BT-Drucksache 15/3261

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek, Dr. Maria Flachsbarth, Dr. Rolf Bietmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -15/1982- Tierversuche in der europäischen Chemikaliengesetzgebung auf ein Minimum begrenzen

Vom 1. Juni 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3261
15. Wahlperiode 01. 06. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek, Dr. Maria Flachsbarth,
Dr. Rolf Bietmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 15/1982 –

Tierversuche in der europäischen Chemikaliengesetzgebung
auf ein Minimum begrenzen

A. Problem
Am 29. Oktober 2003 hat die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine neue
EU-Chemikalienverordnung verabschiedet. Sie soll rd. 40 bestehende Richt-
linien, Änderungsrichtlinien und Verordnungen durch ein integriertes System
zur Registrierung, Bewertung und Zulassung chemischer Stoffe ersetzen
(REACH-System). Seine Einführung hätte zur Folge, dass nicht nur neue
chemische Stoffe, sondern auch Altstoffe, die bisher keiner systematischen
Sicherheitsbewertung unterworfen wurden, im Rahmen bestimmter Kriterien
zu erfassen und auf ihre Verträglichkeit für Mensch und Umwelt hin zu über-
prüfen wären.
In dem vorliegenden Antrag wird die Befürchtung geäußert, dass sich auf-
grund der mit der Einführung des REACH-Systems verbundenen Altstoffbe-
wertung die Zahl der gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuche erheblich erhö-
hen werde. Zur Verhinderung einer derartigen Entwicklung soll die Bundes-
regierung aufgefordert werden, auf eine Begrenzung und Vermeidung von aus
der Einführung des REACH-Systems resultierenden Tierversuchen hinzuwir-
ken sowie in dem alle zwei Jahre vorzulegenden Tierschutzbericht über die
Entwicklung der auf die europäische Chemikalienpolitik zurückzuführenden
Tierversuche zu berichten und konkrete, verlässliche Einschätzungen und Be-
wertungen darüber abzugeben, ob und inwieweit Tierversuche durch Struktur-
analogiebetrachtungen im Rahmen des REACH-Systems ersetzt werden kön-
nen.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP

Drucksache 15/3261 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Die Kosten sind Gegenstand der politischen Diskussion (siehe Bericht).

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3261

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag – Drucksache 15/1982 – abzulehnen.

Berlin, den 5. Mai 2004

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker
Vorsitzender

Heinz Schmitt (Landau)
Berichterstatter

Dr. Maria Flachsbarth
Berichterstatterin

Dr. Antje Vogel-Sperl
Berichterstatterin

Birgit Homburger
Berichterstatterin

Drucksache 15/3261 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Heinz Schmitt (Landau), Dr. Maria Flachsbarth,
Dr. Antje Vogel-Sperl und Birgit Homburger

I.
Der Antrag – Drucksache 15/1982 – wurde in der 82. Sit-
zung am 11. Dezember 2003 zur federführenden Beratung
an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit und zur Mitberatung an den Rechtsausschuss, den
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, den Ausschuss für
Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, den
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung, den Aus-
schuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschät-
zung und den Ausschuss für die Angelegenheiten der Euro-
päischen Union überwiesen.
Der Rechtsausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft und
Arbeit, der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernäh-
rung und Landwirtschaft, der Ausschuss für Gesundheit
und Soziale Sicherung sowie der Ausschuss für die Ange-
legenheiten der Europäischen Union haben jeweils mit
den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP empfohlen, den Antrag abzulehnen.
Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat mit den Stimmen der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der CDU/CSU bei Abwesenheit der Fraktion der
FDP empfohlen, den Antrag abzulehnen.

