BT-Drucksache 15/3336

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -15/3189- Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Wagniskapital b) zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates -15/1405- Entwurf eines Gesetzes zur Besteuerung von Wagniskapitalgesellschaften

Vom 16. Juni 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3336
15. Wahlperiode 16. 06. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 15/3189 –

Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Wagniskapital

b) zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates
– Drucksache 15/1405 –

Entwurf eines Gesetzes zur Besteuerung von Wagniskapitalgesellschaften

A. Problem
Zu den Buchstaben a und b
Wagniskapitalgesellschaften (Venture Capital Fonds bzw. Private Equity
Fonds) spielen in der außerbörslichen Unternehmensfinanzierung eine zuneh-
mende Rolle. Ziel der beiden vorliegenden Gesetzentwürfe ist die sachgerechte
Besteuerung von Wagniskapitalfonds, insbesondere des erhöhten Gewinnan-
teils (Carried Interest) von Fonds-Initiatoren.

B. Lösung
Zu Buchstabe a
Annahme des Gesetzentwurfs, nach dem die erhöhten Gewinnanteile an Initia-
toren von Wagniskapitalgesellschaften dem Halbeinkünfteverfahren nach § 3
Nr. 40 EStG unterworfen werden sollen.
Der Finanzausschuss hat darüber hinaus einen gemeinsamen Änderungsantrag
der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der CDU/CSU angenommen, der
Carried Interest als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit nach § 18 EStG ein-
ordnet. Der Anspruch auf diese Vergütung muss unter der Voraussetzung einge-
räumt worden sein, dass die Gesellschafter oder Gemeinschafter ihr eingezahl-
tes Kapital vollständig zurückerhalten haben.
Annahme mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der
CDU/CSU gegen die Stimmen der Fraktion der FDP

Drucksache 15/3336 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Zu Buchstabe b
Ablehnung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Zu Buchstabe a
Die Steuermindereinnahmen betragen bei voller Jahreswirkung rund 25 Mio.
Euro.
Zu Buchstabe b
Keine

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3336

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
1. den Gesetzentwurf auf Drucksache 15/3189 mit folgender Maßgabe, im

Übrigen unverändert, anzunehmen:
Artikel 1 wird wie folgt gefasst:

„Artikel 1
Änderung des Einkommensteuergesetzes

Das Einkommensteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom
19. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4210, 2003 I S. 179), zuletzt geändert durch
Artikel … des Gesetzes vom … (BGBl. I S. …), wird wie folgt geändert:
1. Nach § 3 Nr. 40 wird folgende Nummer 40a eingefügt:

„40a. die Hälfte der Vergütungen im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 4.“
2. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 wird der Punkt durch ein Semikolon ersetzt und

folgende Nummer 4 angefügt:
„4. Einkünfte, die ein Beteiligter an einer vermögensverwaltenden Ge-

sellschaft oder Gemeinschaft, deren Zweck im Erwerb, Halten und
in der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht,
als Vergütung für Leistungen zur Förderung des Gesellschafts- oder
Gemeinschaftszwecks erzielt, wenn der Anspruch auf die Vergü-
tung unter der Voraussetzung eingeräumt worden ist, dass die Ge-
sellschafter oder Gemeinschafter ihr eingezahltes Kapital vollstän-
dig zurückerhalten haben; § 15 Abs. 3 ist nicht anzuwenden.“

3. § 52 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 4c wird wie folgt gefasst:

„(4c) § 3 Nr. 40a in der Fassung des Gesetzes vom … (BGBl. I
S. … [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Seitenzahl der Verkündung
des vorliegenden Änderungsgesetzes] ist auf Vergütungen im Sinne
des § 18 Abs. 1 Nr. 4 anzuwenden, wenn die vermögensverwaltende
Gesellschaft oder Gemeinschaft nach dem 31. März 2002 gegründet
worden ist oder soweit die Vergütungen in Zusammenhang mit der
Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften stehen, die nach
dem 7. November 2003 erworben worden sind.“

b) Der bisherige Absatz 4c wird Absatz 4d.“;
2. den Gesetzentwurf auf Drucksache 15/1405 abzulehnen.

