BT-Drucksache 15/3238

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -15/2966, 15/3224, 15/3237- Entwurf eines Gesetzes über den Nationalen Zuteilungsplan für Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 (Zuteilungsgesetz - NAPG)

Vom 26. Mai 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3238
15. Wahlperiode 26. 05. 2004

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach),
Marie-Luise Dött, Dr. Rolf Bietmann, Cajus Julius Caesar, Dr. Maria Flachsbarth,
Georg Girisch, Tanja Gönner, Josef Göppel, Kurt-Dieter Grill, Holger Haibach,
Volker Kauder, Laurenz Meyer (Hamm), Doris Meyer (Tapfheim), Franz Obermeier,
Ulrich Petzold, Werner Wittlich, Dagmar Wöhrl und der Fraktion der CDU/CSU

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksachen 15/2966, 15/3224, 15/3237 –

Entwurf eines Gesetzes über den Nationalen Zuteilungsplan für Treibhaus-
gas-Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007
(Zuteilungsgesetz – NAPG)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Im Juni 1992 wurde auf der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt
und Entwicklung in Rio de Janeiro von der internationalen Staatengemein-
schaft die Klimarahmenkonvention unterzeichnet. Ziel dieser Konvention war
es, die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre auf ein Niveau zu
stabilisieren, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems
verhindert wird.
In Fortsetzung der Ziele der Konferenz von Rio de Janeiro hat die internatio-
nale Staatengemeinschaft auf der dritten Vertragsstaaten-Konferenz in Kyoto
das Kyoto-Protokoll verabschiedet. Darin verpflichtet sich die Staatengemein-
schaft den Ausstoß der sechs wichtigsten Treibhausgase im Zeitraum von 2008
bis 2012 um mindestens fünf Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken.
Damit werden im Kyoto-Protokoll erstmals im Rahmen eines internationalen
Abkommens völkerrechtlich verbindliche Emissionsziele festgelegt. Bisher ist
das Kyoto-Protokoll nicht in Kraft getreten. Bedingung hierfür ist, dass es von
mindestens 55 Staaten ratifiziert wird, die zusammen für mindestens 55 Prozent
des weltweiten Kohlendioxidausstoßes verantwortlich sind.
Im Kyoto-Protokoll hat sich die Europäische Union (EU) dazu verpflichtet, ihre
Treibhausgasemissionen bis 2012 um 8 Prozent gegenüber 1990 zu senken.
Deutschland allein hat sich dazu verpflichtet, eine Reduktion von 21 Prozent
zwischen 1990 und 2012 vorzunehmen.
Das Kyoto-Protokoll sieht mit dem Emissionshandel und den projektbezogenen
Mechanismen Clean Development Mechanism (CDM) und Joint Implementa-

Drucksache 15/3238 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

tion (JI) Instrumente vor, die eine kosteneffiziente und flexible Umsetzung die-
ser Ziele ermöglichen.
Das Prinzip des Emissionshandels besteht darin, dass Unternehmen Emissions-
berechtigungen erhalten, die in bestimmten Abständen verringert werden.
Emittiert ein Unternehmen weniger als es dafür an Emissionsberechtigungen
besitzt, kann es nicht benötigte Emissionsberechtigungen an andere Unterneh-
men verkaufen, die mehr Emissionen verursachen als sie an Emissionsberechti-
gungen besitzen und damit dürfen. Da die Menge an Emissionsberechtigungen
verringert und damit zunehmend knapper wird, steigt der Preis für die Emissi-
onsberechtigungen. Je größer die Emissionsmenge eines Unternehmens ist,
desto höher ist der finanzielle Aufwand, den ein Unternehmen für den Erwerb
von Emissionsberechtigungen aufbringen muss. Dadurch entsteht ein Anreiz,
Maßnahmen zur Emissionsreduzierung zu ergreifen, aber nur dort, wo dies
auch mit geringeren Kosten erreicht werden kann, als durch den Zukauf von
Emissionsberechtigungen.
Der Handel mit Emissionsberechtigungen gilt als ein marktwirtschaftliches
Instrument, das es ermöglichen kann, die Emission von Treibhausgasen mit
den volkswirtschaftlich geringsten Kosten zu senken. Die Einführung des
Emissionshandels wird deshalb grundsätzlich begrüßt.
Der Emissionshandel in der EU soll zum 1. Januar 2005 starten und umfasst zu-
nächst zwei Handelsperioden. Die erste Periode umfasst den Zeitraum von
2005 bis 2007, die zweite Periode den Zeitraum von 2008 bis 2012. Der Emis-
sionshandel ist auf die beiden Sektoren Energie und Industrie begrenzt, die an-
deren Sektoren (Gewerbe, Handel, Dienstleistungen, Verkehr, Haushalte) sind
davon ausgenommen.
Mit der Umsetzung des Emissionshandels in Deutschland steht eine der wich-
tigsten umwelt- und wirtschaftspolitischen Entscheidungen in dieser Legisla-
turperiode an. Die Ausgestaltung des Emissionshandelssystems, insbesondere
die Zuteilung der Emissionsberechtigungen, wird auch Einfluss auf die Wettbe-
werbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland und damit auf zukünftige
Investitionsentscheidungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen haben.
Die Umsetzung muss deshalb mit größter Sorgfalt unter Berücksichtigung der
Regelungen in den anderen EU-Mitgliedstaaten erfolgen. Nur dann, wenn euro-
paweit gleichwertige Standards gesetzt werden und es nicht aufgrund einer
unterschiedlichen Ausgestaltung bei der Zuteilung von Emissionsberechtigun-
gen zu Wettbewerbsverzerrungen kommt, kann der Emissionshandel vernünftig
funktionieren. Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass die Umsetzung transpa-
rent und unbürokratisch erfolgt, um so die Kosten für den Staat und die Wirt-
schaft möglichst gering zu halten.
Die Chancen der projektbezogenen Mechanismen CDM und JI, die eine kos-
teneffiziente Erreichung der Ziele ermöglichen, müssen konsequent genutzt
werden. Auch hier ist bei der Nutzung eine Abstimmung mit den Standards in
den anderen europäischen Staaten vorzunehmen. Mit der Nutzung der projekt-
bezogenen Mechanismen ergeben sich auch neue Perspektiven für die wirt-
schaftliche Entwicklung in Entwicklungs- und Schwellenländern dadurch, dass
hochmoderne, umweltfreundliche Technologien auch in diesen Ländern Ein-
satz finden. Dies ist im Interesse einer fortschrittlichen globalen Klimaschutz-
politik und im Interesse einer kosteneffizienten Umsetzung des Emissionshan-
dels in Deutschland.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. bei der Umsetzung des Emissionshandels in Deutschland ihrer klimaschutz-