II.
Am 29. Oktober 2003 hat die EU-Kommission ihren Vor-
schlag für eine neue EU-Chemikalienverordnung verab-
schiedet. Sie soll rd. 40 bestehende Richtlinien, Ände-
rungsrichtlinien und Verordnungen durch ein integriertes
System zur Registrierung, Bewertung und Zulassung che-
mischer Stoffe ersetzen (REACH-System). Seine Einfüh-
rung hätte zur Folge, dass nicht nur neue chemische
Stoffe, sondern auch Altstoffe, die bisher keiner systemati-
schen Sicherheitsbewertung unterworfen wurden, im Rah-
men bestimmter Kriterien zu erfassen und auf ihre Ver-
träglichkeit für Mensch und Umwelt hin zu überprüfen
wären.
In dem vorliegenden Antrag wird die Befürchtung geäußert,
dass sich aufgrund der mit der Einführung des REACH-
Systems verbundenen Altstoffbewertung die Zahl der ge-
setzlich vorgeschriebenen Tierversuche erheblich erhöhen
werde. Zur Verhinderung einer derartigen Entwicklung soll
die Bundesregierung aufgefordert werden, auf eine Begren-
zung und Vermeidung von aus der Einführung des REACH-
Systems resultierenden Tierversuchen hinzuwirken sowie in
dem alle zwei Jahre vorzulegenden Tierschutzbericht über
die Entwicklung der auf die europäische Chemikalienpolitik
zurückzuführenden Tierversuche zu berichten und konkrete,
verlässliche Einschätzungen und Bewertungen darüber ab-
zugeben, ob und inwieweit Tierversuche durch Strukturana-
logiebetrachtungen im Rahmen des REACH-Systems er-
setzt werden können.

III.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit hat den Antrag – Drucksache 15/1982 – in seiner
Sitzung am 5. Mai 2004 beraten.
Von Seiten der Fraktion der SPD wurde kritisiert, dass der
Antrag von unzutreffenden Daten ausgehe. Die Anzahl der
nach dem REACH-System zu überprüfenden Altstoffe sei
zu hoch angesetzt, ferner müsse berücksichtigt werden, dass
für die Überprüfung insgesamt ein Zeitraum von elf Jahren
zur Verfügung stehe. Auch das zitierte Szenario des Institute
for Environment and Health der Universität Leicester, dem-
zufolge für Tierversuche ein zusätzlicher Bedarf an zwölf
Millionen Tieren bestehe, sei überholt. Der Tierschutz ge-
nieße für die Fraktion der SPD eine hohe Priorität. Dies
komme auch darin zum Ausdruck, dass man sich nach-
drücklich und erfolgreich für seine Verankerung als Staats-
ziel im Grundgesetz eingesetzt habe. Allerdings müsse in
der Abwägung zwischen dem Schutz der menschlichen Ge-
sundheit und dem Tierschutz dem Gesundheitsschutz der
Vorrang eingeräumt werden. Die Erfahrung zeige, dass die
betroffenen Forschungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter
ihre Verantwortung gegenüber dem Tierschutz ernst näh-
men und Tierversuche vielfach bereits durch alternative
Methoden ersetzt hätten. Der Antrag fordere die Bundesre-
gierung u. a. auf, darauf hinzuwirken, dass Expositionskate-
gorien in das REACH-System eingeführt werden, damit
vergleichbare Expositionen zusammengefasst und Tierver-
suche für verschiedene Verwendungen eines Stoffes vermie-
den werden. Dies impliziere einen Ansatz, der darauf ab-
ziele, die Gefährlichkeit eines Stoffes vorab anhand be-
stimmter Kriterien zu definieren. In die gleiche Richtung
ziele die Forderung, nur dann Tierversuche durchzuführen,
wenn diese aufgrund der Exposition unter Berücksichtigung
bereits getroffener Schutzmaßnahmen zur Beurteilung des
Risikos erforderlich seien. Demgegenüber trete die Fraktion
der SPD dafür ein, entsprechend dem Ansatz des REACH-
Systems nicht von vornherein bestimmte Stoffe von der
Überprüfung auszuschließen, sondern auf die Stoffverwen-
dung abzustellen und die Stoffe generell auf ihre Auswir-
kungen auf den Menschen und die Umwelt hin zu überprü-
fen. Die Einführung des REACH-Systems halte man auch
unter Kostengesichtspunkten für sinnvoll. Aktuellen Schät-
zungen der EU-Kommission zufolge beliefen sich – jeweils
verteilt über den Zeitraum von elf Jahren – die direkten
Kosten (Prüf- und Verfahrenskosten für Hersteller und Im-
porteure) auf 2,3 Mrd. Euro und darauf aufbauend die Ge-
samtkosten der Wirtschaft auf 2,8 bis 5,2 Mrd. Euro. Dem
stünden potenzielle Einsparungen bei den Krankheitskosten
in Höhe von rd. 50 Mrd. Euro, verteilt auf 30 Jahre, gegen-
über. Der vorliegende Entwurf zur REACH-Verordnung sei
das Ergebnis eines ausführlichen Konsultationsprozesses,
an dem sich die wichtigsten Industriestaaten in der EU, ins-
besondere auch Deutschland, intensiv beteiligt hätten. Das
Anliegen des Antrags sei in diesem Verordnungsentwurf be-
reits grundlegend berücksichtigt. Der Antrag sei inhaltlich
überholt und werde daher abgelehnt.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/3261

Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wurde ausgeführt,
man begrüße eine einheitliche und nachhaltige europäische
Chemikalienpolitik mit dem Ziel, die Sicherheit für Mensch
und Umwelt beim Umgang mit Chemikalien zu erhöhen,
auch sei es richtig, die zahlreichen europäischen Richt-
linien, Änderungsrichtlinien und Verordnungen zum EU-
Chemikalienrecht zusammenzuführen. Ob allerdings der
vorliegende Verordnungsentwurf seinen Zielen gerecht
werde, sei zweifelhaft. Insbesondere sei es fraglich, ob die
vorgesehenen für kleine und mittlere Unternehmen, auf die
in Deutschland etwa 80 % der in der Chemiebranche tätigen
Unternehmen entfielen, wie auch für Verwaltungsjuristen
überhaupt handhabbar seien.
Zu den wesentlichen Kritikpunkten am Verordnungsentwurf
zähle, dass sich das Untersuchungsregime nicht an den von
den chemischen Stoffen ausgehenden Risiken für Mensch
und Umwelt, sondern an der produzierten Menge orientiere.
Kritisch beurteile man auch die Regelung zur Konsortialver-
pflichtung bei der Datenerstellung auf der Grundlage von
Tierversuchen. Das dahinter stehende Anliegen sei zwar im
Grundsatz sinnvoll, die vorgesehene Umsetzung jedoch mit
einer Reihe ungelöster Probleme behaftet, etwa der erforder-
lichen Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen, kartell-
rechtlichen Fragen sowie der Gefahr einer Verdrängung klei-
ner Unternehmen. Weitere Unklarheiten bestünden hinsicht-
lich Artikel 23 ff. Chemikalienverordnung (ChemV). Was
die Altstoffe anbelange, so verpflichte Artikel 26 Abs. 1
ChemV nur dann zur Offenlegung von Altstudien, wenn von
Übergangsregelungen Gebrauch gemacht werden solle, und
Artikel 28 Abs. 3 ChemV eröffne die Möglichkeit, die
Herausgabe von Studien zu verweigern und sich nur zu einer
anteiligen Kostenübernahme zu verpflichten. Ausweich-
möglichkeiten würden auch im Hinblick auf Neustoffe er-
öffnet. Gemäß Artikel 25 Abs. 4 ChemV setze die Euro-
päische Chemieagentur ein Verfahren zur Erzwingung der
Herausgabe der Altdaten nur auf Antrag in Gang; ggf. könne
der Antragsteller auch – auf der Grundlage neuer Tierversu-
che – eigene neue Daten erstellen lassen.
Ferner unterschritten die in der Chemikalienverordnung
getroffenen Regelungen den Tierschutzstandard von § 20a
Chemikaliengesetz (ChemG) erheblich. Eine Umsetzung
des vorliegenden Verordnungsentwurfs erfordere zahlreiche
zusätzliche Tierversuche. Die Studie der Universität Leices-
ter habe weiterhin ihre Berechtigung. Offizielle neuere Stu-
dien lägen nicht vor. Eine im Auftrag der EU angefertigte
Untersuchung des Joint Research Center, in der unterschied-
liche Szenarien vorgestellt würden, gebe nur die Anzahl der
durchzuführenden Tests, nicht jedoch die Anzahl der Tier-
versuche an. Kritische Stimmen besagten ferner, dass der
Strukturanalysenvergleich (QSAR) zu positiv beurteilt
werde. Auch die in der Antwort der Bundesregierung auf
eine Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU zu den
wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Stoffpolitik (Bun-
destagsdrucksache 15/2806) enthaltene quantitative Angabe
zur Zunahme der benötigten Tierversuche bleibe unbefriedi-
gend, da ihr lediglich eine interne Studie des Umweltbun-
desamtes und des Bundesinstituts für Risikobewertung für
das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reak-
torsicherheit zugrunde liege und darüber hinaus nicht auf
die methodischen Grundlagen der Untersuchung eingegan-
gen werde. Vor diesem Hintergrund sei es dringend notwen-
dig, eine offizielle, unabhängige Fallstudie zur Problematik

