BT-Drucksache 15/3076

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -15/2537- Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV)

Vom 5. Mai 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3076
15. Wahlperiode 05. 05. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit (9. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 15/2537 –

Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes
(AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV)

A. Problem
Einführung einer Beschränkungsmöglichkeit für den Erwerb von Rüstungs-
unternehmen und Unternehmen der Kryptowirtschaft durch gebietsfremde
Erwerber.

B. Lösung
Annahme des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Keine

E. Sonstige Kosten
Mit der Einführung einer Genehmigungspflicht für den Erwerb von Unterneh-
men, die Kriegswaffen herstellen oder entwickeln oder Kryptoprodukte herstel-
len, können Kosten für die Bearbeitung von Anträgen für die Wirtschaft und
Verwaltung entstehen. Die Höhe der Kosten ist nicht quantifizierbar. Mit einer
nennenswerten Auswirkung auf Einzelpreise und auf das Preisniveau, insbe-
sondere das Verbraucherpreisniveau, ist nicht zu rechnen. Die Änderung des
AWG und der AWV führt für kleine und mittlere Unternehmen zu keinem spür-
baren Kostenaufwand.

Drucksache 15/3076 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf auf Drucksache 15/2537 unverändert anzunehmen.

Berlin, den 5. Mai 2004

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Dr. Rainer Wend Dirk Niebel
Vorsitzender Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3076

Bericht des Abgeordneten Dirk Niebel

I. Überweisung, Voten der mitberatenden
Ausschüsse, Abstimmungsergebnis im
federführenden Ausschuss

1. Überweisung
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache
15/2537 ist in der 94. Sitzung des Deutschen Bundestages
am 4. März 2004 an den Ausschuss für Wirtschaft und Ar-
beit zur federführenden Beratung und an den Innenaus-
schuss sowie den Verteidigungsausschuss zur Mitberatung
überwiesen worden.
2. Voten der mitberatenden Ausschüsse
Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 37. Sit-
zung am 5. Mai 2004 beraten und mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP bei
einer Stimmenthaltung aus den Reihen der Fraktion der
CDU/CSU empfohlen, den Gesetzentwurf der Koalitions-
fraktionen anzunehmen.
DerVerteidigungsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
36. Sitzung am 5.Mai 2004 beraten und mit den Stimmen
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ge-
gen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
empfohlen, den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen an-
zunehmen.
3. Abstimmungsergebnis im federführenden Ausschuss
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat die Bera-
tung der Vorlage in seiner 54. Sitzung am 31. März 2004
aufgenommen, in seiner 57. Sitzung am 26. April 2004 im
Wege einer öffentlichen Sachverständigen-Anhörung fort-
gesetzt und in seiner 59. Sitzung am 5. Mai 2004 abge-
schlossen.
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, dem Deutschen
Bundestag die Annahme des Gesetzentwurfs zu empfehlen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Durch den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Ände-
rung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) und der Außen-
wirtschaftsverordnung (AWV) soll der Erwerb von Rüs-
tungsunternehmen und Unternehmen zur Verschlüsselung
sensitiver Informationen (Kryptowirtschaft) durch gebiets-
fremde Erwerber eingeschränkt werden. Der Entwurf sieht
vor, den Erwerb von gebietsansässigen Unternehmen, die
im Rüstungsbereich oder im Bereich der Verschlüsselung
sensitiver staatlicher Informationen tätig sind, unter Geneh-
migungsvorbehalt zu stellen, wenn gebietsfremde Erwerber
nach dem Erwerb mindestens 25 Prozent der Anteile am
Unternehmen halten würden. Mit dem Gesetz soll sicherge-
stellt werden, dass der Staat seiner Verpflichtung zur Sicher-
heitsvorsorge nachkommen kann und im Einzelfall nach
Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Veräuße-

rung von Unternehmen oder Unternehmensanteilen aus den
genannten Bereichen an Gebietsfremde untersagen kann.
Die Anwendung des Gesetzes soll greifen, wenn durch die
Veräußerung die Verfügung über Kernfähigkeiten der deut-
schen Rüstungswirtschaft gefährdet wird. Nach Auffassung
der Bundesregierung fehlen auf Länderebene Regelungen,
die eine Veräußerung von Kapazitäten der Verteidigungs-
wirtschaft verhindern könnten, obwohl dies möglichen si-
cherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutsch-
land entgegenstehe. Mit einer bundeseinheitlichen Gesetz-
gebung soll der Verpflichtung zur Sicherheitsvorsorge
Rechnung getragen und sollen Nachteile für die Gesamt-
wirtschaft vermieden werden.
Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Druck-
sachen verwiesen..

