BT-Drucksache 15/3085

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Ursula Heinen, Gerlinde Kaupa, Maria Eichhorn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -15/2646- Verbesserung der Maßnahmen zum Schutze der Kinder und Jugendlichen vor Alkoholsucht 2. zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Haupt, Detlef Parr, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/2619- Besserer Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Missbrauch von Alcopops und anderen alkoholischen Ready-To-Drink-Getränken

Vom 5. Mai 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3085
15. Wahlperiode 05. 05. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(12. Ausschuss)

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Ursula Heinen, Gerlinde Kaupa, Maria
Eichhorn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 15/2646 –

Verbesserung der Maßnahmen zum Schutze der Kinder und Jugendlichen
vor Alkoholsucht

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Haupt, Detlef Parr, Daniel Bahr
(Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/2619 –

Besserer Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Missbrauch von
Alcopops und anderen alkoholischen Ready-To-Drink-Getränken

A. Problem
Die Anträge auf Drucksachen 15/2646 und 15/2619 weisen auf die besondere
Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch industriell hergestellte alko-
holische Mischgetränke hin. Die besorgniserregende Zunahme des Alkohol-
konsums bei immer jüngeren Minderjährigen erfordere dringende Maßnahmen.
Gerade die Alkopops genannten spirituosenhaltigen Mischgetränke und andere
alkoholhaltige so genannte Ready-To-Drink-Getränke auf der Basis von Wein
und Bier stellten offensichtlich eine starke Verlockung für Kinder und
Jugendliche dar. Beide Anträge beziehen sich hierbei insbesondere auf eine
Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die Ende
2003 durchgeführt wurde. Danach seien im Vergleich zu 1998 im Jahr 2003
vier Mal so viel Alkopops in der Gesamtbevölkerung gekauft worden; bei den
Käufern bis 29 Jahren liege eine Versechsfachung vor. In der Altersgruppe der
14- bis 17-Jährigen seien Alkopops die beliebtesten alkoholischen Getränke
überhaupt.
Der Grund für den Anklang gerade bei Kindern und Jugendlichen liege in der
breiten Verfügbarkeit dieser Getränke, ihrem süßen Fruchtgeschmack, der den
Alkoholgehalt und -geschmack überdecke sowie in ihrem positiven Image bei
Jugendlichen. Durch den Genuss alkoholischer Mischgetränke könnten Kinder
und Jugendliche an den Alkoholkonsum herangeführt werden, ohne dass sie

Drucksache 15/3085 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

sich der Gefahren der Entwicklung eines dauerhaften Suchtverhaltens bewusst
seien. Hier könnten Weichen für ein späteres Konsumverhalten gestellt werden,
das nur schwer wieder zu korrigieren sei. Kinder und Jugendliche seien gene-
rell durch den Alkoholkonsum in besonderem Maße gefährdet. Im Wachstums-
alter sei die Gefahr chronischer Schäden der Organe, der Skelettmuskulatur und
des Gehirns besonders groß.
Beide Anträge fordern daher eine Reihe von Maßnahmen zum Schutz der Kin-
der und Jugendlichen vor Alkoholsucht und insbesondere vor dem Missbrauch
von industriell hergestellten alkoholischen Mischgetränken.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 15/2646 mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 15/2619 mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU

C. Alternativen
Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 15/2587.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3085

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
1. den Antrag auf Drucksache 15/2646 abzulehnen;
2. den Antrag auf Drucksache 15/2619 abzulehnen.

