BT-Drucksache 15/3510

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -15/3168, 15/3214- Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes

Vom 1. Juli 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3510
15. Wahlperiode 01. 07. 2004

Bericht*)
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(15. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksachen 15/3168, 15/3214 –

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des vorbeugenden
Hochwasserschutzes

Bericht der Abgeordneten Renate Jäger, Ulrich Petzold, Winfried Hermann und
Birgit Homburger

I.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksachen
15/3168, 15/3214 – wurde in der 114. Sitzung des Deut-
schen Bundestages am 17. Juni 2004 zur federführenden
Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an den Innenaus-
schuss, den Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung
und Landwirtschaft und den Ausschuss für Verkehr, Bau-
und Wohnungswesen überwiesen.

II.
Die Erfahrungen aus den Hochwasserkatastrophen der letz-
ten Jahre, insbesondere die extremen Überschwemmungen
im August 2002, haben bestehende Regelungs- und Voll-
zugsdefizite bei der Hochwasservorsorge aufgezeigt und
deutlich werden lassen, dass dem vorbeugenden Hochwas-
serschutz bisher nicht ausreichend Rechnung getragen wor-
den ist. Vor diesem Hintergrund sollen mit dem vorliegen-
den Gesetzentwurf einschlägige Vorschriften des Wasser-
haushaltsgesetzes, des Baugesetzbuchs, des Raumordnungs-
gesetzes, des Bundeswasserstraßengesetzes, des Gesetzes
über den Deutschen Wetterdienst und des Gesetzes über die
Umweltverträglichkeitsprüfung an die Erfordernisse einer
wirksamen Hochwasservorsorge angepasst werden. Er
enthält u. a. Vorschriften zur Vermeidung von Gebäude-
schäden sowie zur Unterbindung der Bautätigkeit und zur
Einschränkung der landwirtschaftlichen Bodennutzung in

Überschwemmungsgebieten, ferner Vorgaben für über-
schwemmungsgefährdete Gebiete sowie Bestimmungen zur
Vermeidung negativer Auswirkungen von Maßnahmen der
Unterhaltung, des Aus- oder des Neubaus von Bundeswas-
serstraßen auf den Hochwasserschutz.

III.
Die mitberatenden Ausschüsse haben wie folgt votiert:
Der Innenausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP empfohlen, den
Gesetzentwurf – Drucksache 15/3168 – in der Fassung des
Änderungsantrags der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN (Anlage 1) anzunehmen.
Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft hat mit den Stimmen der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP empfohlen, den Gesetz-
entwurf – Drucksache 15/3168 – unter Berücksichtigung des
Änderungsantrags der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIEGRÜNEN (Anlage 1) anzunehmen. Er hat mit den Stim-
men der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
empfohlen, den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/
CSU (Anlage 2) abzulehnen.

*) Die Beschlussempfehlung zu dem Gesetzentwurf – Drucksachen 15/3168, 15/3214 – wurde auf Drucksache 15/3455 verteilt.

Drucksache 15/3510 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Der Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
hat mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP empfohlen, den Änderungsantrag der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Anlage 1)
anzunehmen.
Er hat empfohlen, den Gesetzentwurf – Drucksache 15/3168 –
in der Fassung des Änderungsantrags der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Anlage 1) anzunehmen.
Er hat mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP empfohlen, den von
der Fraktion der CDU/CSU vorgelegten Entschließungs-
antrag (Anlage 2) abzulehnen.
Er hat empfohlen, die Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung – Drucksache 15/3214 – zur Kenntnis zu nehmen.

IV.
a) Öffentliche Anhörung
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit hat am 21. Juni 2004 eine öffentliche Anhörung zu dem
Gesetzentwurf der Bundesregierung –Drucksachen 15/3168,
15/3214 – durchgeführt. Folgende Einzelsachverständige,
Institutionen, Verbände und Organisationen nahmen im Rah-
men der Anhörung zu dem Gesetzentwurf Stellung:
l Prof. Dr. Roland Boettcher, Björnsen Beratende Inge-

nieure GmbH, Koblenz,
l Godehard Hennies, Wasserverbandstag Bremen/Nieder-

sachsen/Sachsen-Anhalt e. V., Hannover,
l Dr.-Ing. Wolfgang Kron, Münchener Rückversiche-

rungs-Gesellschaft AG, München,
l Prof. Dr. Joachim Quast, Zentrum für Agrarlandschafts-

und Landnutzungsforschung (ZALF) e. V., Institut für
Landschaftswasserhaushalt, Müncheberg,

l Prof. Dr. Ernesto Ruiz Rodriguez, Ruiz Rodriguez &
Zeisler Ingenieurgemeinschaft für Wasserbau und Was-
serwirtschaft, Wiesbaden, Fachhochschule Wiesbaden,
Fachbereich Bauingenieurwesen, Wiesbaden,

l Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände,
Köln,

l Deutscher Bauernverband e. V. (DBV), Bonn,
l Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK),

Berlin,
l Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU), Bonn,
l Raumordnungsverband Rhein-Neckar, Mannheim,
l Umweltbundesamt (UBA), Berlin.
Die Ergebnisse der Anhörung sind in die Beratungen des
Ausschusses eingeflossen. Der Fragenkatalog (Ausschuss-
drucksache 15(15)291), die hierzu eingegangenen schrift-
lichen Antworten der geladenen Einzelsachverständigen, In-
stitutionen, Verbände und Organisationen (Ausschussdruck-
sachen 15(15)292, Teile 1 bis 4) sowie die zur Anhörung
unverlangt eingegangenen schriftlichen Stellungnahmen
(Ausschussdrucksache 15(15)294, Teil 1) sind der Öffent-
lichkeit über das Internet zugänglich.

b) Beratung im Ausschuss
DerAusschuss fürUmwelt,NaturschutzundReaktorsicherheit
hat den Gesetzentwurf – Drucksachen 15/3168, 15/3214 – in
seiner Sitzung am 30. Juni 2004 beraten.
Von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wurde zu dem Gesetzentwurf ein Änderungsantrag einge-
bracht, der auch die Begründungen zu den im Einzelnen be-
antragten Änderungen enthält (Anlage 1).
Darüber hinaus hat die Fraktion der CDU/CSU zu dem
Gesetzentwurf einen Entschließungsantrag vorgelegt (An-
lage 2).
In der Beratung des Ausschusses am 30. Juni 2004 wurden
folgende Positionen vertreten:
Von Seiten der Fraktion der SPD wurde der Änderungsan-
trag der Koalitionsfraktionen (Anlage 1) vorgestellt. Diese
bezögen sich auf das Wasserhauhaltsgesetz und das Bau-
gesetzbuch. Vorab wolle man noch klarstellen, dass man un-
ter den in § 31a Abs. 2 WHG genannten Sachwerten auch
Kulturgüter, wie z. B. den Wörlitzer Park 1, verstehe.
Die erste Änderung im Antrag nehme in § 19g Abs. 4 WHG
zusätzlich die hochwassergefährdeten Gebiete auf, für wel-
che die Länder Maßnahmen zur Vermeidung oder Vermin-
derung von Schäden regeln könnten. Dies schließe die La-
gerung wassergefährdender Stoffe ein.
Die Nummer 2 des Änderungsantrags, der sich auf § 31b
Abs. 2 Satz 2 WHG beziehe, präzisiere auf Anregung der
Länder eine eventuell missverständliche Formulierung. Mit
der neuen Formulierung werde klargestellt, dass durch Lan-
desrecht mindestens die Gebiete festgesetzt werden sollten,
in welchen ein hundertjähriges Hochwasser zu erwarten sei.
Der im Gesetzentwurf der Bundesregierung darauf folgende
Satz werde mit Nummer 3 des Änderungsantrags gestrichen.
Dieser habe eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung
der Überschwemmungsgebiete vorgesehen. Den Ländern
solle dies jedoch nicht vorgegeben werden. Stattdessen
werde ein neuer Satz eingefügt, welcher die Öffentlichkeits-
beteiligung bei der Festsetzung von Überschwemmungs-
gebieten vorsehe. Damit werde den Anforderungen der
Aarhus-Konvention Rechnung getragen.
Die Nummer 4 des Änderungsantrags beziehe sich auf
§ 31b Abs. 3 WHG. Er verändere die ursprüngliche Rege-
lung zur Einstellung des Ackerbaus bis 2012 erheblich. Die
neue Regelung sehe nun nur noch eine Einstellung der
ackerbaulichen Nutzung in den erosionsgefährdeten Ab-
flussbereichen vor. Außerhalb der Abflussbereiche, z. B. in
Hanglagen, könnten die Länder zum Schutz des Bodens vor
Erosion Bewirtschaftungsauflagen erlassen. Soweit Land-
wirte durch die Einstellung des Ackerbaus in den Abfluss-
bereichen unzumutbar hart getroffen würden, regelten die
Länder Ausgleichszahlungen. Die neue Regelung sei ein
Kompromiss, welcher einerseits den Schutz der Gewässer
vor Schadstoffeinträgen gewährleiste und andererseits den
berechtigten Anliegen der Landwirtschaft gerecht werde.
Die Nummer 5 des Änderungsantrags beziehe sich auf
§ 31b Abs. 4 Satz 3 WHG und regele zusätzlich, dass in
Überschwemmungsgebieten Neubauten hochwasserange-
passt errichtet würden. Damit werde eine Anregung aus der
Sachverständigenanhörung vor dem Umweltausschuss auf-
gegriffen. In der Anhörung sei außerdem von den Kommu-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3510

