BT-Drucksache 15/3992

Zukunft des Hermes-Förderinstrumentariums

Vom 19. Oktober 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3992
15. Wahlperiode 19. 10. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Erich G. Fritz, Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, Veronika
Bellmann, Dr. Rolf Bietmann, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Alexander Dobrindt,
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), Dr. Michael Fuchs, Hans-Joachim Fuchtel,
Dr. Reinhard Göhner, Kurt-Dieter Grill, Siegfried Helias, Ernst Hinsken, Robert
Hochbaum, Dr. Martina Krogmann, Dr. Hermann Kues, Wolfgang Meckelburg,
Friedrich Merz, Laurenz Meyer (Hamm), Dr. Joachim Pfeiffer, Hans-Peter Repnik,
Dr. Heinz Riesenhuber, Franz Romer, Kurt J. Rossmanith, Hartmut Schauerte,
Marion Seib, Johannes Singhammer, Max Straubinger und der Fraktion
der CDU/CSU

Zukunft des Hermes-Förderinstrumentariums

Die Bundesregierung hat im Jahr 2003 neue Hermesdeckungen in Höhe von
16 Mrd. Euro übernommen. Zugleich wurde mit einem Überschuss in Höhe von
669,4 Mio. Euro ein Rekordergebnis erzielt. Dem Halbjahresbericht 2004 zu-
folge beträgt der positive Saldo dieses Jahr sogar schon 394,8 Mio. Euro, was
einem Plus von 3,1 % gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Angesichts des erwirtschafteten Hermes-Überschusses fordert die Fraktion der
CDU/CSU die Bundesregierung auf zu prüfen, inwieweit das Hermes-Instru-
mentarium etwa durch die Einführung von Schadensfreiheitsrabatten, die Redu-
zierung der Selbstbehalte oder eine Entgeltsenkung mittelstandsfreundlich an-
gepasst werden kann. Denn Exportkreditgarantien werden in hohem Maße von
kleinen und mittelständischen Unternehmen genutzt, die damit das Rückgrat des
Hermes-Geschäfts bilden.
Anpassungen werden auch durch den EU-Beitritt zehn neuer Mitgliedstaaten
erforderlich. Nach Auffassung der EU-Kommission sind die zehn neuen EU-
Beitrittsländer ab dem 1. Mai 2004 „marktfähig“ im Sinne der geltenden KOM-
Mitteilung (C217/2 vom 2. August 2001). Bleibt es bei dieser Bewertung, dür-
fen die staatlichen Exportkreditversicherer keine kurzfristigen Geschäfte ihrer
Exporteure mit diesen Ländern mehr decken. Gegenwärtig wird ein Gutachten
der EU-Kommission erstellt, dass die Marktfähigkeit von Risiken generell neu
prüft.
Die Bundesregierung hat sich mit der 2003 eingeleiteten Außenwirtschafts-
offensive das Ziel gesetzt, Exportbürgschaften und Investitionsgarantien vor
allem für den Mittelstand leichter zugänglich zu machen. Tatsächlich hat die
Bundesregierung mit der Außenwirtschaftsoffensive aber noch keinen aus-
reichenden Beitrag zur Stärkung der globalen Wettbewerbsfähigkeit vor allem
der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) geleistet, wie der im Juli 2004
vorgelegte Mittelstandsbericht 2004 des Deutschen Industrie- und Handelskam-
mertags (DIHK) zeigt.

Drucksache 15/3992 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie können vor dem Hintergrund des erwirtschafteten Hermes-Überschus-

ses Entlastungen für die kleinen und mittelständischen Unternehmen erzielt
werden?

2. Wie bewertet die Bundesregierung strukturelle Änderungen des Entgelt-
systems wie etwa die Einführung von Schadensfreiheitsrabatten, die Redu-
zierung der Selbstbehalte oder die Entgeltsenkung?

3. Wie hoch war der Anteil des Kurz- und des Langfristgeschäfts an den
Gesamtdeckungen seit 1998?

4. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass das Kurzfrist- das Langfrist-
geschäft stützt und Risiken des Langfristgeschäfts nicht mit Risiken des
Kurzfristgeschäfts vermischt werden können?

5. Welche Ergebnisse wurden bei dem am 22. September 2004 im Bundes-
ministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) geführten Informations-
austausch über die Marktfähigkeit von Kreditrisiken in den EU-Beitritts-
ländern erzielt?

6. Auf welche Höhe beliefen sich die deutschen Exporte in die EU-Beitritts-
staaten in den Jahren 1998 bis 2004, und wie hoch war der Betrag der durch
Hermesdeckungen abgesicherten Exporte in die EU-Beitrittsländer in die-
sem Zeitraum?
Wie hoch war der Anteil der gedeckten Exporte an demGesamtexport in die
EU-Beitrittsstaaten in den Jahren 1998 bis 2004?

7. Wie bewertet die Bundesregierung das Ergebnis der vor dem Hintergrund
des möglichen Rückzuges des Bundes aus der Risikoabsicherung in den
EU-Beitrittsländern unter den APG-Deckungsnehmern des Bundes durch-
geführten Umfrage, der zufolge mehr als die Hälfte der antwortenden
Unternehmen kein tragfähiges Angebot eines privaten Kreditversicherers
erhalten hat?

8. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Schaden für die deutsche
Exportwirtschaft ein, der sich in Ermangelung tragfähiger Angebote von
privaten Kreditversicherern vor allem für APG-light-Deckungsnehmer er-
gibt?

