BT-Drucksache 15/3029

Umsetzung der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht

Vom 27. April 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3029
15. Wahlperiode 27. 04. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Maria Eichhorn, Marie-Luise Dött, Hubert Hüppe, Andrea Astrid
Voßhoff, Norbert Geis, Dr. Maria Böhmer, Wolfgang Bosbach, Antje Blumenthal,
Manfred Carstens (Emstek), Hubert Deittert, Albert Deß, Thomas Dörflinger, Ingrid
Fischbach, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Dr. Maria Flachsbarth, Erich G. Fritz,
Dr. Michael Fuchs, Dr. Peter Gauweiler, Norbert Geis, Georg Girisch, Tanja
Gönner, Dr. Wolfgang Götzer, Markus Grübel, Olav Gutting, Volker Kauder,
Kristina Köhler (Wiesbaden), Julia Klöckner, Norbert Königshofen, Dr. Hermann
Kues, Barbara Lanzinger, Werner Lensing, Walter Link (Diepholz), Eduard Lintner,
Dorothee Mantel, Maria Michalk, Dr. Gerd Müller, Hildegard Müller, Michaela Noll,
Franz Obermeier, Rita Pawelski, Thomas Rachel, Helmut Rauber, Christa
Reichard (Dresden), Hannelore Roedel, Andreas Scheuer, Bernd Siebert,
Matthäus Strebl, Gerhard Wächter, Annette Widmann-Mauz, Wolfgang Zöller,
Willi Zylajew und der Fraktion der CDU/CSU

Umsetzung der vom Bundesverfassungsgericht geforderten
Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht

Vor 11 Jahren, am 28. Mai 1993, verkündete das Bundesverfassungsgericht sein
zweites Abtreibungsurteil. In Deutschland gilt nunmehr seit fast 11 Jahren für
die Abtreibung das sog. Beratungskonzept, das faktisch als Fristenregelung mit
Beratungspflicht wirkt: Der Straftatbestand des Schwangerschaftsabbruchs
(§ 218 Strafgesetzbuch/StGB) findet keine Anwendung, wenn sich die
Schwangere innerhalb von 12 Wochen nach der Empfängnis mindestens drei
Tage vor dem Abbruch von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten las-
sen, diese Beratung dem Arzt durch eine Bescheinigung (Beratungsschein)
nachweist, und der Abbruch von einem Arzt vorgenommen wird (§ 218a Abs. 1
StGB).
Damit hat die Frau, wie das Gericht in seiner Entscheidung vom 28. Mai 1993
hervorhebt, „die Letztverantwortung für den Schwangerschaftsabbruch“
(BVerfG 88, 203 ff., S. 268 ff., 318 ff.). „Nach dem Schutzkonzept der Bera-
tungsregelung hat es die sozial und ärztlich beratene Frau zu verantworten, ob
es zu einem – dann nicht mit Strafe bedrohten – Schwangerschaftsabbruch
kommt oder nicht.“ (BVerfG 88, S. 318).
„Grundrechte der Frau tragen nicht so weit, dass die Rechtspflicht zum Austra-
gen des Kindes – auch nur für eine bestimmte Zeit – generell aufgehoben wäre.
Die Grundrechtspositionen der Frau führen allerdings dazu, dass es in Ausnah-
melagen zulässig, in manchen Fällen womöglich geboten ist, eine solche
Rechtspflicht nicht aufzuerlegen“ (Leitsatz 7, BVerfG 88, S. 204).