und wirtschaftspolitischen Verantwortung gerecht zu werden und dabei
sicherzustellen, dass wirtschaftliches Wachstum nicht gehemmt wird,

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3238

2. bei der Ausgestaltung der Zuteilung von Emissionsberechtigungen sicher-
zustellen, dass es zu keinen Wettbewerbsnachteilen gegenüber dem euro-
päischen Ausland kommt,

3. Sorge dafür zu tragen, dass es durch die Ausgestaltung der Zuteilung von
Emissionsberechtigungen zu keinen Wettbewerbsverzerrungen zwischen
und innerhalb den einzelnen Sektoren und Branchen kommt,

4. sicherzustellen, dass Neuanlagen und Anlagenerweiterungen kostenlos mit
einer ausreichenden Anzahl von Emissionsberechtigungen ausgestattet
werden,

5. durch die Ausgestaltung der Zuteilung von Emissionsberechtigungen beim
Ersatz von Altanlagen keine strukturpolitischen Vorfestlegungen zu Guns-
ten eines Energieträgers zu treffen,

6. für den Ersatz stillgelegter Kernkraftwerke eine ausreichende Anzahl von
Emissionsberechtigungen kostenlos zuzuteilen,

7. frühzeitige Klimaschutzmaßnahmen, so genannte early action, in angemes-
senem Umfang kostenlos mit Emissionsberechtigungen auszustatten,

8. Anlagen, die dem neuesten Stand der Technik entsprechen, unabhängig
vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme bedarfsgerecht mit Emissionsberechti-
gungen auszustatten,

9. Sorge dafür zu tragen, dass Emissionssteigerungen in den nicht am Emis-
sionshandel teilnehmenden Sektoren nicht zu Lasten der am Emissions-
handel teilnehmenden Sektoren gehen,

10. alle volkswirtschaftlichen Sektoren in ausreichendem Umfang an der Erfül-
lung der nationalen Klimaschutzverpflichtungen zu beteiligen und konkrete
Konzepte und Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen in den
nicht am Emissionshandel teilnehmenden Sektoren vorzulegen,

11. sicherzustellen, dass es bei der Festlegung der Möglichkeit zur Nutzung der
projektbezogenen Mechanismen CDM und JI im Vergleich zu den anderen
europäischen Staaten zu keiner restriktiven Regelung kommt.

Berlin, den 25. Mai 2004
Dr. Peter Paziorek
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Marie-Luise Dött
Dr. Rolf Bietmann
Cajus Julius Caesar
Dr. Maria Flachsbarth
Georg Girisch
Tanja Gönner
Josef Göppel
Kurt-Dieter Grill
Holger Haibach
Volker Kauder
Laurenz Meyer (Hamm)
Doris Meyer (Tapfheim)
Franz Obermeier
Ulrich Petzold
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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