BT-Drucksache 15/3737

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -15/3674- Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Rainer Brüderle, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/3513- Möglichkeiten der privaten Arbeitsvermittlung durch marktgerechte Ausgestaltung der Vermittlungsgutscheine verstärkt nutzen

Vom 22. September 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3737
15. Wahlperiode 22. 09. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit (9. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 15/3674 –

Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung
des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Rainer Brüderle, Daniel Bahr
(Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/3513 –

Möglichkeiten der privaten Arbeitsvermittlung durch marktgerechte
Ausgestaltung der Vermittlungsgutscheine verstärkt nutzen

A. Problem
Zu Buchstabe a
Das Instrument des Vermittlungsgutscheins und die Förderung der Ich-AG
sollen weiterentwickelt werden. Bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende
soll das Vermögen von Kindern besser geschützt werden.
Zu Buchstabe b
Die aktuelle Ausgestaltung der Vermittlungsgutscheine der Bundesagentur für
Arbeit bietet zu wenig Anreiz und erreicht nur einen kleinen Teil der Arbeits-
losen.

B. Lösung
Zu Buchstabe a
Die Erprobung des Vermittlungsgutscheins wird bis zum 31. Dezember 2006
verlängert, der Anspruch auf Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins entsteht
bereits nach 6-wöchiger Arbeitslosigkeit. Gleichzeitig wird dem Missbrauch
durch Veränderung der Auszahlungsregelungen entgegengewirkt.

Drucksache 15/3737 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Mit der Einführung der Stellungnahme einer fachkundigen Stelle beim Exis-
tenzgründungszuschuss wird die Förderung auf tragfähige Vorhaben be-
schränkt.
Die Grundfreibeträge zur Schonung des Vermögens minderjähriger Kinder
werden erhöht.
Annahme des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion der FDP bei zwei Stimmenthaltungen aus der Fraktion der CDU/CSU
Zu Buchstabe b
Die Einsatzmöglichkeiten von Vermittlungsgutscheinen sollen flexibler gestal-
tet werden. Durch marktgerechte Ausgestaltung der Vermittlungsgutscheine
sollen die Möglichkeiten der privaten Arbeitsvermittlung verstärkt genutzt wer-
den.
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der
FDP

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Zu Buchstabe a
Möglichen Mehrausgaben beim Vermittlungsgutschein stehen entsprechend
höhere Entlastungen bei den Ausgaben für das Arbeitslosengeld gegenüber.
Durch die Änderungen beim Existenzgründungszuschuss werden Einsparungen
in Höhe von rund 100 Mio. Euro erzielt.
Die Erhöhung des Grundfreibetrages auf 4 100 Euro für Kinder, deren Eltern
Anspruch auf Sozialgeld oder Arbeitslosengeld II haben, führt zu Mehraus-
gaben des Bundes von bis zu 200 Mio. Euro.
Auswirkungen auf Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf
das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
Zu Buchstabe b
Kosten wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3737

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
a) den Gesetzentwurf – Drucksache 15/3674 – unverändert anzunehmen.
b) den Antrag – Drucksache 15/3513 – abzulehnen.

Berlin, den 22. September 2004

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Dr. Rainer Wend Dr. Hermann Kues
Vorsitzender Berichterstatter

Drucksache 15/3737 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Dr. Hermann Kues

