BT-Drucksache 15/3749

Medizinische - insbesondere chirurgische - Versorgung von Kindern und Jugendlichen

Vom 21. September 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3749
15. Wahlperiode 21. 09. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Antje Blumenthal, Dr. Hans Georg Faust, Andreas Storm,
Annette Widmann-Mauz, Dr. Wolf Bauer, Monika Brüning, Verena Butalikakis,
Ingrid Fischbach, Michael Hennrich, Hubert Hüppe, Gerlinde Kaupa, Barbara
Lanzinger, Maria Michalk, Hildegard Müller, Michaela Noll, Matthias Sehling,
Jens Spahn, Matthäus Strebl, Gerald Weiß (Groß-Gerau), Wolfgang Zöller
und der Fraktion CDU/CSU

Medizinische – insbesondere chirurgische – Versorgung von Kindern und
Jugendlichen

Die UNO stellte 1989 im Übereinkommen über die Rechte des Kindes fest,
dass jedes Kind ein Recht auf eine seinem Alter entsprechende fachärztliche
Versorgung sowie auf ein Höchstmaß an Gesundheit hat. Die UN-Kinderrechts-
konvention wurde im März 1992 von der Bundesrepublik Deutschland ratifi-
ziert und trat im April 1992 in Deutschland in Kraft. Im November 1997 be-
schlossen die Gesundheitsminister der Bundesländer, dass „auf die Bedürfnisse
der Kinder bei der Krankenhausbehandlung weitgehend Rücksicht zu nehmen
ist“.
In der Vergangenheit wurde allerdings die Versorgung von Kindern und Jugend-
lichen in Deutschland als unzureichend beschrieben. Insbesondere wurde kriti-
siert, dass in Deutschland ein hoher Anteil von Kindern und Jugendlichen in
normalen Abteilungen der Krankenhäuser untergebracht ist, dass Kinder und
Jugendliche häufig nicht von Kinderärzten behandelt und gegebenenfalls von
Kinderchirurgen operiert werden und dass sie häufig nicht von Kinderkranken-
schwestern betreut werden.
Der Deutsche Bundestag hat deshalb am 27. Juni 2002 den interfraktionellen
Antrag „Medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen sichern und
verbessern“ einstimmig angenommen. Darin werden vor allem Maßnahmen zur
Verbesserung der pädiatrischen Versorgung gefordert. Unter anderem sollen
Pädiater in der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen eine
Schlüsselfunktion übernehmen und die stationäre Versorgung von Kindern soll
ebenso wie die Kinderkrankenpflege verbessert werden.
Heute, nahezu zwei Jahre nach der Beschlussfassung des Deutschen Bundesta-
ges, ist von Interesse, welche Maßnahmen bislang ergriffen worden sind, um
den Beschluss umzusetzen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch ist der Anteil an kranken Kindern und Jugendlichen, die in den

normalen Abteilungen für Erwachsene der Krankenhäuser behandelt werden,
und wie hat er sich in den zwölf dem Beschluss des Deutschen Bundestages
folgenden Monaten entwickelt?

Drucksache 15/3749 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2. Wie hoch ist der entsprechende Anteil an Kindern und Jugendlichen, die
einer chirurgischen Behandlung bedürfen und nicht durch Fachärzte für
Kinderchirurgie operiert werden?

3. Welche Vor- und Nachteile sieht die Bundesregierung in der Durchführung
von Operationen an Kindern und Jugendlichen durch Kinderchirurgen im
Vergleich zu Chirurgen, die vornehmlich Erwachsene operieren?

4. Befürwortet die Bundesregierung die Senkung des Anteils chirurgisch oder
anderweitig erkrankter Kinder, die in normalen Kliniken behandelt bezie-
hungsweise von Chirurgen operiert werden, die vornehmlich Erwachsene
behandeln?
Wenn ja, welche gegenwärtigen und zukünftigen Maßnahmen ergreift die
Bundesregierung, um diesen Anteil zu senken?

5. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass kranke Kinder und Jugend-
liche die bestmögliche medizinische Betreuung erhalten, indem sie durch
Kinderärzte untersucht und betreut, durch Kinderchirurgen operiert, und
durch Kinderkrankenschwestern versorgt und betreut werden?
Wenn ja, was unternimmt die Bundesregierung, um diesen Zustand in Zu-
kunft zu erreichen?

6. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse über Untersuchungen der Qualität
der Behandlung von Kindern und Jugendlichen durch Kinderchirurgen im
Vergleich zu der durch Chirurgen, die vornehmlich Erwachsene operieren?
Wenn ja, zu welchen Ergebnissen kommen diese Untersuchungen?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage des Präsidenten der Deut-
schen Gesellschaft für Kinderchirurgie in einem Schreiben vom 28. August
2000 an den Vorsitzenden des Sachverständigenrates für die konzertierte
Aktion im Gesundheitswesen, dass die kinderchirurgische Forschung in
Deutschland „[...] dem europäischen, geschweige denn dem Weltstandard
nicht angeglichen werden kann“ und im universitären Kinderchirurgiebe-
reich „die personelle Situation in der Regel so unzureichend sei, dass For-
schungsaktivitäten nur minimal oder gar nicht realisiert werden können?“

8. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung eingeleitet, um die Situation
der kinderchirurgischen Forschung in Deutschland zu verbessern?

9. Teilt die Bundesregierung die in dem Schreiben des Präsidenten der Deut-
schen Gesellschaft für Kinderchirurgie vorgenommene Einschätzung einer
kinderchirurgischen Unterversorgung in Regionen wie Schleswig-Holstein,
Osnabrück, Emsland, Ostfriesland, Altmark, Celle, Göttingen, Aachen,
Marburg, Fulda, Freiburg, nördlicher Bodensee, Bayreuth?
Wenn ja, wie gedenkt die Bundesregierung der Unterversorgung entgegen-
zutreten?

10. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um Eltern über die Vor-
teile spezieller kinderchirurgischer Behandlung aufzuklären, damit erreicht
wird, dass sich Familien mit kranken Kindern, die einer chirurgischen
Behandlung bedürfen, nicht an die nächste, sondern an die geeignetste
Fachklinik wenden?

11. Welche Maßnahmen erscheinen der Bundesregierung geeignet, die Situa-
tion des Kindes, das einer chirurgischen Behandlung bedarf, in Deutsch-
land zu verbessern und welche konkreten Schritte wurden bisher schon in
dieser Richtung unternommen?

12. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Anwendung von
Schmerztherapien speziell bei Kindern in der Bundesrepublik Deutschland
und im Vergleich dazu in anderen Ländern vor?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3749

13. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass durch vier Radiologen mit
der Zusatzqualifikation „Kinderradiologie“, die in einer radiologischen
Praxis niedergelassen sind, in Deutschland eine flächendeckende Versor-
gung mit kinderradiologischer Kompetenz erreicht wird?
Wenn nein, was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um diese
Situation zu verbessern?

14. Vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine Aufnahme kinder-
radiologischer Leistungen (Röntgen, CT, MRT, Sonographie) in den
Ergänzungskatalog des § 116b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch als hoch
spezialisierte Leistung und die sich daraus ergebende Möglichkeit der Öff-
nung von Kinderradiologien an Krankenhäusern die Möglichkeiten einer
fachgerechten ambulanten radiologischen Behandlung für Kinder verbes-
sert?
Wenn ja, was unternimmt die Bundesregierung, um die Aufnahme in den
Ergänzungskatalog zu erreichen bzw. um eine Beschlussfassung des Ge-
meinsamen Bundesausschusses anzuregen?

Berlin, den 21. September 2004
Antje Blumenthal
Dr. Hans Georg Faust
Andreas Storm
Annette Widmann-Mauz
Dr. Wolf Bauer
Monika Brüning
Verena Butalikakis
Ingrid Fischbach
Michael Hennrich
Hubert Hüppe
Gerlinde Kaupa
Barbara Lanzinger
Maria Michalk
Hildegard Müller
Michaela Noll
Matthias Sehling
Jens Spahn
Matthäus Strebl
Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Wolfgang Zöller
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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