BT-Drucksache 15/3998

Klaren und funktionsfähigen Ordnungsrahmen für die Strom- und Gasmärkte schaffen

Vom 21. Oktober 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3998
15. Wahlperiode 21. 10. 2004

Antrag
der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, Dr. Joachim Pfeiffer, Kurt-
Dieter Grill, Dr. Rolf Bietmann, Veronika Bellmann, Wolfgang Börnsen (Bönstrup),
Gitta Connemann, Alexander Dobrindt, Marie-Luise Dött, Dr. Hans-Peter Friedrich
(Hof), Erich G. Fritz, Dr. Michael Fuchs, Hans-Joachim Fuchtel, Dr. Reinhard
Göhner, Ernst Hinsken, Robert Hochbaum, Volker Kauder, Julia Klöckner,
Dr. Martina Krogmann, Dr. Hermann Kues, Werner Lensing, WolfgangMeckelburg,
Friedrich Merz, Laurenz Meyer (Hamm), Hans-Peter Repnik, Dr. Heinz
Riesenhuber, Franz Romer, Kurt J. Rossmanith, Hartmut Schauerte, Johannes
Singhammer, Max Straubinger und der Fraktion der CDU/CSU

Klaren und funktionsfähigen Ordnungsrahmen für die Strom- und Gasmärkte
schaffen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Deutschland ist ein bedeutender Energiestandort. Auf fast allen Wertschöp-
fungsstufen der Energiewirtschaft gehört Deutschland zu den führenden Natio-
nen. Kraftwerkswirtschaft, Netzbetrieb und Vertrieb sowie die Investitions-
güterindustrie bieten eine hohe Wertschöpfung und hoch qualifizierte Arbeits-
plätze.
Eine sichere und umweltgerechte Energieversorgung ist für eine prosperierende
Volkswirtschaft unerlässlich. Wettbewerbsfähige Energiepreise und die Zuver-
lässigkeit und Qualität der Versorgung sind wichtige Standortfaktoren. Wegen
des internationalen Konkurrenzdrucks wird es nicht gelingen, die produzierende
und insbesondere die energieintensive Industrie in Deutschland zu halten, wenn
die Energiepreise in Deutschland nicht mehr international wettbewerbsfähig
sind oder sich die Versorgungsqualität merklich verschlechtert.
Ein elementarer Produktionsfaktor und damit ein Kostenfaktor ist nebenWärme
und Gas der Strom. Der Umfang der Nutzung von Strom nimmt in unserem
modernen Arbeits- und Lebensumfeld beständig zu. Die Konkurrenzfähigkeit
der Wirtschaft hängt deshalb insbesondere von wettbewerbsfähigen Stromprei-
sen und von der Zuverlässigkeit und Qualität der Versorgung ab. Dabei ist Strom
als „Edelenergie“ die Voraussetzung für eine ökologisch effiziente Industrie-
gesellschaft.
Die von der unionsgeführten Bundesregierung 1998 maßgeblich durchgesetzte
Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes hat zu deutlichen Strompreisentlas-
tungen in Höhe von rund 7,5Mrd. Euro geführt. Dadurch sind die deutschen Un-
ternehmen im internationalen Wettbewerb gestärkt und die privaten Haushalte,
insbesondere die Familien, spürbar entlastet worden. Der Erfolg der Liberalisie-