III. Öffentliche Anhörung von Sachverständigen
Zu der Öffentlichen Anhörung, die am 26. April 2004 in der
57. Sitzung stattfand, haben die Anhörungsteilnehmer
schriftliche Stellungnahmen abgegeben, die in der Aus-
schussdrucksache 15(9)1113 zusammengefasst wurden. Die
darin nicht enthaltene Stellungnahme von Herrn Nassauer
(Berliner Informationszentrum für transatlantische Sicher-
heit) ist auf Ausschussdrucksache 15(9)1143 zu finden.
Fragenkatalog der Öffentlichen Anhörung
l Trägt die geplante Neuregelung dazu bei, um auf inter-

nationaler Ebene, insbesondere im Rahmen des Aufbaus
der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
als aktiver Partner mitwirken zu können?

l Trägt die neue Regelung dazu bei, um die Verfügungsge-
walt über Kernkompetenz der deutschen Rüstungswirt-
schaft zu sichern und damit die Sicherheitsvorsorge
durch den Staat zu gewährleisten?

l Haben andere OECD-Mitgliedstaaten vergleichbare Re-
gelungen?

l Wie viele Unternehmen werden von den Regelungen be-
troffen sein?

l Gibt es andere Möglichkeiten, um das Ziel der Sicher-
heitsvorsorge zu erreichen?

l Gibt es rechtliche Probleme?
l Welche Rolle spielt bei einer Gesamtabwägung der

Anteil eines Rüstungsgutes an der gesamten Produktion
eines Unternehmens?

Folgende Verbände, Institutionen und Einzelsachverstän-
dige haben an der Anhörung teilgenommen:
1. Verbände und Institutionen

– IG Metall Fachbereich Gesellschaftspolitik
– Rheinmetall AG
– Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.

Drucksache 15/3076 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2. Einzelsachverständige
– Herr Joachim Rhode; Stiftung Wissenschaft und

Politik
– Herr Burkhard Schmitt, EU-Institut für Sicherheits-

studien
– Herr Otfried Nassauer, Berliner Informationszentrum

für transatlantische Sicherheit (BITS)
– Herr Prof. Dr. H.-M. Wolffgang, Westfälische Wil-

