BT-Drucksache 15/3878

zu dem Antrag der Abgeordneten Kurt-Dieter Grill, Dr. Peter Paziorek, Dr. Friedbert Pflüger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -15/2163- Rußland für eine Ratifizierung des Kyoto-Protokolls gewinnen - Im Interesse des internationalen Klimaschutzes und eines Erfolges des Emissionshandels

Vom 1. Oktober 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3878
15. Wahlperiode 01. 10. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(15. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Kurt-Dieter Grill, Dr. Peter Paziorek,
Dr. Friedbert Pflüger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 15/2163 –

Russland für eine Ratifizierung des Kyoto-Protokolls gewinnen – Im Interesse des
internationalen Klimaschutzes und eines Erfolges des Emissionshandels

A. Problem
Durch den Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden, sich bilateral,
als Mitglied der Europäischen Union und im Rahmen der Vereinten Nationen
nachdrücklich dafür einzusetzen, dass Russland das Kyoto-Protokoll umgehend
ratifiziert.
Die Bundesregierung soll darüber hinaus aufgefordert werden, umfassend und
detailliert über die aus einer Ratifizierung des Kyoto-Protokolls resultierenden
konkreten Vorteile Russlands zu berichten, dem Deutschen Bundestag umge-
hend einen ausführlichen Bericht vorzulegen, der mit Blick auf den bevorste-
henden Emissionshandel die Folgen einer Nicht-Ratifizierung des Kyoto-Pro-
tokolls durch Russland für die Europäische Union und für Deutschland unter
rechtlichen und ökonomischen Aspekten analysiert und denkbare Alternativen
aufzeigt, sowie dem Deutschen Bundestag schnellstmöglich einen ausführli-
chen Bericht vorzulegen, der die Folgen einer Nicht-Ratifizierung des Kyoto-
Protokolls durch Russland für die internationale Klimaschutzpolitik analysiert
und denkbare Alternativen aufzeigt.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/
CSU bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Drucksache 15/3878 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag – Drucksache 15/2163 – abzulehnen.

Berlin, den 22. September 2004

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker
Vorsitzender

Ulrich Kelber
Berichterstatter

Marie-Luise Dött
Berichterstatterin

Dr. Reinhard Loske
Berichterstatter

Birgit Homburger
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3878

Bericht der Abgeordneten Ulrich Kelber, Marie-Luise Dött, Dr. Reinhard Loske
und Birgit Homburger

I.
Der Antrag – Drucksache 15/2163 – wurde in der 86. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 15. Januar 2004 zur
federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an
den Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft
und Arbeit, den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenar-
beit und Entwicklung sowie den Ausschuss für die Angele-
genheiten der Europäischen Union überwiesen.
Die mitberatenden Ausschüsse haben jeweils mit den Stim-
men der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
empfohlen, den Antrag – Drucksache 15/2163 – abzu-
lehnen.

II.
Durch den Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert
werden, sich bilateral, als Mitglied der Europäischen Union
und im Rahmen der Vereinten Nationen nachdrücklich dafür
einzusetzen, dass Russland das Kyoto-Protokoll umgehend
ratifiziert.
Die Bundesregierung soll darüber hinaus aufgefordert wer-
den, umfassend und detailliert über die aus einer Ratifizie-
rung des Kyoto-Protokolls resultierenden konkreten Vor-
teile Russlands zu berichten, dem Deutschen Bundestag
umgehend einen ausführlichen Bericht vorzulegen, der mit
Blick auf den bevorstehenden Emissionshandel die Folgen
einer Nicht-Ratifizierung des Kyoto-Protokolls durch
Russland für die Europäische Union und für Deutschland
unter rechtlichen und ökonomischen Aspekten analysiert
und denkbare Alternativen aufzeigt sowie dem Deutschen
Bundestag schnellstmöglich einen ausführlichen Bericht
vorzulegen, der die Folgen einer Nicht-Ratifizierung des
Kyoto-Protokolls durch Russland für die internationale
Klimaschutzpolitik analysiert und denkbare Alternativen
aufzeigt.

III.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat den Antrag – Drucksache 15/2163 – in seiner
Sitzung am 22. September 2004 beraten.
Von Seiten der Fraktion der SPD wurde auf die intensi-
ven Bemühungen von Bundesregierung und EU verwie-
sen, Russland zu einer Ratifizierung des Kyoto-Protokolls
zu bewegen. Wie der in Russland zu beobachtende
klimapolitische Stimmungswandel andeute, seien sie offen-
sichtlich nicht ohne Erfolg geblieben. Die erste Forderung
des Antrags entbehre insofern einer Grundlage. Auch zur
zweiten Forderung lägen entsprechende Erkenntnisse und
Unterlagen vor, daher habe sich auch diese Forderung erle-
digt. Eine Annahme der unter den Nummern drei und vier
aufgeführten Forderungen würde die Verhandlungsposi-
tion Deutschlands und der EU gegenüber Russland schwä-

