BT-Drucksache 15/4029

Konversionsregionen stärken - Sechs-Punkte-Plan zur Strukturpolitik

Vom 26. Oktober 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4029
15. Wahlperiode 26. 10. 2004

Antrag
der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Anita Schäfer (Saalstadt), Karl-Josef Laumann,
Christian Schmidt (Fürth), Dietrich Austermann, Dr. Gerd Müller, Johannes
Singhammer, Klaus Hofbauer, Ulrich Adam, Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen),
Veronika Bellmann, Dr. Rolf Bietmann, Wolfgang Börnsen (Bönstrup),
Dr. Wolfgang Bötsch, Klaus Brähmig, Gitta Connemann, Alexander Dobrindt,
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), Erich G. Fritz, Dr. Michael Fuchs, Hans-Joachim
Fuchtel, Dr. Reinhard Göhner, Kurt-Dieter Grill, Karl-Theodor Freiherr von und zu
Guttenberg, Helmut Heiderich, Jürgen Herrmann, Ernst Hinsken, Robert
Hochbaum, Volker Kauder, Thomas Kossendey, Rudolf Kraus, Dr. Martina
Krogmann, Dr. Hermann Kues, Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg), Barbara Lanzinger,
Ursula Lietz, Wolfgang Meckelburg, Friedrich Merz, Laurenz Meyer (Hamm),
Dr. Georg Nüßlein, Dr. Joachim Pfeiffer, Hans Raidel, Helmut Rauber,
Hans-Peter Repnik, Dr. Heinz Riesenhuber, Franz Romer, Kurt J. Rossmanith,
Hartmut Schauerte, Marion Seib, Bernd Siebert, Thomas Silberhorn,
Max Straubinger und der Fraktion der CDU/CSU

Konversionsregionen stärken – Sechs-Punkte-Plan zur Strukturpolitik

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
1. Deutschland befindet sich in der tiefsten Strukturkrise der Nachkriegszeit. In

besonderem Maße sind strukturschwache Regionen in Deutschland von der
mehrjährigen ökonomischen Talfahrt betroffen.

2. Durch die von der Bundesregierung beschlossene Reduzierung der Bundes-
wehr im Rahmen des von uns so nicht befürworteten Umbaus der Streitkräfte
sowie den angekündigten Truppenabbau der Vereinigten Staaten von Ame-
rika in Europa und Deutschland sind weitere massive Einschnitte in die Wirt-
schaftstätigkeit, die Beschäftigung und damit insbesondere für die wirtschaft-
liche und soziale Lage in vielen Kommunen zu erwarten. Mit dem Abbau bei
Streitkräften und zivilen Beschäftigten ist unmittelbar ein erheblicher Verlust
an Kaufkraft verbunden. Wohnungsleerstand und eine weiter steigende Ar-
beitslosigkeit werden die Folge sein. Die bereits heute teilweise prekäre Lage
wird sich damit weiter spürbar verschärfen.
Dieser absehbaren Entwicklung muss die Bundesregierung schon in Aus-
übung ihrer Fürsorgepflicht für die Angehörigen der Bundeswehr entgegen-
wirken: Personalveränderungen müssen auf ein sozial verträgliches Maß be-
schränkt werden. Für Soldaten und Zivilbedienstete müssen in ausreichender
Zahl Umschulungsmaßnahmen, Ausbildungsplätze und -kapazitäten bereit-
gestellt werden, um möglichst vielen von ihnen eine neue Beschäftigung und

Drucksache 15/4029 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

ein Verbleiben am bisherigen Standort zu ermöglichen. In entsprechende
Maßnahmen können auch die Zivilbeschäftigten der US-Streitkräfte einbezo-
gen werden.

3. Die Wirtschafts- und Sozialstruktur in den Standortgemeinden ist in der
Regel stark auf die Bundeswehr sowie die amerikanische Truppenpräsenz
ausgerichtet. Die Gemeinden haben in die örtliche Infrastruktur, Ver- und
Entsorgungseinrichtungen, Schulen usw. im Vertrauen auf den dauerhaften
Bestand des jeweiligen Standortes investiert. Diese Einrichtungen werden
nach der Standortschließung bzw. -reduzierung nicht mehr ausgelastet sein
und können sich zu dauerhaft kostenträchtigen Überkapazitäten entwickeln,
die die Kommunalhaushalte nachhaltig belasten. Vielerorts wird das notwen-
dige „Downsizing“ der Anlagen nur mit Hilfe des Bundes, des Landes und
der EU möglich sein.

