BT-Drucksache 15/2882

Ausschluss von Medien durch das Bundeskanzleramt und das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Vom 30. März 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2882
15. Wahlperiode 30. 03. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Günter Nooke, Bernd Neumann (Bremen), Renate Blank,
Dr. Peter Gauweiler, Bernhard Kaster, Volker Kauder, Dr. Günter Krings,
Dr. Martina Krogmann, Dr. Norbert Lammert, Vera Lengsfeld, Dorothee Mantel,
Melanie Oßwald, Heinrich-Wilhelm Ronsöhr, Erika Steinbach, Christian Freiherr
von Stetten, Edeltraut Töpfer, Wolfgang Zeitlmann und der Fraktion der CDU/CSU

Ausschluss von Medien durch das Bundeskanzleramt
und das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Nach der Ankündigung des Bundeskanzlers, Gerhard Schröder, er hoffe, dass
die bisherigen Auseinandersetzungen über das Erscheinungsbild der Bundes-
regierung nicht fortgesetzt würden (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom
9. Februar 2004), erklärte zuletzt der Staatssekretär im Presse- und Informa-
tionsamt der Bundesregierung (BPA) und Sprecher der Bundesregierung, Béla
Anda, im ARD-Magazin „Monitor“ (Donnerstag, 4. März 2004): „Der Bundes-
kanzler selbst hat seine Schlüsse daraus gezogen aus der Art und Weise, wie er
und seine Politik dargestellt wird, nämlich, dass es mit der Bild-Zeitung keine
Interviews mehr geben wird.“
Chefredakteure deutscher Tageszeitungen und Magazine kritisierten daraufhin
in einem Schreiben an den Vorsitzenden der Bundespressekonferenz e. V. vom
4. März 2004 den Umgang der Bundesregierung. Sie werteten das Vorgehen
des Sprechers der Bundesregierung als „Boykottpolitik“ und als ein „nicht
ungefährliches Präjudiz“ im Falle „unbotmäßiger“ oder „missliebiger Bericht-
erstattung“.
Der Vorstand der Bundespressekonferenz e. V. protestiert in einer Erklärung
vom 5. März 2004 gegen dieses Vorgehen der Bundesregierung. Darin heißt es
weiter, man wende sich „mit allem Nachdruck gegen eine sich abzeichnende
Praxis der Bundesregierung, Korrespondentinnen und Korrespondenten wegen
der Berichterstattung ihrer Medien von Interviews sowie der Teilnahme an
Informationsgesprächen und Auslandsreisen auszuschließen“.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Medien bzw. Pressevertreter wurden seit 1998 auf Auslandsreisen

des Bundeskanzlers regelmäßig eingeladen?
2. Wie viele Medien- und Pressevertreter begleiteten den Bundeskanzler in der

Regel bei seinen Auslandsreisen in den Jahren 2003/2004, und wie viele
waren es vor fünf Jahren?

3. Nach welchen Kriterien spricht das BPA Einladungen an Pressevertreter im
Rahmen der Mitreisekapazitäten aus?

Drucksache 15/2882 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

4. Wie viele Medienvertreter sind aufgrund von schriftlichen Zusagen in die
USA und in die Türkei mitgereist, wie viele aufgrund von mündlichen?
Wie viele mündliche Zusagen wurden vor der Reise durch das Bundes-
kanzleramt und/oder das BPA widerrufen?

5. Sind Angebote zur Begleitung des Bundeskanzlers in die USA und die
Türkei an Medienvertreter ergangen, von denen selbst keine Anfrage vor-
lag?
Wenn ja, wie viele und an welche Medien sind sie ergangen?

6. Wie oft und aus welchen Gründen wurden schriftliche Zusagen an Medien-
vertreter zur Begleitung des Bundeskanzlers auf Auslandsreisen seit 1998
widerrufen, wie viele mündliche?

7. Wie oft und aus welchen Gründen wurden Medien- und Pressevertreter von
Reisen in Begleitung des Bundeskanzlers seit 1998 ausgeschlossen?