helms-Universität
– Herr Dr. Wolf Peter Enders, EADS (European Aero-

nautic Defence and Space Company)
Nachstehend werden die wesentlichen Aussagen der Ver-
bände, Institutionen und Einzelsachverständigen kompri-
miert dargestellt.
Die IG Metall begrüßt die geplante Gesetzesänderung, die
dazu beiträgt, die Kernkompetenz der deutschen wehrtech-
nischen Unternehmen zu sichern, und der Bundesregierung
ein Instrument in die Hand gibt, um die Sicherheitsvorsorge
des Staates für die Bevölkerung zu gewährleisten. Ein geän-
derter § 7 Außenwirtschaftsgesetz könne nicht nur vor uner-
wünschten amerikanischen Übernahmen schützen. Die rela-
tiv kleinen privaten Unternehmen müssten möglicherweise
auch innerhalb der EU vor dem Aufkauf durch ausländische
Staatsbetriebe geschützt werden. Daher wäre eine Be-
schränkung des Genehmigungsvorbehalts auf außereuropäi-
sche Übernahmen nicht angebracht. In allen anderen
OECD-Staaten, die über eine relevante Verteidigungsindust-
rie verfügten, könnten die Regierungen auf unterschiedliche
Weise, etwa durch Einflussnahme über staatliches Eigentum
(Golden Shares), über Gesetze mit allgemeinen Genehmi-
gungstatbeständen bei ausländischen Direktinvestitionen
oder über eine mittelbare Beeinflussung, etwa durch die
Androhung, keine Aufträge mehr zu erteilen, verhindern,
dass ausländische Investoren bestimmenden Einfluss auf
heimische Unternehmen erlangten. Nach Einschätzung der
IG Metall dürfte sich die Zahl der von den Regelungen be-
troffenen Unternehmen in engen Grenzen halten. Sinnvoll
wäre eine baldige Harmonisierung der nationalen Export-
vorschriften in Europa und vor allem deren einheitliche An-
wendung auf der Grundlage des bisher nicht rechtsverbind-
lichen europäischen Verhaltenskodex.
Die Rheinmetall AG hält die Einführung einer generellen
Genehmigungspflicht für ausländische Anteilserwerber in
deutschenRüstungsunternehmennicht für geeignet, dieRolle
Deutschlands als aktiven Partner insbesondere beim Aufbau
der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu
fördern. Die generelle Genehmigungspflicht erschwere un-
ternehmensinterne Umstrukturierungen transnationaler Un-
ternehmen mit deutscher Beteiligung. Der Erwerb von
Anteilen durch ein Unternehmen aus anderen Ländern könne
bereits jetzt über § 2 Abs. 2 ABG verhindert werden. Die
Einführung einer Genehmigungspflicht sei im Übrigen un-
verhältnismäßig. Das von der Bundesregierung angestrebte
Ziel könne auch durch das mildere Mittel einer Mitteilungs-
pflicht in vollemUmfang erreicht werden. Länder wie Frank-
reich, Großbritannien, die USA, Italien und Spanien hätten
zwarMöglichkeiten, ausländische Investitionen inUnterneh-
men, die Rüstungsgüter und Kriegswaffen herstellten, zu un-
tersagen bzw. einzuschränken. Die dortigen Vorschriften
seien jedoch ausnahmslos weniger weitreichend als die im

Gesetzentwurf vorgesehene Einführung einer generellen Ge-
nehmigungspflicht. Der Kreis von Unternehmen, die auch
Rüstungsgüter produzierten, sei mit mehr als 1 000 anzuset-
zen. Umgang mit Kriegswaffen hätten nach internen Schät-
zungen wohl rund 150 deutsche Unternehmen.
Der BDI hält die vorgeschlagene Änderung des Außenwirt-
schaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung für
das falsche Instrument, um das Ziel, wehrtechnische Kern-
fähigkeiten in Deutschland zu erhalten, zu erreichen. Die
deutsche wehrtechnische Industrie sei in besonderem Maße
auf internationale Kapitalbeteiligungen angewiesen. Mit
Blick auf den seit 1990 dramatisch geschrumpften nationa-
len Rüstungsmarkt ließen sich andernfalls keine leistungsfä-
higen wehrtechnischen Kapazitäten in Deutschland erhal-
ten. Eine Genehmigungspflicht wäre auch über den Bereich
der Betroffenen und Unternehmen hinaus ein negatives Sig-
nal für den Industriestandort Deutschland. Alternativ
schlägt der BDI vor, über ein freiwilliges Meldeverfahren
im Sinne einer Selbstverpflichtung die Bundesregierung vor
Anteilsverkäufen zu informieren. Alternativ sei auch eine
Meldepflicht für ausländische Erwerber vorstellbar, deren
Nichtbeachtung zu einer (schwebenden) Unwirksamkeit
etwaiger getätigter Unternehmenskäufe führen könnte. Zu-
mindest muss nach Auffassung des BDI darauf geachtet
werden, dass der Anwendungsbereich der Genehmigungs-
pflicht auf den engen Kreis der wirklich sensiblen Unter-
nehmen (d. h. die Hersteller bzw. Entwickler von Kriegs-
waffen im Sinne der Kriegswaffenliste) beschränkt wird. Im
Übrigen müsste der die geplante Genehmigungspflicht aus-
lösende Schwellenwert bei 50 % angesetzt werden.
Herr Rohde (Stiftung Wissenschaft und Politik) vertritt die
Auffassung, dass die geplante AWG-Änderung zwar einen
Eingriff in die Eigentumsrechte der Antragseigner von Un-
ternehmen der rüstungstechnologischen und- industriellen
Basis (RTIB) darstelle. Allerdings sei in diesem Falle zu be-
rücksichtigen, dass deren Eigentumswerte aus öffentlichem
Interesse mit öffentlichenMitteln für öffentliche Zwecke ge-
schaffen und erhalten würden. Beim Aufbau einer europäi-
schen rüstungstechnologischen und -industriellen Basis und
der Entwicklung und inhaltlichen Ausgestaltung der sie steu-
ernden politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingun-
gen gelte es, auch dort auch deutsche Vorstellungen einzu-
bringen.Dies setze die Fähigkeit voraus, auf europäischePro-
zesse aktiv einwirken zu können. In diesem Sinne sei die ge-
planteNeuregelung eine notwendige, aber nicht hinreichende
Voraussetzung der Mitgestaltung europäischer Prozesse, da
das Blockieren ungewollte Entwicklungen nicht aktives Ge-
stalten ersetzen, sondern immer nur vervollständigen und
flankieren könne und müsse. Die politisch generell ge-
wünschte industrielle Kooperation in Europa werde von der
Neuregelung nicht nennenswert beeinträchtigt. Wenn es ge-
linge, industrielle Kernfähigkeiten durch inländische oder
Exportnachfragen auszulasten, müsse sichergestellt werden
können, dass sie nicht durch finanzkräftigere europäische
oder amerikanische Investoren aufgekauft und die deutschen
staatlichenBemühungen um den Erhalt deutscher Kernfähig-
keiten unterlaufen würden. Die geplante Neuregelung sei
zwar kein Ersatz angemessener Beschaffungsanstrengungen,
als eine solche Flankierung sei sie aber dringend notwendig.
Die geplante Neuregelung gewährt nach Auffassung von
Herrn Schmitt (EU-Institut für Sicherheitsstudien) der Bun-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/3076