Berlin, den 16. Juni 2004

Der Finanzausschuss
Christine Scheel
Vorsitzende

Stephan Hilsberg
Berichterstatter

Georg Fahrenschon
Berichterstatter

Drucksache 15/3336 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Stephan Hilsberg und Georg Fahrenschon

1. Verfahrensablauf
a) Drucksache 15/3189
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf der Koaliti-
onsfraktionen in seiner 111. Sitzung am 27. Mai 2004 dem
Finanzausschuss zur federführenden Beratung und dem
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur Mitberatung über-
wiesen. Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat sich in
seiner Sitzung am 16. Juni 2004 mit der Vorlage befasst.
Der Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seinen Sit-
zungen am 28. Mai 2004 und abschließend am 16. Juni
2004 beraten.
b) Drucksache 15/1405
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf des Bun-
desrates in seiner 73. Sitzung am 7. November 2003 dem
Finanzausschuss zur federführenden Beratung und dem
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur Mitberatung über-
wiesen. Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat sich in
seiner Sitzung am 16. Juni 2004 mit der Vorlage befasst.
Der Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seinen Sit-
zungen am 28. April 2004, am 28. Mai 2004 und abschlie-
ßend am 16. Juni 2004 beraten.
c) Anhörung zu den Vorlagen
Zu der den Vorlagen zugrunde liegenden Thematik hat der
Finanzausschuss am 14. Juni 2004 eine Anhörung in einer
nicht öffentlichen Sitzung durchgeführt.

2. Inhalt der Vorlagen
a) Drucksache 15/3189
Die Koalitionsfraktionen stellen ihren Gesetzentwurf in den
Zusammenhang mit der Absicht, die Innovationsförderung
für Mittelstand und technologieorientierte Unternehmens-
gründungen zu unterstützen, die Eigenkapitalausstattung
kleiner und mittlerer Unternehmen zu verbessern und
wachstumsfreundliche Rahmenbedingungen insbesondere
für den Mittelstand zu schaffen. Einen besonderen Stellen-
wert nehmen dabei auch nach Auffassung der Koalitions-
fraktionen zunehmend Finanzierungen über Beteiligungs-
fonds ein, die wachstumsorientierten Unternehmen außer-
börsliches Wagniskapital zur Verfügung stellen. Die Initiato-
ren dieser Fonds trügen wesentlich zum wirtschaftlichen
Erfolg und zur Wertentwicklung des Beteiligungsportfolios
bei. Aus diesen Gründen sieht der Gesetzentwurf vor allem
folgende Regelungen vor:
– Das Carried Interest der Initiatioren solle dem Halbein-

künfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG unterworfen wer-
den. Laufende Zahlungen, die nicht in Zusammenhang
mit der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaf-
ten aus dem Portfolio des Fonds stehen, würden hiervon
nicht erfasst. Die Anwendung des Halbeinkünfteverfah-
rens solle insoweit ausgeschlossen werden, wie eine Ge-
sellschaft oder Gemeinschaft Einkünfte aus Gewerbe-
betrieb erziele.

– Die Regelung solle auf Veräußerungsgewinne von Betei-
ligten an vermögensverwaltenden Gesellschaften oder

Gemeinschaften angewendet werden, die nach dem
31. März 2002 gegründet worden seien oder wenn die
veräußerten Anteile an der Kapitalgesellschaft nach dem
7. November 2003 erworben worden seien.
Die Anwendungsregelung orientiere sich an der Anwen-
dungsregelung imBMF-Schreiben (BMF=Bundesminis-
terium der Finanzen) vom 16. Dezember 2003 (BStBl I
2004 S. 40) zur ertragsteuerlichen Behandlung von Wag-
niskapitalgesellschaften, das erstmalig auf die volle Steu-
erpflicht des erhöhten Gewinnanteils von Initiatoren der-
artiger Fonds ausdrücklich hinweist. Dies solle aber laut
BMF-Schreiben nicht für Fonds gelten, die vor dem
1. April 2002 gegründet worden seien und soweit die
Portfolio-Beteiligung vor dem 8. November 2003 erwor-
benworden sei. DieseRegelung imBMF-Schreiben führe
regelmäßig zur Nichtbesteuerung des Carried Interest aus
Vertrauensschutzgründen. Der Anwendungsvorschlag
der Koalitionsfraktionen schließe nahtlos hieran an, so
dass eineVollbesteuerungdesCarried Interestweitgehend
ausgeschlossen sei.