nalen Spitzenverbänden die Auffassung vertreten worden,
dem Regierungsentwurf lasse sich nicht zweifelsfrei entneh-
men, ob die bestandssichernde Überplanung innerstädti-
scher Baugebiete und die Umplanung aufgegebener Hafen-
gebiete und Industriebrachen mit dem Ziel der Umnutzung
des Baubestandes in Überschwemmungsgebieten noch zu-
lässig sei. Ferner habe der Deutsche Industrie- und Handels-
tag bezweifelt, ob unbeplante Innenstadtbereiche künftig
noch überplant werden dürften. Einer ausdrücklichen Rege-
lung bedürfe es nach eigener Auffassung indessen nicht,
weil sich die Zulässigkeit der Überplanung bestehender
Bausubstanz mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Regie-
rungsentwurf ergebe. Die Neuregelungen des § 31b Abs. 4
WHG stünden der Überplanung zusammenhängend bebau-
ter Ortsteile im Sinne des § 34 BauGB nicht entgegen. Das
Planungsverbot in Satz 1 richte sich vielmehr gegen die Pla-
nung von neuen Baugebieten. Damit seien nur solche Bau-
gebiete gemeint, die festgesetzt würden, um erstmals eine
zusammenhängende Bebauung zu ermöglichen. Erstmalige
Überplanung und Umplanung würden keine neuen Bauge-
biete schaffen, sondern lediglich eine bestimmte Nutzung
des Baubestandes festsetzen. Vor diesem Hintergrund wären
auch künftig sowohl erstmalige Überplanung, z. B. histori-
scher Altstädte, als auch Umplanungen zur Brachflächen-
nutzung nach Aufgabe der früheren Nutzung zulässig.
Die Nummer 6 des Änderungsantrags, welcher § 31d Abs. 1
Satz 3 WHG betreffe, werde ebenfalls eine Anregung aus
der Anhörung aufgegriffen. Dabei handele es sich um die
koordinierte Bewirtschaftung und Steuerung von Rückhal-
teräumen innerhalb einer Flussgebietseinheit. Ziel sei es ge-
wesen, die Interessen der Ober- und Unterlieger besser auf-
einander abzustimmen.
Die Nummern 7 und Nr. 8 des Änderungsantrags, betref-
fend § 246a bzw. § 1 Abs. 6, sowie Nummer 10 des Ände-
rungsantrags, betreffend § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6, bezögen
sich nur auf redaktionelle Folgeänderungen im BauGB.
Die Nummer 9 des Änderungsantrags beziehe sich auf § 24
Abs. 1 Satz 1 BauGB. Er führe ein Vorkaufsrecht der Ge-
meinden für den Flächenerwerb bzw. Flächentausch neu
ein. Die Gemeinden hätten damit ein einfaches und prakti-
kables Instrument, welches sie nutzen könnten, aber nicht
müssten.
Die Nummer 10 des Änderungsantrags habe nichts direkt
mit dem Hochwasserschutz zu tun und werde aus Praktika-
bilitätsgründen in das Verfahren eingebracht.
Der Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU
komme spät und trage dem Hochwasserschutz nicht wirk-
lich und umfassend Rechnung. Ein integriertes Konzept,
auch unter Einbindung in ein gesamteuropäisches Konzept,
sei in dem Gesetzentwurf bereits realisiert und Strategie der
Bundesregierung. Bei dem Gesetz sei u. a. auf die Verein-
barkeit mit Fristen und Zielen auf europäischer Ebene ge-
achtet worden, z. B. auch im Zusammenhang mit der Was-
serrahmen-Richtlinie. Die meisten Befürchtungen, welche
in dem Entschließungsantrag aufgeführt würden, wären
durch den vorliegenden Entwurf bereits substanzlos. Dies
betreffe z. B. die Einschränkungen für den Ackerbau und
die städtebauliche Entwicklung. Weiterhin widerspräche die
Fraktion der CDU/CSU in diesem Antrag ihren eigenen
Grundsätzen. Die Bundesregierung werde aufgefordert,
überschwemmungsgefährdete Gebiete gefährdungsbezogen

auszuweisen. Es sei allerdings Sache der Länder, hier Prio-
ritäten zu setzen. Gerade darauf lege die Fraktion der CDU/
CSU immer besonderen Wert. Insgesamt bleibe der Ent-
schließungsantrag hinter dem Stand, der mit Verabschie-
dung des Gesetzes erreicht werde, weit zurück. Daher werde
man diesen Antrag ablehnen.
Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wurde einleitend be-
tont, die öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf sei sehr
konstruktiv verlaufen und habe zu hochinteressanten Ergeb-
nissen geführt, zumal die Sachverständigen in ihren Aussa-
gen nicht parteigebunden einzuordnen gewesen seien. Be-
merkenswert sei, dass viele der zur Anhörung eingeladenen
Sachverständigen, gerade auch die von den Koalitionsfrak-
tionen benannten, sehr viel weitergehende Änderungsvor-
schläge unterbreitet hätten, als sie der Änderungsantrag der
Koalitionsfraktionen (Anlage 1) aufgegriffen habe. Insge-
samt werde dieser den Defiziten des Gesetzentwurfs nicht
gerecht. Gravierende Bedenken bestünden insbesondere im
Hinblick auf die vorgesehenen Änderungen desWasserhaus-
haltsgesetzes (WHG). So würden in § 31b Abs. 1 WHG Flä-
chen für die Hochwasserentlastung oder -rückhaltung, z. B.
gesteuerte Polder, ohne Wenn und Aber den Überschwem-
mungsgebieten mit all ihren Restriktionen zugeschlagen.
Der Vorsitzende des Raumordnungsverbandes Rhein-
Neckar habe als Sachverständiger in der Anhörung darauf
hingewiesen, dass eine solche Regelung gerade nicht zum
konsensualen Umgang mit der Landwirtschaft führen werde.
Auch laut Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen werde
Landwirtschaft in Überschwemmungsgebieten nur einge-
schränkt betrieben werden können. Im Ergebnis werde es
eine Flut von Klagen gegen die neu zu errichtenden Polder
geben, mit der Folge, dass der Hochwasserschutz bis zum
Abschluss der Verfahren auf der Strecke bleiben werde.
Zu kritisieren sei ferner die Befristung in § 31b Abs. 2
WHG. Die Vorgabe, dass Überschwemmungsgebiete inner-
halb von fünf Jahren auszuweisen seien, sei viel zu kurz be-
messen; dies werde auch durch vorliegende Erfahrungen,
beispielsweise des Raumordnungsverbandes Rhein-Neckar,
bestätigt. Die Fassung des Gesetzentwurfs werde durch die
im Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen unter Num-
mer 3 getroffene Regelung zur Beteiligung der Öffentlich-
keit noch verschärft. So wünschenswert eine Information
der Öffentlichkeit sei, so müsse dennoch hinterfragt werden,
wie die Öffentlichkeit in den technischen Vorgang der
Ermittlung von überschwemmungsgefährdeten Gebieten
einbezogen werden könne. Der Sachverständige Prof. Dr.
Joachim Quast habe deutlich gemacht, dass die Festlegung
eines Überschwemmungsgebietes entweder als ein tech-
nisch-wissenschaftlicher Vorgang nach festen Regeln mit
einer Information der Öffentlichkeit durchgeführt werden
oder aber nach den Wünschen der Öffentlichkeit erfolgen
könne, was dann allerdings mit Hochwasserschutz nichts
mehr zu tun habe. Ferner sei in der Anhörung die im Rah-
men von § 31b Abs. 2 WHG den Ländern auferlegte Rege-
lungsverpflichtung hinterfragt worden. Nach Aussage der
Sachverständigen sei eine Verpflichtung auf ein Verbot von
Ölheizungen beim jetzigen Stand der Technik nicht gebo-
ten, ausreichend sei vielmehr eine angepasste Bauweise,
wie sie bereits jetzt in vielen Ländern durch Gesetze und
Verordnungen eingefordert werde. Diese könne eventuell
durch Kontrollen ergänzt werden, wie es die Sachverständi-
gen vorgeschlagen hätten.

