BT-Drucksache 15/3692

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Thomas Rachel, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -15/2161- Perspektiven schaffen für das Jahr der Technik 2004 2. zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Ulrike Flach, Christoph Hartmann (Homburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/2594- Jahr der Technik zur Stärkung der Forschungslandschaft und des Innovationsklimas in Deutschland nutzen

Vom 8. September 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3692
15. Wahlperiode 08. 09. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(17. Ausschuss)

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Thomas Rachel,
Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 15/2161 –

Perspektiven schaffen für das Jahr der Technik 2004

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Pieper, Ulrike Flach,
Christoph Hartmann (Homburg), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der FDP
– Drucksache 15/2594 –

Jahr der Technik zur Stärkung der Forschungslandschaft und des
Innovationsklimas in Deutschland nutzen

A. Problem
Zu Nummer 1
Das durch die Bundesregierung initiierte Jahr der Technik 2004 bietet hervor-
ragende Chancen, die Akzeptanz von Forschung und Technik in Deutschland
zu stärken. Die aktuelle forschungs- und technologiepolitische Situation in
Deutschland widerspricht jedoch nach Auffassung der Antragsteller der Ziel-
setzung des Jahres der Technik. Mit der Verringerung der Ausgaben des Einzel-
plans 30 „Bildung und Forschung“ im Haushaltsjahr 2004 um 100 Mio. Euro
gegenüber dem Haushaltsjahr 2003, den Kürzungen im Hochschulbau, der
Blockadehaltung gegenüber der Grünen Gentechnik, der Umsetzung der Bio-
patentrichtlinie und der Fusionsforschung habe die Bundesregierung die fal-
schen Weichen gestellt und die Vermarktung einer Idee über substanzielle und
sinnvolle Maßnahmen gestellt.
Zu Nummer 2
Die Bundesregierung hat das Jahr 2004 zum Jahr der Technik erklärt und damit
die Bedeutung von Technik und Ingenieurwissenschaften als eigenständige
Disziplin herausgestellt und ihre hervorragende Bedeutung für die technologi-
sche und wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland gewürdigt. Gleichzeitig
hat die Bundesregierung mit ihrer Innovationsoffensive eine radikale Moderni-

Drucksache 15/3692 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

sierung des deutschen Forschungssystems angekündigt. Die Antragsteller füh-
ren aus, dass die Bundesregierung es aber trotz ihrer Absichtsbekundungen
nicht vermocht hätte, die Grundlagen für einen Strukturwandel hin zu einer
wissensbasierten Wirtschaft und zu einem Hochtechnologiestandort zu schaf-
fen.

B. Lösung
Zu Nummer 1
Die Bundesregierung wird aufgefordert, die staatlichen Forschungsausgaben zu
erhöhen, die Anreize für die Wissenschaft zur Kooperation mit der Wirtschaft
zu verstärken und die Fähigkeit der Unternehmen für Innovationen zu fördern.
Ablehnung des Antrags – Drucksache 15/2161 – mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP
Zu Nummer 2
Die Bundesregierung wird aufgefordert, die deutsche Forschungslandschaft
und die Innovationsfähigkeit Deutschlands mit geeigneten finanz- und steuer-
politischen Maßnahmen und durch die Förderung von Netzwerken der außer-
universitären, der universitären Forschung und Wirtschaft, der Zukunftstech-
nologien wie Bio-, Verkehrs- und Energietechnologien sowie die Kernfusion
und Raumfahrt zu stärken.
Ablehnung des Antrags – Drucksache 15/2594 – mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP

C. Alternativen
Annahme des Antrags auf Drucksache 15/2161 und/oder Annahme des Antrags
auf Drucksache 15/2594.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3692

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
1. den Antrag – Drucksache 15/2161 – abzulehnen,
2. den Antrag – Drucksache 15/2594 – abzulehnen.

