BT-Drucksache 15/3742

Forschung und effiziente Erfüllung hoheitlicher Aufgaben durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

Vom 21. September 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3742
15. Wahlperiode 21. 09. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Helge Braun, Dr. Maria Böhmer, Andreas Storm, Annette
Widmann-Mauz, Katherina Reiche, Dr. Wolf Bauer, Dr. Christoph Bergner, Monika
Brüning, Verena Butalikakis, Vera Dominke, Dr. Hans Georg Faust, Axel E. Fischer
(Karlsruhe-Land), Michael Hennrich, Hubert Hüppe, Volker Kauder, Gerlinde
Kaupa, Michael Kretschmer, Helmut Lamp, Barbara Lanzinger, Werner Lensing,
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn), Maria Michalk, Hildegard Müller, Bernward
Müller (Gera), Thomas Rachel, Uwe Schummer, Matthias Sehling, Marion Seib,
Jens Spahn, Matthäus Strebl, Gerald Weiß (Groß-Gerau), Wolfgang Zöller und der
Fraktion der CDU/CSU

Forschung und effiziente Erfüllung hoheitlicher Aufgaben durch das
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist die zen-
trale Einrichtung für die wissenschaftliche Registrierung, Bewertung und Zulas-
sung von Humanarzneimitteln und Medizinprodukten in der Bundesrepublik
Deutschland. Das Institut mit einem Jahresetat von rund 57 Mio. Euro (2003) ist
eine Bundesoberbehörde, die dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) angehört.
Aufgabe des BfArM ist die Zulassung von Fertigarzneimitteln zur Anwendung
beim Menschen, die Registrierung homöopatischer Arzneimittel zur Anwen-
dung beim Menschen, die Risikoerfassung und -bewertung sowie die Durch-
führung von Maßnahmen nach dem Stufenplan bei Arzneimitteln. Des Weiteren
gehören zum Aufgabenkatalog die Überwachung des Verkehrs mit Betäubungs-
mitteln, Arbeiten zur medizinischen und technischen Sicherheit, Eignung und
Leistung von Medizinprodukten sowie die zentrale Risikoerfassung und Durch-
führung von Maßnahmen zur Risikoabwehr bei Medizinprodukten.
Das BfArM ist gesetzlich dazu verpflichtet, Forschung zur Erfüllung der regu-
latorischen Aufgaben durchzuführen. Eigene Forschung des BfArM ist uner-
lässlich, um die Souveränität in der Bearbeitung komplizierter Fälle, die Ent-
scheidungskompetenz und den aktuellen Forschungsstand zu gewährleisten.
Der Wissenschaftsrat hat in seiner Stellungnahme zum BfArM vom Mai 2004
eine umfassende Bewertung des Instituts vorgenommen. Dabei ist der Wissen-
schaftsrat zu dem Schluss gekommen, dass das BfArM Forschung nur in gerin-
gem Maße betreibt und „nicht dieselbe Effizienz wie andere Arzneimittelzulas-
sungseinrichtungen im Ausland vorweisen“ kann. Der Wissenschaftsrat stellt
daher die Frage, ob die Kritik an den Leistungen des BfArM auf dem Gebiet der
hoheitlichen Arbeit „mit dem Fehlen eigener Forschung zusammenhängt, die
den wissenschaftlichenMitarbeitern die Möglichkeit zur Erweiterung ihrer Wis-
sensbasis und damit die Möglichkeit zu souveränen Entscheidungen geben so-
wie ihre Motivation stärken würde“.

Drucksache 15/3742 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wird die Bundesregierung die Empfehlungen des Wissenschaftsrates zum

BfArM genau umsetzen, und wenn ja, wann und mit welchen konkreten
Maßnahmen?

2. Wie hoch ist der Anteil der Personalkosten gemessen an den Gesamtausga-
ben des BfArM im Jahr 2004 und im Haushaltsansatz für 2005?

3. Über wie viele institutionelle Stellen verfügt das BfArM im Jahr 2004 und
wie viele sind im Haushaltsansatz für 2005 vorgesehen?

4. Wie viele Stellen davon entfallen jeweils 2004 und voraussichtlich 2005 auf
wissenschaftliches Personal und auf den nicht wissenschaftlichen Bereich?

5. Wie viel Prozent des wissenschaftlichen Personals ist nicht mit der Bearbei-
tung von regulatorischen Aufgaben sondern mit Forschung beauftragt?

6. Wie viele Beschäftigungsverhältnisse sind aus Drittmitteln finanziert?
Hält die Bundesregierung die bisher eingeworbenen Drittmittel für aus-
reichend?

7. Wie viele Stellen sind außer den institutionellen Stellen im Jahr 2004 und
im Jahr 2005 jeweils noch für die Aufgabe der Nachzulassung vorgesehen?

8. Werden Aufgaben der Nachzulassung auch von institutionellen Stellen
wahrgenommen?
Wenn ja, in welchem Umfang?

9. Wie viele Mitarbeiter des BfArM sind derzeit an das BMGS abgeordnet,
wie viele institutionelle Stellen sind davon betroffen, und wie haben sich die
entsprechenden Zahlen seit dem Jahr 1998 entwickelt?