Drucksache 15/3510 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Für sehr problematisch halte man darüber hinaus die Rege-
lungen unter § 31b Abs. 3 WHG. Auch wenn durch den Än-
derungsantrag der Koalitionsfraktionen das absolute Acker-
bauverbot aufgehoben worden sei, stellten die Restriktionen
durch eine konservierende Bodenbearbeitung und die Ein-
schränkungen durch einen verminderten Einsatz von
Dünge- und Pflanzenschutzmitteln eine deutliche Wertmin-
derung des Bodens und damit eine Eigentumsbeeinträchti-
gung dar. Wie Prof. Dr. Joachim Quast dargelegt habe, sei
hinsichtlich der Landnutzung in Überschwemmungsgebie-
ten die Alternative Ackernutzung oder Grünland ohne Ein-
fluss auf die Ausprägung des Hochwasserabflusses, er habe
ferner darauf hingewiesen, dass Erosionen und Stoffexport
in Unterliegergewässern auch bei Hochwasserablauf nach
Abklingen des Hochwassers nirgendwo als kritisch belegt
seien. Außerordentlich problematisch sei auch die Einfüh-
rung von „erosionsgefährdeten Abflussbereichen“ in § 31b
Abs. 3 WHG. Ein solcher Terminus sei nach den vorliegen-
den Erkenntnissen weder in der technischen noch in der ju-
ristischen Literatur definiert. Daher sei absehbar, dass er
aufgrund der mit ihm verbundenen beträchtlichen Beein-
trächtigung des Eigentums in großer Zahl die Rechtsanwälte
und Gerichte beschäftigen werde. Verwunderlich sei, dass
der Gesetzentwurf keine Aussagen zu Flächen der Abfluss-
bildung treffe, auf denen nachweislich durch Erosion und
Stoffabtrag Sedimente abgespült würden. Das neue sächsi-
sche Wassergesetz weise dazu Hochwasserentstehungsge-
biete aus, die einem besonderen Schutz unterstellt würden.
Im Rahmen von § 31b Abs. 3 WHG sei ferner vorgesehen,
den Ländern eine Ausgleichsverpflichtung für Flächen zu
übertragen, auf denen der Ackerbau künftig untersagt sein
werde. Eine solche Regelung sei unredlich und entspreche
in keiner Weise dem Konnexitätsprinzip. Solange nicht ein-
mal die Größenordnung der angestrebten Stilllegung ab-
schätzbar sei, sei zu erwarten, dass sich die Länder gegen
eine solche Regelung zur Wehr setzten.
Im Hinblick auf § 31b Abs. 4 WHG teile man die Sorge der
Sachverständigen, dass infolge des Verbots von Bauleitplä-
nen in den in Jahrhunderten gewachsenen Innenbereichen
der Städte eine städtebauliche Neuordnung nicht mehr mög-
lich sein werde. In Bezug auf diese Regelung sei zumindest
eine sachliche Klarstellung und die Verwendung fachlich
definierter Begriffe notwendig. Auch gelte die im Rahmen
von § 31b Abs. 4 WHG für Häfen und Werften getroffene
Ausnahmeregelung nicht für die unzähligen Unternehmen
entlang der Flüsse. Die betroffenen Unternehmen hätten da-
her ihre Standorte neu zu bewerten. Absehbar sei, dass es in
der Folge zu Entscheidungen zugunsten neuer Standorte
kommen werde. Die Koalitionsfraktionen seien aufgefor-
dert, sich über die Folgen einer solchen Regelung gerade im
Zeitalter der Globalisierung klar zu werden. Sachverstän-
dige wie Prof. Dr. Joachim Quast und auch die Bundesan-
stalt für Wasserbau wiesen darauf hin, dass die Ausweitung
von Rückhalteflächen durch Deichrückverlegung nur ge-
ringe Auswirkungen auf den Hochwasserschutz und die
Hochwasservorsorge habe. Die in § 31b Abs. 6, § 31d
Abs. 1 WHG implizierte Annahme, dass die Rückgewin-
nung von Rückhalteflächen, die Rückverlegung von Dei-
chen und die Wiederherstellung von Auen wesentliche Aus-
wirkungen auf die Höhe eines Hochwassers hätten,
entspreche nicht der Realität. Wenn Naturschutz an Gewäs-
sern angestrebt werde, sollten entsprechende Regelungen

Gegenstand eines Naturschutzgesetzes und nicht eines
Hochwasserschutzgesetzes sein. Ob die Definition der über-
schwemmungsgefährdeten Gebiete in § 31c WHG tatsäch-
lich der Praxis entspreche, werde sich noch erweisen müs-
sen, zumal auch bei Fachleuten gerade zu diesem
Sachverhalt erhebliche Bedenken bestünden. Bedauerlicher-
weise sei ferner, dass die Bundesregierung die große Zahl
praktikabler Änderungsvorschläge des Bundesrates pau-
schal abgelehnt habe.
Mit dem Entschließungsantrag (Anlage 2) wolle man eine
Alternative zum Hochwasserschutzkonzept der Bundesre-
gierung aufzeigen. Die Fraktion der CDU/CSU strebe einen
effizienten, bürgerfreundlichen und bürokratiearmen Hoch-
wasserschutz an, der ökologische, ökonomische und soziale
Ziele in Einklang bringe und auf einem umfassenderen An-
satz als der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen beruhe.
Vorbeugender Hochwasserschutz müsse als ganzheitliches
und integriertes Konzept verstanden werden, das ein ganzes
Maßnahmenbündel umfasse und beispielsweise dem Tat-
bestand gerecht werde, dass der Hochwasserschutz in den
Hochwasserentstehungsgebieten an den Oberläufen der
Flüsse andere Maßnahmen als in den Überschwemmungs-
gebieten an deren Unterläufen erfordere. Dieser differen-
zierenden, die Hochwasserentstehungsgebiete an den Ober-
läufen einbeziehenden Sichtweise, die auch die Sachverstän-
digen in der Anhörung eingefordert hätten, sei in dem vorlie-
genden Gesetzentwurf und auch im Änderungsantrag der
Koalitionsfraktionen nicht entsprochen worden. Ziel sei es,
Niederschlagswasser in der Fläche zurückzuhalten, insbe-
sondere auch durch eine durchgängige Vegetation; das
Wassergesetz Sachsens gehe hier mit gutem Beispiel voran.
Im Hinblick auf die Überschwemmungsgebiete an den
Unterläufen der Flüsse sei es wichtig, die Instrumente des
Vertragshochwasserschutzes und der Fruchfolgeverein-
barung anstelle von staatlichen Verboten einzusetzen. Bei-
spiel gebend auf diesem Gebiet sei der Gewässerentwick-
lungsplan für die Leine im südlichen Niedersachsen; der
Entwicklungsplan und die damit zusammenhängenden Gut-
achten zeigten eindrucksvoll auf, wie Flächen in Über-
schwemmungsgebieten ackerbaulich genutzt werden könn-
ten, ohne dass der Hochwasserschutz hierdurch beeinträch-
tigt werde. Im Hinblick auf den Hochwasserschutz sei eine
gesamteuropäische Lösung zu bevorzugen, daher gelte es
auch die von der Europäischen Kommission für den Sommer
2004 geplante Vorlage eines Hochwasserschutzaktionspro-
gramms zu berücksichtigen. Auch habe die Anhörung deut-
lich gemacht, dass Ackerbauverbote oder -beschränkungen
die Situation bei Hochwasserereignissen nicht verbesserten,
sehr wohl aber wirtschaftliche und sozialkulturelle Schäden
in großem Umfang hervorriefen. Die von den Koalitions-
fraktionen geforderte konservierende Bodenbearbeitung und
die damit verbundenen Einschränkungen hinsichtlich der
Düngung und des Pflanzenschutzes kämen im Grundsatz
einem Ackerbauverbot gleich, sie führten zu hoher Unkraut-
belastung und Pilzbefall. Der Gesetzentwurf lege den
Ländern die Verpflichtung zur Leistung diesbezüglicher
Ausgleichszahlungen auf, ohne sich über die Finanzierung
auszulassen; diese den Ländern aufzubürden wäre unkor-
rekt. Der Gesetzentwurf impliziere ferner eine Ausweitung
der Bürokratie. Er beinhalte eine flächendeckende Auswei-
sung von Überschwemmungsgebieten und überschwem-
mungsgefährdeten Gebieten und damit deren Ausweisung

