BT-Drucksache 15/4157

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Heidi Wright, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Winfried Hermann, Albert Schmidt (Ingolstadt), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -15/3330- Mehr Sicherheit für Radfahrer - insbesondere Schutz vor Unfällen mit LKW im Stadtverkehr 2. zu dem Antrag der Abgeordneten Gero Storjohann, Günter Nooke, Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -15/2823- Keine Toten Winkel bei Lastkraftwagen

Vom 10. November 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4157
15. Wahlperiode 10. 11. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (14. Ausschuss)

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Heidi Wright, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Winfried Hermann,
Albert Schmidt (Ingolstadt), weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 15/3330 –

Mehr Sicherheit für Radfahrer – insbesondere Schutz vor Unfällen
mit LKW im Stadtverkehr

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Gero Storjohann, Günter Nooke,
Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 15/2823 –

Keine toten Winkel bei Lastkraftwagen

A. Problem
Zu Nummer 1
Zu besonders schweren Unfällen für Radfahrer kommt es im städtischen
Straßenverkehr durch nach rechts abbiegende Lastkraftwagen, deren Fahrer die
Radfahrer nicht oder nicht rechtzeitig im Rückspiegel erkennen. Das rück-
wärtige Sichtfeld der Außenspiegel reicht insbesondere bei schweren LKW oft
nicht aus; es verbleibt ein „toter Winkel“ im Nahbereich des Fahrzeugs. Es liegt
eine europäische Richtlinie 2003/97/EG mit verschärften Anforderungen für
Rückspiegel vor. Die Richtlinie ist von allen EU-Mitgliedstaaten bis zum
26. Januar 2005 in nationales Recht zu übernehmen. Zur Vermeidung weiterer
schwerer Verkehrsunfälle und zum Schutz von Radfahrern sind zudem weitere
Maßnahmen erforderlich.
Zu Nummer 2
Durch die Verständigung aller Fraktionen auf den Antrag auf Drucksache
15/3330 sowie auf einen Entschließungsantrag hat sich dieser Antrag erledigt.

Drucksache 15/4157 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

B. Lösung
Zu Nummer 1
Annahme des Antrags auf Drucksache 15/3330, der unter anderem zum Ziel
hat, die Bundesregierung – über die von ihr bereits geplanten Maßnahmen hin-
aus – aufzufordern, auf die Fahrzeugindustrie intensiv mit dem Ziel einzuwir-
ken, schnellstmöglich die der neuen EG-Richtlinie entsprechenden Spiegel und
Nachrüstmöglichkeiten für ältere LKW anzubieten, die Akzeptanz für die
Nachrüstung zu erhöhen und verstärkt die Aufklärung über die Gefahren für
Rad fahrende Kinder und Jugendliche zu betreiben. Weiterhin soll eine Ent-
schließung angenommen werden, die die Prüfung zum Ziel hat, ob Ver-
besserungen der Verkehrssicherheit durch eine räumliche Veränderung des
Aufstellbereichs für Fußgänger und Radfahrer an Straßenkreuzungen mit
Lichtzeichenanlagen, durch das Aufbringen von roter Farbe im Aufstell- und
Querungsbereich dieser Verkehrsteilnehmer und durch eine Veränderung der
Ampelphasen an Kreuzungen erreicht werden können.
Zu Nummer 2
Der Antrag auf Drucksache 15/2823 wird für erledigt erklärt.
Einstimmige Annahme des Antrags auf Drucksache 15/3330, einvernehm-
liche Erledigterklärung des Antrags auf Drucksache 15/2823 und ein-
stimmige Annahme einer Entschließung

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4157

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
1. den Antrag – Drucksache 15/3330 – anzunehmen;
2. den Antrag – Drucksache 15/2823 – für erledigt zu erklären;
3. folgende Entschließung anzunehmen:

„Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Das Problem der Gefährdung von Radfahrern und Fußgängern aufgrund des
toten Winkels in den Rückspiegeln von rechts abbiegenden Lastkraftwagen
(LKW) kann nicht nur unter dem Gesichtspunkt technischer Neuerungen an
den Lastkraftwagen selbst, wie etwa dem Einbau neuer Spiegel oder anderer
Systeme zur Sicherung der rückwärtigen Sicht, umfassend gelöst werden.
Schon bevor es zum Abbiegevorgang der LKW nach rechts kommt, müssen
alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um Radfahrer und Fußgänger vor
einer Gefährdung durch die LKW zu schützen. Hierbei ist an Veränderungen
im Straßen-, Fahrrad- und Fußgängerbereich anzuknüpfen.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. zu prüfen, ob durch eine räumliche Veränderung an Straßenkreuzungen

mit Lichtzeichenanlagen der Aufstellbereich für Fußgänger und Rad-
fahrer derart verändert werden kann, dass diese von den Lastkraftwagen-
fahrern vor dem Abbiegevorgang deutlich wahrgenommen werden kön-
nen, so etwa durch Verschieben des Aufstellbereiches der Fußgänger und
Radfahrer nach vorne oder das Auftragen der Haltelinie (Zeichen 294)
auf dem Fahrbahnbereich für LKW und PKW nach hinten,

2. zu prüfen, inwieweit die Sicherheit von Fußgängern und Fahrradfahrern
an Kreuzungen durch das Aufbringen von roter Farbe im Aufstell- und
Querungsbereich dieser Verkehrsteilnehmer verbessert werden kann,

3. zu prüfen, ob durch eine Veränderung der Ampelphasen an Kreuzungen
eine Verbesserung der Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern dahin
gehend erreicht werden kann, dass die Fahrt für Fußgänger und Radfah-
rer durch deren eigene Lichtzeichenanlagen zuerst freigegeben wird und
PKW und LKW erst nach einer zeitlichen Verzögerung abbiegen dürfen.“

Berlin, den 8. November 2004

Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Eduard Oswald
Vorsitzender

Heidi Wright
Berichterstatterin

Gero Storjohann
Berichterstatter

Drucksache 15/4157 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Heidi Wright und Gero Storjohann

I. Überweisung
Zu Nummer 1
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
15/3330 in seiner 114. Sitzung am 17. Juni 2004 beraten
und an den Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswe-
sen zur federführenden Beratung sowie an den Rechtsaus-
schuss und den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend zur Mitberatung überwiesen.
Zu Nummer 2
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
15/2823 in seiner 105. Sitzung am 29. April 2004 beraten
und an den Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungs-
wesen zur Beratung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Zu Nummer 1
Der Antrag auf Drucksache 15/3330 beschreibt, dass es zu
besonders schweren Unfällen für Radfahrer im städtischen
Straßenverkehr durch nach rechts abbiegende Lastkraft-
wagen kommt, deren Fahrer die Radfahrer nicht oder nicht
rechtzeitig im Rückspiegel erkennen. Das rückwärtige
Sichtfeld der Außenspiegel reiche insbesondere bei schwe-
ren LKW oft nicht aus; es verbleibe ein „toter Winkel“ im
Nahbereich des Fahrzeugs. Es liege nunmehr eine europäi-
sche Richtlinie 2003/97/EG mit verschärften Anforderun-
gen für Rückspiegel vor. Die Richtlinie sei von allen EU-
Mitgliedstaaten bis zum 26. Januar 2005 in nationales Recht
zu übernehmen. Zur Vermeidung weiterer schwerer Ver-
kehrsunfälle und zum Schutz von Radfahrern seien weitere
Maßnahmen erforderlich. In dem Antrag wird unter ande-
rem vorgeschlagen, die Bundesregierung aufzufordern, auf
die Fahrzeugindustrie intensiv mit dem Ziel einzuwirken,
schnellstmöglich die der neuen EG-Richtlinie entsprechen-
den Spiegel und Nachrüstmöglichkeiten für ältere LKW an-
zubieten, die Akzeptanz für die Nachrüstung zu erhöhen
und verstärkt die Aufklärung über die Gefahren für Rad fah-
rende Kinder und Jugendliche zu betreiben.
Zu Nummer 2
Der Antrag hat vor allem zum Ziel, die Bundesregierung
aufzufordern, den in den Niederlanden bereits eingeführten
vierten Spiegel auch in der Bundesrepublik Deutschland
unverzüglich einzuführen.

III. Stellungnahmen der mitberatendenAusschüsse
Der Rechtsausschuss hat den Antrag auf Drucksache
15/3330 in seiner 53. Sitzung am 30. Juni 2004 beraten und
empfiehlt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei
Stimmenthaltung der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
dessen Annahme. Weiterhin empfiehlt er die Annahme
des Entschließungsantrags auf Ausschussdrucksache
15(14)1356 (s. Nummer 3 der Beschlussempfehlung).