Berlin, den 5. Mai 2004

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Kerstin Griese
Vorsitzende

Sabine Bätzing
Berichterstatterin

Ingrid Fischbach
Berichterstatterin

Jutta Dümpe-Krüger
Berichterstatterin

Klaus Haupt
Berichterstatter

Drucksache 15/3085 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Sabine Bätzing, Ingrid Fischbach, Jutta Dümpe-Krüger
und Klaus Haupt

I. Überweisung
Die Anträge auf Drucksachen 15/2646 und 15/2619 wurden
in der 97. Sitzung des Deutschen Bundestages am 11. März
2004 dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend federführend und dem Rechtsausschuss, dem Finanz-
ausschuss, dem Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, dem
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirt-
schaft sowie dem Ausschuss für Gesundheit und Soziale
Sicherung zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
Die Anträge auf Drucksachen 15/2646 und 15/2619 sind im
Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache
15/2587 – Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des
Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- und
Tabakkonsums – zu sehen. Dieser sieht zur Lösung der ein-
gangs beschriebenen Probleme insbesondere die Einführung
einer Sondersteuer für so genannte Alkopops, also indus-
triell hergestellte branntweinhaltige Mischgetränke, vor.
Im Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache
15/2646 wird dagegen die Einführung einer Sondersteuer
auf alkoholhaltige Süßgetränke abgelehnt. Die besondere
Problematik bestehe hierbei in der Begriffsdefinition von
Alkopops. Mit der im Gesetzentwurf der Koalitionsfraktio-
nen geplanten Definition würden nicht nur die alkoholhalti-
gen Süßgetränke, die nur etwa 0,4 Prozent des Mischgeträn-
kemarktes ausmachten erfasst, sondern auch andere gering-
fügig alkoholartige Mischgetränke. Demgegenüber sei es
sinnvoller, auf die tatsächliche Einhaltung der bereits gel-
tenden Bestimmungen im Kinder- und Jugendschutz hinzu-
wirken.
In dem Antrag wird sodann eine Reihe von Maßnahmen
gefordert, nämlich die Durchsetzung einer strengeren und
klareren Anwendung der geltenden Bestimmungen des
Jugendschutzgesetzes, die verstärkte Durchsetzung der hier-
für bestehenden Straf- und Bußgeldvorschriften, die Auf-
nahme und Einführung einer deutlichen Warnhinweispflicht
für die Auszeichnung aller alkoholhaltigen Mischgetränke
im Jugendschutzgesetz, die Änderung des Lebensmittel-
kennzeichnungsrechts im Sinne einer hervorgehobenen
Kennzeichnung des Alkoholgehaltes und einer Angabe-
pflicht für alle Inhaltsstoffe, die verstärkte Durchführung
effektiver und zielgerichteter Aufklärungs-, Schulungs- und
Präventionsmaßnahmen für das Verkaufspersonal in Koope-
ration mit dem Getränkehandel und der Getränkeindustrie
sowie die Einführung von zielgerichteten Alkoholpräventi-
onsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche in Anlehnung
an die Tabakpräventionsprogramme für diese Altersgruppe.
Auch im Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache
15/2619 wird auf bereits bestehende Bestimmungen des
Jugendschutzgesetzes hingewiesen. In Gaststätten, Ver-
kaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit dürften Brannt-
wein, branntweinhaltige Getränke oder Lebensmittel, die
Branntwein in nicht nur geringfügiger Menge enthielten, an

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren weder abgegeben
noch dürfe ihnen der Verzehr gestattet werden. Für andere
alkoholische Getränke gelte eine Altersgrenze von 16 Jah-
ren. Wer gegen diese Vorschriften verstoße, begehe eine
Ordnungswidrigkeit, die mit Geldbußen geahndet werden
könnte. Allerdings würden diese Verbote nur unzureichend
kontrolliert. Problematisch sei auch, dass die unterschiedli-
chen Altersgrenzen für Branntwein und sonstige Alkoholika
die Problematik der süßen Mischgetränke nicht wirklich trä-
fen: Der Alkoholgehalt von spirituosenhaltigen Alkopops
und sonstigen bier- oder weinbasierten Fertigmischgeträn-
ken unterscheide sich kaum. In dem Antrag wird deshalb
gefordert, den Alkoholmissbrauch bei Kindern und Jugend-
lichen durch eine verbesserte Aufklärung, die Einhaltung
von Verboten und eine Kombination von Maßnahmen in
freiwilliger Mitwirkung der Industrie zu bekämpfen. Hierzu
enthält der Antrag einen Katalog der befürworteten Hand-
lungsweisen.