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/3510

auch dort, wo eine konkrete Gefahr für menschliches Eigen-
tum nicht gegeben sei. Einzelne Länder gingen davon aus,
dass die Ausweisung der Flächen Kosten in Höhe von 25 bis
40 Millionen Euro auslösen werde. Wie die Anhörung ein-
deutig gezeigt habe, bräuchten auch die Städte Ausnahmere-
gelungen. Zu differenzieren sei zwischen den Innen- und
Außenbereichen der Städte. In den Innenbereichen müsse
eine Bauleitplanung unbedingt möglich sein, auch sei es
sinnvoll, die Forderung des Bundesrates zu berücksichtigen,
die ausgewiesenen Überschwemmungsgebiete und über-
schwemmungsgefährdeten Gebiete nachrichtlich mit in die
Bauleitplanung aufzunehmen; dies sei nicht geschehen. Vor
dem Hintergrund der aufgezeigten Defizite könne die Frak-
tion der CDU/CSU demGesetzentwurf und demÄnderungs-
antrag der Koalitionsfraktionen nicht zustimmen.
Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wurde erklärt, das Entsetzen sei bei allen Beteiligten und
Verantwortlichen groß gewesen, als im Sommer vor zwei
Jahren das gewaltige Elbe-Hochwasser große Flächen über-
flutet habe. Es habe von allen Seiten den Ruf nach Konse-
quenzen gegeben. Nachträglich sei die Frage aufgeworfen
worden, wie es sein könne, dass bestimmte Anlagen im
hochwassergefährdeten Gebiet schutzlos stünden. Wie
könne man Ölheizungen in Gebieten genehmigen, in denen
es regelmäßig zu Überflutungen komme? Wie könne man
dieses alles zulassen, wohl wissend, welche ökologische
Konsequenzen das habe? Diese bohrenden Fragen hätten
auch dazu geführt, dass man ein Hochwasserschutzgesetz
gemacht habe. Im Übrigen wäre es nicht nur die Koalition
gewesen, die gesagt habe, man müsse etwas tun. Dies habe
auch die Opposition gefordert. Der Vorwurf, es handele sich
bei dem Gesetzentwurf um einen Schnellschuss, sei para-
dox: Insbesondere, nachdem zwei Jahre mit Debatten, Vor-
überlegungen und Gesprächen mit den Bundesländern ver-
gangen wären und unter Beachtung der Tatsache, dass alle
gefordert hätten, man müsse schnell etwas machen. Tatsa-
che sei, dass man aus dieser Erfahrung heraus feststellen
könne, dass Menschen bedingt lernbereit seien. Wenn die
Katastrophe da sei, würden alle aktiv werden und etwas än-
dern wollen. Wenn aber die Zeit verstreiche, träten immer
mehr ökonomische und Individualinteressen in den Vorder-
grund. Diese stellten dann immer einen Grund dafür dar,
dass man bestimmte Maßnahmen im Sinne der Allgemein-
heit, der Ökologie und des vorbeugenden Hochwasserschut-
zes vielleicht doch nicht ergreifen wolle. Die Argumenta-
tion der Opposition repräsentiere ein stückweit genau diese
Denkweise. Man sage zwar, man müsse etwas tun, aber in
jedem konkreten Einzelfall habe man einen Grund, warum
man es doch nicht so machen und lieber nicht zu stark ein-
greifen wolle. Dies sei keine ausgewogene Politik, die
sozial-ökologische und ökonomische Interessen gleicher-
maßen berücksichtige. In fast allen Punkten argumentiere
die Opposition zugunsten der Ökonomie, jedoch zu Lasten
der Ökologie und der sozialen Belange.
Der Entwurf des Hochwasserschutzgesetzes sei bereits vor
der Anhörung sehr umstritten gewesen. Die Länder hätten
vieles kritisch angemerkt. Auch innerhalb der Koalition habe
es schon vor der Anhörung erhebliche Debatten gegeben.
Diese Anhörung sei eine sehr gute gewesen. Es wäre von
Anfang an nicht klar gewesen, was sich in der Anhörung er-
geben werde. Man habe aus der Anhörung, der Kritik der

Länder, aus den eigenen Reihen und aus den Wahlkreisen
Konsequenzen in Form des Änderungsantrags (Anlage 1)
gezogen. Diese Konsequenzen hätten zu einer deutlichen
Veränderung des Gesetzentwurfs geführt. Man habe an
verschiedenen Stellen stärker differenziert. Dies habe man
weder mit falschen noch mit überzogenen Mitteln getan.
Man wolle nun jedoch nicht alle Einzelheiten aufführen und
begründen, da dies schon von Seiten der Fraktion der SPD
getan worden sei; vielmehr werde man nur auf die wichtigs-
ten Punkte eingehen. So sei das sog. Ackerbauverbot von
Anfang an hoch umstritten gewesen. Bauernverbände vor
Ort hätten behauptet, bis zu einem Drittel der landwirt-
schaftlichen Fläche in der Bundesrepublik Deutschland
werde von einem solchen Verbot betroffen sein, Tausende
von Bauern würden praktisch enteignet usw. Dies sei alles
recht überzogen gewesen. Das einzig richtige daran wäre
gewesen, dass man überprüfen müsse, ob das Ackerbauver-
bot begründbar sei, ob es tragen werde und ob es tatsächlich
so weitgehend sein solle. Dies habe man getan. Man habe
sich entschieden, die Sache umzudrehen und zu sagen, es
gebe ein Überschwemmungsgebiet. In diesen Überschwem-
mungsgebieten müssten bestimmte Regeln gelten. Es müsse
u. a. sichergestellt werden, dass keine Schadstoffe und
Nährstoffe im Hochwasserfall eingetragen würden. Dies sei
ökologische Vorsorge. Das habe zunächst nichts mit Erosion
zu tun. Ein Hauptschaden bei Hochwasser wäre immer
auch, dass über das Ausschwämmen durch das Wasser an-
dere Schadstoffe in die Gewässer kämen und anschließend
an anderer Stelle in den Boden gelangen würden. Daher
müsse es in Überschwemmungsgebieten bestimmte Aufla-
gen bei der Bewirtschaftung geben. Diese habe man genau
präzisiert. Dies sei z. B., die Flächen möglichst grün zu hal-
ten und Schwarzbrache, die im Hochwasserfall gefährlich
sei, zu vermeiden. Man habe das ausdrückliche Ackerbau-
verbot nicht auf alle Abflussbereiche bezogen, was auch in
der Diskussion gewesen sei, sondern auf die erosionsgefähr-
deten Abflussbereiche beschränkt. Damit habe man genau
die Einwände seitens der Bauern, Agrarexperten und Wis-
senschaftler beachtet, diese umgesetzt und entsprechend
formuliert. Ein weiterer wichtiger Punkt sei das Bebauungs-
verbot. Dies stelle natürlich einen Eingriff in die Ökonomie
dar. Aber man könne doch nicht tatsächlich nach den letzten
Hochwasserkatastrophen sagen, es solle aber so weiterge-
hen wie bisher. Man könne nicht sagen, wenn jemand in
hochwassergefährdeten Gebieten neu bauen wolle, dann
solle er das tun. Der Bebauungsbestand müsse natürlich ge-
achtet werden. Wenn eine Altstadt schon immer im Hoch-
wassergebiet stehe und eine Bebauungslücke schließen
wolle, dann wolle man das nicht verhindern. Was man aber
verhindern wolle, sei, dass so weiter gebaut werde wie bis-
her, ohne Konsequenzen. Möglich sei ein hochwasserange-
passtes Bauen, wenn damit keine Riegelverbauung statt-
finde und damit der Hochwasserabfluss behindert werde, so
dass letztendlich das Hochwasser noch verschärft werde. An
diesen zwei Punkten habe man erheblich korrigiert, aber
dennoch in der Substanz nicht nachgegeben. Man sei über-
zeugt davon, dass man dies nicht nur aus Hochwasser-
schutz-, sondern auch aus ökologischen Gründen tun müsse.
Hier müsse man zusammenhängend denken. Man rede nicht
nur darüber, wie man Hochwasser verhindern könne, son-
dern darüber, wie man verhindern könne, dass durch Hoch-
wasser ökologische Gefährdung und Schäden stattfänden,

