BT-Drucksache 15/3584

zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Griefahn, Eckhardt Barthel (Berlin), Ulla Burchardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Volker Beck (Köln), Grietje Bettin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -15/3054- Schaffung eines internationalen Instruments zum Schutz der kulturellen Vielfalt unterstützen

Vom 13. Juli 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3584
15. Wahlperiode 13. 07. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Kultur und Medien (21. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Griefahn, Eckhardt Barthel (Berlin),
Ulla Burchardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer, Volker Beck (Köln), Grietje Bettin,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 15/3054 –

Schaffung eines internationalen Instruments zum Schutz der kulturellen Vielfalt
unterstützen

A. Problem
Die UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organi-
zation) hat auf ihrer 32. Generalversammlung im Herbst 2003 beschlossen,
nicht zuletzt vor dem Hintergrund der GATS-Verhandlungen eine Konvention
zum Schutz der kulturellen Vielfalt auszuarbeiten. Wesentliches Ziel dieser
Konvention ist die Anerkennung des Rechts aller Staaten auf eine eigenstän-
dige Kulturpolitik und der Doppelnatur von Kulturgütern und -dienstleistungen
als „Handelsware“ und Gegenstand von Kulturpolitik. Die Zielsetzung der
Konvention ist mit Blick auf den hohen Stellenwert, den die öffentliche Förde-
rung im Kulturbereich zum Erhalt der kulturellen Vielfalt in Deutschland hat,
von besonderer Bedeutung.

B. Lösung
Annahme des Antrags auf Drucksache 15/3054 in geänderter Fassung, mit dem
die Ausarbeitung eines UNESCO-Übereinkommens zum Schutz der kulturel-
len Vielfalt unterstützt wird.
Einstimmige Annahme des Antrags in geänderter Fassung

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 15/3584 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 15/3054 mit folgenden Maßgaben, im Übrigen
unverändert anzunehmen:
1. Die Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

„3. das nationale Verhandlungsmandat voll beizubehalten und gleichzeitig
eine Abstimmung mit den Positionen der anderen Mitgliedstaaten der
Europäischen Union sowie im Rahmen des Europarates zu suchen,“.

2. In der Nummer 8 werden der Punkt am Ende durch ein Komma ersetzt und
folgende neue Nummer 9 angefügt:
„9. den Prozess der Erarbeitung des Übereinkommens zum Schutz der Viel-

falt kultureller Inhalte und künstlerischer Ausdrucksformen im Rahmen
der UNESCO mit einer breiten und konzentrierten gesellschaftlichen
Fachdebatte zu begleiten und die bundesweite „Koalition Kulturelle
Vielfalt“ zu unterstützen.“

Berlin, den 13. Juli 2004

Der Ausschuss für Kultur und Medien
Monika Griefahn
Vorsitzende und Berichterstatterin

Günter Nooke
Berichterstatter

Dr. Antje Vollmer
Berichterstatterin

Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3584

Bericht der Abgeordneten Monika Griefahn, Günter Nooke, Dr. Antje Vollmer
und Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

I. Beratungsverlauf
1. Überweisungen
Der Antrag auf Drucksache 15/3054 ist in der 108. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 6. Mai 2004 an den Aus-
schuss für Kultur und Medien zur federführenden Beratung
und den Auswärtigen Ausschuss, den Rechtsausschuss, den
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, den Ausschuss für Bil-
dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, den Aus-
schuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
und den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union zur Mitberatung überwiesen worden.
2. Beratungsverlauf im Ausschuss für Kultur und Me-