III. Stellungnahmen der mitberatendenAusschüsse
1. Zu Drucksache 15/2646
Der Rechtsausschuss hat in seiner 46. Sitzung am 5. Mai
2004 mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP empfohlen, den Antrag abzulehnen.
Der Finanzausschuss hat in seiner 57. Sitzung am 5. Mai
2004 mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der
CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP emp-
fohlen, den Antrag abzulehnen.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat in seiner
59. Sitzung am 5. Mai 2004 mit den Stimmen der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung
der Fraktion der FDP empfohlen, den Antrag abzulehnen.
Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft hat in seiner 41. Sitzung am 5. Mai 2004
mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/
CSU bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP empfohlen,
den Antrag abzulehnen.
Der Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung hat
in seiner 63. Sitzung am 5. Mai 2004 mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthal-
tung der Fraktion der FDP empfohlen, den Antrag abzu-
lehnen.
2. Zu Drucksache 15/2619
Der Rechtsausschuss hat in seiner 46. Sitzung am 5. Mai
2004 mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/3085

Der Finanzausschuss hat in seiner 57. Sitzung am 5. Mai
2004 mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP
bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU empfoh-
len, den Antrag abzulehnen.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat in seiner
59. Sitzung am 5. Mai 2004 mit den Stimmen der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der
Fraktion der CDU/CSU empfohlen, den Antrag abzulehnen.
Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft hat in seiner 41. Sitzung am 5. Mai 2004
mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP
bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU empfoh-
len, den Antrag abzulehnen.
Der Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung hat
in seiner 63. Sitzung am 5. Mai 2004 mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der
Fraktion der CDU/CSU empfohlen, den Antrag abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis imfederführenden Ausschuss für Familie,Senioren, Frauen und Jugend
1. Abstimmungsergebnis
1.1 Zu Drucksache 15/2646
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlage in seiner 33. Sitzung am 5. Mai 2004 ab-
schließend beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung
der Fraktion der FDP, den Antrag abzulehnen.

1.2 Zu Drucksache 15/2619
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlage in seiner 33. Sitzung am 5. Mai 2004 ab-
schließend beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der
Fraktion der CDU/CSU, den Antrag abzulehnen.

2. Inhalt der Ausschussberatungen
Der Finanzausschuss hat in seiner 56. Sitzung am 28. April
2004 eine öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Drucksache 15/2587 – Entwurf eines Gesetzes zur Verbesse-
rung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alko-
hol- und Tabakkonsums – durchgeführt. In diese Anhörung
wurden auch der Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 15/2646 und der Antrag der Fraktion der FDP
auf Drucksache 15/2619 einbezogen; die Mitglieder des
Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ge-
nossen bei der Anhörung Rede- und Fragerecht.
Zu dieser öffentlichen Anhörung waren als Sachverständige
eingeladen:

Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle Bayern
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Agraralkoholerzeuger und
-bearbeiter
Arbeitskreis Jugend und Drogenberatung, Ahlen
Bacardi Deutschland GmbH
Bayerisches Landesjugendamt
Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz,
Herr Engels
Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und
-Importeure
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung,
Direktorin Elisabeth Pott
Caritas Passau
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, Rolf Hüllinghorst
Deutsches Krebsforschungszentrum,
Dr. Martina Pötschke-Langer
Fachverband Sucht e.V.
Hauptverband des Deutschen Einzelhandels
IKK Bundesverband Bergisch-Gladbach
Präsidium Bund der Steuerzahler
Prof. Dr. Helmut Siekmann
Prof. Dr. Klaus Hurrelmann
Prof. Dr. Michael Adams
Stefan Willma (Leitender Oberarzt der Klinik für Kinder-
und Jugendpsychiatrie, Berlin)
Suchtbeauftragter des Berufsverbandes der Kinder- und
Jugendärzte
Verband der Deutschen Klein- und Obstbrenner
Verband der Cigarettenindustrie
Auf das Wortprotokoll der Anhörung und die dem Protokoll
beigefügten und als Ausschussdrucksache verteilten schrift-
lichen Stellungnahmen der eingeladenen Sachverständigen
wird hingewiesen. Ferner gingen dem Ausschuss für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend auch unaufgefordert ein-
gesandte Stellungnahmen zu, die ebenfalls verteilt wurden
und in die Beratungen eingingen.
Bereits in ihrer 20. Sitzung am 10. März 2004 hatte die Kin-
derkommission des Deutschen Bundestages folgende Stel-
lungnahme zum Problemfeld der alkoholischen Mischge-
tränke beschlossen:
Die Kommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder
(Kinderkommission) des Deutschen Bundestages ist besorgt
über die von alkoholischen Premixgetränken ausgehenden
Gefahren, insbesondere im Hinblick auf die Gruppe der
14- bis 19-jährigen Jugendlichen.
Bei alkoholischen Premixgetränken unterscheidet man zwi-
schen den sogenannten Alcopops, die aus destilliertem Al-
kohol und Limonade bestehen, und sonstigen auf Bier und
Wein basierenden Premixgetränken. Die Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat in einer repräsenta-
tiven Befragung die Bekanntheit, den Kauf und den Konsum
solcher Produkte untersucht. Danach ist im Vergleich zum
Jahr 1998 der Konsum von alkoholischen Premixgetränken
in der Bevölkerung deutlich angestiegen, wobei besonders
stark die Gruppe der 14- bis 29-Jährigen betroffen ist. Teilt
man diese nochmals in zwei Untergruppen auf, so wird
deutlich, dass speziell die jüngeren Jugendlichen im Alter

Drucksache 15/3085 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

von 14 bis 19 Jahren deutlich häufiger Premixgetränke
zu sich nehmen als die 20- bis 29-Jährigen. 17 Prozent der
14- bis 19-Jährigen trinken mindestens einmal pro Woche
und 34 Prozent einmal bis mehrmals im Monat alkoholische
Premixgetränke. Von den 14- bis 29-Jährigen hatten
49 Prozent in den letzten 30 Tagen vor der Befragung alko-
holische Premixgetränke zu sich genommen; bei der
Gruppe der 14- bis 19-Jährigen waren es 59 Prozent. Eine
Auswertung der Daten speziell der minderjährigen (14- bis
17-jährigen) Jugendlichen ergab, dass in dieser Alters-
gruppe insgesamt 75 Prozent alkoholische Premixgetränke
konsumieren. Von den 14- bis 17-Jährigen hatten 42 Pro-
zent im letzten Monat auch alkoholische Premixgetränke
gekauft; davon 26 Prozent ein- bis zweimal im Monat. Dies
ist besonders erschreckend, da eine Großzahl der Misch-
getränke erst ab dem 18. Lebensjahr verkauft werden darf.
Zur Bekanntheit dieser Getränke nannten fast alle 14- bis
29-Jährigen die Werbung (95 Prozent) und überdurch-
schnittlich häufig auch Supermärkte (76 Prozent), Freunde
(59 Prozent), Tankstellen (62 Prozent) und Discos (61 Pro-
zent) als Informationsquelle.
Die Landeskoordinierungsstelle für Suchtvorbeugung in
Nordrhein-Westfalen führt den Erfolg alkoholischer Premix-
getränke insbesondere auf deren fruchtigen Geschmack und
die Überdeckung des Alkoholgeschmacks zurück, der von
Jugendlichen, insbesondere von Mädchen, geschätzt werde.
Dabei enthielten die meisten dieser Mixgetränke pro 275-
ml-Flasche 5 bis 6 Vol.-% Alkohol, was mehr sei, als zum
Beispiel zwei Schnapsgläser Korn.
Die Kinderkommission schätzt auf der Grundlage dieser
Daten die Gefährlichkeit alkoholischer Premixgetränke ge-
rade für Jugendliche im Alter zwischen 14 und 19 Jahren
als äußerst hoch ein. Die Verfügbarkeit dieser Getränke als
fertige Mischung in bunten Farben sowie deren Geschmack
suggerieren – im Gegensatz zum tatsächlichen Alkohol-
gehalt – die Harmlosigkeit eines nichtalkoholischen Limo-
nadengetränks. Dieser Effekt wird noch verstärkt, wenn al-
koholische Premixgetränke in den Supermärkten direkt
neben solchen nichtalkoholischen Erfrischungsgetränken
angeboten werden. Entsprechende Werbebotschaften kön-
nen ihr Übriges zu diesem Bild beitragen.
Im Gegensatz zu diesem Image sind alkoholische Premixge-
tränke jedoch keineswegs harmlos. Schon in kleinen Men-
gen kann Alkohol Schäden bei dem in der Entwicklung be-
findlichen Körper von Kindern und Jugendlichen auslösen.
Regelmäßiger Alkoholkonsum kann zum Erlernen eines pro-
blematischen Verhaltens führen, wobei zu befürchten ist,
dass alkoholische Premixgetränke viele Kinder und Jugend-
liche zum Einstieg in den Alkoholkonsum verführen.
Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages emp-
fiehlt daher:
– Die Bundesregierung sollte in einer Aufklärungskam-