Drucksache 15/3510 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

die verhindert werden könnten. Das wäre sozusagen eine
doppelte Anforderung an das Hochwasserschutzgesetz.
Der Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU (An-
lage 2) verzichte praktisch auf ein Hochwasserschutzgesetz.
Stattdessen seien zehn allgemeine Handlungsregeln aufge-
führt, was zu tun sei. Dabei seien gravierende Fehler ge-
macht worden, z. B., dass man dem Bund rate, er solle
Dinge tun, die eigentlich nur die Länder tun dürften. Ein
weiteres Beispiel sei die Ausweisung von Überschwem-
mungsgebieten. Hier sei stets gesagt worden, dass man das
Gesetz nicht verabschieden könne, solange man nicht wisse,
wie groß diese Gebiete seien. Man könne heute nur abschät-
zen, dass es nicht eine Millionen Hektar seien und dass es
von den Überschwemmungsgebiete ein kleiner Teil sei.
Vielleicht seien es 10 Prozent, aber je nach Flussgebiet mal
mehr, mal weniger. All dies müssten die Länder regeln. Der
Antrag der Fraktion der CDU/CSU zeige, dass sie offen-
sichtlich unter Hochwassergefahren nur verstünden, dass
Wasser käme. Nicht jedoch, dass mit dem Wasser eben
Schadstoffe freigesetzt würden und z. B. in Meere getragen
oder an anderer Stelle abgesetzt würden. Man wende sich
pauschal gegen das Ackerbauverbot, mache sich aber nicht
deutlich, was man stattdessen als Vorsorge- und Schutzmaß-
nahme machen wolle. In der Summe enthalte der Antrag
viel Kritik, aber wenige eigene Vorschläge. Ebenso habe
man seitens der Opposition darauf hingewiesen, dass es von
den Ländern nicht zu leisten sei, innerhalb von fünf Jahren
die Hochwassergebiete auszuweisen. Dazu wolle man an-
merken, dass die Länder schon lange mit den Aufgaben des
Hochwasserschutzes befasst seien. Einige Länder seien in
Verzug. Viele hätten jedoch schon vorgearbeitet. Diese
bräuchten dann nicht fünf Jahre, weil sie schon etwas getan
hätten. Allerdings werde es für diejenigen Länder eng, wel-
che noch nichts aktiv unternommen hätten. Deshalb könne
der Bundesgesetzgeber den Ländern aber nicht großzügige
Fristen einräumen. Eine solche Politik könne man nicht ver-
antworten. Im Übrigen verwundere es, dass die Fraktion der
CDU/CSU offenbar Lobbyist für Ölheizungen sei. Abgese-
hen davon, dass eine Ölheizung nicht mehr zeitgemäß sei,
sei nicht verständlich, wie man eine solche Heizung in
einem hochwassergefährdeten Gebiet zulassen könne. Wie
man wisse, gehe trotz entsprechender Vorkehrungen sehr
vieles schief. Im Weiteren müsse der Opposition klar sein,
dass der vorliegende Gesetzesentwurf ein Artikelgesetz sei,
welches andere Gesetze, so auch das Naturschutzgesetz,
verändere. Dort schon habe die Fraktion der CDU/CSU
einige Regelungen abgelehnt, so z. B. das Verbot von Grün-
landumbruch in Auengebieten und in erosionsgefährdeten
Hanglagen. Daher sei die Argumentation nicht ganz ehrlich
zu sagen, diese Regelung sei aus systematischen Gründen
zwar gut, aber an dieser Stelle falsch.
Das Fazit sei, dass der Gesetzesentwurf sich deutlich ver-
bessert habe. Es handele sich um einen Beitrag zur Hoch-
wasservorsorge, und ein ökologischer Gesetzesentwurf sei
es, weil er ökologische Schäden durch Hochwasser in der
Zukunft deutlich reduzieren werde.
Von Seiten der Fraktion der FDP wurde betont, dass man an-
gesichts der Hochwasserkatastrophen der letzten Jahre zu-
sätzliche gesetzliche Regelungen für den Hochwasserschutz
für unbedingt erforderlich halte. Betroffen hiervon seien un-
terschiedliche Regelungsbereiche, daher unterstütze man im

Grundsatz die Verabschiedung eines Artikelgesetzes zum
Hochwasserschutz. Zu den inhaltlichen Anforderungen an
einen wirksamen Hochwasserschutz habe man sich insbe-
sondere auch im eigenen Antrag „Hochwasserschutz – Soli-
darität erhalten, Eigenverantwortung stärken“ vom 2. Juli
2003 (Drucksache 15/1334) geäußert. Diesen Anforderun-
gen werde der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregie-
rung, der erst nach nahezu zweijähriger Vorbereitungszeit
vorgelegt worden sei und nunmehr im Eiltempo vom Parla-
ment verabschiedet werden solle, nicht gerecht. Auch unter
Berücksichtigung des Änderungsantrags der Koalitionsfrak-
tionen (Anlage 1) sei dieser Gesetzentwurf für die Fraktion
der FDP daher nicht zustimmungsfähig. Zwar werde aus-
drücklich begrüßt, dass mit § 32 WHG eine Regelung zur
grenzüberschreitenden Kooperation in den Flussgebietsein-
heiten geschaffen werde und damit eine Forderung der Bun-
destagsfraktion der FDP, grenzüberschreitende Hochwasser-
schutzpläne zu ermöglichen, im Gesetzentwurf aufgegriffen
worden sei. Allerdings schöpfe die Bundesregierung die ge-
gebenen Möglichkeiten nicht aus, über die vorhandenen
Strukturen hinaus analog zur Wasserrechtsrahmenrichtlinie
Strukturen der internationalen flussgebietsbezogenen Ko-
operation zu schaffen. Insofern halte man hier mehr Initia-
tive der Bundesregierung für erforderlich.
Wie auch mehrere Sachverständige in der Anhörung deut-
lich gemacht hätten, liege ein erhebliches Defizit des Ge-
setzentwurfs darin, dass er eine Reihe begrifflicher Unklar-
heiten beinhalte. Ein Beispiel hierfür sei der Begriff
Abflussbereich. Die begrifflichen Unklarheiten seien durch
den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen nicht besei-
tigt worden. Damit stehe zu erwarten, dass es zu deren Klä-
rung zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen werde,
eine Entwicklung, die es zu vermeiden gelte. Auch werde
ein unnötiger Verwaltungs-, Kontroll- und Bürokratieauf-
wand erzeugt, wenn präzise Vorgaben fehlten und dadurch
ein zusätzlicher Regelungsbedarf, beispielsweise in Form
von Ausführungsbestimmungen, ausgelöst werde. Die Be-
seitigung der begrifflichen Unklarheiten halte man daher für
dringend geboten.
Auch mit einer Reihe von Einzelregelungen des Gesetzent-
wurfs sei man nicht einverstanden. Nicht akzeptabel sei das
vorgesehene Verbot des Neubaus von Ölheizungen. Die
FDP-Bundestagsfraktion erachte es für sinnvoll und ausrei-
chend, technische Vorschriften zur Verhinderung von Um-
weltschäden durch Ölheizungen vorzugeben und die weitere
Entwicklung dem Markt zu überlassen. Dies halte man für
die eindeutig bessere Lösung. Jedenfalls solle sich der Ge-
setzgeber aus den technischen Entscheidungen der Einzel-
haushalte heraushalten. Im Übrigen habe auch kein einziger
Sachverständiger in der Anhörung ein Verbot von Ölheizun-
gen für erforderlich gehalten.
Ein zentraler Punkt der Diskussion zum Hochwasserschutz-
gesetz sei das Ackerbauverbot, das auch in der Anhörung
eine große Rolle gespielt habe. Im Hinblick auf diesen
Punkt sei von den Koalitionsfraktionen nach der Anhörung
im Rahmen ihres Änderungsantrags (Anlage 1) eine Ände-
rung vorgenommen worden. Allerdings sei hierdurch das
generelle Ackerbauverbot lediglich durch eine Regelung er-
setzt worden, die einem Ackerbauverbot nahe komme. Inso-
fern sei gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf keine
substanzielle Änderung, sondern lediglich eine kosmetische