Berlin, den 31. August 2004

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Ulrike Flach Jörg Tauss Katherina Reiche
Vorsitzende Berichterstatter Berichterstatterin

Hans-Josef Fell Christoph Hartmann (Homburg)
Berichterstatter Berichterstatter

Drucksache 15/3692 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Jörg Tauss, Katherina Reiche, Hans-Josef Fell,
Christoph Hartmann (Homburg)

I. Überweisung
Zu Nummer 1
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
15/2161 in seiner 89. Sitzung am 29. Januar 2004 beraten
und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung zur federführenden Beratung und an den
Rechtsausschuss, Finanzausschuss, Haushaltsausschuss und
den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur Mitberatung
überwiesen.
Zu Nummer 2
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
15/2954 in seiner 94. Sitzung am 4. März 2004 beraten und
zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung,
Forschung und Technikfolgenabschätzung und zur Mitbera-
tung an den Haushaltsausschuss und den Ausschuss für
Wirtschaft und Arbeit überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
Zu Nummer 1
Die Fraktion der CDU/CSU sieht in dem von der Bundesre-
gierung ausgerufenen Jahr der Technik 2004 eine hervorra-
gende Chance, die Akzeptanz von Forschung und Technik
in Deutschland zu stärken. Um dieses Ziel zu erreichen,
müsse jedoch eine aktive Förderpolitik der Bundesregierung
und weniger die Vermarktung einer Idee im Vordergrund
stehen.
Damit Deutschland einen angemessenen Beitrag zur euro-
päischen Vision leistet, bis zum Jahre 2010 der dyna-
mischste und wettbewerbsfähigste Wirtschaftsraum der
Welt zu werden und bis 2010 mindestens drei Prozent des
Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung in-
vestiert, müssen
1. die staatlichen Forschungsausgaben aufgestockt,
2. die Anreize für die Wissenschaft zur Kooperation mit

der Wirtschaft verstärkt,
3. die Fähigkeit der Unternehmen zur Innovation verbes-

sert werden.
Die Kürzungen im Einzelplan 30 „Bildung und Forschung“
im Haushaltsjahr 2004 um 100 Mio. Euro gegenüber dem
Haushaltsjahr 2003 und die Kürzungen im Hochschulbau
um 135 Mio. Euro sowie die Haltung der Bundesregierung
gegenüber der Roten und Grünen Gentechnik, der Fusions-
forschung und der Luft- und Raumfahrt werden im Wider-
spruch zu den von der Bundesregierung für das Jahr der
Technik 2004 gesteckten Zielen gesehen.
Daher wird die Bundesregierung aufgefordert:
– in einer Allianz zwischen Staat, Wirtschaft und Wissen-

schaft die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in
Deutschland bis zum Jahr 2010 an drei Prozent des Brut-
toinlandsprodukts anzunähern sowie eine technik- und
innovationsfreundliche Haushaltspolitik anzustreben,

– die Mittel für den Hochschulbau nicht weiter zu kürzen,
– eine nationale Biotechnologiestrategie bis 2010 vorzu-

legen,
– die Forschung in besonders relevanten, strategisch wich-

tigen Forschungsfeldern zu verstärken und Schlüssel-
und Querschnittstechnologien konsequent zu fördern,

– innovationspolitische Leitvisionen und Innovationsstra-
tegien im Dialog von Wirtschaft, Wissenschaft und Poli-
tik zu entwickeln,

– die Grundlagenforschung zu stärken,
– mehr private Mittel für die Forschung zu mobilisieren,
– die Forschungseinrichtungen hinsichtlich ihrer Autono-

mie beim Personalmanagement und bei Investitionsent-
scheidungen durch Flexibilisierung der haushalts- und
personalrechtlichen Instrumente zu fördern,

– die Ressortforschung des Bundes mit stärkeren Wett-
bewerbselementen zu versehen,

– die Forschungslandschaft stärker themenbezogen zu ver-
netzen und den Aufbau von Kompetenznetzwerken stär-
ker zu fördern durch Anreize zur Zusammenarbeit zwi-
schen Hochschulen und Wirtschaft,

– die internationale Zusammenarbeit und Ausgestaltung
des europäischen Forschungsraumes zu stärken sowie
europäische Kooperations- und Mobilitätshemmnisse
abzubauen,

– die Gesetzgebung in Bezug auf die Gentechnik und
EU-Chemikalienpolitik innovationsfreundlicher zu ge-
stalten, auf überholte Regulierungen zu verzichten und
Rechtssicherheit für Innovationen zu schaffen,

