BT-Drucksache 15/3491

Marketing für die Hauptstadt Berlin

Vom 29. Juni 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3491
15. Wahlperiode 29. 06. 2004

Antrag
der Abgeordneten Jürgen Klimke, Klaus Brähmig, Edeltraut Töpfer, Ernst Hinsken,
Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Verena Butalikakis, Cajus Julius Caesar,
Anke Eymer (Lübeck), Dr. Hans Georg Faust, Albrecht Feibel, Roland Gewalt,
Gerda Hasselfeldt, Siegfried Helias, Uda Carmen Freia Heller, Werner Kuhn
(Zingst), Maria Michalk, Bernward Müller (Gera), Peter Rzepka, Anita Schäfer
(Saalstadt), Wilhelm Josef Sebastian, Kurt Segner, Klaus-Peter Willsch
und der Fraktion der CDU/CSU

Marketing für die Hauptstadt Berlin

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Seit 14 Jahren ist Berlin die Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschlands und
nimmt immer stärker eine zentrale Rolle im durch die Erweiterung der Europä-
ischen Union endgültig wiedervereinigten Europa ein. Die Stadt fasziniert, was
steigende Besucherzahlen eindrucksvoll belegen. Auch durch Staatsbesuche,
Konferenzen, Messen, Kongresse und Ausstellungen findet Berlin zunehmend
nationale und internationale Beachtung. Jedoch wird Berlin meist nicht, wie bei-
spielsweise London oder Paris, genügend in der Funktion als gegenwärtige
Hauptstadt positiv wahrgenommen. Sondern als Ort mit teilweise belastender
Geschichte, in dem andererseits aber auch einmalige historische Chancen für das
Zusammenwachsen von Europa geboren wurden. Die Erinnerung an die preußi-
sche Hauptstadt ist ebenso lebendig wie das Berlin der Nationalsozialisten oder
die Wunden der Teilung, die nirgends so sichtbar klaffen wie in der bundesdeut-
schen Hauptstadt.
Über Berlin muss daher eine Bewusstseinsänderung bei den Menschen hin zur
„Hauptstadt der Deutschen“, national wie international, herbeigeführt werden.
Der Zeitpunkt dafür könnte nicht günstiger sein, denn Berlins Popularität als
Reiseziel nimmt weiterhin zu. Nach Angaben der Berlin Tourismus Marketing
GmbH (BTM) bereisten im Monat März 2004 insgesamt 451 557 Gäste die
Stadt, das entspricht einer Steigerung von 17,5 Prozent im Vergleich zum Vor-
jahresmonat. Die Zahl der Besucher aus dem Ausland erhöhte sich im gleichen
Zeitraum um 21,7 Prozent auf 120 353, während die Zahl der Übernachtungen
internationaler Gäste um 15,1 Prozent auf 315 993 anstieg. Der positive Auf-
wärtstrend im Berlin-Tourismus wird anhand der Zahlen, die für das erste Quar-
tal des Jahres 2004 verzeichnet werden, ebenfalls deutlich. So besuchten in den
ersten drei Monaten nach Angaben der BTM mehr als eine Million Menschen
die deutsche Hauptstadt. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ei-
nem Plus von 15,5 Prozent. Positiv entwickelte sich gleichermaßen die Zahl der
Übernachtungen, die um 15,1 Prozent auf 2 369 140 anstieg.

Drucksache 15/3491 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Nicht nur Touristen werden von Berlin angezogen, auch z. B. Studenten, Schrift-
steller, Künstler und die Medienbranche können sich dem Sog der Hauptstadt
nicht entziehen. Berlin holt als Medienmetropole immer mehr auf. Ob Film und
Fernsehen, Verlage, Werbung, Multimedia oder Musik: Die Medienwirtschaft
expandiert und ist damit einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren für die Zu-
kunft der Stadt. So ist beispielsweise dieMediacity Adlershof mit 124 Unterneh-
men Berlins größter Medienstandort. Dieses große Interesse an Berlin muss ge-
nutzt werden. Allein 900 deutsche und 425 Journalisten aus 61 Ländern berich-
ten aus Berlin. Diese sind im wahrsten Sinne „Berichterstatter“ für die nationale
und internationale Bedeutung der deutschen Hauptstadt.
Berlin sollte jedoch nicht nur als Weltmetropole dargestellt werden. Es muss als
Gesicht eines föderalen Deutschlands und Identifikationspunkt für das föderale,
parlamentarische System der Bundesrepublik wahrgenommen werden. Dazu ist
eine würdige Darstellung
– der Bundesorgane;
– der deutschen Geschichte in ihrer Gesamtheit;
– des architektonischen Erbes verschiedener historischer Epochen
sowie eine Förderung kultureller Ereignisse und Einrichtungen mit Hauptstadt-
bedeutung, soweit sie in Berlin stattfinden bzw. in Berlin angesiedelt sind, erfor-
derlich. Dazu gehört auch die zügige Umsetzung des vom Deutschen Bundestag
beschlossenen Wiederaufbaus des Berliner Stadtschlosses, bei dem u. a. die Er-
fahrungen und das Know-how des Wiederaufbaus der Dresdner Frauenkirche
genutzt werden sollten. DieseMaßnahmenwürden dazu beigetragen, dass Berlin
als nationales Projekt von allen Deutschen verstanden wird – auch vomAusland.
Für die Vermarktung der Hauptstadt sollten zudem alle in- und ausländischen
Ressourcen genutzt werden. Dabei muss auf Einrichtungen zurückgegriffen
werden können, deren Know-how und Ressourcen solche Aufgaben bereits er-
füllen oder erfüllen könnten. Die erfolgreich arbeitende BTM beispielsweise mit
ihren Kenntnissen Berlins einerseits und zahlreichen Kontakten als internatio-
nale Vermarkterin Berlins anderseits muss federführend in dieses Projekt einge-
bunden werden.
Unter Beteiligung des Bundes sollte, in enger Zusammenarbeit mit der Berlin
Tourismus Marketing GmbH (BTM), eine ergebnisorientierte Projektgruppe
„Hauptstadt Berlin“ Marketingmaßnahmen erarbeiten, planen und durchführen,
mit denen sich Berlin im In- und Ausland über das bisherige Maß hinaus als
deutsche Hauptstadt darstellen und wahrnehmen lässt. Dabei sollten auch Per-
sönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie z. B. Sportler, Künstler, Musiker und
Schriftsteller als Sympathieträger eingebunden werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf,
– zusammen mit der Berlin Tourismus Marketing GmbH (BTM) eine Projekt-