dien
Der federführende Ausschuss für Kultur und Medien hat
den Antrag auf Drucksache 15/3054 in seiner 36. Sitzung am
26. Mai 2004 erstmalig und in seiner 38. Sitzung am 30. Juni
2004 abschließend beraten. In dieser Sitzung haben die Koa-
litionsfraktionen auf Ausschussdrucksache 15(21)127 einen
Änderungsantrag eingebracht. Der Ausschuss hat diesen
Änderungsantrag einstimmig angenommen. Den Antrag auf
Drucksache 15/3054 in der Fassung des angenommenen
Änderungsantrags hat der Ausschuss ebenfalls einstimmig
angenommen.
3. Voten mitberatender Ausschüsse
DerAuswärtige Ausschuss hat in seiner Sitzung am 30. Juni
2004 mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion
der CDU/CSU die Annahme des Antrags auf Drucksache
15/3054 in der Fassung des Änderungsantrags auf Aus-
schussdrucksache 15(21)127 empfohlen.
DerRechtsausschuss hat in seiner Sitzung am 30. Juni 2004
mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion
der CDU/CSU die Annahme des Antrags auf Drucksache
15/3054 in der Fassung des Änderungsantrags auf Aus-
schussdrucksache 15(21)127 empfohlen.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat in seiner
Sitzung am 30. Juni 2004 einstimmig die Annahme des An-
trags auf Drucksache 15/3054 in der Fassung des Änderungs-
antrags auf Ausschussdrucksache 15(21)127 empfohlen.
Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat in seiner Sitzung am 16. Juni 2004 mit
den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/
CSU die Annahme des Antrags auf Drucksache 15/3054
empfohlen.
Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat in seiner Sitzung am 30. Juni 2004 mit den
Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU
die Annahme des Antrags auf Drucksache 15/3054 empfoh-
len.

DerAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat in seiner Sitzung am 30. Juni 2004 einstimmig
die Annahme des Antrags auf Drucksache 15/3054 in der
Fassung des Änderungsantrags auf Ausschussdrucksache
15(21)127 empfohlen.

II. Wesentlicher Inhalt des Antrags
Mit demAntrag wird die Bundesregierung aufgefordert, sich
weiterhin aktiv an der Erarbeitung eines Übereinkommens
zum Schutz der kulturellen Vielfalt im Rahmen der
UNESCO zu beteiligen und darüber hinaus ihren Einfluss auf
die Festlegung der europäischen Positionen bei den GATS-
Verhandlungen geltend zu machen, damit keine weiteren
Liberalisierungsverpflichtungen eingegangen werden, die
den Medienpluralismus und die kulturelle Vielfalt beein-
trächtigen oder kulturelle und audiovisuelle Dienstleistungen
unter ausschließlich ökonomischen Gesichtspunkten ermög-
lichen. Sie soll zudem dafür Sorge tragen, dass die Besonder-
heit von kulturellen Gütern und Dienstleistungen imRahmen
des UNESCO-Übereinkommens festgeschrieben wird.

III. Ausschussberatungen
Die Fraktion der SPD betonte zur Zielsetzung des Antrags
der Koalitionsfraktionen, dass es in erster Linie um die Un-
terstützung einer UNESCO-Konvention zum Schutz der kul-
turellen Vielfalt gehe, in der die Doppelnatur von Kulturgü-
tern und -dienstleistungen als „Handelsware“ und zugleich
Gegenstand vonKulturpolitik und das Recht aller Staaten auf
eine eigenständige Kulturpolitik anerkannt werden sollten.
Die USA, Großbritannien, die Niederlande und Australien
hätten derzeit noch starke Vorbehalte gegenüber einer sol-
chen Konvention und machten ihre Zustimmung davon ab-
hängig, dass die Handelbarkeit vonKulturgütern und -dienst-
leistungen gesichert bleibe, dass die Konvention keine neuen
Hürden für Kulturaustausch und Informationsfluss schaffe
und dass Marktmechanismen zur Sicherung kultureller Viel-
falt ebenso anerkannt würden wie staatliche Interventionen.
Vor diesem Hintergrund sei eine breite Unterstützung der
geplanten UNESCO-Konvention erforderlich. Auf Initiative
der deutschen UNESCO-Kommission gebe es inzwischen
eine bundesweite Koalition zur kulturellen Vielfalt, die am
14. Juni 2004 ein erstes Fachgespräch geführt habe, bei dem
ganz unterschiedliche Aspekte einbezogen worden seien.
Der von den Koalitionsfraktionen auf der Ausschussdruck-
sache 15(21)127 vorgelegte Änderungsantrag ziele darauf
ab, eine breite Einbeziehung der Öffentlichkeit und eine um-
fassende Unterstützung der bundesweiten Koalition zur kul-
turellen Vielfalt zu gewährleisten.
Die Fraktion der CDU/CSU begrüßte die Zielsetzung, in
der UNESCO-Konvention zur Anerkennung der Doppel-
natur von Kulturgütern und -dienstleistungen als Handels-
ware und als Gegenstand von Kulturpolitik zu kommen. Die
Anerkennung des Rechts aller Staaten auf eine eigenständige
Kulturpolitik sei ebenfalls zu unterstützen. Der Antrag der
Koalitionsfraktionen enthalte im Kern das, was die Fraktion