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/3510

Korrektur vorgenommen worden. Die entsprechende Rege-
lung in § 31b WHG werde daher abgelehnt.
Was das Thema Bauleitplanung anbelange, so halte man
eine Bestimmung im Gesetzentwurf für wünschenswert, die
die Planungsträger klar und unabweisbar verpflichte, die
festgesetzten Überschwemmungsgebiete in die Bauleitpla-
nung nachrichtlich zu übernehmen und auch die noch nicht
festgesetzten Überschwemmungsgebiete dort zu vermerken,
um die betroffenen Kommunen und die interessierte Öffent-
lichkeit frühzeitig auf Hochwassergefahren aufmerksam zu
machen und eine persönliche Risikovorsorge zu ermögli-
chen. Es gelte darauf hinzuwirken, dass diejenigen, die in
einem bestimmten Gebiet bauen wollten, entsprechend
frühzeitig Informationen erhielten, um sich der Gefahr be-
wusst zu werden. Eine entsprechende gesetzliche Normie-
rung sei in dem Gesetzentwurf jedoch nicht vorgenommen
worden.
Im Hinblick auf das Thema Hochwasservorhersage sei man
der Auffassung, dass die in Artikel 4 Nr. 4 aufgeführte Fas-
sung von § 35 Abs. 1 Bundeswasserstraßengesetz nicht aus-
reichend sei. Die FDP-Bundestagsfraktion habe in den letz-
ten Jahren eine Reihe von eigenen Anhörungen zu einzelnen
Aspekten des Hochwasserschutzes durchgeführt, hierunter
eine Anhörung speziell zum Thema Hochwasservorhersage.
Hierbei sei deutlich geworden, dass man für eine effiziente
Hochwasservorhersage eine Verknüpfung verschiedener
methodischer Ansätze und Erkenntnisquellen benötige,
hierunter die Forschungs- und Messergebnisse der Meteoro-
logie sowie die Flugzeug- und Satellitenbeobachtung. Auch
sollten Simulationsmodelle berücksichtigt werden. Auf je-
den Fall gelte es viel stärker in die Hochwasservorhersage
einzusteigen, als dies derzeit der Fall sei und auch im Ge-
setzentwurf vorgesehen sei. Insofern sei die entsprechende
Regelung des Gesetzentwurfs nicht zufriedenstellend.
Desweiteren sei zu kritisieren, dass die Bundesregierung es
für nicht notwendig erachte, sich im Zusammenhang mit der
Verabschiedung des Hochwasserschutzgesetzes zum Fort-
gang bestimmter Flussbaumaßnahmen zu äußern und zu
deren Notwendigkeit Stellung zu beziehen. Dies betreffe
insbesondere die Frage, warum der Stopp der Wiederher-
stellungsarbeiten an der Elbe nicht aufgehoben werde. Hier-
bei handele es sich um reine Erhaltungsmaßnahmen, der
Stopp lasse sich nicht mit der anstehenden Neuregelung des
Hochwasserschutzes begründen.
Ferner wolle man noch einmal betonen, dass die im Gesetz-
entwurf vorgesehenen Fristen für die Vorlage von Hochwas-
serschutzplänen und die Festlegung von Überschwem-
mungsgebieten vor dem Hintergrund der hierfür

notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen zu kurz bemessen
seien. Hierauf sei auch im Rahmen der Anhörung nach-
drücklich hingewiesen worden. Insbesondere der für die
Festlegung der Überschwemmungsgebiete vorgesehene
Zeitrahmen von fünf Jahren sei nach Auskunft der Sachver-
ständigen realistischerweise nicht einzuhalten. Daher müss-
ten diese Fristen geändert werden, so wünschenswert sie
auch vom Grundsatz her seien. Es sei jedoch nicht sinnvoll,
Fristen in das Gesetz aufzunehmen, bei denen von vorn-
herein klar sei, dass sie nicht eingehalten werden könnten.
Die knappe Fristsetzung für die Instanzen, die für die Aus-
führung des Gesetzes verantwortlich seien, sei insbesondere
vor dem Hintergrund zu kritisieren, dass sich die Bundes-
regierung mit der Vorlage des Gesetzentwurfs zum Hoch-
wasserschutz nahezu zwei Jahre Zeit gelassen habe.
Die Fraktion der FDP werde sowohl den Änderungsantrag
der Koalitionsfraktionen (Anlage 1) als auch einen hier-
durch geänderten Gesetzentwurf der Bundesregierung ab-
lehnen. Bei der Abstimmung über den Entschließungsantrag
der Fraktion der CDU/CSU werde man sich der Stimme ent-
halten, da man zwar mit einer Reihe von Punkten des Ent-
schließungsantrags übereinstimme, bei einigen Aspekten je-
doch anderer Auffassung sei.
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Frak-
tion der FDP, den von der Fraktion der CDU/CSU vorgeleg-
ten Entschließungsantrag (Anlage 2) abzulehnen.
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, den Änderungsan-
trag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
(Anlage 1) anzunehmen.
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, dem Deutschen
Bundestag zu empfehlen, den Gesetzentwurf – Drucksachen
15/3168, 15/3214 – in der vom Ausschuss geänderten, in
der Beschlussempfehlung – Drucksache 15/3455 – wieder-
gegebenen Fassung anzunehmen.
Der Ausschuss beschloss einvernehmlich, die Unterrichtung
durch die Bundesregierung – Drucksache 15/3214 – zur
Kenntnis zu nehmen.
Der Ausschuss beschloss einvernehmlich, dem Deutschen
Bundestag die Beschlussempfehlung und den Bericht ge-
trennt vorzulegen.

Berlin, den 1. Juli 2004

Renate Jäger
Berichterstatterin

Ulrich Petzold
Berichterstatter

Winfried Hermann
Berichterstatter

Birgit Homburger
Berichterstatterin

Drucksache 15/3510 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Anlage 1
Deutscher Bundestag
Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit

Änderungsantrag
der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
zu dem
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des vorbeugenden
Hochwasserschutzes
Drucksache 15/3168
Der Deutsche Bundestag möge beschließen:
1. Zu Artikel 1 (Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes)

Nach Artikel 1 Nr. 3 wird folgende neue Nummer 3a
eingefügt:
‚3a. § 19g Abs. 4 wird wie folgt gefasst:

„(4) Landesrechtliche Vorschriften für das La-
gern wassergefährdender Stoffe in Wasserschutz-,
Quellenschutz-, Überschwemmungsgebieten, über-
schwemmungsgefährdeten Gebieten oder Plange-
bieten bleiben unberührt.“ ‘

B e g r ü n d u n g
Die überschwemmungsgefährdeten Gebiete sind eben-
falls in diese Vorschrift aufzunehmen, da die Länder
nach dem neuen § 31c Abs. 2 WHG auch in diesen Ge-
bieten Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung
von Schäden regeln können. Diese Regelungen können
auch das Lagern wassergefährdender Stoffe betreffen.

2. Zu Artikel 1 (Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes)
In Artikel 1 Nr. 4 wird in § 31b Abs. 2 Satz 1 das Wort
„mindestens“ vor dem Wort „einmal“ gestrichen und statt
dessen vor den Wörtern „die Gebiete“ eingefügt.

B e g r ü n d u n g
Der Begriff „mindestens“ kann in der Fassung des Ge-
setzentwurfs dahingehend missverstanden werden, dass
er sich auf die statistische Wahrscheinlichkeit bezieht. Es
wird klargestellt, dass mindestens die Gebiete als Über-
schwemmungsgebiete festzusetzen sind, die von einem
100jährlichen Hochwasserereignis betroffen sind.