der durch die EU-Chemikalienpolitik bedingten Tierver-
suche vorzulegen.
Zur Vermeidung derartiger Tierversuche gelte es verstärkt
vorhandene Altstudien heranzuziehen; hierzu solle eine
§ 20a ChemG vergleichbare Regelung in den Verordnungs-
entwurf aufgenommen werden, die eine anteilige Über-
nahme der durch die Anfertigung der Studie verursachten
Kosten festschreibe und wettbewerbsverzerrende Zeitvor-
teile der Auftraggeber durch entsprechende Sperrfristen
ausgleiche. Darüber hinaus sei die Bundesregierung aufge-
fordert, die Entwicklung von Ersatz- und Ergänzungsme-
thoden zum Tierversuch auf nationaler wie auf EU-Ebene
voranzutreiben, anstatt, wie in den letzten Jahren, die ent-
sprechende Forschungsförderung finanziell zurückzufüh-
ren. Immerhin habe die Diskussion der Problematik im
Deutschen Bundestag bereits erste Erfolge gezeigt: Der An-
satz für entsprechende Forschungsmittel sei für das Jahr
2004 um 0,3 Mio. Euro erhöht worden, auch habe die
Bundesregierung einer Erhöhung der Mittel für das Europä-
ische Zentrum für Alternativmethoden (ECVAM) um insge-
samt 150 Mio. Euro für die kommenden fünf Jahre zuge-
stimmt. Außer den ethischen Gesichtspunkten habe die Ver-
meidung von behördlich vorgeschriebenen Tierversuchen
auch eine wirtschaftliche Komponente, da etablierte Alter-
nativmethoden oftmals preiswerter als Tierversuche seien.
So lasse sich beispielsweise die Infrastruktur eines gut aus-
gestatteten Zellkulturlabors langfristig mit relativ geringen
Verbrauchsmitteln unterhalten und für verschiedene Tests
nutzen, auch entstünden beim Einsatz permanenter Zell-
linien für das Testsystem kaum laufende Kosten. Tests für
akute Phototoxizität lägen bei etwa 2 800 Euro bis 4 000
Euro pro Tierversuch, die Alternativmethode lasse sich für
650 Euro bis 1 200 Euro durchführen. Eine neue Studie des
Bundesinstituts für Risikobewertung sehe zudem eine
Chance, die Anzahl der Tierversuche unter folgenden Vo-
raussetzungen auf unter zehn Millionen zu senken: Einer-
seits gelte es, vorhandene belastbare Industriedaten tatsäch-
lich zu nutzen, wofür es allerdings klarer Regelungen be-
dürfe, die gegenwärtig nicht vorhanden seien. Ferner müsse
der Einsatz von Strukturanaloganalysen (QSAR) ermöglicht
werden, hierzu bedürfe es jedoch der Einführung entspre-
chender Validierungs- und Anerkennungsvoraussetzungen
auf europäischer Ebene.
Eine tierschutzgerechte Neuordnung des europäischen Che-
mikalienrechts sei zwingend geboten. Daher bitte man da-
rum, mit einem Votum des Deutschen Bundestages zuguns-
ten des vorgelegten Antrags die politische Verhandlungs-
position der Bundesregierung in Brüssel in diesem Sinne zu
stärken.
Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wurde betont, dass man für eine optimale Berücksichtigung
des Tierschutzes im Rahmen der Neuordnung des europäi-
schen Chemikalienrechts eintrete. In diesem Zusammen-
hang gelte es, doppelte Wirbeltierversuche auszuschließen
und alternative Testmethoden als Ersatz für Tierversuche in
der REACH-Verordnung zu verankern. Der Antrag der Ko-
alitionsfraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
zugunsten einer nachhaltigen Chemiepolitik in Europa
(Bundestagsdrucksache 15/2666) enthalte eine klare Auf-
forderung an die Bundesregierung, bei den Verhandlungen
mit der Europäischen Kommission ein besonderes Augen-

