BT-Drucksache 15/3035

zu dem Antrag der Abgeordneten Maria Eichhorn, Dr. Maria Böhmer, Antje Blumenthal, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -15/1983- Frauen und Männer beim Wiedereinstieg in den Beruf fördern

Vom 3. Mai 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3035
15. Wahlperiode 03. 05. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(12. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Maria Eichhorn, Dr. Maria Böhmer,
Antje Blumenthal, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 15/1983 –

Frauen und Männer beim Wiedereinstieg in den Beruf fördern

A. Problem
Die Initianten des Antrags stellen fest, viele Frauen und Männer wollten Fami-
lie und Erwerbstätigkeit miteinander vereinbaren. Die Arbeitgeber seien vor
dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und dem sich abzeichnen-
den Fachkräftemangel auf die Kompetenz gut ausgebildeter und motivierter
Frauen und Männer angewiesen, wobei gerade der Anteil gut ausgebildeter
weiblicher Arbeitskräfte steige. Die 14. Shell-Jugendstudie habe gezeigt, dass
80 Prozent der jungen Menschen eine Familie gründen wollten, diesen Wunsch
aber oftmals nicht umsetzten. Ursache hierfür sei das Fehlen vielfältiger und
bedarfsgerechter Betreuungsangebote sowie eine angemessene Unterstützung
von Eltern beim Wiedereinstieg in den Beruf. Nach einer Untersuchung des In-
stituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung stiegen knapp 60 Prozent der
westdeutschen und 78 Prozent der ostdeutschen Frauen drei Jahre nach der Ge-
burt eines Kindes wieder ins Erwerbsleben ein, wobei seit 1992 die Präferenz
für Teilzeittätigkeiten deutlich angestiegen sei. Die Antragsteller fordern in die-
sen Fällen eine Reihe von Maßnahmen zur Erleichterung des Wiedereinstiegs
in den Beruf.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Keine Angaben.

Drucksache 15/3035 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 15/1983 abzulehnen.

Berlin, den 22. April 2004

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Kerstin Griese
Vorsitzende

Christel Humme
Berichterstatterin

Maria Eichhorn
Berichterstatterin

Irmingard Schewe-Gerigk
Berichterstatterin

Ina Lenke
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3035

Bericht der Abgeordneten Christel Humme, Maria Eichhorn,
Irmingard Schewe-Gerigk und Ina Lenke

I. Überweisung
Der Antrag auf Drucksache 15/1983 wurde in der 100. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 25. März 2004 dem
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend feder-
führend sowie dem Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit,
dem Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung und
dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung zur Mitberatung überwiesen.
II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Die Antragsteller führen aus, die Fraktion der CDU/CSU
stelle die Wahlfreiheit für Männer und Frauen in den Mittel-
punkt ihrer Familienpolitik. Entscheidend für einen erfolg-
reichen Wiedereinstieg ins Erwerbsleben seien insbesondere
vielfältige, auf die Wünsche der Eltern abgestimmte und
bedarfsgerechte Angebote der Kinderbetreuung für alle
Altersgruppen. Darüber hinaus würden Unternehmen und
Verwaltungen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei
der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützten und
Voraussetzungen für einen erfolgreichen Wiedereinstieg in
den Beruf böten, davon dauerhafte Vorteile haben. Ein be-
sonderes Problem beim Wiedereinstieg in den Beruf sei,
dass Berufsrückkehrer und Berufsrückkehrerinnen ohne
Leistungsbezug von einigen Instrumenten der aktiven Ar-
beitsförderung ausgeschlossen seien. Die Absenkung der
Freibeträge beim Partnereinkommen und beim Vermögen
könne die Situation für Frauen zusätzlich erschweren. Die
Erfahrungen zeigten, dass Sozialhilfeempfängerinnen insbe-
sondere aufgrund der Betreuung von Kindern, aber auch
wegen der Anrechnung des Einkommens bei der Sozialhilfe
an einer Erwerbstätigkeit gehindert würden.
Bei allen Reformschritten am Arbeitsmarkt sei die beson-
dere Situation von Familien zu berücksichtigen. Ein wichti-
ges Ziel müsse dabei die Gewährleistung einer selbstbe-
stimmten Lebensführung von Frauen sein. Dafür seien
Weiterbildungsmaßnahmen nach Familienphasen, die ge-
rechte Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit
zwischen Frauen und Männern sowie gleicher Lohn für
gleichwertige Arbeit Voraussetzung.
Die Initianten des Antrags stellen sodann eine Reihe von
Forderungen auf. Hierzu gehört die Entwicklung und Förde-
rung von Konzepten in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft,
um Erziehende beim Wiedereinstieg zu unterstützen, die
Unterstützung des Aufbaus einer Datenbank zur Ausschöp-
fung familienfreundlicher Maßnahmen in Betrieben sowie
die Förderung von Modellversuchen, Forschungsvorhaben
und Maßnahmen der Wirtschafts- und Arbeitsförderung
unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf beide Ge-
schlechter. Außerdem müssten die Länder bei der Schaffung
vielfältiger und bedarfsgerechter Betreuungsangebote für
Kinder aller Altersstufen unterstützt und die künftigen Job-
center verpflichtet werden, Familien mit Kindern auch bei
der Suche nach Betreuungsmöglichkeiten behilflich zu sein.
Schließlich sei der Forderung der Union nach einer Aktivie-
rung der Beschäftigungspotenziale im Niedriglohnbereich
umfassend nachzukommen und es müssten geeignete In-