4. Die Bundesregierung hatte in ihrer Unterrichtung des Ausschusses für Wirt-
schaft und Arbeit des Deutschen Bundestages vom 21. September 2004 zu
den wirtschaftlichen Folgen des Abzugs von US-Streitkräften aus Deutsch-
land erklärt, dass Standortentscheidungen der Bundeswehr ausschließlich
nach den vorgegebenen militärischen/funktionalen und betriebswirtschaft-
lichen Kriterien erfolgen. Strukturpolitische Gesichtspunkte würden nicht
berücksichtigt. Diese rein verteidigungspolitische Maßgabe entbindet die
Bundesregierung jedoch nicht von ihrer ganzheitlichen strukturpolitischen
Verantwortung.
Die Bundesregierung steht daher in der Pflicht und Verantwortung, durch
eine effiziente und mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattete
Strukturpolitik die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass strukturschwa-
che Regionen die Chance wahrnehmen können, ein Mehr an Beschäftigung
und Wachstum zu schaffen, insbesondere dort, wo durch politische Entschei-
dungen – wie den Truppenabbau – die Arbeitsmarktlage und Wirtschafts-
situation unmittelbar und schlagartig verschärft wird.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. die Strukturpolitik so auszugestalten, dass die Schaffung von neuen Arbeits-

plätzen und mehr Wachstum in strukturschwachen Regionen nachhaltig un-
terstützt wird. Das Instrument der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der
regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GA) wurde auch für diesen Zweck geschaf-
fen und darf nicht durch Mittelkürzungen geschwächt werden. Dabei darf der
Verteidigungshaushalt nicht zur Finanzierung strukturpolitischer Maßnah-
men in Anspruch genommen werden;

2. die von negativen Auswirkungen der Konversionsmaßnahmen in erheb-
lichem Umfang betroffenen Regionen durch ein Sofortprogramm nachhaltig
zu stärken;

3. sich für den Erhalt zusätzlicher Mittel aus dem europäischen Strukturfonds
einzusetzen;

4. dafür Sorge zu tragen, dass in den bestehenden Struktur- und Förderprogram-
men des Bundes, der Länder und der Europäischen Union die wirtschaftlich
negativen Auswirkungen der Konversion angemessen berücksichtigt wer-
den;

5. zur Verbesserung der Wachstumschancen und Erleichterung des anstehenden
Strukturwandels eine verbilligte Abgabe der zu Verteidigungszwecken nicht
mehr benötigten Liegenschaften an die jeweiligen Kommunen oder an
ansiedlungswillige Unternehmen zu ermöglichen und sich an der Sanierung
etwaiger Altlasten ggf. zu beteiligen;

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4029

6. die Verfahren zur Freigabe entsprechender Liegenschaften durch die Bundes-
vermögensverwaltung bzw. die Vermarktung durch die Gesellschaft für Ent-
wicklung, Beschaffung und Betrieb (GEBB) des Bundesministeriums der
Verteidigung ebenso zu entbürokratisieren wie zu beschleunigen.

Berlin, den 26. Oktober 2004
Dagmar Wöhrl
Anita Schäfer (Saalstadt)
Karl-Josef Laumann
Christian Schmidt (Fürth)
Dietrich Austermann
Dr. Gerd Müller
Johannes Singhammer
Klaus Hofbauer
Ulrich Adam
Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)
Veronika Bellmann
Dr. Rolf Bietmann
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Gitta Connemann
Alexander Dobrindt
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Reinhard Göhner
Kurt-Dieter Grill
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
Helmut Heiderich
Jürgen Herrmann
Ernst Hinsken

Robert Hochbaum
Volker Kauder
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg)
Barbara Lanzinger
Ursula Lietz
Wolfgang Meckelburg
Friedrich Merz
Laurenz Meyer (Hamm)
Dr. Georg Nüßlein
Dr. Joachim Pfeiffer
Hans Raidel
Helmut Rauber
Hans-Peter Repnik
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Kurt J. Rossmanith
Hartmut Schauerte
Marion Seib
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Max Straubinger
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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