– bei der Weiterentwicklung des Patentrechts die EU-Bio-
patentrichtlinie umzusetzen,

– die Situation für technologieorientierte Unternehmens-
gründungen zu verbessern und die Innovationskraft des
Mittelstandes zu stärken u. a. durch die Ausräumung von
Finanzierungsproblemen, Verbesserung der Bedingun-
gen für Beteiligungskapital, engere Anbindung der klei-
neren und mittleren Unternehmen (KMU) an die Hoch-
schulen sowie die Vermittlung von Grundkenntnissen
des gewerblichen Rechtsschutzes, der Mechanismen des
Technologietransfers und der Unternehmensleitung.

Zu Nummer 2
Die Fraktion der FDP führt aus, dass die Bundesregierung
das Jahr 2004 zum Jahr der Technik erklärt und damit die
historische, aktuelle und zukünftige Bedeutung von Technik
und Ingenieurwissenschaften als eigenständige Disziplin in
Bildung und Wissenschaft, Forschung und Entwicklung he-
rausgestellt hat. Darüber hinaus habe die Bundesregierung
mit ihrer Innovationsoffensive die radikale Modernisierung
des deutschen Forschungssystems angekündigt. Vor diesem
Hintergrund soll der Deutsche Bundestag die Bundesregie-
rung auffordern,

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/3692

– durch einen mittelfristigen Finanzplan „Forschungs- und
Innovationsförderung 2010“ die notwendigen Grund-
lagen zu schaffen, dass bis zum Jahre 2010 drei Prozent
des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Entwick-
lung aufgewendet werden können,

– die gemeinsame Forschungsfinanzierung durch Bund und
Länder fortzusetzen, damit Qualität und Profilierung der
großen wissenschaftlichen Gemeinschaften auf höchstem
Niveau erreicht werden können,

– den Fortbestand der Leibniz-Gemeinschaft zu sichern,
– Pläne aufzugeben, wonach sich der Bund auf die Förde-

rung von Spitzenforschung und -lehre, wissenschaftliche
Nachwuchsförderung, Ausbildungsförderung und über-
regionale außeruniversitäre Forschung konzentriert,

– Netzwerke von Spitzenfakultäten der Hochschulen mit
Spitzeninstituten der außeruniversitären Forschungsein-
richtungen als so genannte Cluster zu fördern,

– im Rahmen einer Neugestaltung des Hochschulrahmen-
gesetzes (HRG) und der Initiative „Forschung an Fach-
hochschulen“ die allgemeinen Voraussetzungen für eine
anwendungsbezogene Forschung und Entwicklung an
Fachhochschulen zu schaffen,

– zur Förderung von Spitzenleistungen in Forschung und
Lehre und bei der Heranbildung des wissenschaftlichen
Nachwuchses auf einengende Vorgaben des Hochschul-
rahmengesetzes zu verzichten und vielmehr auf Autono-
mie und Wettbewerb der Hochschulen zu setzen,

– die im Rahmen des Solidarpakts II für die neuen Bun-
desländer bis 2019 bereitgestellten Mittel gezielt auch
für den Aufbau der Forschungslandschaft und der For-
schungsförderung zu nutzen,

– sich auf europäischer und internationaler Ebene stärker
für den Forschungsstandort Deutschland und damit für
die Beteiligung an internationalen Projekten wie z. B.
der europäischen Neutronenspallationsquelle (ESS) ein-
zusetzen,

– mit einem klaren Bekenntnis zu Zukunftstechnologien
wie der Biotechnologie, der Gentechnik, modernen Ver-
kehrstechnologien wie dem Transrapid, modernen Ener-
gietechnologien wie der Kernfusion und der Raumfahrt
das Vertrauen der Wissenschaft und der Wirtschaft in die
Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschlands wieder
herzustellen,

– den Bürokratieabbau und die Deregulierung schneller
voranzutreiben und die Gesetzgebung hinsichtlich ihrer
Wirkung auf Forschung und Entwicklung und negativen
Auswirkungen auf die Wirtschaft zu überprüfen,