chen, indem sie mögliche Alternativen öffentlich mache,
bevor die Verhandlungen überhaupt zu einem Ende ge-
langt seien. Auch diesen Forderungen könne daher nicht
gefolgt werden. Aus den genannten Gründen werde der
Antrag abgelehnt.
Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wurde betont, mit
dem Antrag bekenne sich die CDU/CSU-Bundestagsfrak-
tion erneut eindeutig zu den Zielen des Kyoto-Protokolls.
Man wolle jedoch einer weiteren Erosion des Kyoto-Proto-
kolls entgegenwirken; die fehlende Verpflichtung von
Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien sowie
der Ausstieg der USA aus dem Ratifizierungsprozess hätten
diese Vereinbarung erheblich geschwächt. Bisher versuche
die EU, durch die Einführung des EU-Emissionshandels-
systems die Verpflichtungen im Alleingang einzuhalten. Be-
kanntlich habe die Bundesregierung in den Verhandlungen
auf EU-Ebene zur Emissionshandelsrichtlinie jedoch nach-
drücklich eine Verknüpfung des gemeinschaftlichen Emis-
sionshandelssystems mit den flexiblen Kyoto-Mechanismen
Joint Implementation (JI) und Clean Development Mecha-
nism (CDM) gefordert. Diesen Weg gelte es konsequent
weiter zu beschreiten. Es seien neue Kraftanstrengungen er-
forderlich, um dem Kyoto-Protokoll endlich zu seinem not-
wendigen Erfolg zu verhelfen. Russland habe in diesem
Prozess die entscheidende Schlüsselposition inne. Die Bun-
desregierung werde daher aufgefordert, sich innerhalb der
EU und auf der Ebene der Vereinten Nationen für eine Rati-
fizierung des Kyoto-Protokolls durch Russland einzusetzen.
Darüber hinaus müsse man sich jedoch auch mit der Mög-
lichkeit beschäftigen, dass ein Inkrafttreten des Kyoto-Pro-
tokolls scheitere. Insofern sollten Strategien entwickelt wer-
den, die auch für den Fall eines Scheiterns des Kyoto-Proto-
kolls klimapolitische Alternativen und Wege aufzeigten, die
Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu erhalten. Vor diesem
Hintergrund fordere man die Bundesregierung in dem vor-
liegenden Antrag u. a. auf, einen umfassenden und genauen
Bericht zu den Folgen einer Nicht-Ratifizierung des Kyoto-
Protokolls durch Russland vorzulegen.
Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wurde auf die zahlreichen Gespräche verwiesen, die – teils
auf höchster politischer Ebene – seitens der Bundesregie-
rung, der Regierungen anderer EU-Mitgliedstaaten sowie
der EU-Kommission mit der russischen Regierung geführt
worden seien, um Russland zu einer Ratifizierung des
Kyoto-Protokolls zu bewegen. Der grundlegende Vorwurf
des Antrags, die Bundesregierung setze sich zu wenig für
eine Ratifizierung des Kyoto-Protokolls durch Russland ein,
sei daher falsch. Für nicht akzeptabel halte man auch die
Forderungen des Antrags, die sich auf eine Offenlegung al-
ternativer Strategien für den Fall richteten, dass Russland
das Kyoto-Protokoll nicht ratifizieren sollte. Andererseits
hätten sich bisher alle optimistischen Erwartungen und
Ankündigungen, Russland werde das Kyoto-Protokoll in
Kürze ratifizieren, als nicht zutreffend erwiesen, die Ratifi-
zierungsdiskussion ziehe sich vielmehr in die Länge. Daher
halte man die hinter dem Antrag stehende Intention für nicht

Drucksache 15/3878 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

unberechtigt. Es sei unbestritten, dass alles dafür getan wer-
den müsse, Russland zu einer schnellstmöglichen Ratifizie-
rung des Kyoto-Protokolls zu veranlassen. Dies gelte insbe-
sondere auch vor dem Hintergrund, dass sich die für
Dezember 2004 vorgesehene 10. Konferenz der Vertrags-
staaten der Klimarahmenkonvention (COP 10) voraussicht-
lich bereits mit der Verpflichtungsperiode ab 2012 befassen
werde. Dem Antrag könne aus den genannten Gründen
nicht zugestimmt werden.
Von Seiten der Fraktion der FDP wurde die Notwendigkeit
unterstrichen, sich weiterhin intensiv darum zu bemühen,
Russland zu einer Ratifizierung des Kyoto-Protokolls zu be-
wegen. Allerdings habe man Zweifel daran, dass sich die
Bundesregierung und insbesondere auch der Bundeskanzler
in ihren Gesprächen mit der russischen Regierung tatsäch-

lich in entsprechender Weise eingesetzt hätten. Insofern be-
fürworte man das grundlegende Anliegen des Antrags sowie
die erste der in dem Antrag aufgeführten Forderungen. Da-
gegen halte man die unter den Punkten zwei bis vier des
Antrags geforderten Berichtspflichten für überzogen. Man
sei sehr daran interessiert, Fortschritte in der Sache zu erzie-
len, halte es aber für wenig wahrscheinlich, dass die gefor-
derten Berichte in dieser Hinsicht hilfreich wären. Daher
werde man sich bei der Abstimmung über den Antrag der
Stimme enthalten.
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Frak-
tion der FDP, dem Deutschen Bundestag zu empfehlen, den
Antrag – Drucksache 15/2163 – abzulehnen.

Berlin, den 1. Oktober 2004
Ulrich Kelber
Berichterstatter

Marie-Luise Dött
Berichterstatterin

Dr. Reinhard Loske
Berichterstatter

Birgit Homburger
Berichterstatterin

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