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rung ist durch die interventionistische Energiepolitik der rot/grünen Bundes-
regierung konterkariert worden.
Der Strompreis setzt sich aus unterschiedlichen Komponenten zusammen: dem
Elektrizitätsanteil, den Transport- und Verteilungskosten, den Mess- und Faktu-
rierungskosten, den Vertriebskosten, der Gewinnmarge des Versorgers und den
Steuern und öffentlichen Abgaben. Seit 1998 findet in zunehmender Weise eine
Überfrachtung mit immer neuen, sich überlagernden fiskalischen Belastungen
bzw. mit umwelt- und sozialpolitischen Belangen statt. Vor allen Dingen die pri-
vaten Haushalte müssen dies bezahlen: Steuern, Umlagen und Abgaben, die im
Jahr 1998 noch 25 Prozent des Strompreises betragen haben, machen heute be-
reits über 40 Prozent aus. Die Belastungen aus der Stromsteuer betragen mittler-
weile rund 6,70Mrd. Euro pro Jahr, die aus demKraft-Wärme-Kopplungsgesetz
(KWKG) 720 Mio. Euro jährlich. Die Einspeisevergütungen aus dem Erneuer-
bare-Energien-Gesetz (EEG) werden dieses Jahr bei rund 2,30Mrd. Euro liegen.
Gegenüber 1998 hat sich die durch den Staat verursachte Belastung der Strom-
preise – ohne Berücksichtigung der Mehrwertsteuer – von rund 2 Mrd. Euro auf
rund 12 Mrd. Euro erhöht.
Die Industriestrompreise liegen heute noch rund 18 Prozent unter dem Niveau
zu Beginn der Liberalisierung 1998. Ohne die zusätzlichen Steuern und Abga-
ben, die um das 8fache gestiegen sind, würden die Industriekunden heute rund
30 Prozent weniger für den Strom bezahlen.
Die Strompreise für private Haushalte liegen heute wieder auf dem Niveau des
Jahres 1998. Die Privatkunden könnten heute noch von den starken Preissen-
kungen der ersten Liberalisierungsfälle profitieren, wäre der Anteil der staat-
lichen Abgaben seit 1998 nicht um rund 60 Prozent auf einen Anteil von rund
40 Prozent am heutigen Strompreis von 17 Cent/Kilowattstunde gestiegen.
Von einem weiteren erheblichen Anstieg in den nächsten Jahren ist auszugehen,
da insbesondere durch die steigende Förderung der erneuerbaren Energien durch
das EEG die auf die Verbraucher abwälzbarenMehrkosten weiter ansteigen wer-
den. Das Energiewirtschaftliche Institut der Universität Köln (EWI) rechnet
nach der gegenwärtigen Entwicklung mit einem Anstieg der Nettobelastungen
aus dem EEG auf 3,3 Mrd. Euro im Jahr 2010.
Trotz einer guten logistischen Lage gehören auch die Gaspreise zu den höchsten
in Europa. Die Preise für Gas für Haushaltskunden sind zwischen Januar 2000
und Juli 2001 um 50,5 Prozent gestiegen, bei Industriekunden betrug die Erhö-
hung im gleichen Zeitraum bis zu 97,7 Prozent. Die Liberalisierung des Gas-
marktes in Europa hat keine große Veränderung bei den Preisen für Industrie-
und Gewerbekunden bewirkt. Zwischen 1995 und 2000 sind die Erdgaspreise
um 40 Prozent gestiegen. Hauptursache dafür ist die Abhängigkeit von den
Preisen des importierten Erdgases, welche durch langfristige Verträge mit den
ausländischen Lieferanten vorgegeben sind, die teilweise Anbindung des Gas-
preises an den Ölpreis, das Fehlen wirklichen Wettbewerbs auf Erzeugungs-
ebene außerhalb der europäischen Grenzen und die geringe Anzahl von Akteu-
ren in Deutschland, die damit leichter Preisentwicklungen kontrollieren können.
Für den Standort Deutschland ist die Versorgungsqualität aber mindestens ge-
nauso wichtig wie die Energiekosten. Ohne eine ordnungsgemäße Funktion der
Netze werden hoch entwickelte Produktionsanlagen nicht in Deutschland ange-
siedelt werden. Deutschland verfügt über eines der sichersten Stromnetze der
Welt. Stromausfallzeiten von mehreren Stunden im Jahr oder die großräumige
Netzabschaltungen ganzer Regionen, wie im letzten Jahr in den USA und in Ita-
lien, sind für einen Hochtechnologie-Standort nicht hinnehmbar. Die deutsche
Stromversorgung gehört mit einem durchschnittlichen jährlichen Ausfall von
15 Minuten (abgesehen von außergewöhnlichen Ereignissen) zu den besten in

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Europa. In Frankreich beträgt dieser Mittelwert 57 Minuten, in Großbritannien
63 Minuten und in Norwegen und Italien sogar 180 bzw. 191 Minuten.
Mit den Standortfaktoren Energiekosten und Versorgungsqualität sind auch be-
deutende Investitionsentscheidungen verknüpft. Bleiben diese Investitionen aus,
wird das Wirtschaftswachstum erheblich gefährdet. Die Investitionen in die
Netze sind seit Jahren rückläufig. Die Netzerlöse werden nur noch zu einem sehr
geringen Teil in die Netze investiert. In den nächsten zwei Jahrzehnten müssen
auch rund ein Drittel des Kraftwerksparks in Deutschland (ca. 40 000 MW) er-
setzt werden. Hierfür sind Investitionen von rund 40 Mrd. Euro erforderlich.
Auch die in den 60er Jahren entstandenen Teile des deutschen Stromnetzes müs-
sen erneuert und strukturell angepasst werden.
Die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft hängt deshalb entscheidend
auch von der Gesamtsituation der Energiewirtschaft in Deutschland ab. Werden
dort die notwendigen Ersatzinvestitionen verzögert oder bleiben gänzlich aus,
kann dies zu Lasten der Zuverlässigkeit der Versorgung gehen.
Deutschland braucht wettbewerbsfähige Energiepreise. Umso wichtiger ist es,
dass Energiepolitik endlich wieder zu einem integralen Bestandteil einer Wirt-
schaftspolitik wird, die Deutschland in eine führende Position auf dem Welt-
markt zurückbringt und dazu beiträgt, die Voraussetzungen für Wachstum und
Beschäftigung in Deutschland zu schaffen. Energiepolitik ist Standortpolitik.
Der Gestaltung der Rahmenbedingungen für die Energiewirtschaft kommt des-
halb erhebliche Bedeutung für den Standort Deutschland zu. Die Energiepolitik
der Bundesregierung ist stark durch Ideologie geprägt und lässt bislang den
Blick für das konzeptionelle Ganze vermissen. Die rot/grüne Bundesregierung
verfügt über keinerlei Energieprogramm oder Energiekonzept. Der Branche
fehlt die Orientierung an energiepolitischen Rahmenbedingung. Das schadet
dem Standort Deutschland.
Die Politik muss sich wieder marktkonformer Instrumente bedienen, die dem
unternehmerischen Handeln der Energieunternehmen einen möglichst großen
Spielraum im Wettbewerb eröffnen. Sie muss Forschung und Entwicklung in
alle Richtungen fördern und darf das Ziel einer preiswerten Energieversorgung
nicht aus den Augen verlieren. Dauerhaft niedrige Energiepreise können nur
durch Wettbewerb gesichert werden. Die schnelle und effektive Öffnung des
Strommarktes in Deutschland hat deutlich gemacht, zu welchen Effizienzver-
besserungen und damit einhergehenden Preissenkungen ein veränderter Ord-
nungsrahmen führen kann.
Aufgrund der EU-Energierechtsnovelle, die die eingeleitete Liberalisierung der
Energiemärkte beschleunigen und die Schaffung eines europäischen Strom- und
Gasbinnenmarktes vollenden soll, ist in Deutschland nun eine erneute Novellie-
rung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) notwendig. Damit werden die we-
sentlichen Rahmenbedingungen für die Energiewirtschaft neu bestimmt.
Das EU-Reformpaket besteht aus drei Teilen: jeweils einer Richtlinie zur Ände-
rung der Elektrizitäts- und der Gasbinnenmarktrichtlinie und einer Verordnung
zum grenzüberschreitenden Stromhandel. Die wesentlichen Regelungsinhalte
der geänderten Strom- und Gasbinnenmarktrichtlinien sind die Folgenden:
– Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, ihre Strom- und Gasmärkte bis spätes-

