BT-Drucksache 15/3518

Beschäftigungseffekte durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien

Vom 29. Juni 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3518
15. Wahlperiode 29. 06. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann, Dr. Peter Paziorek,
Dr. Joachim Pfeiffer, Veronika Bellmann, Dr. Rolf Bietmann, Wolfgang Börnsen
(Bönstrup), Cajus Julius Caesar, Alexander Dobrindt, Marie-Luise Dött,
Dr. Maria Flachsbarth, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), Erich G. Fritz, Dr. Michael
Fuchs, Hans-Joachim Fuchtel, Georg Girisch, Dr. Reinhard Göhner, Tanja Gönner,
Josef Göppel, Kurt-Dieter Grill, Holger Haibach, Ernst Hinsken, Robert Hochbaum,
Volker Kauder, Dr. Martina Krogmann, Dr. Hermann Kues, Dr. Klaus W. Lippold
(Offenbach), Wolfgang Meckelburg, Friedrich Merz, Doris Meyer (Tapfheim),
Laurenz Meyer (Hamm), Franz Obermeier, Ulrich Petzold, Hans-Peter Repnik,
Dr. Heinz Riesenhuber, Franz Romer, Kurt J. Rossmanith, Anita Schäfer
(Saalstadt), Hartmut Schauerte, Horst Seehofer, Johannes Singhammer,
Max Straubinger, Werner Wittlich und der Fraktion der CDU/CSU

Beschäftigungseffekte durch den Ausbau der erneuerbaren Energien

Die Bundesregierung behauptet immer wieder, dass im Bereich der erneuerba-
ren Energien in den nächsten Jahren ein starker Zuwachs an neuen Arbeitsplät-
zen entstehe. Aufgrund des veranschlagten Investitionsvolumens und eines pro-
gnostizierten Gesamtumsatzes von 40 Mrd. Euro bis zum Jahr 2020 wird mit
einem Beschäftigungseffekt von rund 400 000 Arbeitsplätzen in diesem Zeit-
raum gerechnet (vgl. Pressemitteilung des Bundesministeriums für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 24. Mai 2004, Nr. 144/04).
Verschiedene neuere wissenschaftliche Gutachten, die zum Teil auch von der
Bundesregierung in Auftrag gegeben worden sind, kommen jedoch zu dem Er-
gebnis, dass die langfristigen Beschäftigungseffekte des Ausbaus der erneuerba-
ren Energien gesamtwirtschaftlich marginal bis deutlich negativ sind (vgl.
Drucksache 15(9)1227 des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit).
So kommt das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in der im Auftrag
des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) erstellten Studie
„Beschäftigungseffekte durch den Ausbau Erneuerbarer Energien“ (September
2003) zu dem Ergebnis, dass die Förderung erneuerbarer Energien bis zum Jahr
2010 zu keiner spürbaren Entlastung des Arbeitsmarktes beiträgt. Nach einer
Simulationsrechnung werden die Netto-Beschäftigungseffekte zu Beginn der
Förderung – einhergehend mit dem Investitionsanstieg beim Ausbau erneuer-
barer Energien – mit 13 000 zusätzlich Beschäftigten ermittelt, im weiteren Ver-
lauf sinken die Beschäftigtenzahlen ins negative und steigen in 2010 auf etwa
7 000 Beschäftigte wieder an.

Drucksache 15/3518 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Die im Auftrag des BMWA erstellte Studie „Gesamtwirtschaftliche, sektorale
und ökologische Auswirkungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)“
vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung, des Instituts für
Energetik & Umwelt gGmbH und des Energiewirtschaftlichen Instituts an der
Universität zu Köln (RWI/IE/EWI) (März 2004) geht davon aus, dass die
Beschäftigung zunächst durch zusätzliche Investitionen in den Ausbau erneuer-
barer Energien um 35 600 Arbeitsplätze in 2004 ansteigt, sich aber auf der Zeit-
achse aufgrund der überlagernden Kostenimpulse infolge der steigenden EEG-
Förderung langfristig negativ entwickelt (minus 6 100 Arbeitsplätze in 2010)
und dieser Trend beibehalten wird.
Auch das von der Hans-Böckler-Stiftung beim Bremer Energieinstitut in Auf-
trag gegebene Gutachten (2003) kommt zu dem Ergebnis, dass der Ausbau der
erneuerbaren Energien über einen Zeitraum von 20 Jahren per Saldo einen
kumulierten Verlust von 19 000 Arbeitsplätzen bedeuten wird.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Gutachten zu langfristigen Beschäftigungseffekten durch den Aus-

bau erneuerbarer Energien hat die Bundesregierung in Auftrag gegeben?
2. Welche Kosten sind dem Bund dadurch jeweils entstanden?
3. Welche Folgerungen hat die Bundesregierung bisher aus den Gutachten ge-

zogen?
4. Wie bewertet die Bundesregierung das Gutachten des IWH „Beschäf-

tigungseffekte durch den Ausbau Erneuerbarer Energien“ vom September
2003 hinsichtlich der Beschäftigungseffekte und welche konkreten Konse-
quenzen zieht sie daraus?

5. Wie bewertet die Bundesregierung das Gutachten von RWI/IE/EWI
„Gesamtwirtschaftliche, sektorale und ökologische Auswirkungen des Er-
neuerbaren-Energien-Gesetzes“ hinsichtlich der Beschäftigungseffekte und
welche konkreten Konsequenzen zieht sie daraus?