desregierung Mitsprache beim Zugriff auf nationale wehr-
technische Kernkompetenzen. Letztere sei die Vorausset-
zung dafür, deutsche Interessen bei der Entwicklung einer
europäischen Rüstungspolitik einbringen zu können. Der
Vorteil des Genehmigungsvorbehaltes bestehe darin, dass er
als Hebel eingesetzt werden könne, um bestimmte Zusagen
zur Versorgungssicherheit durchzusetzen. Vergleichbare Re-
gelungen existierten in vielen OECD-Staaten. Der Zusam-
menhang zwischen Politik und Rüstungswirtschaft werde in
allen relevanten Partnerländern klar erkannt und in Rech-
nung gestellt. Gesetzliche Bestimmungen zu ausländischen
Investitionen seien dabei die Regel. Auch bei den derzeit
laufenden Diskussionen in der EU-Kommission gehe man
davon aus, dass bei der avisierten Schaffung eines europäi-
schen Rüstungsmarktes eine Bestimmung der ausländischen
Investitionen notwendig sei. Bestehende Verträge böten im
Falle einer ausländischen Übernahme zumindest nicht auto-
matisch ausreichende Sicherheitsvorsorge. Die geplante
Neuentwicklung biete auch hier eine Gelegenheit, gegen-
über ausländischen Investoren die Interessen der Bundes-
republik Deutschland sicherzustellen. Instrumente, die in
anderen Ländern angewandt würden (direkte Kapitalbeteili-
gung oder goldene Aktien) erschienen für Deutschland
wegen der privatwirtschaftlichen Verfasstheit der Rüstungs-
industrie als keine angemessenen Alternativen. Gravierende
rechtliche Probleme seien vor dem Hintergrund der Erfah-
rungen anderer Staaten nicht erkennbar.
Nach Einschätzung von Herrn Nassauer ((Berliner Informa-
tionszentrum für transatlantische Sicherheit) erweckt der
Gesetzentwurf in der derzeitigen Fassung den Eindruck,
eine kurzfristige, eher notdürftige Reaktion ohne strategi-
sche Zielausrichtung zu sein. Er enthalte zudem eine Viel-
zahl interpretierbarer Aussagen und schafft in der derzeiti-
gen Fassung weniger Klarheit als ungute und verunsi-
chernde administrative Ermessensspielräume. Auch sei die
Gefahr, dass diese Gesetzesänderung mittelfristig als Frei-
brief zur Ausrufung der Notwendigkeit des Aufbaus eines
Amtes oder einer Genehmigungsbehörde verstanden und
ausgelegt werden könnte, nicht auszuschließen.
Prof. Dr. Wolffgang hält die im § 7 Abs. 2 Nr. 5 AWG ge-
plante Erstreckung auf andere Rüstungsgüter für eine unver-
hältnismäßige Ausweitung der Beschränkungsermächti-
gung, die weder geeignet noch erforderlich sei, die Kernfä-
higkeit der deutschen Rüstungswirtschaft zu sichern. Die
Erstreckung auf andere Rüstungsgüter verstoße auch gegen
die Grundfreiheit des Vertrags über die Europäische Ge-
meinschaft. Beschränkungen seien auch dort nur unter Be-
achtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zulässig. § 52
AWV sei mit dem vorgeschlagenen Wortlaut in der Praxis