tens 1. Juli 2007 vollständig zu öffnen.
– Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, Bestimmungen zu erlassen, die zu

einem „Legal unbundling“ des Transportgeschäftes vertikal intrigierter
Energieversorgungsunternehmen hinsichtlich Rechtsform, Organisation und
Entscheidungsgewalt führen.

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– Die Richtlinien schreiben die Einführung eines geregelten Netzzugangssys-
tems als einzig zugelassenes Netzzugangsmodell zwingend vor.

– Die Regulierung der Netzzugangsentgelte und -bedingungen wird verdichtet.
– In allen Mitgliedstaaten sollen eine oder mehrere zuständige Stellen mit der

Aufgabe als Regulierungsbehörde betraut werden.
– Die regulatorischen Vorgaben für die Gewährung von Versorgungssicherheit

werden verschärft.
Die Richtlinien hätten bis zum 1. Juli 2004 umgesetzt sein müssen. Die Bundes-
regierung hatte bis zu dem Ende der Frist jedoch noch nicht einmal einen Ge-
setzentwurf vorgelegt. Die EU-Kommission hat deswegen zu Recht ein Ver-
tragsverletzungsverfahren eingeleitet. Durch die verspätete Umsetzung schafft
sie Verunsicherung bei den Verbrauchern wie auch in der Energiewirtschaft und
verhindert notwendige Investitionen.
Neben diesem Richtlinienpaket ist auch eine Richtlinie über Maßnahmen zur
Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung (Richtlinie 2004/67/EG des
Rates vom 26. August 2004) bis zum 19. Mai 2006 in nationales Recht umzu-
setzen. Die erforderlichen gesetzgeberischenMaßnahmen sollten bei der Novel-
lierung des Energiewirtschaftsgesetzes berücksichtigt werden.
Für den deutschen Gesetzgeber bestehen bei der Umsetzung der EU-Vorgaben
und der Gestaltung der Regulierung erhebliche Spielräume. Ziel muss es sein,
auf Grundlage der EU-Vorgaben einen Rahmen für eine Wettbewerbsordnung
zu etablieren, die langfristig eine preisgünstige, sichere und umweltverträgliche
Energieversorgung für alle Marktteilnehmer ermöglicht.
Die Frage, welches Regulierungskonzept bzw. welche Intensität und Tiefe an
staatlicher „Regulierung“ in Deutschland erforderlich ist, muss vor dem Hinter-
grund der Energieversorgungsstruktur mit einer Vielzahl von Netzbetreibern so-
wie dem bisher erreichten Wettbewerbsniveau im Strom- und Gasmarkt beant-
wortet werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung deshalb auf,
im Rahmen der Umsetzung der EU-Beschleunigungsrichtlinien folgende Eck-
punkte zu berücksichtigen:
1. Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit, Umweltfreundlichkeit sind die

