BT-Drucksache 15/2826

Ausschreibungspraxis in der Arbeitsmarktpolitik effizient und effektiv ausgestalten

Vom 30. März 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2826
15. Wahlperiode 30. 03. 2004

Antrag
der Abgeordneten Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, Veronika Bellmann,
Dr. Rolf Bietmann, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Gitta Connemann, Alexander
Dobrindt, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), Dr. Michael Fuchs, Hans-Joachim
Fuchtel, Dr. Reinhard Göhner, Kurt-Dieter Grill, Ernst Hinsken, Robert Hochbaum,
Volker Kauder, Dr. Martina Krogmann, Dr. Hermann Kues, Werner Lensing,
Wolfgang Meckelburg, Friedrich Merz, Laurenz Meyer (Hamm), Dr. Joachim
Pfeiffer, Hans-Peter Repnik, Dr. Heinz Riesenhuber, Franz Romer, Kurt J.
Rossmanith, Hartmut Schauerte, Uwe Schummer, Johannes Singhammer,
Max Straubinger und der Fraktion der CDU/CSU

Ausschreibungspraxis in der Arbeitsmarktpolitik effizient und effektiv
ausgestalten

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
1. Mit der Insolvenz der deutschen Tochter des niederländischen Personal-

dienstleisters Maatwerk, des größten Trägers von Personal Service Agentu-
ren in Deutschland, wird deutlich, dass das Ausschreibungssystem der Bun-
desagentur für Arbeit in der bestehenden Konzeption keinen Bestand haben
kann. Insbesondere auch die Stärkung der Zeitarbeit in Deutschland ist
durch die Vergabe an die Firma Maatwerk. 200 von 1000 Filialen der PSAs
benötigen einen neuen Träger, der sich in die Struktur des jeweiligen Ar-
beitsmarktes einfinden muss.
Das derzeitige Ausschreibungsverfahren, wie es auch im Weiterbildungs-
bereich angewandt wird und das hauptsächlich unter Kostengesichtspunkten
die Träger auswählt, kann hier keine dauerhafte Lösung sein.

2. Bildungsträger sind zunehmend unzufrieden mit dem derzeitigen Ausschrei-
bungsverfahren. Die Ausschreibungspraxis benachteiligt kleinere Bildungs-
träger vor Ort. Lose deren Maßnahmestandorte mehr als 100 Kilometer aus-
einander liegen, haben zur Folge, dass bundesweit tätige Träger begünstigt
werden. Durch die arbeitsamtsübergreifende Losbildung werden kleinere
Träger zur Bildung von Bietergemeinschaften gezwungen, welche allerdings
durch den erhöhten Verwaltungsaufwand nicht im Preiskampf mit den bun-
desweit agierenden Trägern bestehen können. Zudem stehen gravierende
steuerliche und haftungsrechtliche Probleme und die Kurzfristigkeit der
Ausschreibungen durch die Bundesagentur der, durch einen hohen Regie-
und Verwaltungsaufwand gekennzeichneten, Bildung von Bietergemein-
schaften ohnehin entgegen.

Drucksache 15/2826 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Kleinere Träger mit einer besonderen Kompetenz in einem speziellen Ange-
botsbereich haben das Nachsehen. Bundesweite „Billiganbieter“ erfüllen die
Kriterien der Bundesagentur, können aber die Qualität der Maßnahmen
häufig nicht sichern. Sie sind vielfach nicht in der Lage, auf die regionalen
Gegebenheiten zu reagieren und in Vernetzung mit den Schulen, Verwaltun-
gen und der Wirtschaft teilnehmerorientiert zu arbeiten. Genau dies ist aber
Voraussetzung für spätere Eingliederungserfolge.

3. Gemeinnützige Einrichtungen mit oft jahrelangen Erfahrungen auf dem
Bildungssektor dürfen an den bisherigen Ausschreibungsverfahren nicht
teilnehmen und erhalten keine Chance, ihr in vielen Jahren erworbenes
Know-how einzusetzen. Hier wird systematisch Potential vom Markt ver-
drängt, dass gerade in der derzeitigen Lage dringend in Deutschland benö-
tigt wird.