6. Wie bewertet die Bundesregierung das Gutachten des Bremer Energieinsti-
tuts „Ermittlung der Arbeitsplätze und Beschäftigungswirkungen im Bereich
Erneuerbarer Energien“ hinsichtlich der Beschäftigungseffekte und welche
konkreten Konsequenzen zieht sie daraus?

7. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass Subventionen und Strom-
preisaufschläge auch zu Belastungen und Beschäftigungsverlusten führen
können?

8. Wenn ja, warum?
9. Wenn nein, warum nicht?
10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Beschäftigungswirkung

negativ ist, solange die Einspeisevergütung für erneuerbare Energien weit
über dem energiewirtschaftlichen Wert des Stroms liegt?

11. Wenn ja, warum?
12. Wenn nein, warum nicht?
13. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Einspeisevergütungen

für Ökostrom anderen Sektoren Nachfragepotenzial entzieht?
14. Wenn ja, warum?
15. Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3518

16. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Belastung privater
Haushalte durch das EEG im Jahr 2004 und wie hoch wird sie bis 2010 sein
(bitte nach einzelnen Jahren auflisten)?

17. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Realeinkommensverlust für
Privathaushalte durch das EEG (unterteilt nach Jahren von 2000 bis 2010)?

18. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass dadurch ein Rückgang im
privaten Verbrauch entsteht?

19. Wenn ja, warum?
20. Wenn nein, warum nicht?
21. Mit welchen Beschäftigungswirkungen durch die Förderung erneuerbarer

Energien rechnet die Bundesregierung?
22. Gibt es internationale Erfahrungen bzw. konkrete Daten (bitte nach einzel-

nen Ländern auflisten), welche Beschäftigungseffekte durch den Ausbau
erneuerbarer Energien entstehen können?
Wenn ja, welche?

23. Wie viele Beschäftigte gibt es nach Auffassung der Bundesregierung im Be-
reich der erneuerbaren Energien?
Wie verteilen sich diese auf die einzelnen Energieträger Wasserkraft, Bio-
masse, Windenergie, Solarenergie und Geothermie?

24. In welchem Umfang werden die Arbeitsplätze unterteilt nach den einzelnen
Energieträgern durch staatlich geregelte Förderung bezuschusst (bitte
Nettoförderungswert in Cent/kWh und in jährlichem Fördervolumen/Ar-
beitsplatz angeben)?

25. Mit welchen amtlichen Statistiken, z. B. Statistisches Bundesamt (StaBuA),
belegt die Bundesregierung ihre Einschätzung der Beschäftigungseffekte?

26. Wie viel Steuereinnahmen aus der Ökosteuer, gestaffelt nach Jahren, wer-
den nicht zur Senkung der Rentenversicherungsbeiträge, sondern für die
Förderung der erneuerbaren Energien bzw. für welche anderen energie- und
umweltpolitischen Zwecke verwendet?

27. Warum werden diese Steuermittel nicht für ein nationales Clean Develop-
ment Mechanism/Joint Implementation (CDM/JI-Programm) eingesetzt,
um die deutsche Wirtschaft beim Emissionshandel zu entlasten?

28. Hält die Bundesregierung den Einsatz von rund 2 Mrd. Euro (Nettoför-
derungswert) zur Förderung der erneuerbaren Energien für gesamtwirt-
schaftlich verantwortbar, obwohl nach der RWI/IE/EWI-Studie der zusätz-
liche CO2-Minderungsbetrag bei Verdoppelung der Windenergie lediglich6,3 Mio. Tonnen beträgt?

29. Ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen des Emissionshandels für die
notwendige Regelenergie aus fossilen Energiequellen ein gesondertes
Budget zu schaffen, das nicht zulasten der Kraftwirtschaft geht, und hie-
rüber ggf. mit der Europäischen Kommission zu verhandeln?

30. Wie hoch ist der Exportanteil deutscher Hersteller von Windenergieanlagen
und Solarenergieanlagen und wie hoch ist der Exportanteil von Japan, den
USA und den anderen EU-Mitgliedstaaten?

31. Welche Komponenten von Windkraftanlagen werden importiert und wie
hoch ist der prozentuale Anteil am Warenwert?

Drucksache 15/3518 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
32. Wie viele Arbeitsplätze werden durch den Export von Windanlagen
geschaffen?

33. Auf welche Bereiche und welche Nationen verteilt sich diese Anzahl Ar-
beitsplätze im Einzelnen?

Berlin, den 29. Juni 2004

Dagmar Wöhrl
Karl-Josef Laumann
Dr. Peter Paziorek
Dr. Joachim Pfeiffer
Veronika Bellmann
Dr. Rolf Bietmann
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Cajus Julius Caesar
Alexander Dobrindt
Marie-Luise Dött
Dr. Maria Flachsbarth
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Georg Girisch
Dr. Reinhard Göhner
Tanja Gönner
Josef Göppel
Kurt-Dieter Grill
Holger Haibach
Ernst Hinsken
Robert Hochbaum
Volker Kauder
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Wolfgang Meckelburg
Friedrich Merz
Doris Meyer (Tapfheim)
Laurenz Meyer (Hamm)
Franz Obermeier
Ulrich Petzold
Hans-Peter Repnik
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Kurt J. Rossmanith
Anita Schäfer (Saalstadt)
Hartmut Schauerte
Horst Seehofer
Johannes Singhammer
Max Straubinger
Werner Wittlich
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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