Ziele des Energiewirtschaftsrechts
Die Politik muss Sorge tragen, dass die Energieversorgung in Deutschland lang-
fristig sicher, preisgünstig, wettbewerbsfähig und umweltverträglich bleibt.
Hierfür müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die stärker auf Wett-
bewerb ausgerichtet sind. Auch künftig müssen deshalb Wirtschaftlichkeit, Ver-
sorgungssicherheit, Umweltfreundlichkeit die Ziele des Energiewirtschafts-
rechts sein. Die drei Ziele müssen gleichrangig verfolgt werden. Eine sichere,
umweltgerechte und wirtschaftliche Energieversorgung ist das Fundament für
eine moderne Industriegesellschaft, sie ist Grundvoraussetzung für die Leis-
tungsfähigkeit unserer Wirtschaft und die Schaffung neuer Arbeitsplätze am
Wirtschaftsstandort Deutschland.
2. Stärkung des Wettbewerbs bei Gewährleistung der Versorgungssicherheit
Auf Grundlage der Beschleunigungsrichtlinien muss in Deutschland ein Rah-
men für eine Wettbewerbsordnung etabliert werden, der eine kostengünstige,
sichere und umweltverträgliche Energieversorgung für alle Marktteilnehmer
langfristig ermöglicht. Für die Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Wirtschaft
sind langfristig leistungsfähige Energienetze, die die erforderliche Versorgungs-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/3998

sicherheit herstellen, unabdingbare Voraussetzung. Versorgungssicherheit und
Wettbewerb sind deshalb in Ausgleich zu bringen. Ziel der Regulierung der
Strom- und Gasmärkte muss es deshalb sein, den Wettbewerb zu stärken und für
einen diskriminierungsfreien, transparenten Netzzugang unterWahrung der Ver-
sorgungssicherheit zu sorgen. Der neue Ordnungsrahmen muss durch die Ein-
führung der Regulierung der Netze den Wettbewerb auf den vorgelagerten und
nachgelagerten Märkten (Erzeugung und Handel) stärken. Überall dort, wo
Wettbewerb möglich ist, muss auch Wettbewerb herrschen – also in der Strom-
erzeugung, im Strom- und Gashandel und im Strom- und Gasverkauf. Die
Regulierung ist nur auf solche Bereiche zu erstrecken, in denen aufgrund von
natürlichen Monopolen die Marktkräfte versagen und für die deshalb die EU-
Richtlinien zwingend eine Regelung vorschreiben, d. h. bei wettbewerbsrele-
vanten Netzbereichen. Die Bundesregierung muss sich auch auf europäischer
Ebene dafür einsetzen, dass Wettbewerbsverzerrungen innerhalb Europas, die
deutsche Unternehmen benachteiligen, vermieden werden. Durch die Regulie-
rung darf kein staatlicher Einfluss auf die Erzeugungsstrukturen genommen
werden.
3. Wettbewerbsfördernde Rechtsgrundlagen schaffen
Im Stromsektor ist durch die Verbändevereinbarungen insbesondere für Indus-
trie- und Sondervertragskunden ein Netzzugangsmodell entwickelt worden, das
grundsätzlich eine wettbewerbliche Nutzung der Stromnetze hätte ermöglichen
können. Eine wirkungsvolle Kontrolle der Höhe und Spreizung vergleichbarer
Netznutzungsentgelte ist bisher allerdings nicht gelungen. Für die Gaswirtschaft
liegt ein entsprechend funktionsfähiges Netzzugangsmodell wie im Strombe-
reich nicht vor. Festzustellen sind nur erste Ansätze von Wettbewerbsaktivitäten
im Wege von Durchleitungen. Aufgrund der EU-Vorgaben sind regulatorische
Vorgaben unvermeidlich.
Unterschiedliche Regulierungsansätze für den Strom- und den Gasmarkt müs-
sen so weit wie möglich vermieden werden. Für beide Bereiche müssen klare
wettbewerbsfördernde Rechtsgrundlagen geschaffen werden. Differenzierun-
gen in der Regulierung von Strom- und Gasmarkt sind dort vorzunehmen, wo
sie sachlich gerechtfertigt sind (insbesondere getrennte Regulierungsverordnun-
gen Strom und Gas). Insgesamt muss das Regulierungssystem konsistent, trans-
parent, verlässlich und schlank sein. Damit effiziente Ergebnisse erzielt werden
können und Rechtssicherheit hergestellt wird, ist eine hinreichend präzise nor-
mative Ausgestaltung der gesetzlichen bzw. verordnungsrechtlichen Vorgaben
notwendig. Wesentliche Entscheidungen, wie z. B. die Regelungen zu den Be-
dingungen des Netzzugangs, der Entgelte und der Anschlussregelungen sind
vom Gesetzgeber selbst zu treffen. Verordnungsgeber für die nach dem Energie-
wirtschaftsgesetz zu erlassenden Verordnungen muss das Bundesministerium
fürWirtschaft und Arbeit (BMWA) sein. Das BMWA ist das für die Energiewirt-
schaft federführend zuständige Fachministerium. Mit dem Bundesrat ist Einver-
nehmen herzustellen. Bei der Gestaltung von energiewirtschaftlichen und tech-
nischen Detailfragen sollte weiterhin auf die Sachkompetenz von Unternehmen
und Verbänden zurückgegriffen werden. Die Regulierungsbehörden müssen
umfangreiche Möglichkeiten für Sanktionen bis hin zur Abschöpfung „unge-
rechtfertigt erlangter wirtschaftlicher Vorteile“ haben.
4. Verordnungen mit Gesetzentwurf vorlegen
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Deutschen Bundestag zur Bera-
tung des Entwurfs des neuen Energiewirtschaftsgesetzes auch die notwendigen
Verordnungsentwürfe vorzulegen. Nur so ist für den Gesetzgeber eine umfas-
sende und abschließende Würdigung möglich.