nicht anwendbar. Beteiligungen von Gebietsfremden könn-
ten damit nicht wirksam kontrolliert werden. Schließlich sei
die Anordnung einer Genehmigungspflicht nicht erforder-
lich. Das gesetzgeberische Ziel der Sicherheitsvorsorge
könne auch durch eine Meldepflicht erreicht werden. Das
Mittel des Einzeleingriffs nach § 2 Abs. 2 AWG lasse eine
ausreichende Gewährleistung der Kernfähigkeit der deut-
schen Rüstungswirtschaft zu.

IV. Ausschussberatungen
Nach Auffassung der Vertreter der Oppositionsfraktionen
hat die vom Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit durchge-
führte Anhörung gezeigt, dass der von der Bundesregierung
vorgelegte Gesetzentwurf mit der in ihm vorgesehenen Ge-
nehmigungspflicht keinen in der Praxis gangbaren Weg
darstelle. Deutsche Unternehmen würden insbesondere
auch durch die Erstreckung der Genehmigungspflicht auf
allgemeine Rüstungsgüter erheblich gegenüber ausländi-
schen Konkurrenzunternehmen benachteiligt. Zu dieser
Wettbewerbsverzerrung komme als weiterer Nachteil eine
unnötige Erhöhung der Bürokratielast. Es sei nicht nach-
vollziehbar, warum der wesentlich weniger intensiv eingrei-
fende Alternativvorschlag einer Meldepflicht mit Verbots-
vorbehalt nicht von der Koalition aufgegriffen worden sei.
Die Vertreter der Koalitionsfraktionen wiesen hingegen dar-
auf hin, dass es nicht darum gehe, Unternehmensveräuße-
rungen oder Veräußerungen von Geschäftsanteilen im Rah-
men von sinnvoller Kooperation oder Restrukturierung zu
verhindern. Vielmehr solle Deutschland wie auch seine be-
freundeten Partner Mechanismen zur Verfügung haben, die
es in Ausnahmefällen ermöglichten, deutsche Sicherheitsin-
teressen durchzusetzen. Im Übrigen bleibe die Regelung in
ihrer Eingriffsintensität weit hinter den in den Partnerlän-
dern USA, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien
geltenden Bestimmungen zurück. Mit einer Genehmigungs-
pflicht werde die im Außenwirtschaftsrecht eingeschlagene
Systematik gewahrt.
Die Bundesregierung gab zur Frage einer möglichst restrik-
tiven Erweiterungsmöglichkeit der Genehmigungspflicht auf
allgemeine Rüstungsgüter folgende Erklärung zu Protokoll:
„Bei einer möglichen Ausweitung der Genehmigungspflicht
des § 52 AWV auf Unternehmen, die andere Rüstungsgüter
als Kriegswaffen herstellen oder entwickeln, berücksichtigt
der Verordnungsgeber im Rahmen einer Gesamtabwägung
neben der Bedeutung dieserWirtschaftsgüter für die nationa-
len Sicherheitsinteressen ihr technologisches Niveau sowie
ihren Anteil an der Gesamtproduktion der betroffenen Unter-
nehmen.“

Berlin, den 5. Mai 2004

Dirk Niebel
Berichterstatter

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