BT-Drucksache 15/2858

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Bundesregierung -15/2327, 15/2539, 15/2593, 15/2845- Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren-Energien im Strombereich

Vom 31. März 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2858
15. Wahlperiode 31. 03. 2004

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek, Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, Doris
Meyer (Tapfheim), Dr. Joachim Pfeiffer, Horst Seehofer, Dr. Klaus W. Lippold
(Offenbach), Veronika Bellmann, Dr. Rolf Bietmann,WolfgangBörnsen (Bönstrup),
Cajus Caesar, Alexander Dobrindt, Marie-Luise Dött, Dr. Maria Flachsbarth,
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), Dr. Michael Fuchs, Georg Girisch, Tanja Gönner,
Josef Göppel, Kurt-Dieter Grill, Holger Haibach, Robert Hochbaum, Ernst Hinsken,
Volker Kauder, Dr. Martina Krogmann, Dr. Hermann Kues, Norbert Lammert,
Wolfgang Meckelburg, Friedrich Merz, Laurenz Meyer (Hamm), Franz Obermeier,
Ulrich Petzold, Hans-Peter Repnik, Dr. Heinz Riesenhuber, Franz Romer, Hartmut
Schauerte, Johannes Singhammer, Max Straubinger, Werner Wittlich und der
Fraktion der CDU/CSU

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Bundesregierung
– Drucksachen 15/2327, 15/2539, 15/2593, 15/2845 –

Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien
im Strombereich

Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Auch in Zukunft benötigt Deutschland einen ausgewogenen, nachhaltigen
Energiemix aller Energieträger. Dabei sollen die erneuerbaren Energien mit
Blick auf Technologieentwicklung, Ressourcenschonung und vorsorgenden
Klimaschutz einen wichtigen Beitrag leisten. Der Anteil der erneuerbaren Ener-
gien an der Stromerzeugung ist in den letzten Jahren in Deutschland deutlich
gestiegen. Die Weichen für die markteinführende Förderung sind bereits 1990
mit dem Stromeinspeisungsgesetz gestellt worden.
Die Ziele der Europäischen Union, den Anteil der erneuerbaren Energien am
gesamten EU-Stromverbrauch bis 2010 auf 22 Prozent zu erhöhen, werden
bekräftigt. Für Deutschland bedeutet dies eine Erhöhung des Anteils der er-
neuerbaren Energien bis 2010 auf 12,5 Prozent und damit eine Verdoppelung
gegenüber dem Jahr 2000. Darüber hinaus gehende gesetzlich fixierte Zielvor-
stellungen werden für nicht sinnvoll gehalten.
Die bestehende Förderung erneuerbarer Energien knüpft pauschal an die
Menge erzeugten Stroms an. Zusätzliche marktwirtschaftliche Kriterien zur Be-