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5. Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum für die Behörden
Alle wesentlichen Ziel- und Rahmenvorgaben, z. B. die Grundcharakteristiken
der Netznutzungsmodelle oder der Entgeltregulierung einschließlich der dafür
vorgesehenen Instrumente müssen im Energiewirtschaftsgesetz und weitere De-
tails in den dazu gehörenden Verordnungen geregelt werden. Die Regulierungs-
behörden müssen aber auch Handlungs- und Entscheidungsspielräume haben.
Nur so kann eine wirksame und sich weiterentwickelnde Regulierung gewähr-
leistet werden. Die Verfahrensregelungen müssen der hohen Zahl der Netzbe-
treiber gerecht werden. Es muss sichergestellt werden, dass sich Regulierungs-
behörden ausschließlich auf ihre eigentlichen Ziele konzentrieren: Die Siche-
rung eines nichtdiskriminierenden kostengünstigen und den Wettbewerb in den
Märkten befördernden Netzzugangs – auch für neue Wettbewerber – sowie die
Gewährleistung eines langfristigen Ausgleichs zwischen den Interessen der
Netzeigner und der Netznutzer.
6. Institutionelle Zuordnung der Regulierung
Die Netzzugangsregulierung muss mit einer schlanken Behördenstruktur kos-
tengünstig und unbürokratisch erfolgen und sollte der bisherigen Regulierungs-
behörde für Telekommunikation und Post (RegTP) als zuständige Bundesbe-
hörde übertragen werden. Die RegTP verfügt bereits heute über eine hohe Kom-
petenz für die ex-ante Regulierung netzbasierter Infrastrukturbereiche. Die bis-
herige RegTP sollte dann umbenannt werden in „Bundesregulierungsbehörde.“
7. Unabhängige Regulierungsbehörde schaffen
Die Regulierungsinstanz muss nach objektiven Kriterien handeln und darf kei-
nesfalls die Möglichkeit haben, andere als wettbewerbliche oder versorgungs-
sichernde Gesichtspunkte, seien es fiskalische, strukturpolitische oder umwelt-
politische, zur Grundlage ihrer Entscheidungen zu machen. Weisungen des
zuständigen Fachministeriums an die Bundesregulierungsbehörde müssen ver-
öffentlicht werden. Die Unabhängigkeit der Bundesregulierungsbehörde ist ge-
setzlich sicherzustellen. Die Vorgaben an die Unabhängigkeit des Präsidenten,
der Vizepräsidenten und der Mitglieder der Beschlusskammern müssen streng
an den europäischen Vorgaben orientiert und soweit wie möglich an die Rege-
lungen des Telekommunikationsgesetzes angepasst werden.
8. Regulierungsaufgaben sachgerecht zwischen Bund und Ländern verteilen
Die Methoden zur Berechnung oder Festlegung der Bedingungen für den An-
schluss an und den Zugang zu den nationalen Netzen einschließlich der Tarife
für die Übertragung (bzw. die Fernleitung) und die Verteilung müssen bundes-
weit einheitlich sein. Die normative Festlegung kann deshalb nur in der Verant-
wortlichkeit des Bundes liegen. Die Regulierungsaufgaben sind im Übrigen
sachgerecht zwischen Bund und Ländern zu verteilen. Zu den Aufgaben der
Bundesregulierung sollen die Regulierungsaufgaben im Zusammenhang mit der
Entflechtung und der Regulierung des Netzbetriebs der Übertragungsnetzbetrei-
ber und der Verteilnetzbetreiber gehören, deren Netz länderübergreifend ist.
Den Landesregulierungsbehörden sind die Regulierungsaufgaben für die Betrei-
ber der übrigen Verteilnetze zu übertragen. Dadurch wird ein ortsnaher Vollzug,
der die Wirksamkeit der Regulierung erhöht, gewährleistet. Außerdem werden
die bestehenden langjährigen Erfahrungen der Landesbehörden genutzt und
Synergieeffekte mit anderen Aufgaben der Landesbehörden erzielt. Durch Ver-
waltungsvereinbarungen können Länder, z. B. wenn sie nur für eine geringe
Zahl von Netzbetreibern zuständig sind, die gemeinsame Errichtung einer Regu-
lierungsbehörde mit anderen Ländern oder die Erledigung der Regulierungsauf-
gaben durch die Regulierungsbehörde eines anderen Landes vereinbaren.