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend hat den Antrag auf Drucksache 15/3330 in seiner
36. Sitzung am 30. Juni 2004 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der FDP
bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU dessen
Annahme.
Die Kommission des Deutschen Bundestages zur Wahrneh-
mung der Belange der Kinder (Kinderkommission) hatte
dem Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen eine
von ihr am 2. Juli 2004 beschlossene Stellungnahme zum
Thema „Toter Winkel“ bei Lastkraftwagen übermittelt.
Diese wurde als Ausschussdrucksache 15(14)1368 verteilt.

IV. Beratungsverlauf im federführendenAusschuss
Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen hat
die Anträge auf Drucksachen 15/3330 und 15/2823 in seiner
52. Sitzung am 22. September 2004 beraten. Zusätzlich hat
er in diesem Zusammenhang im Rahmen der Selbstbefas-
sung die „Achtundzwanzigste Verordnung zur Änderung
der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung“ beraten.
Die Fraktion der CDU/CSU hat zu dem Antrag der
Koalitionsfraktionen auf Drucksache 15/3330 im Aus-
schuss einen Entschließungsantrag (Ausschussdrucksache
15(14)1356) eingebracht, dessen Inhalt sich aus Nummer 3
der Beschlussempfehlung ergibt.
Während der Sitzung verständigten sich die Fraktionen auf
ein gemeinsames Vorgehen. Die Fraktionen der CDU/CSU
und der FDP schlossen sich dem Antrag der Koalitions-
fraktionen auf Drucksache 15/3330 an. Die Koalitions-
fraktionen und die Fraktion der FDP schlossen sich dem
Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Aus-
schussdrucksache 15(14)1356 an, der damit zu einem ge-
meinsamen Antrag wurde.
Die Fraktion der SPD betonte, die Bundesregierung habe
bereits 2001 eine europaweite Regelung herbeiführen wol-
len, um das Problem des „toten Winkels“ zu entschärfen.
Eine europaweite Regelung sei vor dem Hintergrund wich-
tig, dass in Deutschland als einem Transitland viele auslän-
dische LKWs unterwegs seien. Der Antrag der Koalition
lasse verschiedene technische Lösungen zu, während sich
der Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf eine technische
Lösung fokussiere. Man sehe zwar die „Dobli-Spiegel“ als
gute Lösung an, es müssten aber auch andere Möglichkeiten
zur Reduzierung des „toten Winkels“ zugelassen werden.
Die Fraktion der CDU/CSU sprach sich für den „Dobli-
Spiegel“ aus, der eine Reduzierung des „toten Winkels“
auf 4 Prozent ermögliche. Man begrüße, dass man bei dem
Thema „toter Winkel“ vorankomme, wünsche sich aber,
dass der „Dobli-Spiegel“ in die Überlegungen einbezogen
werde. Man bitte die Bundesregierung, zu prüfen, ob nicht
den Radfahrern an Kreuzungen eine andere Aufstelllinie zu-
gewiesen werden könne, so dass sie vom LKW-Fahrerhaus
gesehen werden könnten und, ob Schilder an den Ampel-
anlagen angebracht werden könnten, die auf eine besondere
Gefährdungssituation an Kreuzungen hinwiesen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/4157

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN warnte vor
der Illusion, dass die Gefahr mit einem perfekten Spiegel
vollständig zu beseitigen sei. Letztlich sei die Achtsamkeit
der Verkehrsteilnehmer entscheidend. Daher seien auch
Maßnahmen wichtig, die über die Einführung neuer techni-
scher Einrichtungen hinausgingen. Sie finde es wichtig,
dass auf EU-Ebene weiter für eine obligatorische Nach-
rüstung geworben werde.
Die Fraktion der FDP gab zu bedenken, dass die alleinige
Fokussierung auf den LKW das Problem des „toten Win-
kels“ nicht umfassend abdecke. Es sein eine Ergänzung
durch Schulungen und durch Überprüfung anderer Möglich-
keiten erforderlich. In den Niederlanden habe es eine inten-
sive Schulung gegeben. Daraufhin seien die Unfallzahlen
erheblich zurückgegangen. Der Spiegel sei dort erst danach
eingebaut worden.
Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
nahm den Antrag auf Drucksache 15/3330 einstimmig an.
Der Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache
15/2823 wurde einvernehmlich für erledigt erklärt.
Den gemeinsamen Entschließungsantrag auf Ausschuss-
drucksache 15(14)1356 nahm der Ausschuss einstimmig an.

Berlin, den 8. November 2004
Heidi Wright
Berichterstatterin

Gero Storjohann
Berichterstatter

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