b) Drucksache 15/1405
Der Bundesrat führt in der Begründung zu seinem Gesetz-
entwurf aus, dass Wagniskapitalgesellschaften (Venture
Capital Fonds bzw. Private Equity Fonds) in der außerbörs-
lichen Unternehmensfinanzierung eine zunehmend wichtige
Rolle spielten. Stabile und berechenbare Rahmenbedingun-
gen auch auf steuerlichem Gebiet seien wichtige Vorausset-
zungen dafür, dass entsprechende Fonds im Inland in räum-
licher Nähe zu Wachstumsunternehmen aufgelegt würden,
weil nur so deren bestmögliche Betreuung gewährleistet
werden könne. Insbesondere die steuerliche Behandlung des
bei solchen Fonds üblichen disproportionalen Gewinnan-
teils (Carried Interest) der Initiatoren, deren Mitwirkung für
den Erfolg des Fonds von entscheidender Bedeutung sei,
bedürfe einer tragfähigen Lösung. Der vorliegende Gesetz-
entwurf sieht deshalb insbesondere folgende Maßnahmen
vor:
– Regelung der einheitlichen Behandlung der Beteili-

gungserträge aller Fondsgesellschafter. Für die Initiato-
ren von Wagniskapitalgesellschaften bedeutet dies, dass
ihr Carried Interest in gleicher Weise behandelt wird wie
der übrige Anteil an den Einkünften oder Bezügen, den
sie entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis erhalten.
Stammten z. B. Einkünfte aus Anteilsveräußerungen, die
nach § 3 Nr. 40 EStG zur Hälfte steuerfrei seien, so sei
auch der erhöhte Anteil des Initiators nach der genannten
Vorschrift insgesamt zur Hälfte steuerfrei. Diese Rege-
lung solle erstmals für den Veranlagungszeitraum 2003
angewandt werden.

– Sicherstellung einer steuerlichen Erfassung des erhöhten
Gewinnanteils von Fonds-Initiatoren bei Beteiligungs-
veräußerungen nach § 17 EStG auch in den Fällen, in
denen zwar die nominelle Kapitalbeteiligung des Initia-
tors unter 1 %, die Beteiligung am Veräußerungsgewinn
aber darüber liegt. Dabei sollen zur Vermeidung von
Umgehungsgestaltungen erhöhte Anteile an Veräuße-
rungspreisen für Veräußerungen von Anteilen an dersel-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/3336

ben Kapitalgesellschaft innerhalb eines Zeitraums von
fünf Jahren zusammengerechnet werden. Diese Vor-
schrift solle erstmals auf die Veräußerung von Anteilen
an Kapitalgesellschaften angewendet werden, die nach
dem 31. Dezember 2002 angeschafft worden seien.

– Ergebe sich hingegen ein Veräußerungsverlust, sei dieser
nur zu berücksichtigen, wenn die Voraussetzungen für
die Erfassung eines Gewinns seit mindestens fünf Jahren
ununterbrochen gegeben waren. Mit dieser Vorschrift
solle verhindert werden, dass Verluste aus der Veräuße-
rung von Anteilen auch bei den Gesellschaftern – insbe-
sondere im Rahmen von Familiengesellschaften – be-
rücksichtigt werden müssen, die zwar mit weniger als
1 % beteiligt seien, aber einen höheren Anteil am Ver-
äußerungserlös aufgrund einer kurz vor der Veräußerung
getroffenen Abrede erhielten. Auch diese Vorschrift solle
erstmals auf die Veräußerung von Anteilen an Kapital-
gesellschaften angewendet werden, die nach dem 31. De-
zember 2002 angeschafft worden seien.