– die Mittel für die großen Forschungsorganisationen bis
zum Jahre 2010 zu verstetigen,

– die Einbindung kleiner und mittlerer Unternehmen
(KMU) in die Hochschul- und außeruniversitäre For-
schung sowie den Zugang zu europäischen Forschungs-
programmen zu verbessern, damit neue Ergebnisse aus
Forschung und Entwicklung in neue Produkte und Tech-
nologien schnell umgesetzt werden können,

– die Forschungsförderungsprogramme für KMU wie das
Programm „PROINNO“ für Forschungskooperationen

zwischen KMU und zwischen KMU und außeruniversi-
tärer Forschung auszubauen und mit dem Nachfolgepro-
gramm „PROINNO II“ umgehend zu beginnen,

– durch eine umfassende Steuerreform das Innovations-
klima in Deutschland spürbar zu verbessern, damit der
Hochtechnologiestandort Deutschland auf Dauer gesi-
chert und ausgebaut wird,

– die Patentverwertungsoffensive des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung zu evaluieren und gegebenen-
falls neu auszurichten, bürokratische Hemmnisse gegen-
über Kooperationen zwischen Hochschulen, außeruni-
versitären Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft
abzubauen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Zu Nummer 1
Der mitberatende Haushaltsausschuss und der Ausschuss
für Wirtschaft und Arbeit haben jeweils mit den Stimmen
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ge-
gen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
empfohlen, den Antrag auf Drucksache 15/2161 abzuleh-
nen.
Der mitberatende Finanzausschuss und der Rechtsaus-
schuss haben jeweils mit den Stimmen der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der CDU/CSU bei Enthaltung der Fraktion der
FDP die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 15/2161
empfohlen.
Zu Nummer 2
Der mitberatende Haushaltsausschuss hat mit den Stim-
men der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei Enthaltung der
Fraktion der CDU/CSU empfohlen, den Antrag auf Druck-
sache 15/2594 abzulehnen.
Der mitberatendeAusschuss fürWirtschaft undArbeit hat
mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP die Ablehnung des Antrags auf Drucksache
15/2594 empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und -ergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat die Vorlagen in seiner 33. Sitzung am
31. März 2004 beraten und empfiehlt:
Zu Nummer 1
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 15/2161 mit den
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP.
Zu Nummer 2
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 15/2594 mit den
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE

Drucksache 15/3692 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP.
Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wird festgestellt,
dass in der Innovationsoffensive der Bundesregierung die
falschen Weichen gestellt worden seien. Der Forschungs-
haushalt 2004 sei erneut gekürzt und die Biopatentrichtlinie
nicht umgesetzt worden. Das Gentechnikrecht sei bürokra-
tisch und behindere die Entwicklung der Biotechnologie.
Die Kernfusion werde ausgebremst, da sie nicht in die poli-
tische Richtung der Bundesregierung passe. Mit dem vorlie-
genden Antrag wolle die Fraktion der CDU/CSU dem Jahr
der Technik die bisher fehlende Substanz hinzufügen, da der
Schwerpunkt der Aktivitäten der Bundesregierung bisher
auf PR-Maßnahmen gelegt worden sei. So sei allein für die
Öffentlichkeitsarbeit 383 000 Euro und für die Kampagne
zum Jahr der Technik 3,4 Mio. Euro ausgegeben worden.
Die Antragsteller fordern eine Umgestaltung der Haushalts-
politik und die Stärkung der Grundlagenforschung gegen-
über der anwendungsorientierten Forschung. Vermisst
werde nach wie vor eine nationale Biotechnologiestrategie,
eine themenbezogene Vernetzung der Forschungslandschaft
und der Ausbau von Kompetenznetzwerken. Ferner wird
gefordert, das Patentrecht weiterzuentwickeln.
In Deutschland gebe es kein wirtschaftliches Wachstum
mehr. Es könne nur auf der Grundlage von Produkt- und
Prozessinnovationen, durch das Erschließen neuer Märkte
und eine verstärkte Investitionstätigkeit entstehen. Um den
Anschluss an die USA und die asiatischen Technologie-
regionen wieder zu erreichen, müssten bis zum Jahre 2020
in Deutschland mindestens 100 Mrd. Euro Venture-Capital
investiert werden. In Deutschland sei die Regulierung und
Bürokratie im Zusammenhang von Firmengründungen zu
hoch, die Risikobereitschaft vor allem auch junger Unter-
nehmer zu gering und die Quote der Neugründungen vor
diesem Hintergrund zu niedrig. Man könne die Gesamt-
entwicklung, insbesondere auf dem Venture-Capital-Markt,
nicht unmittelbar der Bundesregierung anlasten, müsse ihr
jedoch vorwerfen, dass sie dieser Entwicklung nicht ener-
gisch entgegenwirke und die Rahmenbedingungen nicht
verbessere.
Die Fraktion der CDU/CSU fordert die Bundesregierung
auf, die Blockade in der Gentechnik und Chemikalienpolitik
aufzugeben, den europäischen Forschungsraum zu stärken
und europäische Kooperations- und Mobilitätshindernisse
abzubauen.
Von Seiten der Fraktion der SPD wird ausgeführt, dass die
Fraktion der CDU/CSU nicht zur Kenntnis nehme, dass der
Etat für Bildung und Forschung seit 1998 um 34 Prozent, in
den strategisch wichtigen Bereichen IuK-, Nano- und Bio-
technologie um 50 Prozent, aufgestockt worden sei. Daher
weise man die Bezeichnung „Show-Veranstaltung“ für das
Jahr der Technik und die Innovationsoffensive der Bundes-
regierung ausdrücklich zurück.
Für die Entwicklungen am Venture-Capital-Markt könne die
Bundesregierung in der Tat nicht zur Verantwortung gezo-
gen werden. Sie habe hier bis zu 500 Mio. Euro Beteili-
gungskapital zur Verfügung gestellt. Zur Unterstützung von
Neugründungen sei das Programm „Exist“ aufgelegt wor-
den. Die Koalition werde den mit dem Jahr der Technik
skizzierten Weg fortsetzen und sich weiterhin um Haus-

haltssteigerungen in Bildung, Forschung und Entwicklung
bemühen.
Es wird kritisiert, dass die Opposition gleichzeitig Steuer-
senkungen und Aufgabenerweiterungen fordere, während
die Bundesregierung versuche, sowohl die Sicherung der
Steuereinnahmen als auch einer vernünftigen Ausgaben-
gestaltung gerecht zu werden.
Was die Hochschulpolitik des Bundes angehe, trage der
Bund in einigen Ländern wie z. B. in Baden-Württemberg
und Bayern 50 Prozent der Hochschulkosten. Demgegen-
über habe die Niedersächsische Landesregierung die Spit-
zenuniversität Göttingen überproportional mit Kürzungen
bedacht. Die Koalition wolle die Spitzenförderung mit der
breiten Förderung in Einklang bringen.
Zur zukünftigen Rolle der ZVS wird ausgeführt, dass in der
Anhörung zu den Arbeitsbedingungen an deutschen Hoch-
schulen auch der Opposition nahe stehende Sachverständige
ausgesagt hätten, dass man nicht vollständig auf die ZVS
verzichten solle. Die Koalition empfehle, mit einer mode-
rierten ZVS neue vernünftige Regeln des Hochschulzu-
gangs herbeizuführen und das Hochschulrahmengesetz zu
entschlacken. Gemeinsames Ziel von Bund und Ländern
müsse es sein, die Bürokratie an den Hochschulen zu verrin-
gern.
Von Seiten der Fraktion der FDP wird erklärt, dass sie die
Situationsanalyse im Antrag der Fraktion der CDU/CSU
teile und daher dem Antrag auch zustimmen wolle. In
Deutschland gebe es eine unterschwellige Technologie-
feindlichkeit, die in erster Linie die Risiken der technolo-
gischen Entwicklung sehe. Der Bericht der Bundesregierung
zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands mache
auch deutlich, dass Deutschland im internationalen Wettbe-
werb verliere. Daher müssten die Anstrengungen in diesem
Bereich erheblich verstärkt werden.
Die Mittel für Forschung und Entwicklung hätten im Jahr
2002 einen Umfang von 53 Mrd. Euro gehabt, das entspre-
che 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Wenn es keine
Steigerung des Bruttoinlandsprodukts gebe, dann müssten
10 Mrd. Euro auf diesen Betrag noch aufgesattelt werden,
damit im Jahr 2010 das Drei-Prozent-Ziel erreicht werden
könne. Bereits bei einer Steigerung des Bruttoinlandspro-
dukts um 1,75 Prozent müssten 20 Mrd. Euro zusätzlich
aufgebracht werden. Man gewinne den Eindruck – auch vor
dem Hintergrund der Antwort der Bundesregierung auf eine
Kleine Anfrage der Fraktion der FDP –, dass die Bundes-
regierung den wahren Umfang der zusätzlich notwendig
werdenden Mittel nicht erkenne.
Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wird erklärt, dass es sich bei der Begründung des Antrags
der Fraktion der CDU/CSU um Worthülsen handle und dass
die Opposition mit ihrer Argumentation zum schlechten
Stimmungsbild in Deutschland beitrage. Deutschland sei
eine der stärksten Wirtschaftsstandorte der Welt. Eine welt-
weite Wachstumsschwäche habe natürlich auch Einfluss auf
die wirtschaftliche Situation in Deutschland. Das Wachstum
bei den erneuerbaren Energien, wo in den letzten Jahren
100 000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden seien, werde
von der Fraktion der CDU/CSU bekämpft, und man setze
auf einseitige Technologien, die von großen Teilen der Be-
völkerung abgelehnt würden wie z. B. gentechnisch verän-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/3692