4. Momentan befinden sich bei der Bundesagentur für Arbeit etwa 500 000
junge Menschen in Maßnahmen, 330 000 junge Menschen sind in Maß-
nahmen der Agenturen für Arbeit, ohne eine Ausbildungsstelle im Dualen
System zu haben. Aus diesen Zahlen müssen dringendst die nötigen Konse-
quenzen gezogen werden. Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit muss
eine Kernfrage künftiger Arbeitsmarktpolitik werden und nachhaltige Lö-
sungen sind umgehend zu entwickeln.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. ein Konzept vorzulegen, wie die künftige Politik der Bundesagentur für

Arbeit ausgestaltet werden soll und welche Zielrichtung die Bundesregie-
rung mit der derzeitigen und zukünftigen Arbeitsmarktpolitik verfolgt;

2. die Zielsetzung auf dem Markt der Fort- und Weiterbildung klarzustellen,
insbesondere wie viel Mittel in den nächsten Jahren den Arbeitsagenturen
zur Verfügung stehen, wie das Langzeitkonzept für diese Maßnahmen ausse-
hen und ob die 70-Prozent-Verbleibsquote so beibehalten werden soll wie
bisher;

3. bei den weiteren Maßnahmen umgehend auch im Sinne der Planungssicher-
heit für die Träger klarzustellen, welche Maßnahmen in der Zukunft weiter
erhalten werden sollen, wie deren finanzielle Ausstattung aussehen und wel-
che Maßnahmen in nächster Zukunft ausgeschrieben werden sollen. Außer-
dem sollte klargestellt werden, wie die regionalen Arbeitsagenturen von der
Bundesagentur für Arbeit an dem Verteilungsprozess beteiligt werden;

4. bei der Ausschreibung der Berufsvorbereitenden Maßnahmen im Laufe die-
ses Jahres sind Konsequenzen aus der bisherigen Ausschreibungspraxis zu
ziehen. Die Ausschreibungen der Bundesagentur für Arbeit sind stärker an-
hand inhaltlicher, qualitativer aber vor allem auch regionaler Gesichtspunkte
zu gestalten, die Losgrößen bei der Vergabe von Berufsbildenden und Be-
rufsvorbereitenden Maßnahmen sind derart zu bilden, dass kleinere Anbieter
vor Ort nicht zu Gunsten bundesweit tätiger Träger benachteiligt werden.
115 000 junge Menschen sind auf die Berufsvorbereitende Maßnahmen
dringendst angewiesen. Für diese Jugendlichen müssen qualifizierte Träger
gefunden werden, die die bestmögliche Förderung anbieten. Das bisherige
Ausschreibungsverfahren weist hier große Mängel auf und muss grundle-
gend überdacht und verbessert werden. Es ist dringend der Verantwortung
für junge Arbeitslose Rechnung zu tragen, dieser Verantwortung muss sich
die Bundesregierung stellen;

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2826

5. die Ausschreibungspraxis ist zu überarbeiten, Losgrößen müssen verkleinert
und Fristsetzungen verlängert werden. Kleine, regionale Bildungsträger dür-
fen nicht durch die Ausschreibungspraxis behindert und faktisch aus dem
Markt gedrängt werden. Sie sind für einen lebendigen Wettbewerb auf dem
Feld der Weiterbildung auch in Zukunft nötig.

Berlin, den 30. März 2004
Karl-Josef Laumann
Dagmar Wöhrl
Veronika Bellmann
Dr. Rolf Bietmann
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Gitta Connemann
Alexander Dobrindt
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Reinhard Göhner
Kurt-Dieter Grill
Ernst Hinsken
Robert Hochbaum
Volker Kauder
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Lensing
Wolfgang Meckelburg
Friedrich Merz
Laurenz Meyer (Hamm)
Dr. Joachim Pfeiffer
Hans-Peter Repnik
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Kurt J. Rossmanith
Hartmut Schauerte
Uwe Schummer
Johannes Singhammer
Max Straubinger
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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