BT-Drucksache 15/2614

Ombudsmannverfahren in der Versicherungswirtschaft als sinnvolle Ergänzung zum Rechtsschutz der Verbraucher

Vom 2. März 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2614
15. Wahlperiode 02. 03. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ursula Heinen, Peter H. Carstensen (Nordstrand),
Gerda Hasselfeldt, Albert Deß, Peter Bleser, Gitta Connemann, Helmut Heiderich,
Uda Carmen Freia Heller, Dr. Peter Jahr, Julia Klöckner, Marlene Mortler, Bernhard
Schulte-Drüggelte, Kurt Segner, Jochen Borchert, Cajus Caesar, Hubert Deittert,
Thomas Dörflinger, Susanne Jaffke, Volker Kauder, Heinrich-Wilhelm Ronsöhr,
Dr. Klaus Rose, Norbert Schindler, Georg Schirmbeck, Max Straubinger,
Volkmar Uwe Vogel und der Fraktion der CDU/CSU

Ombudsmannverfahren in der Versicherungswirtschaft als sinnvolle Ergänzung
zum Rechtsschutz der Verbraucher

Die Bedeutung praktikabler, effektiver und kostengünstiger Möglichkeiten der
Rechtsdurchsetzung für den Verbraucher hat in den letzten Jahren stetig zuge-
nommen. Dies liegt zum einen an der fortwährenden Entstehung neuer Formen
des Handels, z. B. im Rahmen des elektronischen Geschäftsverkehrs, und zum
anderen an der damit verbundenen Zunahme grenzüberschreitender Geschäfte.
In Deutschland haben sich in den letzten Jahren in verschiedenen Bereichen, in
denen es zu zivil- und/oder handelsrechtlichen Streitigkeiten zwischen Ver-
brauchern und Unternehmen kommen kann, außergerichtliche Schlichtungs-
stellen gebildet. Einen Impuls hierfür hat sicherlich auch die EU-Kommission
gegeben, die in einer Empfehlung vom April 2001 die Grundsätze für außerge-
richtliche Einrichtungen festgelegt hat, die an der einvernehmlichen Beilegung
von Verbraucherrechtsstreitigkeiten beteiligt sind (2001/310/EG).
Der Vorteil dieser außergerichtlichen Beilegung von Konflikten liegt für die
Beteiligten auf der Hand: Der Verbraucher erhält schnell, und ohne dass ihm
Kosten entstehen, eine Überprüfung von unabhängiger Seite. Die Unternehmen
lösen Konflikte kostengünstiger als bei Verfahren vor Gericht und verlieren
ihre Kunden nicht durch lange Streitereien.
Im Bereich der Reklamationsstreitigkeiten, der sowohl „reale“ Käufe als auch
Internet-Käufe umfasst, und im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs
wird ein weitreichender und umfassender außergerichtlicher Schlichtungs-
apparat in Form der Ombudsmannverfahren angeboten. Das Gleiche trifft auf
das Bankwesen zu, dessen Bundesverbände durch eigens eingerichtete Ombuds-
personenverfahren einen lückenlosen außergerichtlichen Weg für Verbraucher
bei Konflikten mit privaten Banken, öffentlichen Banken, Bausparkassen und
Hypothekenbanken geschaffen haben.
Im Bereich der Versicherungsunternehmen Deutschlands werden seit Oktober
2001 ebenfalls Ombudsmannverfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwi-
schen den Versicherungsnehmern und den Versicherungsunternehmen angebo-
ten. Dieses Angebot erstreckt sich auf die privaten Krankenversicherungen, die
einen Ombudsmann für ihre Kunden bestellt haben, und auf den Gesamtver-