I. Überweisungen, Voten der mitberatenden
Ausschüsse, Abstimmungsergebnis im
federführenden Ausschuss

1. Überweisungen
Der Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN auf Drucksache 15/3674 ist in der 123. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 9. September 2004 an
den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur federführen-
den Beratung und an den Innenausschuss, den Rechtsaus-
schuss, den Finanzausschuss, den Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend, den Ausschuss für Gesund-
heit und Soziale Sicherung, den Ausschuss für Bildung,
Forschung und Technikfolgenabschätzung, den Ausschuss
für Tourismus, den Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union und den Haushaltsausschuss zur Mit-
beratung überwiesen worden. Der Antrag der Fraktion der
FDP auf Drucksache 15/3513 ist ebenfalls in der 123. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 9. September 2004 an
den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur federführen-
den Beratung und an den Finanzausschuss, den Ausschuss
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie den Haus-
haltsausschuss zur Mitberatung überwiesen worden.
2. Voten der mitberatenden Ausschüsse
a) Gesetzentwurf auf Drucksache 15/3674
Der Rechtsausschuss (55. Sitzung), der Finanzausschuss
(69. Sitzung) haben den Gesetzentwurf am 22. September
2004 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der FDP empfohlen, den Gesetzent-
wurf anzunehmen. Der Innenausschuss (43. Sitzung), der
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(37. Sitzung), der Ausschuss für Gesundheit und Soziale
Sicherung (71. Sitzung) und der Ausschuss für Bildung,
Forschung und Technikfolgenabschätzung (43. Sitzung)
haben den Gesetzentwurf am 22. September 2004 beraten
und mit den Stimmen der Fraktion SPD, CDU/CSU und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion der FDP empfohlen, den Gesetzentwurf anzunehmen.
Der Ausschuss für Tourismus hat den Gesetzentwurf in
seiner 46. Sitzung beraten und mit den Stimmen der Frakti-
onen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der FDP bei einer Enthaltung auf Seiten
der Fraktion der CDU/CSU die Annahme des Gesetzent-
wurfes empfohlen. Der Ausschuss für die Angelegenhei-
ten der Europäischen Union hat den Gesetzentwurf in
seiner 51. Sitzung beraten und mit den Stimmen der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP die An-
nahme des Gesetzentwurfs empfohlen. Der Haushaltsaus-
schuss hat auf die Beratung der Drucksache 15/3674 ver-
zichtet.
b) Antrag auf Drucksache 15/3513
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend hat den Antrag in seiner 37. Sitzung am 22. September

2004 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion der FDP empfohlen, den Antrag ab-
zulehnen. Der Finanzausschuss und der Haushaltsaus-
schuss haben auf die Beratung des Antrages verzichtet.
3. Beratungen im federführenden Ausschuss für Wirt-

schaft und Arbeit
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat in seiner
68. Sitzung am 22. September 2004 die Vorlagen beraten
und abgeschlossen.
Die Fraktion der CDU/CSU stellte folgenden Änderungsan-
trag auf Ausschussdrucksache 15(9)1365:
Artikel 1 Nr. 8
Die Nummer 8 wird ersatzlos gestrichen.
Begründung:
Die bisherige Regelung zur Höhe der Fördersätze soll bei-
behalten werden, da hierdurch auch in Zukunft den ört-
lichen Agenturen für Arbeit ein Spielraum bei der Festle-
gung der Förderhöhe in dem gesetzlichen Rahmen ver-
bleibt. Dieser Spielraum vor Ort ist auch weiterhin sinnvoll
und notwendig, insbesondere da, wo Löhne existieren, die
zu einem Monatseinkommen kaum über der geförderten
AB-Maßnahme führen.
Der Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Aus-
schussdrucksache 15(9)1365 wurde mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP abgelehnt.
Im Ergebnis der Beratungen hat der Ausschuss mit den
Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP
bei zwei Stimmenthaltungen aus der Fraktion der CDU/
CSU beschlossen, dem Deutschen Bundestag die Annahme
des Gesetzentwurfs auf Drucksache 15/3674 zu empfehlen.
Der Ausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion der FDP beschlossen, dem Deutschen
Bundestag die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 15/
3513 zu empfehlen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
a) Gesetzentwurf auf Drucksache 15/3674
Ziel des Gesetzentwurfs ist es, das Instrument des Vermitt-
lungsgutscheins und die Förderung der Ich-AG weiterzuent-
wickeln. Die Dauer der Erprobung des in § 421g SGB III
geregelten Vermittlungsgutscheins soll bis zum 31. Dezem-
ber 2006 verlängert werden, da die Evaluierung bislang
noch aussteht. Da der Bundesrechnungshof im vergangenen
Jahr festgestellt hat, dass das Vermittlungsgutscheinverfah-
ren zu Mitnahmeeffekten und Missbrauch führt, sollen auch
inhaltliche Änderungen vorgenommen werden, wobei auf
die Vereinfachung des Verfahrens geachtet wird. Mit der