8. Nach welchen Modalitäten erfolgt die Reisekostenfinanzierung der mitrei-
senden Pressevertreter und in welcher Höhe?

9. Wie beurteilt die Bundesregierung die Ansicht des Vorstandes der Bundes-
pressekonferenz e. V., der „eine sich abzeichnende Praxis der Bundes-
regierung, Korrespondentinnen und Korrespondenten wegen der Bericht-
erstattung ihrer Medien von Interviews sowie der Teilnahme an Informa-
tionsgesprächen und Auslandsreisen auszuschließen“ feststellt?
Wie bewertet sie in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass Mitarbeitern
der Medien „Bild“ und „Stern“ der Mitflug bei Reisen von Bundeskanzler
Gerhard Schröder in die USA und die Türkei verweigert worden ist?

10. Wie bewertet die Bundesregierung die Äußerung des Vorsitzenden der
Bundespressekonferenz im Interview der Zeitung „DIE WELT“ vom
11. März 2004, dass auch nach dem Treffen mit Regierungssprecher Béla
Anda die Fronten nach wie vor verhärtet sind?

11. Wie bewertet die Bundesregierung den von Regierungssprecher Béla Anda
im Interview vom 4. März 2004 beim ARD-Magazin „Monitor“ ausgespro-
chenen Zusammenhang zwischen der negativen Bewertung der Berichter-
stattung der „Bild“-Zeitung, Zitat: „Die Art und Weise, wie hier der Politik
der Bundesregierung, überhaupt der Reformpolitik, begegnet wird, ist eine
Mischung aus Häme, aus Hetze, aus Verächtlichmachung der Akteure, gar-
niert mit Halbwahrheiten. Es gibt hier nicht den Hauch einer Chance auf
eine faire oder adäquate Berichterstattung, weder über die Akteure selbst
noch über den Reformprozess“ und der anschließenden Äußerung, er
behalte sich vor, wer künftig bei Kanzlerreisen mitreisen dürfe?

12. Welche neue Beschlusslage liegt der Aussage des Staatssekretärs im BPA
und Sprechers der Bundesregierung, Béla Anda, mit Blick auf die Mitreise-
möglichkeiten von Medienvertretern auf Auslandsreisen des Bundeskanz-
lers zugrunde, es sei „eine offene Frage, ob man da mitreisen wird können“
(Monitor, Donnerstag, 4. März 2004) und wie interpretiert die Bundes-
regierung die Aussage?

13. Auf welchen Personenkreis der Bundesregierung und ihres Umfeldes
bezieht sich die Aussage des Staatssekretärs im BPA und Sprechers der
Bundesregierung, Béla Anda, gegenüber dem ARD-Magazin „Monitor“
(Donnerstag, 4. März 2004), „dass es mit der Bild-Zeitung keine Inter-
views mehr geben wird“?

14. Hat Bundeskanzler Gerhard Schröder die Mitglieder des Bundeskabinetts
aufgefordert, Vertretern bestimmter Medien keine Interviews mehr zu
gewähren, und wenn ja, welchen?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2882

15. Auf welche Weise gedenkt die Bundesregierung den freien Zugang von
Pressevertretern zu allen Informationsmöglichkeiten zukünftig sicherzu-
stellen?

16. Sind der Bundesregierung ähnliche Aussagen von Sprechern früherer Bun-
desregierungen bekannt wie die des Sprechers der Bundesregierung, Béla
Anda, gegenüber dem ARD-Magazin „Monitor“ (Donnerstag, 4. März
2004), „dass es mit der Bild-Zeitung keine Interviews mehr geben wird“?

17. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage des Bundeskanzlers „Der
Chefredakteur einer großen Zeitung oder eines Magazins hat, wenn er es
wünscht, Anspruch auf ein Gespräch mit dem Regierungschef“ aus dem
Jahr 1999 (zitiert nach der Wirtschaftswoche vom 18. März 2004) vor dem
Hintergrund der Äußerung des Sprechers der Bundesregierung im ARD-
Magazin „Monitor“ (Donnerstag, 4. März 2004) „dass es mit der Bild-Zei-
tung keine Interviews mehr geben wird“?

Berlin, den 23. März 2004
Günter Nooke
Bernd Neumann (Bremen)
Renate Blank
Dr. Peter Gauweiler
Bernhard Kaster
Volker Kauder
Dr. Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Norbert Lammert
Vera Lengsfeld
Dorothee Mantel
Melanie Oßwald
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Edeltraut Töpfer
Wolfgang Zeitlmann
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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