Drucksache 15/2858 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

messung des Fördervolumens, wie zum Beispiel die Entwicklung der abzugel-
tenden externen Kosten oder die Effizienz der Energieproduktion in Abhängig-
keit vom technischen Fortschritt, um den weiteren Ausbau der erneuerbaren
Energien marktwirtschaftlich zum Nutzen der Verbraucher voranzutreiben, feh-
len. Deshalb gilt es, die Förderung der erneuerbaren Energien mittelfristig neu
zu gestalten. Das bestehende Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) muss des-
halb zum 31. Dezember 2007 auslaufen und durch eine Anschlussregelung er-
setzt werden. Dabei muss eine Verzahnung mit anderen Instrumenten, wie dem
Emissionshandel und der Ökosteuer, im Rahmen eines langfristigen, in sich
geschlossenen energiepolitischen Konzeptes erfolgen. Bei einer gesetzlichen
Neuregelung muss ein Vertrauensschutz für bestehende Anlagen eingeräumt
werden.
Ziel der Förderung der erneuerbaren Energien muss es sein, neue Anreize zur
Weiter- bzw. Neuentwicklung zu schaffen und gleichzeitig die erneuerbaren
Energien möglichst schnell zur Wirtschaftlichkeit hinzuführen, um deren Wett-
bewerbsfähigkeit zu erreichen.
Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien wird auch eine junge Industrie
gefördert, bei der sich neue Geschäftsfelder, auch international gesehen, in den
nächsten Jahren weiter entwickeln werden. In den letzten Jahren konnten die
erneuerbaren Energien große technische Fortschritte und Effizienzsteigerungen
erzielen. Erhebliche Kostensenkungspotenziale gilt es bei den erneuerbaren
Energien künftig jedoch noch zu realisieren. Deshalb muss dieser Prozess be-
schleunigt werden.
Das nationale Fördersystem sollte deshalb mittels zielführender Effizienz in
Verbindung mit einer wirksamen und projektorientierten Exportförderung aus-
reichende Anreize dafür bieten, dass in Deutschland produzierte Anlagen zur
Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien auf dem Weltmarkt konkur-
renzfähig und dementsprechend künftig einen deutlich höheren internationalen
Marktanteil einnehmen werden.
Energiepolitik ist Standortpolitik. Bei der Ausgestaltung der Förderung der er-
neuerbaren Energien dürfen deshalb die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfä-
higkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland nicht außer Acht gelassen wer-
den. Die Förderung muss stärker auf die Kriterien Wirtschaftlichkeit und
Effizienz ausgerichtet werden. Die zentrale Aufgabe der jetzigen Novellierung
ist es deshalb, die Weichen richtig zu stellen, um das Verdopplungsziel mög-
lichst kostengünstig zu erreichen.
Angesichts der Bedeutung der Strompreise für den Wirtschaftsstandort
Deutschland entwickelt sich die rot-grüne Energiepolitik immer mehr zu einem
Standortnachteil. Die staatlich verursachte Belastung ist von 2,2 Mrd. Euro im
Jahr 1998 um das Fünffache auf 12,3 Mrd. Euro im Jahr 2003 angestiegen. Die
wesentlichen Kostentreiber sind die Ökosteuer auf Strom von ca. 7,5 Mrd.
Euro, die Kosten aus dem EEG von ca. 2 Mrd. Euro, die Konzessionsabgabe
von 2,2 Mrd. Euro sowie die Kosten aus dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz
von 0,7 Mrd. Euro. Diese zusätzlichen Kosten werden von den Energieversor-
gungsunternehmen an die Stromverbraucher weitergegeben, so dass der staatli-
che Anteil am Strompreis mittlerweile bei über 40 Prozent liegt. Dies bedeutet
beispielsweise für einen Durchschnittshaushalt (zwei Erwachsene, ein Kind),
bezogen auf den Strompreis, eine Belastung von ca. 160 Euro pro Jahr.
Die Strompreise sind durch die Öffnung der Strommärkte unter der CDU/
CSU-geführten Bundesregierung im Durchschnitt um gut 27 Prozent gefallen
und bewegten sich im Jahr 2000 im europäischen Vergleich im unteren Mittel-
feld. Heute gehören sie wieder zu den höchsten in Europa. Dadurch wird die
Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland weiter bedroht und
die aktuelle Gefährdung von Arbeitsplätzen verschärft.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2858

Die grundlastfähigen erneuerbaren Energien müssen gezielter gefördert wer-
den. Die Förderung der Windkraft ist auf windgünstige Standorte zu begrenzen.
Neben der Förderung der erneuerbaren Energien müssen auch Maßnahmen zur
Stromeinsparung und zur effizienteren Stromverwendung massiv vorangetrie-
ben werden. Potenziale zur Strom- und Energieeinsparung liegen vor allem im
Haushaltsbereich, insbesondere bei der Heizungs- und Gebäudesanierung. Die
Verbesserungen der Rahmenbedingungen beim Stromsparen sind eine kosten-
günstige Alternative für den Klimaschutz und ein effizientes Instrument zum
Erreichen des 12,5-Prozent-Zieles. Nachhaltige Energiepolitik beginnt somit
immer zuerst auf der Nachfrageseite.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. das EEG gesetzlich bis zum 31. Dezember 2007 zu befristen und bis spätes-

tens Ende 2007 eine Anschlussregelung gesetzlich zu verabschieden,
2. die Förderung der erneuerbaren Energien im Rahmen eines langfristigen, in

sich geschlossenen, energiepolitischen Konzeptes durch eine Verknüpfung
mit anderen Instrumenten, wie dem Emissionshandel und der Ökosteuer,
abzustimmen,

3. mit einem auf die einzelnen Energieträger abgestimmten Instrumentarium,
wie zum Beispiel einem Ausschreibungs- und Bonusmodell, eine effizien-
tere Förderung zu ermöglichen und so die klimapolitischen Ziele mit mög-
lichst geringen volkswirtschaftlichen Kosten zu erreichen,