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Dennoch betont das Gericht im Gegensatz dazu im gleichen Urteil, dass der
Embryo im Mutterleib ein von der Mutter unabhängiges Recht auf Leben hat
(Leitsätze des Urteils vom 25. Februar 1975 und vom 28. Mai 1993).
Daher ist die Tötung des Kindes im Mutterleib ein Verstoß gegen dieses Grund-
recht. In Folge dessen legt das Gericht auch größten Wert auf die Feststellung,
dass die Abtreibung zwar straflos, aber dennoch rechtswidrig ist: „Der Schwan-
gerschaftsabbruch muss für die ganze Dauer der Schwangerschaft grundsätz-
lich als Unrecht angesehen werden und demgemäß rechtlich verboten sein (Be-
stätigung durch BVerfG 39, 1 >44<). Das Lebensrecht darf nicht, wenn auch
nur für eine begrenzte Zeit, der freien, rechtlich nicht gebundenen Entschei-
dung eines Dritten, und sei es selbst die Mutter, überantwortet werden.“ (Leit-
satz 4 des Urteils vom 28. Mai 1993).
Das selbständige Grundrecht auf Leben und Wahrung seiner Würde (Artikel 2
Satz 1 Grundgesetz/GG, Artikel 1 Abs. 1 GG) steht dem Embryo deshalb zu,
weil dieser nach dem Verständnis der beiden verfassungsgerichtlichen Urteile
vom 25. Februar 1975 und vom 28. Mai 1993 von Anfang an Mensch ist.
Daraus entsteht die Schutzpflicht des Staates: „Diese Schutzpflicht des Staates
verbietet nicht nur unmittelbare staatliche Eingriffe in das sich entwickelnde
Leben, sondern gebietet dem Staat auch, sich schützend und fördernd vor
dieses Leben zu stellen.“ (Leitsatz 1 des Urteils vom 25. Februar 1975). Diese
Schutzpflicht besteht auch gegenüber der Mutter (Leitsatz 2 des Urteils vom
25. Februar 1975; Leitsatz 3 BVerfG 88).
Weil es sich bei dem Leben um das elementarste Grundrecht handelt, hatte der
Gesetzgeber ursprünglich das noch nicht geborene Kind mit dem Strafrecht zu
schützen versucht (§ 218 ff. StGB – alte Fassung). Mit dem Urteil vom 28. Mai
1993 wurde dem Gesetzgeber jedoch die Möglichkeit eröffnet, diese Schutz-
pflicht durch ein Beratungskonzept und eine Pflichtberatung zu erfüllen.
Grundmotiv des Überganges vom strafrechtlichen Schutz zum sog. Beratungs-
schutz war die Überlegung, dass nur mit der „Beratungsregelung“ Abtreibun-
gen Erfolg versprechend zurückgedrängt werden könnten.
Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber ausdrücklich aufgetragen,
dass die tatsächlichen Auswirkungen des neuen Konzeptes zu beobachten seien:
„Die Beobachtungspflicht besteht auch und gerade nach einem Wechsel des
Schutzkonzeptes.“ (BVerfG 88, 310). Dazu kommt die Korrektur- oder Nach-
besserungspflicht: „Stellt sich nach hinreichender Beobachtungszeit heraus, dass
das Gesetz das von der Verfassung geforderte Maß an Schutz nicht zu gewähr-
leisten vermag, so ist der Gesetzgeber verpflichtet, durch Änderung oder Ergän-
zung der bestehenden Vorschriften auf die Beseitigung der Mängel und die
Sicherstellung eines dem Untermaßverbot genügenden Schutzes hinzuwirken
(Korrektur- oder Nachbesserungspflicht).“ (BVerfG 88, S. 309 f.).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie ist die Bundesregierung der vom Bundesverfassungsgericht in seinem

Urteil vom 25. August 1993 geforderten Beobachtungspflicht nachgekom-
men?

2. Gibt es eine den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes entsprechende
aussagekräftige Statistik, durch welche die Entwicklung der Abtreibungs-
zahlen in der Bundesrepublik Deutschland dokumentiert wird?

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3. Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang den Vor-
schlag der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe für
eine spezielle Statistik, mit der die Indikationsgrundlage unter klarer Aus-
weisung der fehlbildungsbezogenen Indikationen das Schwangerschafts-
alter, die Methode des Schwangerschaftsabbruchs einschließlich des Feto-
zids sowie die postnatale Befundsicherung erfasst werden?

4. Wie haben sich in den vergangenen 11 Jahren die Abtreibungszahlen in der
Bundesrepublik Deutschland entwickelt (in absoluten Zahlen als auch be-
zogen auf die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter sowie aufgeschlüsselt
nach Jahren und Indikation bzw. „Beratungsregelung“)?

