BT-Drucksache 15/3775

Situation von Prostituierten nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz - ProstG)

Vom 22. September 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3775
15. Wahlperiode 22. 09. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ina Lenke, Klaus Haupt, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Helga Daub, Otto Fricke, Dr. Christel Happach-Kasan, Ulrich
Heinrich, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun
Kopp, Harald Leibrecht, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Detlef Parr,
Cornelia Pieper, Dr. Rainer Stinner, Jürgen Türk, Dr. ClaudiaWinterstein, Dr. Volker
Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Situation von Prostituierten nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung der
Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz – ProstG)

Am 1. Januar 2002 ist das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der
Prostituierten (Prostitutionsgesetz – ProstG) in Kraft getreten. Einer deutlichen
Mehrheit im Deutschen Bundestag war es wichtig, dass durch dieses Gesetz die
Doppelmoral bekämpft und die Prostitution vom Etikett der Sittenwidrigkeit be-
freit wurde. Die mit dem Gesetz eingeführte Möglichkeit zur sozialen Absiche-
rung von Prostituierten und die Einklagbarkeit des Entgeltes waren weitere
zentrale Ziele zum Abbau von Diskriminierungen gegenüber Prostituierten.
Allerdings waren schon im Gesetzgebungsprozess durch Anträge der Fraktion
der FDP Änderungen und Ergänzungen zum Gesetz gefordert worden, die abge-
lehnt wurden. In der Diskussion waren zum damaligen Zeitpunkt die ersatzlose
Streichung des § 181a Abs. 2 des Strafgesetzbuches (StGB) und eine Aufhebung
des Werbeverbotes. Auch in der Öffentlichkeit und bei zahlreichen Experten
herrschte schon bei der Verabschiedung des Gesetzes die Auffassung, dass dies
nicht der letzte, sondern nur der erste Reformschritt sein könne. Zwischenzeit-
lich klagen Prostituierte und deren Verbände teilweise darüber, dass mit dem
Gesetz in den Bundesländern sehr unterschiedlich umgegangen werde und die
Prostituierten ihre neuen Rechte oft noch nicht kennen und sehr selten dafür ein-
träten. Eine Hürde für die Betroffenen sei beispielsweise die Gefahr, bei einer
Gewerbeanmeldung vielleicht rückwirkend für die vergangenen 10 Jahre Steu-
ern nachzahlen zu müssen oder wegen Steuerhinterziehung strafverfolgt zu
werden. Aber auch die Erhebung von Tagessteuern für Prostituierte etwa in
Düsseldorf und Stuttgart, die gegenüber Gaststätten ungerechtfertigt höhere
Erhebung von „Vergnügungssteuern“ bei Bordellen werden beklagt.

Wir fragen daher die Bundesregierung:
1. Wie viele Bordellbesitzer haben seit dem 1. Januar 2002 wie viele bei ihnen

beschäftigte Prostituierte zur Sozialversicherung angemeldet, und wie viele
selbständige Prostituierte haben sich zur Sozialversicherung angemeldet?

Drucksache 15/3775 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
2. Beabsichtigt die Bundesregierung für den Fall, dass zu Frage 1 keine Daten
vorliegen, künftig eine entsprechende Datenerhebung sicherzustellen oder
im Rahmen der Gesetzesevaluierung eigene empirische Erhebungen Daten
zu ermitteln?

3. Wie viele Prostituierte haben bislang bei deutschen Gerichten von der Mög-
lichkeit Gebrauch gemacht, in Streitfällen mit dem Freier ihr Entgelt ge-
richtlich einzuklagen?

4. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die jeweilige kon-
krete Umsetzung des ProstG in den einzelnen Bundesländern vor?

5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung dazu, inwieweit sich die An-
wendung des § 119 (Grob anstößige und belästigende Handlungen) und des
§ 120 (Verbotene Ausübung der Prostitution, Werbung für Prostitution)
Ordnungswidrigkeitengesetzes seit Inkrafttreten des ProstG verändert hat?

6. Wie hat die Bundesregierung sichergestellt, dass die steuerrechtliche Be-
handlung von Prostituierten und Bordellbetrieben bundeseinheitlich und im
Sinne des ProstG erfolgt?

7. Was spräche nach Auffassung der Bundesregierung für und gegen eine
Stichstagsregelung zum Ausschluss oder zur Reduzierung der rückwirken-
den Besteuerung von gewerblicher Prostitution und erwägt sie solch eine
Neuregelung?

8. Sieht die Bundesregierung in der von Verbänden behaupteten unterschied-
lichen steuerlichen Behandlung des Alltagsbetriebes von Gaststätten und
Bordellen eine rechtswidrige Diskriminierung, und wenn ja, welche Maß-
nahmen plant sie dies bezüglich?

9. Ist die Möglichkeit der Werbung für sexuelle Dienstleistungen und entspre-
chende Gewerbebetriebe aus Sicht der Bundesregierung diskriminierungs-
frei und angemessen rechtlich geregelt?

10. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Entwicklung der Aus-
weisung von Sperrbezirken in Städten und Gemeinden seit Inkrafttreten des
ProstG?

11. Hat sich aus Sicht der Bundesregierung das ProstG bislang insgesamt be-
währt und/oder ist es angezeigt, die rechtlichen Regelungen für Prostituierte
zu verändern?

Berlin, den 22. September 2004
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.