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9. Praxistaugliche Beurteilung der Netznutzungsentgelte
Die Entgelte für die Nutzung der Netze haben eine zentrale Schlüsselrolle für
das Entstehen von Wettbewerb im Energiebereich. Nur wenn die Netznutzungs-
entgelte einen diskriminierungsfreien Netzzugang gewährleisten, können sich
Angebot und Nachfrage entwickeln und Wettbewerbsdruck entfalten. Die für
die Netznutzung zu entrichtenden Preise machen beim Strom rund ein Drittel
des Preises für Haushalte aus. Nach dem Benchmarking Bericht der EU-Kom-
mission vomMärz 2004 liegen die deutschen Netznutzungsentgelte (in der Mit-
telspannung) um ca. 70 Prozent höher als in der restlichen EU. In Deutschland
gibt es eine enorm hohe Spannbreite von bis zu 300 Prozent, teilweise allerdings
in nur schwer vergleichbaren Netzsegmenten. Im Gasbereich liegen die Tarife
für den Transport über große Entfernungen im europäischen Mittel. Die lokalen
Verteiltarife liegen allerdings 40 Prozent darüber. In der Ferngasversorgung gibt
es in Deutschland Unterschiede von bis zu 190 Prozent, in der Endverteilung so-
gar von bis zu 400 Prozent. Erhebliche Diskrepanzen in der Höhe der Netzent-
gelte, die sich auch in den jeweiligen Strom- und Gaspreisen ausdrücken, wirken
sich auf die Standortbedingungen aus und werfen strukturpolitische Probleme
auf. Es muss daher ein praxistauglicher Mechanismus eingeführt und umgesetzt
werden, der zu einer Angleichung der Netzentgelte in Richtung auf die preis-
günstigsten Entgelte und zu einem mittelfristigen Absinken der Netzentgelte
insgesamt in Anlehnung an die erzielten und erzielbaren Rationalisierungser-
folge führt. Dabei müssen aber die strukturellen Besonderheiten berücksichtigt
werden. Unter Berücksichtigung des Ziels der langfristigen Versorgungssicher-
heit ist zu gewährleisten, dass den Netzbetreibern weiterhin dauerhafte Anreize
für Investitionen in die Netzerhaltung und den Netzausbau erhalten bleiben. Ne-
ben den Kosten müssen die Netzbetreiber eine angemessene Rendite erwirt-
schaften können, mit der Kapitalgeber für Investitionen in sichere Netze gewon-
nen werden können. Langfristig muss die Netzregulierung dazu führen, dass die
Bildung der Netznutzungsentgelte nicht mehr kostenbasiert, sondern durch ein
sinnvolles Regulierungssystem marktorientiert erfolgt. Ziel muss es sein, die
Effizienzpotentiale im Netzbereich zu erschließen, ohne dass die Versorgungs-
sicherheit abnimmt. Dies hätte sinkende Energiekosten zur Folge und würde da-
mit den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken.
10. Maßstäbe für Bewertung der Netznutzungsentgelte eindeutig festlegen
Im Energiewirtschaftsgesetz ist eindeutig festzulegen, nach welchen Maßstäben
die Netznutzungsentgelte reguliert werden. Die Entgeltkalkulation muss nach
den normativ vorzugebenden widerspruchsfreien Prinzipien erfolgen und eine
risiko- und kapitalmarktadäquate Verzinsung ermöglichen, um zukünftige In-
vestitionen in die Netze sicherzustellen. Die Regulierung der Netzentgelte muss
deshalb künftig unter Berücksichtigung der Kostenkalkulation, eines Vergleichs
der Netzbetreiber untereinander und einer definierten Anreizregulierung erfol-
gen. Die Regulierungsbehörde muss verpflichtet werden, die gesetzlich vorzu-
gebende anreizorientierte Regulierung weiterzuentwickeln. Um langfristige
Verschlechterungen der Netzqualität zu verhindern, müssen außerdem Quali-
tätsstandards aus Anbieter- und Nachfragersicht definiert werden. Entspre-
chende Qualitätsparameter und die Verpflichtung für die Netzbetreiber diese zu
erfassen und an die Regulierungsbehörde zu melden sind gesetzlich zu veran-
kern. Als zentraler Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit der Netz-
nutzungsentgelte bietet sich der im Bereich der Telekommunikation bewährte
Begriff der „effizienten Leistungsbereitstellung“ an. Unter kosteneffizienter
Leistungsbereitstellung werden dort diejenigen Kosten verstanden, die für die
Produktion und Bereitstellung der betrachteten Leistung unverzichtbar sind. In
das Energiewirtschaftsgesetz ist ein bestimmtes Kalkulationsprinzip (Nettosub-
stanzerhaltung oder Realkapitalerhalt) nicht aufzunehmen. Festgeschrieben

Drucksache 15/3998 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

werden kann allerdings der grundsätzliche Anspruch der Kapitalgeber auf ange-
messene Verzinsung des eingesetzten Kapitals.
11. Ex-ante Genehmigung von Entgelten für Netzzugang und