3. Zu Artikel 1 (Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes)
In Artikel 1 Nr. 4 wird in § 31b Abs. 2 der Satz 2 wie
folgt gefasst:
„Durch Landesrecht wird auch bestimmt, dass bei der
Festsetzung von Überschwemmungsgebieten nach Satz 1
die Öffentlichkeit zu informieren und zu beteiligen ist.“

B e g r ü n d u n g
Die Vorgabe einer regelmäßigen Überprüfung und An-
passung der festgesetzten Überschwemmungsgebiete im
Gesetzentwurf der Bundesregierung ist weder erforder-
lich noch sachgerecht. Sie entspricht nicht der Rechtssys-
tematik des Wasserhaushaltsgesetzes. Es ist wie bei den
Wasserschutzgebieten eine Vollzugsaufgabe der Länder,
diese Gebiete bei Bedarf den aktuellen Gegebenheiten
anzupassen. Das sollte den Ländern durch eine rahmen-
rechtliche Regelung nicht vorgegeben werden.
Mit dem statt dessen einzufügenden Satz soll die Infor-
mation und Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Fest-
setzung von Überschwemmungsgebieten vorgegeben
werden. Damit wird den Anforderungen der Aarhus-
Konvention Rechnung getragen und durch einen Rege-
lungsauftrag an die Länder eine bundeseinheitliche Vor-
gehensweise gewährleistet. Die Öffentlichkeitsbeteili-
gung ist in den Ländern bisher unterschiedlich geregelt.
Die betroffene Öffentlichkeit wird bei der Festsetzung
nicht überall eingebunden.
Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung ist es, die
Bevölkerung für Hochwassergefahren zu sensibilisieren.
Dazu gehört auch, dass sie in den Prozess der Festsetzung
eines Überschwemmungsgebietes miteinbezogen wird.
Nur durch eine umfassende Beteiligung der Öffentlich-
keit kann eine weitgehende Akzeptanz für die Ziele des
Hochwasserschutzes gefördert werden. Im Beteiligungs-
verfahren können außerdem schon Auseinandersetzun-
gen mit betroffenen Bürgern geklärt werden, ohne dass
später die Gerichte beschäftigt werden müssen.

4. Zu Artikel 1 (Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes)
In Artikel 1 Nr. 4 wird § 31b Abs. 3 wie folgt gefasst:
„(3) In den nach Absatz 2 Satz 1 festgesetzten Über-

schwemmungsgebieten wird durch Landesrecht auch der
Schutz der Flächen geregelt, auf denen Erosionen oder
erheblich nachteilige Auswirkungen auf Gewässer ins-
besondere durch Schadstoffeinträge zu erwarten sind.
Diese Flächen sind so zu bewirtschaften, dass
1. eine ganzjährige Bodenbedeckung einschließlich

einer konservierenden Bodenbearbeitung sicherge-
stellt ist,

2. die Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmit-
teln im Hinblick auf mögliche Überflutungen einge-
schränkt wird.

In den erosionsgefährdeten Abflussbereichen der nach
Absatz 2 Satz 1 festgesetzten Überschwemmungsgebiete
ist der Ackerbau bis zum 31. Dezember 2012 einzustel-
len. Die Länder regeln den Ausgleich der durch die Ver-
pflichtung nach Satz 3 verursachten wirtschaftlichen
Nachteile, soweit eine unzumutbare Härte vorliegt.“
B e g r ü n d u n g
In den Überschwemmungsgebieten soll im Hinblick auf
die durch Hochwässer verursachten Gefahren der Bo-
denerosion und des Schadstoffaustrags die Bodenbewirt-
schaftung hochwasserangepasst erfolgen. Die Einstel-
lung der ackerbaulichen Nutzung des Bodens in Über-
schwemmungsgebieten wird auf die erosionsgefährdeten
Abflussbereiche beschränkt. Damit wird der mehrheitli-

Ausschuss für Umwelt
Naturschutz und Reaktorsicherheit15. WP
Ausschussdrucksache 15(15)296**

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/3510

chen Auffassung der angehörten Sachverständigen zu
den mit dem Ackerbau verbundenen Hochwassergefah-
ren Rechnung getragen. Insoweit ist auch zu berücksich-
tigen, dass die Erosionsgefahr in den Abflussbereichen
der Hanglagen im Vergleich zu denen in Tallagen beson-
ders groß ist.
Absatz 3 des § 31bwird deshalb neu strukturiert: Satz 1 er-
teilt den Ländern einen allgemeinen Regelungsauftrag
zum Schutz der Flächen in Überschwemmungsgebieten
vor Erosionen und Gewässerbelastungen durch Schad-
stoffeinträge. Satz 2 normiert wie der Gesetzentwurf der
Bundesregierung Auflagen, die bei der Bewirtschaftung
der schutzbedürftigen Flächen zu beachten sind. In Satz 3
ist jetzt die gegenüber demGesetzentwurf eingeschränkte
Verpflichtung zur Einstellung des Ackerbaus in den Ab-
flussbereichen enthalten. Satz 4 übernimmt die Härtefall-
regelung des Satzes 3 des Gesetzentwurfs.

5. Zu Artikel 1 (Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes)
In Artikel 1 Nr. 4 werden in § 31b Abs. 4 Satz 3 am
Ende von Nummer 2 das Wort „und“ durch ein Komma
ersetzt, am Ende von Nummer 3 das Wort „und“ sowie
folgende neue Nummer 4 angefügt:
„4. hochwasserangepasst ausgeführt wird“
B e g r ü n d u n g
Jede Person ist nach § 31a Abs. 2 WHG im Gesetzent-
wurf der Bundesregierung verpflichtet, sich vor Hoch-
wassergefahren zu schützen und mögliche Schadens-
potenziale zu mindern. Die bisherigen Bedingungen in
§ 31b Abs. 4 Satz 2 des Gesetzentwurfs für Neubauten
stellen vor allem auf den ungestörten Hochwasserabfluss
ab. In Überschwemmungsgebieten ist jedoch bei Neu-
bauten auch das hochwasserangepasste Bauen wichtig,
um im Hochwasserfall die Beschädigung bzw. Zerstö-
rung von Gebäuden zu verhindern.

6. Zu Artikel 1 (Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes)
In Artikel 1 Nr. 4 werden in § 31d Abs. 1 Satz 3 nach
dem Wort „Rückhalteflächen,“ die Wörter „zu deren
Flutung und Entleerung nach den Anforderungen des
optimierten Hochwasserabflusses in Flussgebietseinhei-
ten,“ eingefügt.
B e g r ü n d u n g
Innerhalb einer Flussgebietseinheit wie z. B. dem Rhein
gibt es zahlreiche Retentionsräume, deren Flutung oder
Entleerung meist ohne eine Betrachtung der Hochwas-
sersituation im gesamten Flussgebiet erfolgt. Dadurch
kann es zu einer ungewollten, aber gefährlichen Überla-
gerung von Hochwasserwellen und zu gravierenden Ver-
schärfungen von Abflusssituationen kommen. Zweck
der Hochwasserschutzpläne muss es daher auch sein,
eine koordinierte Bewirtschaftung und Steuerung von
Rückhalteräumen innerhalb einer Flussgebietseinheit zu
gewährleisten, insbesondere um die Interessen von
Ober- und Unterliegern im Flusseinzugsgebiet aufeinan-
der abzustimmen.

7. Zu Artikel 2 (Änderung des Baugesetzbuchs)
1. In Artikel 2 werden die bisherigen Nummern 1 bis 5

Nummern 2 bis 6.
2. Folgende neue Nummer 1 wird vorangestellt:

‚1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu
§ 246a wie folgt gefasst:
„§ 246a Überschwemmungsgebiete,

überschwemmungsgefährdete
Gebiete“.‘

B e g r ü n d u n g
Redaktionelle Folgeänderung zur Aufnahme des neuen
§ 246a in das Baugesetzbuch (vgl. Artikel 2 Nr. 5 des
Regierungsentwurfs).

8. Zu Artikel 2 (Änderung des Baugesetzbuchs)
Artikel 2 Nr. 2 (bisher Artikel 2 Nr. 1 des Regierungs-
entwurfs) wird wie folgt gefasst:
,2. In § 1 Abs. 6 wird in Nummer 11 der Punkt durch

ein Komma ersetzt und folgende Nummer 12 an-
gefügt:
„12. die Belange des Hochwasserschutzes.“ ‘

B e g r ü n d u n g
Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Neufas-
sung des § 1 Abs. 5 und 6 BauGB durch das Europa-
rechtsanpassungsgesetz Bau, dem der Bundesrat am
11. Juni 2004 zugestimmt hat (Bundesratsdrucksachen
395/04 [Beschluss] und 395/04).

9. Zu Artikel 2 (Änderung des Baugesetzbuchs)
Nach Artikel 2 Nr. 4 wird folgende neue Nummer 4a
eingefügt:
,4a. In § 24 Abs. 1 Satz 1 werden in Nummer 5 das

Wort „sowie“ gestrichen, in Nummer 6 der Punkt
durch ein Komma ersetzt und das Wort „sowie“
und folgende Nummer 7 angefügt:
„7. in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugen-

den Hochwasserschutzes von Bebauung frei-
zuhalten sind, insbesondere in Überschwem-
mungsgebieten.“ ‘

B e g r ü n d u n g
Um einen wirksamen Hochwasserschutz auch im Rah-
men integrierter Planung für die städtebauliche Ent-
wicklung zu erreichen, ist es notwendig, den Gemein-
den ein einfaches und praktikables Instrument zum
Flächenerwerb für Maßnahmen des Hochwasserschut-
zes an die Hand zu geben.