pagne über die von alkoholischen Premixgetränken aus-
gehenden Gefahren gerade für Kinder und Jugendliche
informieren. Eine Beteiligung der Jugendhilfe wie auch
der Krankenkassen ist dabei wünschenswert.

– Die Länder sollten darauf hinwirken, dass die Kontrol-
len einschlägiger Verkaufsstellen verstärkt werden, um
auch auf diese Weise die Einhaltung des Jugendschutz-
gesetzes zu gewährleisten und somit den Zugang zu al-

koholischen Premixgetränken für Minderjährige zu er-
schweren.

– Die Hersteller alkoholischer Mixgetränke sollten dazu
verpflichtet werden, den Alkoholgehalt ihrer Produkte
auf den Verpackungen deutlich zu kennzeichnen. Ebenso
sollte darauf hingewirkt werden, dass entsprechende
Hinweise in der Werbung verbindlich vorgeschrieben
werden.

– Der Einzelhandel und die Gastronomie sollten auf die
Gefahren durch alkoholische Premixgetränke in beson-
derer Weise angesprochen werden, um das Personal für
die dargelegten Probleme zu sensibilisieren. Insbeson-
dere muss darauf hingewirkt werden, dass beim Verkauf
bzw. Ausschank die Vorschriften des Jugendschutzgeset-
zes eingehalten und die Produkte in den Verkaufsräumen
nicht in unmittelbarer Nähe zu nichtalkoholischen Erfri-
schungsgetränken aufgestellt werden.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Anträge auf Drucksachen 15/2646 und 15/2619 in
seiner 33. Sitzung am 5. Mai 2004 unter Berücksichtigung
der Erkenntnisse aus der Anhörung am 28. April 2004
abschließend beraten. Ebenfalls mit eingeflossen ist die
Stellungnahme der Kinderkommission, die zur Kenntnis ge-
nommen wurde.
Hierbei erläuterte die Fraktion der SPD, das veränderte
Trinkverhalten junger Menschen und die ansteigende Sucht-
gefahr seien durch die Studie der Bundeszentrale für ge-
sundheitliche Aufklärung belegt. Alkopops bildeten häufig
den Einstieg in den Alkoholkonsum. In diesem Zusammen-
hang komme der Durchsetzung des Jugendschutzgesetzes
eine wesentliche Bedeutung zu. Insofern enthielten die vor-
liegenden Anträge auf Drucksachen 15/2646 und 15/2619
durchaus eine Reihe erwägenswerter Maßnahmen. Den be-
schriebenen Problemen solle indes in erster Linie durch Ein-
führung einer Sondersteuer auf branntweinhaltige Mischge-
tränke entgegengewirkt werden, wie sie im Gesetzentwurf
der Koalitionsfraktionen auf Drucksache 15/2587 vorgese-
hen sei. Der dort verfolgte Ansatz sei im Vergleich zu den
Anträgen auf Drucksachen 15/2646 und 15/2619 der weiter-
gehende. Über den Preis dieser Getränke könne das nach
dem Jugendschutzgesetz bestehende Abgabeverbot von
Alkopops an Kinder und Jugendliche wirkungsvoll unter-
stützt werden. Entsprechendes gelte im Hinblick auf die in
dem Gesetzentwurf ebenfalls vorgesehene Kennzeich-
nungspflicht dieser Getränke. Ein Änderungsantrag der
Koalitionsfraktionen sehe darüber hinaus nunmehr vor, der
Bundesregierung die Verpflichtung aufzuerlegen, bis zum
1. Juli 2005 über die Marktentwicklung von Alkopops und
vergleichbaren Getränken zu berichten, um ggf. weiter-
gehenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf feststellen zu
können.
Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, das geltende Jugend-
schutzgesetz enthalte bereits klare Regelungen im Hinblick
auf den Alkoholkonsum junger Menschen. Erforderlich sei
indes, diesen auch zur Durchsetzung zu verhelfen. Insofern
sei insbesondere auf die Erfahrungen der Ordnungsbehör-
den in Köln zu verweisen. Dort habe die konsequente
Durchsetzung jugendschutzrechtlicher Bestimmungen ein-
schließlich der Schließung von Kiosken ein klares Signal
gegen die verbotene Abgabe akoholhaltiger Getränke an
Kinder und Jugendliche gesetzt. Alkoholmissbrauch sei ein

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/3085

gesellschaftliches Problem von außerordentlicher Relevanz.
Deshalb sei es in erster Linie erforderlich, gegen die Menta-
lität von leichtfertigem oder mißbräuchlichem Alkoholkon-
sum vorzugehen.
Mit Blick auf Kinder und Jugendliche sei bei der zum
Thema „Alkopops“ durchgeführten öffentlichen Anhörung
deutlich geworden, dass mit einer Steuererhöhung diesem
Problem nicht beigekommen werden könne. Junge Men-
schen würden sich andere Wege suchen, um weiterhin alko-
holische Süßgetränke konsumieren zu können. Deswegen
müsse der Schwerpunkt auf Aufklärung und Prävention ge-
legt werden. Hierzu würden insbesondere in dem Antrag der
Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/2646 eine Reihe
geeigneter Maßnahmen vorgeschlagen. Ebenso befürwor-
tete die Fraktion der CDU/CSU die Einführung einer Kenn-
zeichnung von spirituosenhaltigen Mischgetränken in Ge-
stalt eines Warnhinweises auf einem leuchtend roten Kron-
korken. Die Erhebung einer Sondersteuer sei dagegen der
falsche Weg.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hob hervor,
gerade im Hinblick auf Kinder und Jugendliche sei eine
Preiserhöhung im hier diskutierten Zusammenhang ein
hochwirksames Mittel der Prävention. Dies hätten auch Ex-
perten während der Anhörung bestätigt. Ein Grund für die
besondere Gefährlichkeit von Alkopops liege darin, dass
diese sich zu Kultgetränken entwickelt hätten. Gerade für
junge Menschen könne deshalb durch höhere Preise die Ver-
fügbarkeit dieser Getränke wirkungsvoll erschwert werden.
Die im Gesetzentwurf auf Drucksache 15/2587 vorgesehene
Besteuerung alkoholischer Süßgetränke auf Branntweinba-
sis sei insoweit ein erster wichtiger Schritt, dem weitere
Maßnahmen in der Verantwortung der Länder folgen müss-
ten.
Die Fraktion der FDP erachtete es als problematisch, ein
Problem des Kinder- und Jugendschutzes mit Mitteln des
Steuerrechts unter Federführung des Finanzressorts lösen zu
wollen. Die in dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen
vorgesehene einseitige Besteuerung sei in sich widersprüch-
lich. Junge Menschen könnten die damit bewirkte Preis-
erhöhung leicht umgehen, indem sie auf den Konsum von
Billigprodukten oder auf die bier- bzw. weinbasierten