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/3737

Einführung der Stellungnahme einer fachkundigen Stelle
auch beim Existenzgründungszuschuss soll sichergestellt
werden, dass Gründungsvorhaben Erfolg versprechend sind.
Ferner ist in dem Entwurf vorgesehen, den Vermögensfrei-
betrag für Kinder beim Arbeitslosengeld II zu erhöhen.
Hilfebedürftigen minderjährigen Kindern, die Anspruch auf
Sozialgeld oder Arbeitslosengeld II haben, steht ab ihrer
Geburt ein Grundfreibetrag von 4 100 Euro zur Verfügung.
Das bedeutet, dass jedes Vermögen, sei es aus Sparvermö-
gen oder Ausbildungsversicherungen, in dieser Höhe bei
der Berechnung des Arbeitslosengeldes II/Sozialgeldes für
das Kind geschützt bleibt.
Darüber hinaus soll das Verfahren bei der Förderung von
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen vereinfacht werden. Die
Zuschüsse zu den Lohnkosten sollen zu echten Pauschalen
umgestaltet werden. Auch bei der verstärkten Förderung
sollen Zuschüsse, etwa für Qualifizierung und Lohnzusatz-
kosten, künftig pauschal ausgezahlt werden. Eine Förderung
der Teilnahme an Transfermaßnahmen soll entgegen der
bisher geübten Praxis künftig auch Arbeitnehmern kirchli-
cher und kirchennaher Einrichtungen zu Gute kommen.
b) Antrag auf Drucksache 15/3513
Der Antrag der Fraktion der FDP will die Möglichkeiten der
privaten Arbeitsvermittlung durch marktgerechte Ausge-
staltung der Vermittlungsgutscheine verstärkt nutzen. Der
aus Sicht der Fraktion der FDP unter Bezug auf den Bericht
des Bundesrechnungshofs bisher mangelnde Erfolg der seit
Frühjahr 2003 eingesetzten Gutscheine ist in erster Linie auf
die fehlerhafte Ausgestaltung zurückzuführen. Außerdem
seien Ausstellung und Einlösung der Vermittlungsgut-
scheine an viele Voraussetzungen gebunden und mit erheb-
lichem bürokratischen Aufwand verbunden.
In dem Antrag der Fraktion der FDP wird die Bundesregie-
rung aufgefordert, die Befristung des Gutscheinverfahrens
bis Ende 2004 aufzuheben. Ein Anspruch auf einen Vermitt-
lungsgutschein soll vom ersten Tag der Arbeitslosigkeit an
bestehen. Außerdem sollen die Gutscheine für die gesamte
Dauer der Arbeitslosigkeit gültig sein und nicht auf drei
Monate befristet bleiben. Ferner sollen die Gutscheine auch

bei staatlichen Vermittlern eingelöst werden können. Der
Wert der Gutscheine soll weiter ausdifferenziert werden, um
Anreize zur Vermittlung vor allem von Geringqualifizierten
und Langzeitarbeitslosen zu erhöhen. Eine Höchstprämie
sollte nicht festgelegt werden.
Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Druck-
sachen verwiesen.

III. Ausschussberatungen
Die Vertreter der Koalitionsfraktionen betonten, dass man
den Mut haben müsse, die arbeitsmarktpolitischen Instru-
mente, die durch das Job-AQTIV-Gesetz und die Gesetze
für moderne Dienstleistungen eingeführt wurden, weiter
auszuprobieren. Nach Ablauf der gesetzlich vorgesehenen
Befristung würden diese Instrumente entsprechend dem Be-
schluss des Deutschen Bundestages einer wissenschaftlich
fundierten Überprüfung unterzogen. Erst dann könne ent-
schieden werden, ob und in welcher Form die Maßnahmen
dauerhaft in das Arbeitsförderungsrecht übernommen wer-
den sollen. Fehlentwicklungen seien gegenwärtig nicht er-
kennbar. Notwendige Ergänzungen nehme man mit diesem
Gesetzentwurf vor.
Die Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU hielten die jetzt
vorgenommenen Änderungen im Wesentlichen für vernünf-
tig, forderten allerdings die Beibehaltung der bisherigen Re-
gelung bei der Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnah-
men. Dadurch könnten die Arbeitsagenturen auch in Zukunft
flexibel unter Berücksichtigung des örtlichen Lohnniveaus
entscheiden. Damit werde der unterschiedlichen Situation in
den einzelnen Regionen besser Rechnung getragen.
Die FDP-Fraktion machte deutlich, dass es ihr mit ihrem
Antrag auf eine unbürokratische und flexible Vermittlung in
Arbeit ankomme. Der Arbeitslose solle frei wählen können,
ob er sich der staatlichen oder der privaten Arbeitsvermitt-
lung bedient. Sie fordere daher mehr privatwirtschaftliche
Elemente bei der Arbeitsvermittlung. Die Einführung der
Ich-AG habe sie von Anfang an als Wettbewerb verzerrend
abgelehnt und stattdessen das gut eingeführte Überbrü-
ckungsgeld für das geeignete Förderinstrument für tragfä-
hige, dauerhafte Existenzgründungen gehalten.

Berlin, den 22. September 2004
Dr. Hermann Kues
Berichterstatter

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