BT-Drucksache 15/2746

Chance zum demokratischen Neubeginn in Haiti unterstützen

Vom 23. März 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2746
15. Wahlperiode 23. 03. 2004

Antrag
der Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen), Dr. Christian Ruck,
Dr. Ralf Brauksiepe, Hartwig Fischer (Göttingen), Siefried Helias, Rudolf Kraus,
Dr. Conny Mayer (Baiersbronn), Sibylle Pfeiffer, Christa Reichard (Dresden),
Rainer Eppelmann, Dr. Egon Jüttner, Arnold Vaatz und der Fraktion der CDU/CSU

Chance zum demokratischen Neubeginn in Haiti unterstützen

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Haiti ist eines der ärmsten Länder der Welt. Das durchschnittliche jährliche
Pro-Kopf-Einkommen betrug 2003 nach Angaben des Internationalen Wäh-
rungsfonds 400 US-Dollar. 75 Prozent der erwerbsfähigen Haitianer sind
arbeitslos. Die Analphabetenquote liegt bei rund 50 Prozent. Auf dem Entwick-
lungsindex der Vereinten Nationen liegt Haiti damit auf Rang 150 von 175
erfassten Staaten.
Nach der jahrzehntelangen Gewaltherrschaft der Familie Duvalier war das
Land auch nach der erfolgreichen Absetzung des Diktators „Baby Doc“ Jean-
Claude Duvalier 1990 und der Wahl von Präsident Jean Bertrand Aristide poli-
tisch äußerst instabil geblieben. Die offensichtlichen eklatanten Schwächen der
Regierung Aristide haben das Land zuletzt in immer tiefere Armut, Korruption
und Unregierbarkeit geführt. Die erneute Wahl Aristides im Jahr 2000 wurde
von internationalen Beobachtern hinsichtlich der Wahrung demokratischer Ver-
fahrensgrundsätze kritisiert. Parallel zum wirtschaftlichen und sozialen Verfall
des Landes entwickelte sich eine stark wachsende Schattenwirtschaft verbun-
den mit einer steigenden Bedeutung Haitis als Umschlagplatz des internationa-
len Drogenhandels. In den zurückliegenden Jahren erlebte Haiti eine immer
weiter fortschreitende Fragmentierung der Macht. Bewaffnete Banden began-
nen damit, sich dem Zugriff der Regierung zu entziehen und sich eigene Ein-
flussbereiche zu sichern. Gewalt, politische Willkür und Menschenrechtsverlet-
zungen sowohl von Anhängern als auch von Gegnern Jean Bertrand Aristides
bestimmten die Verhältnisse.
Die jüngste Eskalation der politischen Krise hat die wirtschaftliche und soziale
Lage des Landes weiter verschlechtert. Die humanitäre Situation in einigen
Provinzen des Landes ist kritisch. Die gewalttätigen Auseinandersetzungen und
der Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung haben Präsident Jean Bertrand
Aristide veranlasst, am 1. März 2004 das Land zu verlassen. Die Amtsaufgabe
Jean Bertrand Aristides, die Entsendung einer von den USA geführten Frie-
denstruppe auf der Grundlage der VN-Resolution 1529 vom 29. Februar 2004
und die Bildung einer Übergangsregierung müssen Anlass sein, dass sich die
internationale Gemeinschaft jetzt entschlossen und mit langem Atem der
Herausforderung in Haiti stellt. Es muss verhindert werden, dass Haiti zu einem
gescheiterten Staat mit allen regionalen Risiken wird, stattdessen eine Entwick-

Drucksache 15/2746 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
lung zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Stabilität eingeleitet und damit
dem leidgeprüften Volk Haitis eine Zukunftsperspektive eröffnet wird. Dabei
müssen die strukturellen Konfliktursachen des Landes, die weiterhin eine
Bedrohung für die politische und soziale Entwicklung Haitis darstellen, über-
wunden werden.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. sobald es die Bedingungen des Cotonou-Abkommens zulassen, in der Euro-

päischen Union darauf zu drängen, dass die Entwicklungszusammenarbeit
der EU unter diesem Abkommen wieder voll aufgenommen wird;

2. ihre Pläne, Haiti gänzlich aus der deutschen Entwicklungszusammenarbeit
auszusondern, aufzugeben und Haiti stattdessen wieder in die Gruppe der
Kooperationsländer der deutschen bilateralen Entwicklungszusammenarbeit
aufzunehmen;

3. weiterhin Mittel bereitzustellen, um zur Verbesserung der prekären humani-
tären Situation in Haiti beizutragen;

4. die Vereinten Nationen bei Ausarbeitung und Umsetzung eines Aktions-
programmes für Haiti gemäß Nummer 4 der VN-Resolution 1529 (2004) zu
unterstützen;

5. gegenüber der haitianischen Übergangsregierung auf eine sofortige und um-
fassende Verbesserung der Sicherheitslage insbesondere durch ein umfang-
reiches Entwaffnungsprogramm sowie durch die Aufklärung und Ver-
folgung politischer Verbrechen und Gewaltakte der Vergangenheit hinzuwir-
ken;

6. die haitianische Übergangsregierung zu drängen, die Einhaltung der Bürger-
und Menschenrechte zu gewährleisten;

7. darauf zu drängen, dass die haitianische Übergangsregierung die Forderun-
gen der Organisation Amerikanischer Staaten im Geist der VN-Resolution
822 vom 4. September 2002 umgehend erfüllt;

8. darauf zu drängen, dass baldmöglichst die demokratischen Institutionen Ha-
itis wiederhergestellt werden, insbesondere durch die Durchführung baldiger
Parlaments- und Präsidentschaftswahlen.

Berlin, 23. März 2004
Peter Weiß (Emmendingen)
Dr. Christian Ruck
Dr. Ralf Brauksiepe
Hartwig Fischer (Göttingen)
Siefried Helias
Rudolf Kraus

Dr. Conny Mayer (Baiersbronn)
Sibylle Pfeiffer
Christa Reichard (Dresden)
Rainer Eppelmann
Dr. Egon Jüttner
Arnold Vaatz

Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.