10. Unter welchen Titeln und in welcher Höhe sind in den Haushalten von 2004
und imHaushaltsansatz für 2005Mittel für Auftragsforschung und instituts-
eigene Forschung vorgesehen?

11. Wie viel Prozent des Gesamtetats des BfArM sind im Haushaltsjahr 2004
und im Haushaltsansatz für 2005 für Forschungsmittel veranschlagt?

12. Beabsichtigt die Bundesregierung, die durch das BfArM durchzuführende
Forschung auszubauen, und wenn ja, in welchen Bereichen und mit welchen
Mitteln?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung die aktuelle Höhe der Ausgaben für For-
schung angesichts des gesetzlichen Auftrages an das BfArM, Forschung zur
Aufgabenerfüllung zu betreiben?

14. Sieht die Bundesregierung den Auftrag des Gesetzgebers, wonach das Ins-
titut zur Erfüllung seiner Aufgaben wissenschaftliche Forschung zu betrei-
ben hat, als erfüllt an?

15. Wie kann aus Sicht der Bundesregierung die wissenschaftliche Expertise
gestärkt, die Effizienz der Antragsbearbeitung erhöht und das Verfahren
transparenter gestaltet werden?

16. Aus welchen Gründen hat das BfArM bisher wenig eigene Forschung be-
trieben?

17. Sollte aus Sicht der Bundesregierung Mitarbeitern des BfArM verstärkt die
Möglichkeit zur Ablegung der Doktorandenprüfung und der Habilitation er-
möglicht werden?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einschätzung des Wissenschafts-
rates, dass das BfArM seine Kompetenz in der klinischen Forschung ver-
stärken sollte?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3742

19. Wer bestimmt gegenwärtig die Forschungsschwerpunkte und Forschungs-
themen des BfArM?

20. Wer ist gegenwärtig als Forschungsbeauftragter des BfArM für die Koordi-
nation der extern vergebenen Forschungsaufträge zuständig?

21. Nach welchem Entscheidungsverfahren werden die Forschungsmittel zur-
zeit innerhalb des BfArM vergeben?

22. Inwieweit kann der Forschungsanteil durch Änderungen der Leitungsstruk-
turen und des Aufgabenzuschnittes des BfArM gesteigert werden?

23. Wird die Bundesregierung der Empfehlung des Wissenschaftsrates folgen
und einen Forschungsrat etablieren, der ein Forschungskonzept erarbeitet,
Anregungen zur Verbesserung der wissenschaftlichen Kooperation mit an-
deren Einrichtungen gibt sowie ein Verfahren zur Selbstevaluation entwirft
und durchführt?
Wenn ja, wer wird Mitglied im Forschungsrat?

24. Wie erklärt die Bundesregierung die laut Stellungnahme des Wissenschafts-
rates nicht ausgelasteten Labors in dem Neubau, der nach dem Umzug des
Instituts von Berlin nach Bonn errichtet wurde?

25. Ab welchem Zeitpunkt wird das BfArM seine auf einer Fläche von insge-
samt rund 2 600 qm eingerichteten Labors auch voll auslasten und nutzen
können?

26. Besteht aus Sicht der Bundesregierung ein Zusammenhang zwischen der
Kritik an den Leistungen des BfArM auf dem Gebiet der hoheitlichen Auf-
gabenerfüllung und dem Fehlen einer eigenen Forschung?
Wenn ja, welcher Art ist dieser Zusammenhang?
Wenn nein, worin hat die Kritik dann ihre Wurzeln?

27. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung desWissenschaftsrates, dass im
europäischen Vergleich unterdurchschnittliche Expertise und unzureichen-
de eigene Forschung des BfArM Erklärungen dafür sein könnten, dass das
BfArM in einem europäischen Zulassungsverfahren kaum als Rapporteur
oder Co-Rapporteur gefragt ist?

28. Wird die Bundesregierung der Empfehlung des Wissenschaftsrates folgen
und den Aufbau einer klar umrissenen, dem Auftrag des BfArM entspre-
chenden eigenen Forschungsbasis in die Wege leiten?
Welche detaillierten Empfehlungen des Wissenschaftsrates sind bisher hier-
zu von der Bundesregierung aufgegriffen worden?

29. In welchem Forschungsbereich, der auf europäischer Ebene von besonde-
rem Interesse ist, stellt das BfArM nach Einschätzung der Bundesregierung
ein international beachtetes Kompetenzzentrum mit Alleinstellungsmerk-
malen dar und wie begründet die Bundesregierung ihre Einschätzung?

30. Auf welchen Gebieten ist nach Meinung der Bundesregierung eine größere
wissenschaftliche Kompetenz zur verbesserten Erfüllung der hoheitlichen
Aufgaben des BfArM notwendig?