Drucksache 15/3584 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

der CDU/CSU bereits im Januar 2003 gefordert habe. Daran
werde auch weiterhin festgehalten. Im Antrag der Fraktion
der CDU/CSU auf Drucksache 15/1095 zu den GATS-Ver-
handlungen vom Juni 2003 sei ein völkerrechtliches Abkom-
men zum Schutz kultureller Vielfalt als Referenzgröße für
weitere Liberalisierungen im Dienstleistungssektor ein-
schließlich der notwendigen Schritte zu dessen Verwirk-
lichung angeregt worden. Da man mit der UNESCO-Kon-
vention mittlerweile bei diesen Schritten angelangt sei, gebe
es keinen Grund, dem Antrag der Koalitionsfraktionen nicht
zuzustimmen. Es liege im Interesse aller Fraktionen, diesen
Prozess gemeinsam mitzugestalten. Der Schutz der kulturel-
len Vielfalt sei auch vor demHintergrund des deutschen Kul-
turföderalismus und der Verantwortung der Länder für Kul-
tur von Bedeutung.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstrich,
dass alles getan werden müsse, um zu verhindern, dass För-
derungen im Kulturbereich durch die GATS-Vereinbarungen
unmöglich gemacht würden. Der Antrag der Koalitionsfrak-
tionen solle bei allen Beteiligten, auch denen außerhalb des
Kulturbereichs, die Sensibilität dafür erhöhen, dass die Kul-
turlandschaft in Deutschland, die aufgrund der föderalen
Struktur mit keiner anderen in Europa vergleichbar sei, eines
ganz besonderen Schutzes bedürfe. Die Bedenken der USA,
Großbritanniens, der Niederlande undAustraliens seien hoch
gefährlich und müssten deshalb sehr ernst genommen wer-
den. Bedingungen wie die Sicherstellung der Handelbarkeit

von Kulturgütern und -dienstleistungen sowie die Anerken-
nung von Marktmechanismen gäben Anlass, in das deutsche
System einzugreifen. Selbst wenn die UNESCO-Konvention
vorliege, bedeute das noch nicht, dassman inDeutschland im
Bereich der Kulturförderung in jedem Fall sicher sei. Des-
halb müssten sich alle verpflichten, dieses Thema und die
Sensibilität dafür ganz hoch zu halten, was auch eine umfas-
sende Öffentlichkeitsarbeit erfordere.
Die Fraktion der FDP unterstrich unter Hinweis auf die Be-
denken der USA, Großbritanniens, der Niederlande undAus-
traliens, dass diese Länder wirtschaftliche Interessen hätten,
die hier betroffen seien. In diesemZusammenhangmüsse zu-
dem darauf hingewiesen werden, dass es neben der öffentlich
geförderten Kultur auch eine Kulturwirtschaft gebe, die weit
mehr Arbeitsplätze zur Verfügung stelle als die öffentlich ge-
förderte Kultur. Mit Blick auf die kulturwirtschaftlichen Ak-
tivitäten könne man die Position der vier Länder, die ihre Zu-
stimmung nur unter bestimmtenBedingungen gebenwollten,
durchaus verstehen. Die Einschätzung, dass sich Deutsch-
land bei den GATS-Verhandlungen in der Frage des Schutzes
der kulturellen Vielfalt einen Spielraum erhalten müsse,
werde geteilt. Alles in allem sei es wichtig, dass Deutschland
in dieser Frage mit einer Stimme spreche. Die Fraktion der
FDP trage denAntrag deshalbmit, um dazu beizutragen, dass
eine einheitliche Position vertreten werde und dass auf diese
Weise die Verhandlungsposition Deutschlands auf interna-
tionaler Ebene gestärkt werde.

Berlin, den 13. Juli 2004

Monika Griefahn Günter Nooke Dr. Antje Vollmer Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Berichterstatterin Berichterstatter Berichterstatterin Berichterstatter

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