Mischgetränke umstiegen, die nicht besteuert würden. Ein
Ausweichen sei auch durch das Selbstmischen von alkoholi-
schen Süßgetränken möglich. Ein Vergleich zu den Bemü-
hungen zur Bekämpfung des Nikotinmissbrauchs zeige
ebenfalls, dass Preiserhöhungen in der Praxis nicht die er-
wünschte Wirkung zeigten. Trotz mehrfacher Steuererhö-
hungen in den letzten Jahren sei gerade bei jungen Men-
schen der Zigarettenkonsum nicht zurückgegangen. Vor die-
sem Hintergrund enthalte der Antrag der Fraktion der FDP
auf Drucksache 15/2619 eine Kombination von Maßnah-
men, die auf allen hier relevanten Ebenen ansetzten, um den
Alkoholkonsum bei Kindern und Jugendlichen zurückzu-
drängen.
Die Bundesregierung wies darauf hin, dass bei der Be-
kämpfung des Alkohol- genauso wie auch bei der Bekämp-
fung des Nikotinmissbrauchs immer ein Spannungsfeld
zwischen selbstbestimmter Entscheidung und staatlichen
Verbots- und Sanktionsmaßnahmen bestehe. Gerade an die
eigene Verantwortung der jungen Menschen richte sich eine
Kampgne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklä-
rung mit dem Titel: „Bist du stärker als Alkohol?“. Die
BZgA werbe im Rahmen eines umfassenden Kooperations-
projekts mit Beteiligung der Jugendhilfe, den Bundeslän-
dern und den Krankenkassen für die bundesweite Auswei-
tung eines entsprechenden Peer-Projekts und biete dabei
ihre Unterstützung an. Neben einem verstärkten Einsatz von
„Peers“ zur direkten Ansprache von Jugendlichen und der
Ausweitung der Streuung von Informationsmaterial sollten
hierbei auch massenmediale Maßnahmen zur Stärkung einer
kritischen Haltung von Jugendlichen gegenüber Alkohol
realisiert werden. Ebenso stehe Unterrichtsmaterial für die
Klassen 5 bis 10 zur Verfügung, in dem ein Schwerpunkt
auch auf dem Thema Alkopops liege.
Bereits hieraus werde deutlich, dass zur Bekämpfung des
zunehmenden Alkoholkonsums bei Kindern und Jugendli-
chen ein Maßnahmenpaket erforderlich sei. In diesem Rah-
men dürften allerdings auch marktwirtschaftliche Ansätze
nicht außer Acht gelassen werden. Gerade im Hinblick auf
Kinder und Jugendliche, die oft lediglich über ein Taschen-
geld verfügten, habe eine Sondersteuer auf Alkopops eben-
falls eine steuernde Wirkung.

Berlin, den 5. Mai 2004
Sabine Bätzing
Berichterstatterin

Ingrid Fischbach
Berichterstatterin

Jutta Dümpe-Krüger
Berichterstatterin

Klaus Haupt
Berichterstatter

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