4. Strom aus Windenergieanlagen nur dann zu vergüten, wenn er aus Anlagen
gewonnen wird, die an dem geplanten Standort mindestens 65 Prozent des
Referenzertrages erzielen können. Bei der Höhe der Vergütungen sind An-
passungen vorzunehmen sowie die Degression für Neuanlagen von 2,0 Pro-
zent auf 2,5 Prozent zu erhöhen. Darüber hinaus sind die steuerlichen Ab-
schreibungsmöglichkeiten zu überprüfen,

5. durch entsprechende Regelungen im Bau- und Planungsrecht diese Begren-
zungen zu flankieren, um so den Zubau von Anlagen an windungünstigen
Standorten im Binnenland auszuschließen und den Gemeinden zur Absiche-
rung ihrer Planungssicherheit das Recht zu geben, bis zur Änderung des Flä-
chennutzungsplans Baugesuche in Sachen Windenergie zurückzustellen,

6. Strom aus Windenergieanlagen im Meer, so genannte Offshore-Anlagen, im
Rahmen eines Ausschreibungsmodells zu vergüten,

7. die im Gesetzentwurf vorgesehene Vergütung für Strom aus Bioenergie zu
verbessern und dabei insbesondere die derzeit geltende Vergütungsdauer
von 20 Jahren und die derzeit geltende Absenkung der Mindestvergütung für
neu in Betrieb genommene Anlagen von 1 Prozent beizubehalten sowie eine
Einführung eines Brennstoffbonus in Höhe von 3 Cent pro Kilowattstunde
und eines Technologiebonus von 1,5 Cent pro Kilowattstunde vorzunehmen,

8. die im Gesetzentwurf vorgesehenen zeitlichen Fristen von 2005 bzw. 2012
zu streichen, um eine Gleichbehandlung von kleiner und großer Wasserkraft
zu erreichen sowie die notwendige Erhöhung des elektrischen Arbeitsver-
mögens von 15 auf 10 Prozent abzusenken,

9. Strom aus bodengebundenen Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer
Strahlungsenergie im Rahmen eines Ausschreibungsmodells zu vergüten,

Drucksache 15/2858 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
10. die im Gesetzentwurf bei der Vergütung für Strom aus Deponie-, Klär- und
Grubengas vorgesehene Erhöhung der Mindestvergütungen um jeweils
1,0 Cent pro Kilowattstunde, wenn der Strom mittels Brennstoffzelle ge-
wonnen wird, zu streichen,

11. die für Juni 2004 erwarteten Ergebnisse der im September 2003 begonnen
energiewirtschaftlichen Studie der Deutschen Energie-Agentur (dena) zur
Integration von Windkraftwerken in das Verbundsystem zu berücksichti-
gen und notwendige Schlussfolgerungen in den entsprechenden Fachgeset-
zen zu regeln,

12. die im Gesetzentwurf vorgesehene vertragliche Vereinbarung zwischen
Anlagen- und Netzbetreibern, um vom Abnahmevorrang abweichen zu
können, durch eine gesetzliche Regelung zu ersetzen, die die Anlagenbe-
treiber verpflichtet, im Fall drohender unzulässiger Überlastung der Netz-
betriebsmittel auf Anforderung des Netzbetreibers temporär ihre Einspeise-
leistung zu vermindern und

13. die stromintensiven Unternehmen von den EEG-bedingten Kosten weiter
zu entlasten, um so deren Wettbewerbsposition zu verbessern und negative
Effekte aus der Umlage der Kosten auf die Strompreise abzumildern.

Berlin, den 31. März 2004
Dr. Peter Paziorek
Karl-Josef Laumann
Dagmar Wöhrl
Doris Meyer (Tapfheim)
Dr. Joachim Pfeiffer
Horst Seehofer
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Veronika Bellmann
Dr. Rolf Bietmann
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Cajus Caesar
Alexander Dobrindt
Marie-Luise Dött
Dr. Maria Flachsbarth
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)
Dr. Michael Fuchs
Georg Girisch
Tanja Gönner
Josef Göppel
Kurt-Dieter Grill

Holger Haibach
Robert Hochbaum
Ernst Hinsken
Volker Kauder
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Norbert Lammert
Wolfgang Meckelburg
Friedrich Merz
Laurenz Meyer (Hamm)
Franz Obermeier
Ulrich Petzold
Hans-Peter Repnik
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hartmut Schauerte
Johannes Singhammer
Max Straubinger
Werner Wittlich
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.