Drucksache 15/2614 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

band der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V., der mit 267 weiteren Versi-
cherungsunternehmen den Verein Versicherungsombudsmann e. V. gegründet
hat. Die positive Resonanz auf diese Einrichtungen lässt sich an der steigenden
Zahl ihrer Inanspruchnahme ablesen.
Dennoch kann der Verbraucher im Bereich des Versicherungswesens nur teil-
weise auf das für ihn kostenlose und schnelle Schlichtungsverfahren mithilfe
des Ombudsmannes zurückgreifen. Ein Angebot für außergerichtliche Eini-
gung fehlt sowohl bei den gesetzlichen Krankenkassen als auch bei den Sozial-
versicherungen. Des Weiteren fehlen Angebote zur Streitschlichtung bei An-
sprüchen, die Dritte auf eine Versicherungsleistung haben (z. B. Inhaber
deliktsrechtlicher Ansprüche gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers),
sowie solche Angebote, die kleinere Firmen, Handwerksbetriebe, Freiberufler
und Existenzgründer wahrnehmen können, sollte es zwischen ihnen und einem
Versicherungsunternehmen zum Konflikt kommen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Begrüßt die Bundesregierung die Tätigkeit eines Ombudsmannes in der

Versicherungswirtschaft?
2. Gibt es Pläne der Bundesregierung, für Ombudsmannverfahren eine

gesetzliche Grundlage zu schaffen?
Falls ja, welche?
Falls es keine gibt, warum nicht?

3. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse bzw. Erfahrungen aus anderen
EU-Ländern oder EU-Beitrittskandidaten über die Arbeit der dortigen Om-
budspersonen in der Versicherungswirtschaft vor, und falls ja, welche?

4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob sich durch die
Tätigkeiten eines Versicherungsombudsmannes Kostenersparnisse für die
öffentlichen Haushalte, insbesondere der Justiz, ergeben, und falls ja, in
welcher Höhe liegen diese Kostenersparnisse?

5. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen – oder beab-
sichtigt sie zu tätigen –, um für die Schlichtungsverfahren des Ombuds-
mannes des Verbandes der privaten Krankenversicherung (PKV) die Mög-
lichkeit einer verbindlichen Schlichtung zu erreichen?

6. Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf, um das Instrument des
Ombudsmannes in der Versicherungswirtschaft zu stärken – insbesondere
seine Tätigkeiten auch auf Selbstständige, Freiberufler und kleinere Hand-
werksbetriebe auszuweiten –, und falls nicht, warum nicht?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die fehlende Möglichkeit eines außerge-
richtlichen Schlichtungsverfahrens für Nicht-Versicherungsnehmer, z. B.
Geschädigte, Begünstigte bzw. Bezugsberechtigte und mitversicherte Per-
sonen?

8. Wie beurteilt sie das Fehlen eines Ombudsmannverfahrens für die Ver-
sicherungsnehmer einer gesetzlichen Krankenkasse?

9. Wie beurteilt die Bundesregierung das Fehlen eines Ombudsmannverfah-
rens für die Versicherungsnehmer im Bereich der Sozialversicherungen?

10. Wie sehen die Planungen der Bundesregierung betreffend der Umsetzung
der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung aus, soweit sie die
Einrichtung einer außergerichtlichen Schlichtungsstelle für Verbraucher,
die Streitfälle – auch grenzüberschreitende – mit Versicherungsvermittlern
haben, betreffen?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2614

11. Welche Kompetenzen soll ein zukünftiger Versicherungsvermittlerombuds-
mann aus Sicht der Bundesregierung haben?
Soll eine Zuständigkeit auch gegeben sein, wenn z. B. die Mitgliedschaft in
einer gesetzlichen Krankenkasse vermittelt wurde?

Berlin, den 24. Februar 2004
Ursula Heinen
Peter H. Carstensen (Nordstrand)
Gerda Hasselfeldt
Albert Deß
Peter Bleser
Gitta Connemann
Helmut Heiderich
Uda Carmen Freia Heller
Dr. Peter Jahr
Julia Klöckner
Marlene Mortler
Bernhard Schulte-Drüggelte
Kurt Segner
Jochen Borchert
Cajus Caesar
Hubert Deittert
Thomas Dörflinger
Susanne Jaffke
Volker Kauder
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Max Straubinger
Volkmar Uwe Vogel
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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