10. Zu Artikel 2 (Änderung des Baugesetzbuchs)
Artikel 2 Nr. 5 (bisher Artikel 2 Nr. 4 des Regierungsent-
wurfs) wird wie folgt gefasst:
,5. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 wird wie folgt gefasst:

„6. Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur
beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den
Hochwasserschutz gefährdet,“.‘

Drucksache 15/3510 – 10 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

B e g r ü n d u n g
Folgeänderung zur Änderung des § 35 Abs. 3 Satz 1
Nr. 6 BauGB durch das Europarechtsanpassungsgesetz
Bau, dem der Bundesrat am 11. Juni 2004 zugestimmt
hat (Bundesratsdrucksachen 395/04 [Beschluss] und
395/04).

11. Zu Artikel 7 (Änderung des Kraft-Wärme-Kopplungs-gesetzes)
Artikel 7 wird wie folgt gefasst:
,Artikel 7
§ 4 Abs. 3 Satz 3 des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes
vom 19. März 2002 (BGBl. I S. 1092), zuletzt geändert
durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Er-
neuerbaren Energien im Strombereich vom [(einset-
zen: Fundstelle im Bundesgesetzblatt)], wird wie folgt
gefasst:
„Als üblicher Preis gilt für KWK-Anlagen mit einer
elektrischen Leistung von bis zu zwei Megawatt der
durchschnittliche Preis für Grundlaststrom an der
Strombörse EEX in Leipzig im jeweils vorangegange-
nen Quartal.“ ‘
B e g r ü n d u n g
Die Änderung bereinigt eine redaktionelle Unschärfe
der kürzlich im Rahmen der EEG-Novelle verabschie-
deten Ergänzung des KWK-Gesetzes.

12. Der bisherige Artikel 7 wird Artikel 8.

Anlage 2
Deutscher Bundestag
Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit

Entschließungsantrag
der Fraktion der CDU/CSU
zu dem
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des vorbeugenden
Hochwasserschutzes
Bundestagsdrucksache 15/3168
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit stellt fest:
Weltweit ist in den vergangenen zehn Jahren die Häufigkeit
extremer Hochwasserereignisse deutlich angestiegen. Über-
schwemmungen sind neben Stürmen die häufigsten und mit
den höchsten volkswirtschaftlichen Schäden verbundenen
Naturkatastrophen. Allein das Hochwasser an der Elbe im

August 2002 hat zu einem volkswirtschaftlichen Schaden
von neun Milliarden Euro geführt.
Das Hochwasser an der Elbe hat auch die Defizite und die
Grenzen des Hochwasserschutzes in Deutschland deutlich
werden lassen und gezeigt, dass eine Verstärkung des bisher
gegebenen Hochwasserschutzes dringend geboten ist. Die
Gefahr von Hochwassern wird sich nie ganz bannen lassen,
jedoch lassen sich die Schäden durch einen vorbeugenden
Hochwasserschutz begrenzen.
Ein wirksamer vorbeugender Hochwasserschutz ist nur
durch die Einbeziehung und das Zusammenwirken aller be-
troffenen Gruppen möglich. Ökologische, ökonomische und
soziale Ziele und Anforderungen sind dabei in Einklang zu
bringen. Hier bedarf es einer umfassenden Strategie.
Vorbeugender Hochwasserschutz muss als ganzheitliches
und integriertes Konzept verstanden werden, das ein ganzes
Maßnahmenbündel umfasst. Die Schwerpunkte liegen vor
allem in der vorbeugenden Wasserrückhaltung im Rahmen
eines Hochwasserflächenmanagements, der Vorbeugung
von Schäden in hochwassergefährdeten Gebieten durch
technischen Hochwasserschutz sowie der Begrenzung und
dem Ausschluss von Hochwasserschäden durch eine nach-
haltige Hochwasservorsorge. Daneben leisten auch die ak-
tive Mitwirkung bei der Gefahrenabwehr und die Risikovor-
sorge durch die Gebäudeeigentümer einen wichtigen
Beitrag.
Auch hinsichtlich der Flächennutzung in Überschwem-
mungsgebieten lässt sich ein wirksamer Hochwasserschutz
nachhaltig mit sozialen und ökonomischen Zielen vereinba-
ren. So bestehen zahlreiche Möglichkeiten, durch Beteili-
gung der von Hochwasserschutzmaßnahmen betroffenen
Personenkreise, zu einem verträglichen und effektiven
Hochwasser- und Erosionsschutz zu gelangen. Insbesondere
ist hierbei die Möglichkeit freiwilliger Vereinbarungen mit
der Landwirtschaft („Vertragshochwasserschutz“) und ero-
sionsmindernder Agrarumweltprogramme zu erwähnen.
Staatlich erzwungene und generalisierend festgelegte
Ackerbaubeschränkungen lassen sich dagegen nicht mit den
Zielen der Nachhaltigkeit vereinbaren. Auch eine Anord-
nung von konservierender, pflugloser Bodenbearbeitung,
ohne Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls käme aufgrund
erheblicher Einbußen in Erntequalität und -menge in vielen
Fällen einem Ackerbauverbot gleich. Die Einstellung des
Ackerbaus in Überschwemmungsgebieten ist nicht geeig-
net, Hochwassergefahren zu mindern.
Neben nationalen Anstrengungen müssen auch Maßnahmen
auf europäischer Ebene ergriffen werden, die auf die jewei-
ligen regionalen Gegebenheiten abgestimmt werden. Die
Europäische Kommission plant für diesen Sommer die Vor-
lage eines Hochwasserschutzaktionsprogramms. Die Mit-
gliedsstaaten sollen darin verpflichtet werden, bis zum Jahr
2009, entsprechend der Aufstellung der Bewirtschaftungs-
pläne nach der Wasserrahmenrichtlinie, Hochwasserschutz-
pläne aufzustellen.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit fordert die Bundesregierung auf:
1. die deutsche Hochwasserschutzgesetzgebung in ein ge-

samteuropäisches Konzept zum vorbeugenden Hoch-
wasserschutz einzubetten,

Ausschuss für Umwelt
Naturschutz und Reaktorsicherheit15. WP
Ausschussdrucksache 15(15)297**

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 11 – Drucksache 15/3510

2. bereits bestehende Vorschriften und Regelungen im
Bereich des vorbeugenden Hochwasserschutzes, insbe-
sondere in Hochwasserentstehungsgebieten, gemein-
sam mit den Ländern auf ihre Wirksamkeit hin zu
überprüfen, gegebenenfalls anzupassen und falls erfor-
derlich entsprechend zu koordinieren,

3. im Einvernehmen mit den Ländern und Kommunen so-
wie den betroffenen Gruppen, wie der Landwirtschaft
und der Schifffahrt, Regelungen und Maßnahmen zum
vorbeugenden Hochwasserschutz zu entwickeln,

4. keine Ackerbauverbote oder Ackerbaubeschränkungen
zu erlassen, sondern Ackerbau auch in Überschwem-
mungsgebieten und überschwemmungsgefährdeten
Gebieten weiterhin entsprechend den Regeln der guten
landwirtschaftlichen Praxis zuzulassen,

5. sicherzustellen, dass an Flussläufen liegende Städte
und Kommunen durch Maßnahmen des Hochwasser-
schutzes im Bereich der Bauleitplanung nicht unange-
messen in ihren wirtschaftlichen und sozialen Entwick-
lungsmöglichkeiten eingeschränkt werden,

6. überschwemmungsgefährdete Gebiete gefährdungsbe-
zogen auszuweisen,

7. bei der Ausweisung dieser Gebiete sicherzustellen,
dass eventuell notwendige Auflagen und Regelungen
den Wirtschafts- und Lebensverhältnissen der dort le-
benden Menschen Rechnung tragen,

8. durch Hochwasserschutzmaßnahmen entstehende Nut-
zungseinschränkungen mit den betroffenen Parteien
abzustimmen sowie Zuständigkeiten und Kriterien für
möglicherweise notwendige Entschädigungen zwi-
schen Bund, Ländern und Kommunen einvernehmlich
festzulegen,

9. die Chancen des Vertragshochwasserschutzes konse-
quent zu nutzen und diesen weiter zu stärken und

10. den Betrieb von hochwassersicheren Anlagen zum
Umgang mit wasser- bzw. bodengefährdenden Stoffen
in Überschwemmungsgebieten weiterhin zu ermögli-
chen.

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