strumente für einen verbesserten Hinzuverdienst geschaffen
werden.
III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat in seiner
54. Sitzung am 31. März 2004 mit den Stimmen der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP empfoh-
len, den Antrag abzulehnen.
Mit demselben Stimmenverhältniss haben auch der Aus-
schuss für Gesundheit und Soziale Sicherung in seiner
60. Sitzung am 31. März 2004 und der Ausschuss für
Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung in
seiner 34. Sitzung am 31. März 2004 die Ablehnung des
Antrags empfohlen.
IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis im

federführenden Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend

1. Abstimmungsergebnis
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlage in seiner 31. Sitzung am 31. März 2004
beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP beschlossen, den Antrag
abzulehnen.
2. Inhalt der Ausschussberatungen
In den Ausschussberatungen erläuterte die Fraktion der
CDU/CSU, heute hätten Mädchen im Schnitt durchgehend
eine bessere Ausbildung als Jungen, sie stellten die Mehr-
heit der Abiturienten und verließen die allgemeinbildenden
Schulen durchschnittlich mit höheren Bildungsabschlüssen
als ihre männlichen Mitschüler. Im Hinblick auf die Verein-
barkeit von Beruf und Familie gäben die meisten jungen
Leute allerdings an, wenn sie eine Familie gründeten, woll-
ten sie sich auch ein, zwei oder drei Jahre dem Kind widmen
können. Eine längere Abwesenheit im Beruf erzeuge indes
große Probleme weshalb es erforderlich sei, die Möglich-
keiten des Wiedereinstiegs zu erleichtern. Grundsätzlich sei
eine familienfreundlichere Einstellung der Arbeitswelt
erforderlich, wobei insbesondere die Flexibilisierung von
Arbeitszeiten, der Ausbau von Telearbeitsplätzen sowie
Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung des Kontakts zum
Betrieb während der Erziehungszeit wichtige Punkte seien.
Darüber hinaus müsse stärker ins Bewusstsein gerückt
werden, dass soziale Kompetenzen wie Teambereitschaft,
Organisationsfähigkeit und Konfliktmanagement, die durch
Familienarbeit ganz selbstverständlich erworben bzw. ge-
stärkt würden, auch im Erwerbsleben wichtige Führungs-
qualitäten seien. Insgesamt sei es wichtig, jungen Frauen
und Männern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu
ermöglichen, was eine entsprechende Wahlfreiheit voraus-
setze. Dazu gehöre insbesondere auch, die Rahmenbedin-
gungen dafür zu schaffen, dass Frauen und Männer eine