31. Welches Konzept hat die Bundesregierung entworfen, um das BfArM um-
zustrukturieren und ein langfristiges integrales Forschungsprogramm zu
entwickeln?

32. Wieso führt das BfArM bislang keine Kosten-Leistungsrechnung durch?
33. Welche Schritte hat die Bundesregierung eingeleitet, um hierfür eine Struk-

turkommission aus externen Sachverständigen einzurichten?

Drucksache 15/3742 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

34. Welche Empfehlungen oder Forderungen hat der seit 1998 eingerichtete
Wissenschaftliche Beirat des BfArM bezüglich der Forschung des BfArM
bislang geäußert und inwieweit wurden diese umgesetzt?

35. Wie wird die Bundesregierung – wie vom Wissenschaftsrat gefordert – die
Stellung des Wissenschaftlichen Beirates in Zukunft stärken?

36. Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag des Wissenschaftsrates,
die Verantwortung für die Forschung des BfArM einem Mitglied des Vor-
standes – z. B. dem Vizepräsidenten – zu übertragen?

37. Wann wird die Stelle des Präsidenten des BfArMwieder besetzt werden und
beabsichtigt die Bundesregierung diese Position im Wege einer europa-
weiten Ausschreibung zu vergeben?

38. Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung des Wissenschaftsrates,
einen Forschungsetat einzurichten, der in der Aufbauphase von fünf Jahren
mindestens auf 10 % des Gesamtetats steigen sollte?

39. Wie steht die Bundesregierung zu der Forderung des Wissenschaftsrates,
den Forschungsetat nicht nur der hausinternen Forschung zur Verfügung zu
stellen, sondern ihn auch zu nutzen, umwissenschaftliche Aufträge nach au-
ßen zu vergeben mit dem Ziel einer besseren Nutzung externer Kompetenz
und einer intensiveren Vernetzung mit den entsprechenden Fachwissen-
schaftlern?

40. Welche Kooperationsverträge bestehen zwischen dem BfArM und Univer-
sitäten sowie außeruniversitären Forschungseinrichtungen und was unter-
nimmt die Bundesregierung, um Kooperationen des BfArM mit anderen
Einrichtungen auszubauen?

41. Inwieweit ist Auftragsforschung mit den Aufgaben des BfArM vereinbar?
Wer kann – ohne mit der Aufgabenstellung des BfArM in Interessenkonflikt
zu geraten – Auftraggeber sein?

42. Hat die Bundesregierung weitere, vom Wissenschaftsrat als dringend not-
wendig beschriebene Maßnahmen, wie die Entwicklung eines Verfahrens
zur Themendefinition, die Einrichtung intern rekrutierter, zeitlich befristeter
Projektgruppen eingeleitet?
Wenn ja, welche?

43. Wie will die Bundesregierung die Kommunikation zwischen den Abteilun-
gen sowie zwischen Mitarbeitern und Leitungsebene auf wissenschaft-
lichem Gebiet verbessern?

44. Wie erklärt die Bundesregierung, dass die vom BfArM für die European
Medicines Agency (EMEA) durchgeführten Zulassungsverfahren stets in
der vorgeschriebenen Zeit von unter einem Jahr erledigt werden, hingegen
die innerdeutschen Zulassungsverfahren eine deutlich längere Laufzeit von
durchschnittlich 26Monaten haben und somit die Frist von siebenMonaten,
in der über eine Zulassung gemäß § 27 Abs. 1 Arzneimittelgesetz zu
entscheiden ist, deutlich überschritten wird und beabsichtigt die Bundes-
regierung die Bearbeitungszeiten insgesamt zu verkürzen, wenn ja wie?

45. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage desWissenschaftsrates, dass
die Bearbeitungszeiten für Zulassungen gemessen an anderen Staaten in
Deutschland relativ lang sind und dies u. a. auf die geringe Effizienz des
BfArM bei der Antragsbearbeitung, die mangelnde wissenschaftliche
Expertise und die fehlende Transparenz des Verfahrens zurückzuführen ist?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/3742

46. WelcheMaßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die laut Wissen-
schaftsrat inakzeptablen Mängel bezüglich der IT-Vernetzung im BfArM,
der computergestützten Datenerfassung und -analyse sowie der Kompatibi-
lität seiner Software mit anderen europäischen Zulassungsbehörden abzu-
stellen?

Berlin, den 21. September 2004
Helge Braun
Dr. Maria Böhmer
Andreas Storm
Annette Widmann-Mauz
Katherina Reiche
Dr. Wolf Bauer
Dr. Christoph Bergner
Monika Brüning
Verena Butalikakis
Vera Dominke
Dr. Hans Georg Faust
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)
Michael Hennrich
Hubert Hüppe
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Michael Kretschmer
Helmut Lamp
Barbara Lanzinger
Werner Lensing
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)
Maria Michalk
Hildegard Müller
Bernward Müller (Gera)
Thomas Rachel
Uwe Schummer
Matthias Sehling
Marion Seib
Jens Spahn
Matthäus Strebl
Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Wolfgang Zöller
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.