9. Mit welchen Auswirkungen für das deutsche Exportgeschäft und Arbeits-
plätze in Deutschland rechnet die Bundesregierung im Falle der Feststellung
der Marktfähigkeit von Kreditrisiken in den EU-Beitrittsländern, insbeson-
dere für Unternehmen in den neuen Bundesländern?

10. Wie beurteilt die Bundesregierung vor dem Hintergrund einer möglichen
Erweiterung der als marktfähig eingestuften Länder die Tatsache, dass die
Hauptkonkurrenten im globalen Wettbewerb keinerlei vergleichbaren
Beschränkungen beim staatlichen Kurzfristgeschäft unterliegen, und was
gedenkt sie zu unternehmen, um damit einhergehende Wettbewerbsnach-
teile für die deutsche Exportwirtschaft zu verhindern?

11. Wird die Bundesregierung im Falle der Feststellung der Marktfähigkeit von
Kreditrisiken in den EU-Beitrittsländern und dem damit einhergehenden
Wegfall der staatlichen Deckungen für eine Übergangsfrist für Geschäfte
mit Mittel- und Osteuropa eintreten?
Wenn ja, für welchen Zeitraum, wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3992

12. Steht die Bundesregierung in aktivem Gesprächskontakt mit privaten Ex-
portkreditversicherern über die Gewährleistung einer reibungslosen Über-
gangsphase?
Wenn ja, mit welchem Ergebnis, wenn nicht, gedenkt sie solche Gespräche
aufzunehmen?

13. Sind der Bundesregierung konkrete Angebote der privaten Exportkredit-
versicherer zur Absicherung kurzfristiger Exporte in die neuen EU-Länder
bekannt, und wenn ja, welche?

14. Liegen der Bundesregierung konkrete Erfahrungen von mittelständischen
Unternehmen vor, die von privaten Exportversicherern kein adäquates
Alternativangebot zum Hermes-Deckungsinstrumentarium erhalten ha-
ben?

15. Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um zu gewährleisten,
dass die gesamte deutsche Exportwirtschaft die Möglichkeit privater Ab-
sicherung erhält und nicht einzelne Branchen (Bau- und Landwirtschaft)
oder Besteller (öffentliche Unternehmen) benachteiligt werden?

16. Wie gedenkt die Bundesregierung mit der zum 1. Januar 2003 neu ein-
geführten Deckung „APG light“ umzugehen, die im Kurzfristbereich für
kleinere Exportfirmen bis zu einem Umsatz von 1 Mio. Euro vor allem im
Osteuropa-Geschäft eine wichtige Unterstützung leistet?
Teilt die Bundesregierung aufgrund der Erfahrung der vergangenen ein-
einhalb Jahre die Auffassung, dass die Grenze von 1Mio. Euro Umsatz will-
kürlich ist?
Was hält die Bundesregierung davon, die Umsatzgrenze höher anzusie-
deln?

17. Hält die Bundesregierung die Privatisierung des gesamten APG-Geschäfts
in Deutschland für sinnvoll, und wenn ja, wie könnte eine solche Privatisie-
rung aussehen?

18. Inwieweit verfügt die Bundesregierung über Erfahrungen anderer EU-Län-
der bei der Privatisierung des Kurzfristgeschäfts?
Gibt es einen Meinungsaustausch?

19. Ist der Bundesregierung bekannt, wie Länder wie Italien, Spanien oder
Dänemark, die das Kurzfristgeschäft auch mit Hilfe staatlicher Versicherer
abwickeln, auf die Feststellung der Marktfähigkeit von Kreditrisiken in den
EU-Beitrittsländern reagieren?

20. Was unternimmt die Bundesregierung, um zu verhindern, dass sich für die
kleinen und mittleren Unternehmen infolge der verschärften Vorschriften
von Basel II Liquiditätsengpässe ergeben, die sich angesichts der not-
wendigen Vorfinanzierung von Exportaufträgen nachteilig auf die Export-
tätigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen auswirken können?

21. Welchen Beitrag können die Exportkreditgarantien aus Sicht der Bundes-
regierung zu einer besseren Refinanzierung der kleinen und mittleren Un-
ternehmen leisten?

Drucksache 15/3992 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
22. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass das im Jahr 2001 einge-
führte Deckungsinstrument „Rahmenkreditdeckung“ zwar eine sinnvolle
Antwort auf die sich verschärfenden Bewertungen von Kreditrisiken durch
die Banken ist, aber übersehen wird, dass es bei den Banken auch jetzt schon
unterschiedliche Handhabungen hinsichtlich der Konditionen gibt (Min-
destwerte schwanken zwischen 50 000 und 500 000 Euro)?
Wenn ja, wie gedenkt sie dieses Problem zu lösen?

Berlin, den 20. Oktober 2004
Erich G. Fritz
Karl-Josef Laumann
Dagmar Wöhrl
Veronika Bellmann
Dr. Rolf Bietmann
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Alexander Dobrindt
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Reinhard Göhner
Kurt-Dieter Grill
Siegfried Helias
Ernst Hinsken
Robert Hochbaum
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Wolfgang Meckelburg
Friedrich Merz
Laurenz Meyer (Hamm)
Dr. Joachim Pfeiffer
Hans-Peter Repnik
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Kurt J. Rossmanith
Hartmut Schauerte
Marion Seib
Johannes Singhammer
Max Straubinger
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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