Ausgleichsleistungen
Um einen funktionierenden Wettbewerb im Strom- und Gasmarkt zu etablieren,
ist die Einführung einer ex-ante Genehmigung von Entgelten für Netzzugang
und Ausgleichsleistungen zu befürworten. Allein auf die Wirksamkeit nachträg-
licher Missbrauchsaufsicht darf die Regulierung nicht beschränkt werden. Eine
reine ex-ante-Methodenfestlegung zur Berechnung von Netzentgelten reicht
ebenso wenig aus wie eine ex-post-Kontrolle ihrer korrekten Anwendung. Eine
ex-ante Genehmigung der Entgelte für die Netznutzung kann unter Umständen
besser überhöhte Entgelte verhindern und gewährleisten, dass sich dadurch
Wettbewerb entwickeln kann. Die Festlegung könnte auch über einen längeren
Zeitraum erfolgen. Zwischenzeitliche Effizienzgewinne würden dann den Un-
ternehmen zustehen. Eine nachträgliche Missbrauchsaufsicht führt nicht zu we-
niger Verwaltungsaufwand als eine ex-ante Kontrolle, denn in beiden Fällen
müssen die Behörden Ressourcen für die Aufsicht über ca. 1 700 Netzbetreiber
vorhalten. Eine reine ex-post-Aufsicht kann aber im konkreten Fall zu Rechts-
unsicherheit sowohl für den Netzbetreiber als auch den Netznutzer führen. Eine
vorherige Genehmigung der aufgrund der methodischen Vorgaben der Regulie-
rungsbehörde kalkulierten Netzentgelte und entwickelten Netzzugangsbedin-
gungen garantiert dagegen die notwendige Rechtssicherheit für alle Marktbetei-
ligten. Dadurch wird auch die Investitionsbereitschaft der Netzbetreiber erhöht.
Außerdem erleichtert eine ex-ante Genehmigungspflicht für Netzentgelte die
Anwendung anreizorientierter Regulierungsinstrumente. Unter Berücksichti-
gung einer technisch notwendigen Einführungsphase muss es deshalb zu einer
ex-ante Genehmigung von Netzzugangsbedingungen und Netzentgelten durch
die Regulierungsbehörden kommen.
12. Wettbewerb im Erdgasmarkt
Eine Ursache für den bisher fehlenden Wettbewerb im Erdgasmarkt ist das sog.
Punkt-zu-Punkt-Modell. Deswegen darf dieses Modell nicht in den neuen Ord-
nungsrahmen übernommen werden. Einzuführen ist ein transaktionsunabhän-
giges Entry-Exit-Modell, wie es bereits in zahlreichen EU-Mitgliedstaaten er-
folgreich praktiziert wird. Ein Entry-Exit-Modell weist mehrere Vorteile auf: So
kann die Netznutzung von der Einspeise- bis zur Entnahmestelle in einem Akt
mit nur einem Vertragspartner abgewickelt werden. Die Entgeltzahlung erfolgt
nur an einen Netzbetreiber, der mittels Kostenüberwälzung die vorgelagerten
Netze einbezieht. Durch den Wegfall der Einzelbetrachtung wird auch der
Bilanzausgleich vereinfacht. Denn durch die Etablierung von Regelzonen ent-
steht – ähnlich wie im Bereich der Elektrizität – die Möglichkeit zur Schaffung
von Bilanzkreisen.
13. Konsequente Umsetzung der Entflechtungsregelungen
Die rechtliche, organisatorische und buchhalterische Entflechtung vertikal inte-
grierter Versorgungsunternehmen ist eine unabdingbare Voraussetzung zur
Schaffung von Wettbewerb. Die bisherige Verflechtung von Monopol- und
„Wettbewerbs“-bereichen der Energieversorgungsunternehmen ist eines der we-
sentlichen Hemmnisse für einen funktionierenden Wettbewerb. Eine zielfüh-
rende und effiziente Umsetzung der Entflechtungsregelungen kann zudem zu
einer Reduzierung des staatlichen Regulierungsaufwandes beitragen. Das Auf-
brechen von Unternehmensstrukturen kann aber auch zu einer nicht unerheb-
lichen Kostenbelastung bei den Unternehmen führen, da Synergieverluste ent-
stehen. Die dadurch entstehende Kostenbelastung wird über höhere Netznut-
zungsentgelte letztlich an die Verbraucher weitergegeben. Deshalb sind die Vor-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/3998

gaben zum organisatorischen Unbundling der Beschleunigungsrichtlinien eins
zu eins umzusetzen und sollten nicht über diese hinausgehen. Bei Netzbetrei-
bern, die Erdgas- und Stromnetze unterhalten, ist der Schwellenwert jeweils
gesondert zu prüfen.
14. Verbraucherschutz stärken
Die Regulierungsbehörde muss umfangreiche Möglichkeiten für Sanktionen bis
hin zur Abschöpfung „ungerechtfertigt erlangter wirtschaftlicher Vorteile“ er-
halten. Abzulehnen sind aber zusätzliche Klage- und Abschöpfungsrechte für
Verbraucherverbände. Ein Recht der Verbände auf Kostenerstattungen würde zu
einer Flut von nicht gerechtfertigten Rechtsstreitigkeiten führen. Im Bereich des
Energiewirtschaftsrechts besteht auch kein Bedürfnis für Verbandsklagerechte,
da, anders als im UWG, eigens zu diesem Zweck geschaffene Behörden konti-
nuierlich die Einhaltung der Marktregeln überwachen. Auch bei der Neurege-
lung des TKGwurde deshalb keine Klagebefugnis der Verbände für die Vorteils-
abschöpfung eingeführt. Verbraucherverbände müssen allerdings Überprüfun-
gen der Netzbetreiber durch die Regulierungsbehörde einleiten können. Die Re-
gulierungsbehörden müssen deshalb gesetzlich verpflichtet werden, jeder
Beschwer in einer festgelegten Frist nachzugehen. Das allgemeine Klage- und
Schadensersatzrecht ist dann zur Wahrung von Verbraucherrechten ausreichend.
15. Erneuerbare Energien müssen in die Sicherung des Netzbetriebs einbezogen