3. Stellungnahme der Bundesregierung zu dem
Gesetzentwurf des Bundesrates
– Drucksache 15/1405 –

Die Bundesregierung teilt in ihrer Stellungnahme die Ziel-
setzung des Gesetzentwurfs, für Wagniskapitalgesellschaf-
ten stabile und berechenbare steuerliche Rahmenbedingun-
gen sicherzustellen. Sie bereite zur Wagniskapitalfinanzie-
rung innovativer Unternehmensgründungen gegenwärtig
ein Gesamtkonzept (High-Tech-Masterplan) vor, welches
sie in Kürze vorlegen werde. Die Besteuerung des bei Wag-
niskapitalfonds üblichen erhöhten Gewinnanteils für die
Fondsinitiatoren sei hierbei ein wichtiger Punkt, da Erfolg
oder Misserfolg einer Wagniskapitalgesellschaft in hohem
Maße von der Person der Initiatoren und deren Mitwirkung
abhingen. Die Bundesregierung bezweifelt allerdings, dass
bei den Initiatoren schutzwürdiges Vertrauen auf eine Nicht-
besteuerung des Carried Interest tatsächlich entstehen
konnte, sodass bereits alle Veräußerungen von Anteilen an
Kapitalgesellschaften nach dem 31. Dezember 2002 von
den Regelung des Gesetzentwurfs des Bundesrates erfasst
werden sollten.
Die Bundesregierung äußert in ihrer Stellungnahme zu die-
sem Gesetzentwurf die Absicht, in naher Zukunft die Ein-
führung einer allgemeinen Besteuerung von Gewinnen aus
privaten Veräußerungsgeschäften zu prüfen. Es biete sich
an, im Rahmen der Gesetzgebungsarbeiten zur Einführung
einer Abgeltungssteuer für Kapitalerträge entsprechende
Regelungen zu treffen.

4. Anhörung
Bei der am 14. Juni 2004 stattgefundenen Anhörung zu den
Vorlagen hatten folgende Einzelsachverständige, Verbände
und Institutionen Gelegenheit zur Stellungnahme:
– APAX
– Bundesverband Deutscher

Kapitalbeteiligungsgesellschaften
– Ernst & Young
– Gleiss Lutz & Partnerschaftsgesellschaft
– Prof. Haarmann, Hemmelrath & Partner
– Pöllath & Partner

– Polytechnos
– SJ Berwin Knopf Tulloch & Steiniger
– Techno Venture
– Zentraler Kreditausschuss
– Goldman, Sachs & Co.
Das Ergebnis der Anhörung ist in die Ausschussberatung ein-
gegangen. Das Protokoll der Anhörung einschließlich der
eingereichten schriftlichen Stellungnahmen ist den Mitglie-
dern des Finanzausschusses sowie denen desAusschusses für
Wirtschaft und Arbeit zur Verfügung gestellt worden.

5. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse
a) Drucksache 15/3189
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt ein-
stimmig die Annahme des Gesetzentwurfs in der Fassung
des Änderungsantrags.
b) Drucksache 15/1405
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt, den
Gesetzentwurf für erledigt zu erklären.

6. Ausschussempfehlung
I. Allgemeiner Teil

Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Koalitions-
fraktionen gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei
Stimmenthaltungder Fraktion derCDU/CSUempfohlen, den
Gesetzentwurf des Bundesrates – Drucksache 15/1405 –
abzulehnen.
Der Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN – Drucksache 15/3189 – ist mit den Stim-
men der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der CDU/
CSU gegen die Stimmen der Fraktion der FDP angenom-
men worden.
Die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der CDU/CSU
haben in die Ausschussberatung einen gemeinsamen Ände-
rungsantrag eingebracht, der folgende Änderungen des Ge-
setzentwurfs der Koalitionsfraktionen vorsieht:
– Durch die Einfügung eines neuen § 3 Nr. 40a EStG wird

das Halbeinkünfteverfahren auch in den Fällen ange-
wandt, in denen der Empfänger des Carried Interest eine
Kapitalgesellschaft ist.

– DieRegelung in § 18Abs. 1Nr. 4EStG solle nunmehr ge-
setzlich absichern, dass es sich beim Carried Interest
grundsätzlich um eine voll steuerpflichtige Tätigkeitsver-
gütung handelt, die als Einkünfte aus selbständiger Tätig-
keit einzuordnen ist. Dies gelte auch in den Fällen, in
denen der sog. Carry-Holder eine Personengesellschaft
ist, die dieVoraussetzungendes § 15Abs. 3Nr. 2EStGer-
füllt (gewerblich geprägte Personengesellschaft).
Die hälftige Steuerbefreiung solle auch nicht davon ab-
hängig gemacht werden, dass der Gewinn aus der Ver-
äußerung von Anteilen der Gesellschaft oder Gemein-
schaft an einer Kapitalgesellschaft für die Zahlung des
Carried Interest verwandt wird. Nach Auffassung der
Koalitionsfraktionen und der Fraktion der CDU/CSU
kann die Steuerbefreiung nicht von einer rein auf Liqui-
dität abstellenden Betrachtung abhängig gemacht wer-
den, weil dem Empfänger der Carried Interest (= Initia-

