts der Bundesregierung
in Bezug auf die Gesundheits- und Sozialpolitik

Die Bundesregierung hat am 19. September 2004 einen so genannten Ge-
schäftsbericht für den Zeitraum von August 2003 bis August 2004 vorgelegt.
Unter der Gesamtüberschrift „Auf unsere Stärken besinnen“ äußert sich die
Bundesregierung darin in einem eigenständigen Kapitel zur Lage der gesetzli-
chen Kranken- und Rentenversicherung. Die dabei getroffenen Aussagen und
Gewichtungen werfen jedoch eine Reihe von Fragen auf. Diese betreffen nicht
nur die Stichhaltigkeit einiger Formulierungen, sondern auch Datenbasis und
Berichtszeitraum. Auf Seite 36 des Geschäftsberichtes heißt es z. B.: „Wenn die
Lohnnebenkosten sinken, wird das wirtschaftliche Wachstum belebt und kön-
nen neue Arbeitsplätze geschaffen werden.“ und auf Seite 39 wird erklärt: „Sie
[die Bundesregierung] hat sich zum Ziel gesetzt, den Tabakkonsum einzu-
schränken, und deshalb die Tabaksteuer angehoben.“ Eine Beantwortung dieser
Fragen erscheint ausgesprochen wichtig, da es sich beim Geschäftsbericht um
eine Publikation der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung handelt, die die
Bevölkerung sachlich richtig informieren soll.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welches Ziel verfolgt die Bundesregierung mit der Vorlage ihres aktuellen

Geschäftsberichtes?
Welcher Personenkreis soll damit angesprochen werden?
Wie ist seine Verbreitung?

2. Aus welchen Gründen erfahren die Sozialversicherungsbereiche Gesundheit
und Rente eine eigene Würdigung?
Wieso bleiben weitere Säulen der Sozialen Sicherung unerwähnt?

3. Welche in den Geschäftsbereich der Bundesregierung fallenden Ressorts,
Behörden und Organisationen wurden bei der Erstellung des Kapitels zum
Sozialstaat (Seiten 34 bis 41) beteiligt?
Wurde darüber hinaus externe Hilfe in Anspruch genommen?

Drucksache 15/4439 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

4. Auf welche Quellen und welchen Zeitraum stützt sich die Bundesregierung
bei den in diesem Kapitel im Text vorgelegten Angaben, insbesondere hin-
sichtlich der Kosten und Behandlungszeiträume im Gesundheitswesen
(Einzeldarstellung je nach getroffener Aussage)?

5. Wie verträgt sich die auf Seite 7 des Berichts getroffene Vermischung von
Produkten der so genannten Riester-Rente mit der Gesamtsumme der Ver-
träge über eine betriebliche Altersvorsorge vor dem Hintergrund, dass de-
ren Produkte nicht zwangsläufig den Kriterien für eine Riester-Rente ent-
sprechen und auch nicht entsprechend staatlich gefördert werden?

6. Wie begründet die Bundesregierung den auf Seite 7 platzierten Zwischen-
titel „Riester-Rente attraktiver“ angesichts der von der Versicherungswirt-
schaft im April 2004 getroffenen Aussage, dass der Verkauf von Riester-
Produkten um 80 Prozent zurückgegangen sei?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Aussage auf
Seite 36 des Geschäftsberichts das Eintreten von Mitgliedern der Bundes-
regierung für eine so genannte Bürgerversicherung als künftiges Finanzie-
rungsmodell der gesetzlichen Krankenversicherung, insbesondere vor dem
Hintergrund, dass der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamt-
wirtschaftlichen Entwicklung von einer Bürgerversicherung keine signifi-
kante Senkung der Lohnnebenkosten erwartet?

8. Wie kommt die Bundesregierung zur auf Seite 39 getroffenen Feststellung,
dass die Zahl der Aidserkrankungen kontinuierlich rückläufig sei, während
die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und das Robert Koch-
Institut im Berichtszeitraum vor einer neuen Dynamik in Deutschland ge-
warnt und eine Zunahme an HIV-Erstdiagnosen verzeichnet hatten?

9. Wie verträgt sich die Aussage auf Seite 39
a) mit der Tatsache, dass die Kompetenz zur Gesetzgebung beim Parla-

ment liegt?
b) mit der Tatsache, dass die der Tabaksteuer-Erhöhung zu Grunde liegen-

de Gesetzesinitiative (Bundestagsdrucksache 15/1313) nicht von der
Bundesregierung, sondern von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN stammt?

c) damit, dass diese Gesetzesinitiative mit keinem Wort eine Begründung
enthält, die als Ziel eine Einschränkung des Tabakkonsums nennt?

d) mit dem in dieser Gesetzesinitiative formulierten Ziel, dass das „sich
aus der Tabaksteuererhöhung ergebende Mehraufkommen […] zur pau-
schalen Abgeltung von Aufwendungen der Krankenkassen für versiche-
rungsfremde Leistungen durch den Bund dienen solle“?

e) damit, dass im Geschäftsbericht der Bundesregierung für die Jahre
2002/2003 auf Seite 30 der Präventionshinweis völlig fehlt, stattdessen
aber darauf verwiesen wird, dass die Tabaksteuer-Erhöhung der Finan-
zierung von Leistungen im Gesundheitswesen dient?

10. Wie begründet die Bundesregierung angesichts des bis Oktober 2004 lau-
fenden Ratifizierungsverfahrens im Deutschen Bundestag und im Bundes-
rat die auf Seite 39 getroffene Aussage, wonach im April 2004 die Bundes-
regierung die Tabakrahmenkonvention der Weltgesundheitsorganisation
verabschiedet hätte?

11. Was sind die Gründe, dass die Bundesregierung zwar näher auf die Finanz-
situation von gesetzlicher Renten- und Krankenversicherung eingeht, zur
Lage der sozialen Pflegeversicherung jedoch keine Aussagen trifft?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4439

12. Was veranlasst die Bundesregierung zu der auf Seite 39 getroffenen Aus-
sage, wonach die Beiträge zur Pflegeversicherung bis zum Jahresende
2004 familienfreundlicher gestaltet würden?
Hält die Bundesregierung dies angesichts der Finanzlage der Pflegeversi-
cherung im speziellen und der des Bundes allgemein überhaupt für finan-
zierbar?

13. Wie verträgt sich der auf Seite 40 formulierte Anspruch der Generationen-
gerechtigkeit in der Altersvorsorge mit den im RV-Nachhaltigkeitsgesetz
beschlossenen Festlegungen zum Rentenmindestniveau und Beitragssatz?

Berlin, den 30. November 2004
Hildegard Müller
Andreas Storm
Annette Widmann-Mauz
Dr. Wolf Bauer
Monika Brüning
Verena Butalikakis
Dr. Hans Georg Faust
Michael Hennrich
Hubert Hüppe
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Barbara Lanzinger
Maria Michalk
Matthias Sehling
Jens Spahn
Matthäus Strebl
Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Wolfgang Zöller
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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