werden
Sofern die Zuverlässigkeit der Elektrizitätsübertragung gefährdet ist, sind die
Betreiber von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien vollständig in die
Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung einzubeziehen. Es gibt keine Recht-
fertigung, in diesem Zusammenhang die Netzinanspruchnahme durch erneuer-
bare Energien zu privilegieren.
16. Keine Finanzierung über Regulierungsbeitrag
Die Regulierung des Netzzugangs ist eine staatliche Aufgabe und gehört in den
Kernbereich der staatlichen Ordnungsverwaltung. Diese Kernaufgabe ist daher
auch durch den Staat zu finanzieren. Eine Kostenumwälzung auf die Betreiber
von Energieversorgungsnetzen durch einen Regulierungsbeitrag wäre system-
widrig, ordnungspolitisch falsch und verfassungsrechtlich problematisch.
17. Abschaffung der Behördenaufsicht über Stromtarife für Privatkunden
Die Genehmigungspflicht für Endkundentarife ist überflüssig, sobald die Vor-
aussetzungen für Wettbewerb im Monopolbereich der Netze geschaffen worden
sind. Eine Tarifpreisgenehmigung nach Kosten- und Erlöslage des Energiever-
sorgungsunternehmens ist dann nicht mehr erforderlich. Ausreichend ist dann
eine Missbrauchsaufsicht nach wettbewerblichen Maßstäben.
18. Auskunfts- und Berichtspflichten sind auf das unbedingt erforderliche Maß

zu begrenzen
Die Informations-, Dokumentations-, Berichts- und Auskunftspflichten führen
zu erheblichen Verwaltungskosten und müssen auf das nach EU-Recht absolut
Notwendige begrenzt werden.
19. Mess- und Zählerwesen vollständig liberalisieren
Das Messwesen ist ein eigenständiges Marktsegment im Energiemarkt, das in
Deutschland bis auf den Anwendungsbereich der AVBEltV formal liberalisiert
worden ist. Diese Liberalisierung hat bislang nur einen geringen Erfolg gehabt.
Damit Messdienstleistungen allen Kunden künftig zu marktgerechten Wettbe-
werbspreisen angeboten werden können, muss im Energiewirtschaftsrecht klar-

Drucksache 15/3998 – 10 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

gestellt werden, dass Anschlussnehmer an das Netz der allgemeinen Versorgung
berechtigt sind, alternativ zumNetzbetreiber, nach normierten Datenprofilen die
Verantwortung für die Messdienstleistung hinsichtlich der gelieferten oder be-
zogenen Energiemengen selbst zu übernehmen oder auf Dritte zu übertragen.
Dadurch wären Kostensenkungen bei den Zählern möglich.
20. Besonderheiten der industriellen Arealnetze berücksichtigen
Im Zuge der seit einigen Jahren stattfindenden Umstrukturierungen in der Indus-
trie sind so genannte industrielle Arealnetze entstanden. Der Umstrukturie-
rungsprozess zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, der auch von der EU aus-
drücklich begrüßt wird (Verordnung 139/2004/EG vom 20. Januar 2004), sollte
nicht durch die Neuordnung des Energiewirtschaftsrechts behindert werden. Um
Überregulierung zu verhindern, müssen die Besonderheiten der industriellen
Arealnetze Berücksichtigung finden. Anhand geeigneter Kriterien muss deshalb
sichergestellt werden, dass industrielle Arealnetze, die nur eine sehr kleine An-
zahl von Kunden versorgen und in denen Strom bzw. Erdgas überwiegend von
Unternehmen des produzierenden Gewerbes verbraucht wird, welche unterein-
ander meist in einem Produktionsverbund stehen, von Netzregulierung und Un-
bundling ausgenommen werden. Unabhängig davon gilt für industrielle Areal-
netze weiterhin das allgemeine Kartellrecht.

Berlin, den 21. Oktober 2004
Dagmar Wöhrl
Karl-Josef Laumann
Dr. Joachim Pfeiffer
Kurt-Dieter Grill
Dr. Rolf Bietmann
Veronika Bellmann
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Gitta Connemann
Alexander Dobrindt
Marie-Luise Dött
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Reinhard Göhner
Ernst Hinsken
Robert Hochbaum
Volker Kauder
Julia Klöckner
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Lensing
Wolfgang Meckelburg
Friedrich Merz
Laurenz Meyer (Hamm)
Hans-Peter Repnik
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Kurt J. Rossmanith
Hartmut Schauerte
Johannes Singhammer
Max Straubinger
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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