Drucksache 15/3336 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

tor) häufig nicht bekannt sei, aus welchen freien Mitteln
der Fonds diese Forderung begleicht.
Auch seien Fälle denkbar, in denen das Carried Interest
erst bei Liquidierung der letzten Beteiligung zu zahlen
ist, bei der Veräußerung der letzten Beteiligung aber ein
Gewinn nicht entstehe und daher auch nicht zur Zahlung
verwandt werden könne. Statt auf die Frage, aus welchen
Mitteln der Carried Interest entrichtet wird, sei auf das
Wesen des Carried Interest als erfolgsabhängige Tätig-
keitsvergütung abzustellen. Carried Interest sei regelmä-
ßig nur dann zu zahlen, wenn alle Anleger ihr eingezahl-
tes Kapital vollständig (evtl. zuzüglich einer gewissen
Mindestverzinsung) zurückerhalten haben. Dies unter-
scheide den Carried Interest auch von anderen Tätig-
keits- oder Geschäftsführervergütungen und stelle den
eigentlichen Anlass für die hälftige Steuerbefreiung dar.
Mit der Beschränkung auf Gesellschaften oder Gemein-
schaften, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der
Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften be-
steht, solle verhindert werden, dass andere vermögens-
verwaltende Gesellschaften oder Gemeinschaften, die
nicht als Wagniskapitalgesellschaften anzusehen sind, in
den Genuss des Halbeinkünfteverfahrens kommen (Ver-
meidung von Mitnahmeeffekten).

– Es wird Bezug genommen auf den Zusammenhang der
Vergütung mit der Veräußerung von vor dem 7. Novem-
ber 2003 erworbenen Anteilen an Kapitalgesellschaften.
Die Zahlung des Carried Interest stehe immer im Zusam-
menhang mit Veräußerung eines Anteiles an einer Kapi-
talgesellschaft. Durch die neue Formulierung sollen
auch Mischfälle berücksichtigt werden, z. B. wenn das
Carried Interest in Zusammenhang mit der Veräußerung
von Anteilen stehe, die teilweise vor und teilweise nach
dem Stichtag erworben worden seien.

Die Koalitionsfraktionen haben in der Stellungnahme zu
ihrem Gesetzentwurf darauf verwiesen, dass in modernen
Volkswirtschaften mit Hilfe von Wagniskapital Innovatio-
nen und Investitionen finanziert und gefördert würden. Die
Mittel für die Finanzierung innovativer Ideen würden aus
Vorsichtsgründen von den Banken und dem übrigen Finanz-
markt oftmals nicht oder nur bedingt bereitgestellt. Deshalb
sei der Finanzierungsweg über Wagniskapitalgesellschaften
absolut notwendig. Dabei erhielten die Gesellschafter, die
lediglich Geld in die Gesellschaft einbringen, einen entspre-
chenden Gewinnanteil. Darüber hinaus werde vereinbart,
dass das Einbringen der immateriellen Leistungen durch die
Fonds-Initiatoren, zum Beispiel des Know-how, zu einem
überproportionalen Gewinnanteil (Carried Interest) führt.
Mit dieser Entwicklung moderner Finanzierungen habe die
Steuersystematik in den letzten Jahren nicht Schritt gehal-
ten. Das Carried Interest sei durch die Regelungen des
BMF-Schreibens vom 16. Dezember 2003 anders als die
übrigen Gewinnanteile mit dem vollen Einkommensteuer-
satz zu besteuern. Als Konsequenz aus der Rechtsunsicher-
heit in der steuerlichen Behandlung des Carried Interest sei
die Bereitstellung von Wagniskapital in Deutschland erheb-
lich zurückgegangen. Aus diesem Grund sei gesetzgeberi-
scher Handlungsbedarf entstanden.
Die Zielsetzung der Gesetzinitiative, zukünftig auch das
Carried Interest dem Halbeinkünfteverfahren zu unterwer-

