BT-Drucksache 15/3854

Auswirkungen der Änderung der Mykotoxin-Höchstmengenverordnung auf die deutsche Getreidewertschöpfungskette

Vom 28. September 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3854
15. Wahlperiode 28. 09. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Marlene Mortler, Doris Meyer (Tapfheim), Peter H. Carstensen
(Nordstrand), Artur Auernhammer, Peter Bleser, Gitta Connemann, Karl-Theodor
Freiherr von und zu Guttenberg, Helmut Heiderich, Ursula Heinen, Uda Carmen
Freia Heller, Dr. Peter Jahr, Julia Klöckner, Bernhard Schulte-Drüggelte, Kurt
Segner, Jochen Borchert, Cajus Julius Caesar, Hubert Deittert, Thomas Dörflinger,
Gerda Hasselfeldt, Susanne Jaffke, Heinrich-Wilhelm Ronsöhr, Dr. Klaus Rose,
Norbert Schindler, Georg Schirmbeck, Max Straubinger, Volkmar Uwe Vogel
und der Fraktion der CDU/CSU

Auswirkungen der Änderung der Mykotoxin-Höchstmengenverordnung
auf die deutsche Getreidewertschöpfungskette

Getreide und Mais und Roggen sind bei feuchten Wetterverhältnissen während
der Blüte starkem Befallsrisiko durch Fusarien (Schimmelpilze) ausgesetzt.
Wenn der Feuchtigkeitsgehalt des Korns hoch genug ist, bilden sich sowohl im
Feld als auch später nach der Ernte Pilzgifte (Mykotoxine). Diese Mykotoxine
können bei Menschen und Tieren zu toxischen Wirkungen führen.
Die im Februar 2004 in Kraft getretene Änderung der Mykotoxin-Höchstmen-
genverordnung setzt nun neue Grenzwerte für verschiedene Mykotoxine wie
Ochratoxin, Fumoniscine und für den Gehalt an Deoxynivalenol (DON), dem
Toxin, welches von den Fusarien gebildet wird und in Getreideerzeugnissen ent-
halten sein kann. Die Verordnung löste damit die Höchstmengenverordnung aus
dem Jahre 1999 ab.
Da eine einheitliche EU-Regelung für Getreide in naher Zukunft nicht vorgese-
hen ist, sind imGegensatz zu den deutschenMühlenbetreibern, die europäischen
Mitbewerber solch engen Grenzwerten nicht unterworfen. Allerdings treten
Mykotoxine wohl vermehrt in feuchten Regionen, nicht in trockenen, sonnigen
Regionen auf, so dass Produzenten in südlichen Regionen durch geringere
Mykotoxin-Werte belastet sind.
Durch die neue Höchstmengenverordnung könnten deutsche Landwirte bei der
Vermarktung ihres Getreides benachteiligt werden. Ausländische Produzenten
müssen zwar beim Import dieselben Auflagen erfüllen, aber an der Grenze ist
nicht zu kontrollieren, ob die Partien in den Ursprungsländern verschnitten wor-
den sind (in Deutschland gilt ein Verschneidungsverbot).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. In welchen EU-Ländern gibt es Festlegungen vonMykotoxin-Grenzwerten für

Getreide und wie hoch sind sie im Vergleich zu den deutschen Grenzwerten?
2. Widerspricht es dem Prinzip eines umfassenden und unteilbaren Verbrau-

cherschutzes, wenn ausländische Getreideprodukte, die keinem oder einem
niedrigeren Grenzwert unterliegen, auf die deutschen Ladentheken kommen,

Drucksache 15/3854 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
und wenn ja, teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die deutsche
Regelung zu einer Irreführung der Verbraucher führen könnte?

3. Ist der Bundesregierung bekannt, ob in den USA, wo seit Jahren ein DON-
Höchstwert für Lebensmittel von 1 000 µg/kg gilt, sich daraus negative
Effekte für die Verbraucher ergeben haben?

4. Kann die Bundesregierung dokumentierte deutsche bzw. europäische Fälle
vorweisen, bei denen ein Verbraucher durch den Verzehr DON-belasteter
Nahrungsmittel gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten hat?

5. Wie viel der im Jahre 2003 in Deutschland geernteten 19,23 Mio. Tonnen
Weizen wurden auf ihren DON-Gehalt beprobt und können sich daraus
repräsentative Aussagen ableiten lassen?

6. Sind die Bemusterungen und deren Analytik unter Praxisbedingungen er-
folgt?

7. Welche Schnelltestverfahren zur Analytik der Proben stehen zur Verfügung
und wie lange dauert der gesamte Testdurchlauf inkl. Probenaufbereitung?

8. Können die existierenden Schnelltestverfahren von denMühlen selbst ange-
wendet werden, oder müssen hierzu externe Untersuchungsstellen herange-
zogen werden?

9. Welche Ergebnis-Schwankungsbreiten werden bei den Schnelltestverfahren
angegeben?

10. Wie sind die Überwachungsbehörden durch die Bundesregierung über die
Gesamtproblematik informiert und sensibilisiert worden?

11. Welche wirtschaftlichen Folgen für die deutsche Getreidewirtschaft erwar-
tet die Bundesregierung durch die Änderung der Mykotoxin-Höchstmen-
genverordnung?

12. Was empfiehlt die Bundesregierung deutschen Mühlen, die aus mäßig
DON-belastetem Weizen verordnungskonforme weiße Mehltypen 405
und 550 herstellen, dadurch die Kuppelprodukte nicht in jedem Fall in
Verkehr bringen können, aber ihre europäischen Mitbewerber höher belas-
tete Kuppelprodukte weiterhin legal in Europa, inklusive Deutschland, in
Verkehr bringen können?

13. Würde es durch das Nicht-in-Verkehr-Bringen von Kuppelprodukten zu
einem Anstieg der Mehlpreise kommen?

14. Teilt die Bundesregierung vor dem Hintergrund des geltenden DON-
Höchstwertes die Auffassung, dass die innerhalb der deutschen Getreide-
wertschöpfungskette stehenden Betriebe, insbesondere bei der Herstellung
von ernährungsphysiologisch besonders wertvollen und vom Bundesminis-
terium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft besonders ge-
förderten Vollkornlebensmitteln, vor einem unkalkulierbaren Risiko stehen,
da es bei ihrer Herstellung nicht zu einer DON-Anreicherung kommen darf?

15. Wie stellt sich der Bundesregierung die Mykotoxin-Belastung der Ernte im
Jahr 2004 dar?

16. Welche Möglichkeiten gibt es, die Mykotoxin-Belastung durch spezielle
Anbaumaßnahmen zu reduzieren?

Berlin, den 28. September 2004
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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