derte Nahrungsmittel. Vor dem Hintergrund ethischer Fra-
gestellungen im Zusammenhang der Stammzellforschung
wird darauf hingewiesen, dass es nicht einmal eine Mehr-
heit dafür in der Fraktion der CDU/CSU gebe.
Die Probleme im Zusammenhang des Venture-Capitals
wären der Koalition bekannt. Es wird auf den Venture-Capi-
tal-Dachfonds der Bundesregierung hingewiesen. Insgesamt
sei man sich mit der Mehrheit der Mitglieder des Bildungs-
und Forschungsausschusses einig, dass die steuerlichen
Rahmenbedingungen verbessert werden müssten, man ver-
misse jedoch konkrete steuerpolitische Vorschläge der Uni-
onsfraktion.
Von Seiten der Bundesregierung wird darauf hingewiesen,
dass das Jahr der Technik in der Folge der zurückliegenden
Wissenschaftsjahre stehe, die die Bundesregierung im Jahr
2000 begonnen habe. Erinnert wird an das Jahr der Physik,
der Geowissenschaften, Lebenswissenschaften und an das

Jahr der Chemie. Bereits im März wären über 600 Veran-
staltungen für das Jahr der Technik angemeldet worden. Die
Initiative der Bundesregierung, die den Dialog zwischen
Wissenschaft, Technik und Öffentlichkeit fördere, habe
dazu beigetragen, dass junge Menschen wieder mehr Inter-
esse an der Aufnahme technischer Studiengänge hätten. Das
Jahr der Technik stehe in der Reihe dieser erfolgreichen
Bemühungen. Zu den zusätzlichen Haushaltsmitteln von
10 Mrd. Euro, die bei einem gleich bleibenden Brutto-
inlandsprodukt zusätzlich aufgewendet werden müssen,
wird erklärt, dass ein Drittel dieser Mittel durch die öffent-
liche Hand und zwei Drittel durch die Wirtschaft aufge-
bracht würden. Die öffentlichen Gelder würden gemeinsam
von Bund und Ländern zur Verfügung gestellt. Der Vertreter
der Bundesregierung zeigt sich zuversichtlich, dass trotz der
aktuellen schwierigen Haushaltslage das Ziel 2010 erreicht
werden könne, wenn alle forschungsrelevanten Kräfte in
einer gemeinsamen Anstrengung dafür arbeiten würden.

Berlin, den 31. August 2004

Jörg Tauss Katherina Reiche Hans-Josef Fell Christoph Hartmann (Homburg)
Berichterstatter Berichterstatterin Berichterstatter Berichterstatter

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