fen, sei von den Sachverständigen in der Anhörung einhel-
lig begrüßt worden. Diese Regelung werde zu den beabsich-
tigten volkswirtschaftlichen Folgen, nämlich der Bereitstel-
lung von Wagniskapital, führen. Über den steuersystema-
tisch richtigen Weg hätten unterschiedliche Auffassungen
bestanden, die Koalitionsfraktionen hätten sich trotz mög-
licher Kritikpunkte dazu entschieden, dem Mainstream in
der steuerlichen Diskussion zu folgen. Hierbei setzte die
Neuregelung auf dem BMF-Schreiben auf und sichere des-
sen rechtliche Wirkung gesetzlich ab.
Die Koalitionsfraktionen haben ausdrücklich begrüßt, dass
in der Frage der Besteuerung von Carried Interest eine ein-
vernehmliche Lösung mit der Fraktion der CDU/CSU er-
zielt worden sei.
Die Fraktion der CDU/CSU hat sich positiv zu dem Ent-
gegenkommen der Koalitionsfraktionen in den Bericht-
erstattergesprächen geäußert. So habe sie sich dem Vor-
schlag der Koalitionsfraktionen anschließen können, das
Carried Interest als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit
nach § 18 EStG zu behandeln. Auf diese Weise werde er-
reicht, dass das Carried Interest zukünftig kraft Gesetz im
Rahmen einer selbständigen Tätigkeit vereinnahmt werde
und als besondere erfolgsabhängige Tätigkeitsvergütung
dem Halbeinkünfteverfahren unterliege.
Der Fraktion der CDU/CSU sei ebenfalls bewusst, dass die
Klassifizierung als Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit,
auch in der Wissenschaft, strittig sei. Die Anhörung habe je-
doch ergeben, dass Investoren und insbesondere den Initia-
toren in erster Linie daran gelegen sei, schnellstmöglich
Rechtssicherheit und Planungssicherheit zu erlangen. Der
steuersystematische Weg sei insoweit nicht vorrangig. Die
vorliegenden Änderungen erreichten nach Auffassung der
Fraktion der CDU/CSU dieses Ziel am besten.
Die Fraktion der CDU/CSU hat abschließend ausgeführt,
dass der Gesetzentwurf ein positives Beispiel dafür sei, wie
die Folgen eines BMF-Schreibens, das die zugrundeliegen-
den Fragen nicht in ausreichendem Maße beantwortet habe,
durch den Gesetzgeber geklärt werden könnten.
Die Fraktion der FDP hat das Anliegen der Gesetzent-
würfe in der Sache begrüßt. Sie halte jedoch den Gesetzent-
wurf des Bundesrates für klarer und rechtssystematisch
deutlicher. Die Schaffung von Maßnahmegesetzen für Ein-
zelfälle, wie von den Koalitionsfraktionen vorgesehen, sei
hingegen aus ordnungspolitischen Gründen abzulehnen.

II. Einzelbegründung
Zu Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuer-

gesetzes)
Zu Nummer 1 (§ 3 Nr. 40a EStG)
Die bisherige Regelung zum Halbeinkünfteverfahren nach
dem Entwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN in § 3 Nr. 40 Buchstabe k hätte dazu geführt,
dass aus systematischen Erwägungen heraus die Vorschrift
nicht für Fälle gegolten hätte, in denen das Carried Interest
an eine Kapitalgesellschaft geflossen ist. Durch die Auf-
nahme der hälftigen Steuerbefreiung in einen neuen § 3
Nr. 40a EStG wird diese nicht zu rechtfertigende Ungleich-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/3336

behandlung vermieden, da diese Steuerbefreiungsvorschrift
auch auf Körperschaften Anwendung findet.
Die in der bisherigen Nummer 40 Buchstabe k enthaltene
Definition des zu begünstigenden Carried Interest wurde in
§ 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG (vgl. nachfolgend unter Nummer 2)
vorgenommen, so dass in § 3 Nr. 40a EStG ein Verweis auf
diese Vorschrift ausreicht.