Drucksache 15/3035 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Zeitlang aus dem Beruf aus- und später ohne Probleme wie-
der einsteigen könnten.
Speziell zu der Forderung nach Aktivierung der Beschäfti-
gungspotenziale im Niedriglohnbereich führte die Fraktion
der CDU/CSU aus, es sei besser, Frauen und Männer mit
geringen Löhnen und Lohnzusatzleistungen durch den Staat
(Kombilohn) zu beschäftigen, als sie der Arbeitslosigkeit zu
überlassen. Gerade Langzeitarbeitslose hätten die gerings-
ten Chancen, wieder eine Beschäftigung zu erhalten.
Die Fraktion der SPD betonte, man stimme mit den
Antragstellern darin überein, dass die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf zu fördern sei. Die Wahlfreiheit müsse
sich – und zwar sowohl für Frauen als auch für Männer –
gleichwertig auf Familienarbeit und Erwerbsarbeit bezie-
hen. Ebenso sei dem Antrag in der Zielsetzung zuzustim-
men, eine selbstbestimmte Lebensführung von Frauen zu
gewährleisten.
Soweit der Antrag Konzepte für eine Zusammenarbeit mit
der Wirtschaft fordere, um durch freiwillige Maßnahmen
den Wiedereinstieg in das Erwerbsleben zu erleichtern, sei
insbesondere auf die unter dem Dach der „Allianz für die
Familie“ gebündelten Initiativen des Bundesministeriums
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für eine bessere
Balance von Familie und Arbeitswelt hinzuweisen. Auch
die meisten der im Antrag enhaltenden Forderungen zur
Arbeitsmarktpolitik seien mittlerweile bereits Bestandteil
der gesetzlichen Regelungen. Beispielsweise erfüllten die
getroffenen Regelungen im SGB II bereits die in dem An-
trag erhobene Forderung, die künftigen Jobcenter sollten
Familien mit Kindern nicht nur bei der Beschäftigungs-
suche, sondern auch bei der Suche nach Betreuungsmög-
lichkeiten unterstützen.
Nicht zustimmen könne die SPD allerdings der Forderung
nach einer Ausweitung des Niedriglohnsektors. Wenn
Frauen in die Lage versetzt werden sollten, ein eigenständi-
ges, unabhängiges Leben zu führen, müssten sie auch eine
existenzsichernde Arbeit haben. Bereits jetzt würden 75 Pro-
zent derMinijobs von Frauenwahrgenommen; bei haushalts-
nahen Dienstleistungen betrage die Quote sogar 93 Prozent.
Unter arbeitsmarkt- und frauenpolitischen Gesichtspunkten
sei dies auch deshalb bedenklich, weil die betroffenen Frauen
keine Ansprüche in der Rentenversicherung erwürben.
Die Fraktion der FDP wies ebenfalls darauf hin, das
Frauen und Männer mehr Chancen haben wollten, sich trotz

Karriere intensiver ihrer Familie zu widmen. Schon allein
eine Steigerung der Frauenerwerbsquote auf das skandina-
vische Niveau würde die mit der demografischen Entwick-
lung verbundenen Finanzpobleme in der umlagefinanzierten
Rentenversicherung spürbar abschwächen. Die Fraktion
unterstütze insbesondere das Verlangen nach Förderung von
Forschungsvorhaben zur Messbarkeit von Familienkom-
petenzen. Sie kritisierte, dass nach aktuellen Umfrage-
ergebnissen in der Bundesrepublik erstmals ein Abwuchs
von Betreuungsplätzen zu verzeichnen sei, insbesondere
weil in den neuen Bundesländern viele Kindergärten und
Krippen schließen müssten. Hervorzuheben sei auch die in
dem vorliegenden Antrag enthaltene Forderung, Maß-
nahmen der Arbeits- und Wirtschaftsförderung konsequent
unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf beide Ge-
schlechter durchzuführen. In diesem Zusammenhang sei zu
betonen, dass die FDP als einzige Fraktion einen konkreten
Vorschlag zur Abschaffung der Steuerklasse V vorgelegt
habe. Diese Steuerklasse stelle eine psychologische Hürde
für Frauen dar, die wieder in den Beruf einsteigen wollten.
Männer seien hingegen hiervon nicht in gleicher Anzahl
betroffen.
Auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte
die Notwendigkeit einer Vereinbarkeit von Familie und Be-
ruf. In dem vorgelegten Antrag seien dazu viele positive
Elemente enthalten wobei festzustellen sei, dass viele dieser
Forderungen von der Koalition bereits umgesetzt würden.
Dies betreffe beispielsweise die Forderungen nach einer
Verpflichtung der künftigen Jobcenter, Familien mit Kin-
dern auch bei der Suche nach Betreuungsmöglichkeiten
behilflich zu sein, die Forderung nach finanzieller Unter-
stützung der Kommunen beim Ausbau der Kinderbetreuung
und die Forderung nach dem Bemühen um mehr freiwillige
Vereinbarungen mit der Wirtschaft.
Im Hinblick auf die Forderung nach einer Aktivierung der
Potenziale im Niedriglohnbereich sei zunächst auf die be-
reits bestehende Möglichkeit der 400-Euro-Jobs hinzuwei-
sen. Im Übrigen sollte dieser Bereich jedoch nicht ausge-
weitet werden, damit nicht weiterhin eine Zerstörung von
sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen entstehe. Ge-
rade im Hinblick auf den Gedanken des gender mainstrea-
ming müsse dafür gesorgt werden, dass Frauen in der Lage
seien, sich selbst zu ernähren. Sie dürften deshalb nicht auf
die Billigjobs verwiesen werden.

Berlin, den 22. April 2004
Christel Humme
Berichterstatterin

Maria Eichhorn
Berichterstatterin

Irmingard Schewe-Gerigk
Berichterstatterin

Ina Lenke
Berichterstatterin

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