gruppe „Hauptstadt Berlin“ für eine Dauer von drei Jahren zu etablieren. Die-
ser Projektgruppe sollen Vertreter der Berlin Tourismus Marketing GmbH,
des Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit sowie Vertreter des Landes
Berlin angehören. Die Federführung dieser Projektgruppe obliegt der BTM;

– die Projektgruppe „Hauptstadt Berlin“ nach der Gründung für die Dauer von
drei Jahren finanziell so zu fördern, dass sie dem Anliegen gerecht werden
kann. Die dafür benötigten Mittel sind aus den Ausgaben der Bundesregie-
rung für Öffentlichkeitsarbeit umzuschichten und sollen zweckgebunden für
konkrete Maßnahmen eingesetzt werden. Zusätzlich soll eine Mitfinanzie-
rung durch private Sponsoren angestrebt werden;

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3491

– als Aufgabe der Projektgruppe „Hauptstadt Berlin“ die Erarbeitung und
Durchführung von Maßnahmen zur nationalen und internationalen Darstel-
lung „Berlin als Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland“ festzuschrei-
ben und unter den Gesichtspunkten
l Berlin – Spiegel der (gesamt-)deutschen Geschichte
l Berlin – kultureller Schmelztiegel
l Berlin – Tor zum Osten
l Berlin – Architekturspiegel Deutschlands
durchzuführen;

– sicherzustellen, dass die Projektgruppe „Hauptstadt Berlin“ bei der nationa-
len wie internationalen Vermarktung Berlins als deutsche Hauptstadt nach
Möglichkeit auf Ressourcen von deutschen Einrichtungen im In- und Aus-
land, wie
l Botschaften
l Außenhandelskammern
l Goethe-Institute
l die Deutsche Welle
l die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT)
l Stiftungen
l Landesregierungen
l nationale Verbände
zurückgreifen kann;

– sich bei der nationalen Vermarktung Berlins als Hauptstadt in Zusammenar-
beit mit der Kultusminister-Konferenz dafür einzusetzen, dass Abschluss-
fahrten von Schulen aus dem Inland in die Hauptstadt Berlin vermehrt durch-
geführt werden;

– bei Verbänden, Institutionen, öffentlich-rechtlichen und privaten Medienan-
stalten sowie Verlagshäusern auf die Durchführung einer Medienkampagne
„Berlin – Hauptstadt der Deutschen“ hinzuwirken;

– zu prüfen, welche grundsätzlich positiven oder negativen Auswirkungen die
Schaffung eines „Hauptstadtbezirkes Berlin“ nach dem Vorbild der US-ame-
rikanischen Hauptstadt Washington, D. C. hätte;

– den Deutschen Bundestag erstmalig am 1. Februar 2005 über die Ergebnisse
seiner Bemühungen zu unterrichten und künftig jährlich einen Bericht über
die Fortentwicklung Berlins als Bundeshauptstadt vorzulegen.

Berlin, den 29. Juni 2004
Jürgen Klimke
Klaus Brähmig
Edeltraut Töpfer
Ernst Hinsken
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Verena Butalikakis
Cajus Julius Caesar
Anke Eymer (Lübeck)
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Roland Gewalt
Gerda Hasselfeldt

Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Werner Kuhn (Zingst)
Maria Michalk
Bernward Müller (Gera)
Peter Rzepka
Anita Schäfer (Saalstadt)
Wilhelm Josef Sebastian
Kurt Segner
Klaus-Peter Willsch
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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