Zu Nummer 2 (§ 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG)
Das BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2003 zur ertrag-
steuerlichen Behandlung von Venture Capital Fonds und
Private Equity Fonds geht davon aus, dass es sich beim
Carried Interest um eine nach bisherigem Recht voll steuer-
pflichtige Tätigkeitsvergütung handelt. Diese rechtliche
Würdigung wird nun durch die Regelung in § 18 Abs. 1
Nr. 4 EStG gesetzlich abgesichert und die grundsätzliche
Steuerpflicht des Carried Interest sichergestellt. Zweifel, die
hieran von verschiedener Seite geäußert worden sind, sind
damit ausgeräumt.
Carried Interest wird zukünftig kraft Gesetzes stets im Rah-
men einer selbständigen Tätigkeit vereinnahmt. Dies gilt
selbst in den Fällen, in denen der sog. Carry-Holder eine
Personengesellschaft ist, die die Voraussetzungen des § 15
Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllt (gewerblich geprägte Personenge-
sellschaft). Die Anwendung des § 15 Abs. 3 EStG wurde
aus diesem Grunde ausgeschlossen und so sichergestellt,
dass auch im Falle einer gewerblich geprägten Initiatoren-
GmbH & Co. KG die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40a
EStG zur Anwendung kommt.
Die hälftige Steuerbefreiung wird auch nicht davon abhän-
gig gemacht, dass der Gewinn aus der Veräußerung von An-
teilen der Gesellschaft oder Gemeinschaft an einer Kapital-
gesellschaft für die Zahlung des Carried Interest verwandt
wird. Von einer reinen liquiditätsmäßigen Betrachtung kann
die Steuerbefreiung nicht abhängig gemacht werden. Häufig
ist dem Empfänger der Carried Interest (= Initiator) nicht
bekannt, aus welchen freien Mitteln der Fonds diese Forde-
rung begleicht, zumal es sich dabei zumindest in einem Teil
der Fälle um die Erfüllung einer Verbindlichkeit der anderen
Anleger gegenüber den Initiatoren handelt.

Auch sind Fälle denkbar, in denen das Carried Interest erst
bei Liquidierung der letzten Beteiligung zu zahlen ist, bei
der Veräußerung der letzten Beteiligung aber ein Gewinn
nicht entsteht und daher auch nicht zur Zahlung verwandt
werden kann. Der Rechtsgrund für die Zahlung eines
Carried Interest wurde hier schon mit den erfolgreichen vor-
angegangenen Anteilsveräußerungen gesetzt. Dieses Bei-
spiel verdeutlicht, dass eine rein liquiditätsmäßige Betrach-
tung zu unterschiedlichen Ergebnissen in wirtschaftlich ver-
gleichbaren Sachverhalten führen würde.
Statt auf die Frage, aus welchen Mitteln der Carried Interest
entrichtet wird, ist auf das Wesen des Carried Interest als er-
folgsabhängige Tätigkeitsvergütung abzustellen. Carried
Interest ist regelmäßig nur dann zu zahlen, wenn alle Anle-
ger ihr eingezahltes Kapital vollständig (evtl. zuzüglich
einer gewissen Mindestverzinsung) zurückerhalten haben.
Dies unterscheidet den Carried Interest auch von anderen
Tätigkeits- oder Geschäftsführervergütungen und stellt den
eigentlichen Anlass für die hälftige Steuerbefreiung dar.
Mit der Beschränkung auf Gesellschaften oder Gemein-
schaften, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Ver-
äußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht,
soll verhindert werden, dass andere vermögensverwaltende
Gesellschaften oder Gemeinschaften, die nicht als Wagnis-
kapitalgesellschaften anzusehen sind, in den Genuss des
Halbeinkünfteverfahrens kommen (Vermeidung von Mit-
nahmeeffekten).
Zu Nummer 3 (§ 52 Abs. 4c EStG – neu –)
Die Übergangsregelung musste redaktionell an die Ände-
rungen in § 3 Nr. 40a und § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG angepasst
werden. Eine sachliche Änderung stellt die Bezugnahme auf
den Zusammenhang der Vergütung mit der Veräußerung
von vor dem 7. November 2003 erworbenen Anteilen an
Kapitalgesellschaften dar. Die Zahlung des Carried Interest
steht immer im Zusammenhang mit Veräußerung eines An-
teiles an einer Kapitalgesellschaft. Allerdings berücksichtigt
die neue Formulierung auch Mischfälle, z. B. wenn das Car-
ried Interest in Zusammenhang mit der Veräußerung von
Anteilen steht, die teilweise vor und teilweise nach dem
Stichtag erworben worden sind.

Berlin, den 16. Juni 2004
Stephan Hilsberg
Berichterstatter

Georg Fahrenschon
Berichterstatter

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