5. Wie viele Minderjährige werden im Jahr in Deutschland schwanger (Jah-
resvergleich der vergangenen 11 Jahre nach Alter gestaffelt)?

6. Wie viele Schwangerschaftsabbrüche werden bei Minderjährigen in
Deutschland jährlich vorgenommen (Zahlen für die vergangenen 11 Jahre,
nach Alter gestaffelt)?

7. Wie sind diese Zahlen im Vergleich der bisherigen Staaten der Europäi-
schen Union einzuordnen (Zahlen von Schwangerschaften Minderjähriger/
Schwangerschaftsabbrüchen Minderjähriger in den europäischen Ländern
im direkten Vergleich zu den Angaben in Frage 4 und 5)?

8. Welche Maßnahmen werden in anderen europäischen Ländern ergriffen,
um ungewollten Schwangerschaften bei Minderjährigen entgegenzuwir-
ken?

9. Inwie vielenFällen und inwelcherHöhe haben in den vergangenen11 Jahren
Krankenkassen gemäß § 24b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)
Kosten für die Durchführung von Abtreibungen übernommen?

10. In wie vielen Fällen und in welcher Höhe haben die Bundesländer gemäß
dem Gesetz zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen in beson-
deren Fällen seit Inkrafttreten dieses Gesetzes Kosten für Schwanger-
schaftsabbrüche nach der Beratungsregelung getragen (in absoluten Zahlen
sowie bezogen auf die Zahl der statistisch erfassten Abtreibungen nach der
Beratungsregelung)?

11. Wie beurteilt die Bundesregierung das Verhältnis der Zahl von Fällen, in
denen Bundesländer die Kosten einer Abtreibung nach der Beratungs-
regelung gemäß dem Gesetz zur Hilfe für Frauen bei Schwangerschafts-
abbrüchen in besonderen Fällen getragen haben, und der Zahl der statis-
tisch erfassten Abtreibungen nach der Beratungsregelung?

12. Sind die Zahlen der gemeldeten Abtreibungen und der über die Kranken-
kassen abgerechneten Abtreibungen in den vergangenen 11 Jahren
deckungsgleich gewesen, und wenn nicht, wie erklärt die Bundesregierung
die Differenz?

13. Wurde nach Auffassung der Bundesregierung angesichts der Abtreibungs-
zahlen das Ziel des Gesetzes vom August 1995, den verfassungsrechtlich
gebotenen Schutz des vorgeburtlichen Lebens erkennbar zu verbessern, er-
reicht?

14. Welche Schritte wird die Bundesregierung unternehmen, um den recht-
lichen Schutzanspruch des ungeborenen Lebens im allgemeinen Bewusst-
sein zu erhalten und zu beleben?

15. Hat die Bundesregierung in der Vergangenheit durch entsprechende Kon-
trollen dafür gesorgt, dass nur solche Beratungsstellen zur Beratung zuge-
lassen werden, welche eine – den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts
entsprechende – Eignung besitzen?

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16. Welche Maßnahmen sieht die Bundesregierung vor, damit die Beratungen
so erfolgen, dass durch diese der Schutz des ungeborenen Kindes hinrei-
chend gewährleistet ist?

17. Welche Hilfs- und Beratungsmaßnahmen stehen schwangeren Minderjähri-
gen in Deutschland zur Verfügung?
Gibt es Beratungs- und Hilfsangebote, die auf die spezifischen Bedürfnisse
jugendlicher Schwangerer ausgerichtet sind?
Wenn ja, welche Konzepte und Maßnahmen liegen diesen zugrunde?
In welchem Maße werden diese Angebote durch jugendliche Schwangere
genutzt?

18. Vorausgesetzt, die Abtreibungszahlen sind nicht erkennbar zurückgegan-
gen, sieht dann die Bundesregierung eine Verpflichtung, entsprechend dem
verfassungsgerichtlichen Auftrag die bestehenden Regelungen zu verbes-
sern (Korrektur- oder Nachbesserungspflicht)?
Wenn ja, wie gedenkt die Bundesregierung den Schutz der ungeborenen
Kinder zu verbessern?

19. Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen der gesetzlichen Re-
gelung des § 218a Abs. 2 StGB, Abtreibung aufgrund einer medizinischen
Indikation, auf das Rechtsbewusstsein, wonach eine Abtreibung bis unmit-
telbar vor der Geburt rechtmäßig ist, während kurze Zeit später, unmittel-
bar nach der Geburt die Tötung des Neugeborenen (gleiches Rechtsgut) als
Verbrechen qualifiziert wird?

20. Für wie viele der seit Inkrafttreten des Schwangeren- und Familienhilfe-
änderungsgesetzes (SFHÄndG) durchgeführten Abtreibungen war nach
Kenntnis der Bundesregierung eine pränatal diagnostizierte Behinderung
oder vorgeburtliche Schädigung des Kindes ursächlich für die Stellung
einer medizinischen Indikation (in absoluten Zahlen als auch bezogen auf
die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter sowie aufgeschlüsselt nach
Jahren), und auf welche statistischen Datenerhebungen stützt die Bundes-
regierung ihre Erkenntnis?

21. Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung unternommen, etwa durch
Fachtagungen und Expertengespräche des zuständigen Bundesministeri-
ums, Abfrage bei Ärztekammern, ärztlichen Fachorganisationen, pränatal-
diagnostischen Schwerpunktzentren, Krankenhausträgern und Krankenver-
sicherungen sowie durch Erteilung von Aufträgen für wissenschaftliche
Studien, um Kenntnisse über das tatsächliche Geschehen im Bereich von
Abtreibungen nach Pränataldiagnostik zu erlangen, und welche Bundes-
ministerien sind hieran beteiligt?

22. Wann und mit welchen Ergebnissen war dies Gegenstand der Kabinettssit-
zungen?

23. In wie vielen Fällen wurden nach einer Abortinduktion nach Pränatal-
diagnostik beim Neugeborenen Lebenszeichen festgestellt, und in wie
vielen dieser Fälle wurden lebensrettende Maßnahmen eingeleitet bzw. auf
solche Maßnahmen verzichtet?

24. In wie vielen Fällen wurde vor einer Abortinduktion nach Pränataldiagnos-
tik ein Fetozid zur intrauterinen Tötung des Ungeborenen durchgeführt?

25. Sind der Bundesregierung Schätzungen bekannt, denen zufolge in Deutsch-
land etwa 800Ungeborene nachErreichen der extrauterinenLebensfähigkeit
wegen erwarteter Behinderung abgetötet werden?
Wie steht die Bundesregierung dazu?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/3029

26. Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderungen der Bundesärztekam-
mer hinsichtlich ärztlicher Beratung nach Erhebung eines pränataldiagnos-
tischen Befundes, Respektierung der Grenze der extrauterinen Lebens-
fähigkeit, gesetzlich geregelter statistischer Erfassung von Abtreibungen
nach Pränataldiagnostik und Präzisierung des ärztlichen Weigerungsrech-
tes (Bundesärztekammer: Erklärung zum Schwangerschaftsabbruch nach
Pränataldiagnostik, Deutsches Ärzteblatt, 20. November 1998)?

27. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Einführung einer Bera-
tungspflicht bei medizinischer Indikation in Analogie zur Beratungsrege-
lung eine Verbesserung der Patientenautonomie darstellt, oder hält sie den
jetzigen Zustand ohne Beratungspflicht für ausreichend?

28. Wie beurteilt die Bundesregierung die Position der Deutschen Gesellschaft
für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), derzufolge sich spätestens mit
der Lebensfähigkeit des Ungeborenen der Anspruch auf Leben des ungebo-
renen nicht von dem des geborenen Kindes unterscheidet (Positionspapier
„Schwangerschaftsabbruch nach Pränataldiagnostik“, Mai 2003)?

29. Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung der DGGG, bei einem
möglichen Schwangerschaftsabbruch mit medizinischer Indikation auf-
grund eines pränataldiagnostischen Befundes bei Lebensfähigkeit des Kin-
des eine interdisziplinäre Kommission zur Beratung des Arztes einzuschal-
ten?

30. Ist nach Auffassung der Bundesregierung eine eindeutige Klärung vorhan-
den, ob es ein ärztliches Weigerungsrecht gibt, an einem Schwangerschafts-
abbruch ausmedizinischer Indikation aufgrund eines pränataldiagnostischen
Befundes mitzuwirken?

31. Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag der DGGG, eine „ange-
messene“ Bedenkzeit, z. B. drei Tage, zwischen Beratung und Schwanger-
schaftsabbruch analog der Fristenregelung bei psychosozialer Notlage auch
bei Abbrüchen aus medizinischer Indikation einzuführen?

32. Welche Maßnahmen hält die Bundesregierung für erforderlich, um die von
der DGGG vorgeschlagene Begleitung auch nach einem Schwanger-
schaftsabbruch zu verbessern?

33. Ist nach Auffassung der Bundesregierung durch das Personenstandsgesetz
eindeutig geklärt, ob es sich um eine Fehlgeburt, einen Schwangerschafts-
abbruch, eine Totgeburt oder eine Totgeburt nach Fetozid handelt?
Gehören auch Feten aus Schwangerschaftsabbrüchen mit einem Gewicht
von mehr als 500 g zu den zu beurkundenden Totgeburten?
Wenn nein, wie begründet die Bundesregierung dies und welche Anstren-
gungen unternimmt die Bundesregierung, um eine eindeutige Klärung zu
erreichen?

34. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wie häufig Kinder nicht-
behindert bzw. gesund zur Welt gekommen sind, deren Eltern während der
Schwangerschaft nach Pränataldiagnostik eine Behinderung oder gesund-
heitliche Schädigung des Kindes – als vermutet oder gesichert – mitgeteilt
wurde?

35. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie häufig nicht-
behinderte bzw. gesunde Kinder wegen angenommener Behinderungen
oder gesundheitlicher Schädigungen abgetrieben wurden?

36. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass in der weiten Fassung der
medizinischen Indikation (§ 218a II StGB) und der dadurch eröffneten
Möglichkeit, Kinder mit erwarteten Behinderungen oder gesundheitlichen

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Schädigungen bis zur Geburt rechtmäßig töten zu können, eine Diskrimi-
nierung Behinderter zu sehen ist?

37. Welchen Zusammenhang erkennt die Bundesregierung zwischen der Be-
reitschaft betroffener Mütter und Väter, ihr behindertes Kind anzunehmen,
und den sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Erziehung
und Fürsorge für ein behindertes Kind?

38. Sind der Bundesregierung Studien bekannt, die weit reichende Spätfolgen
einer Abtreibung (psychisch, physisch und sozial) bei Frauen, aber auch
Männern, belegen?
Welche sind das und wie bewertet sie diese?

39. Gibt es aufgrund dieser Studien Initiativen in der Bundesrepublik Deutsch-
land, die für die wirksamere Umsetzung des Beratungskonzeptes notwen-
dig wären?

40. Sieht sich die Bundesregierung aufgrund der Zahlen von Schwanger-
schaftsabbrüchen Minderjähriger veranlasst, die Veröffentlichungen zur
sexuellen Aufklärung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
auf ihre Zielgruppenausrichtung zu überprüfen und entsprechend zu über-
arbeiten?

41. Plant die Bundesregierung, die Themen Verhütung und Wertevermittlung
stärker in den Mittelpunkt der Aufklärungsarbeit der Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung zu rücken?
Wenn nein, warum nicht?

42. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass in den diesbezüglichen Veröf-
fentlichungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung den ge-
änderten Lebenswirklichkeiten junger Menschen nicht in ausreichendem
Maße Rechnung getragen wird und der Wertevermittlung und Orientierung
ein zu geringer Stellenwert eingeräumt wird?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, warum?

Berlin, den 27. April 2004
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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