Drucksache 15/3261 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

merk darauf zu richten, dass zur Verhinderung unnötiger
Wirbeltierversuche verbindliche Regelungen für Prüfver-
fahren getroffen würden mit dem Ziel, doppelte Wirbeltier-
versuche zu verhindern, eine gemeinsame Nutzung von
Daten seitens der Unternehmen vorzuschreiben und die An-
wendung alternativer tierversuchsfreier Testmethoden ver-
bindlich zu etablieren. Das deutsche Chemikalienrecht biete
praktikable Instrumente für die Sicherstellung der gemein-
samen Datennutzung seitens der Hersteller, wie z. B. die
Zweitanmelderegelung. Diese Regelungen müssten Ein-
gang in die europäische Regelung finden. Ferner müssten
die Forschungsmittel für die Entwicklung und Validierung
alternativer Testmethoden sowohl auf europäischer als auch
auf nationaler Ebene gesichert werden. Dies gelte besonders
für den Fortbestand des Forschungsschwerpunktes „alter-
native Testmethoden“ der Bundesregierung. Weiterhin soll-
ten die Möglichkeiten für den Einsatz von tierversuchs-
freien computergestützten Methoden zur Struktur-Wir-
kungsanalyse (QSAR/SAR) geprüft und weiterentwickelt
werden.
Von Seiten der Fraktion der FDP wurde erklärt, dass man
dem Antrag inhaltlich voll zustimme. Der Vorwurf, dieser
sei überholt und überflüssig, sei unberechtigt, vielmehr
decke der vorliegende Entwurf zur REACH-Verordnung das
Anliegen des Antrags keineswegs ab. Angesichts des frak-
tionsübergreifenden Interesses, Tierversuche möglichst zu
vermeiden, rege man an, einen gemeinsamen Antrag zu der
im Antrag der Fraktion der CDU/CSU angesprochenen Pro-
blematik zu formulieren. Einer Legitimation zusätzlicher
Tierversuche unter Berufung auf den Vorsorgecharakter des
REACH-Systems könne man sich nicht anschließen. Es
gebe auf europäischer Ebene nach wie vor einen erheb-
lichen Nachholbedarf hinsichtlich der Entwicklung und
finanziellen Förderung alternativer Verfahren. Daher müsse
verstärkt darauf abgestellt werden, Tierversuche durch die
Bereitstellung von Ersatz- bzw. Ergänzungsmethoden über-
flüssig zu machen.
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, dem
Deutschen Bundestag zu empfehlen, den Antrag – Druck-
sache 15/1982 – abzulehnen.

Berlin, den 5. Mai 2004
Heinz Schmitt (Landau)
Berichterstatter

Dr. Maria Flachsbarth
Berichterstatterin

Dr. Antje Vogel-Sperl
Berichterstatterin

Birgit Homburger
Berichterstatterin

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