BT-Drucksache 15/2341

Umsetzung der "Berliner Deklaration" in den Geo- und Umweltwissenschaften

Vom 13. Januar 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2341
15. Wahlperiode 13. 01. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Vera Dominke, Michael Kretschmer, Marion Seib, Katherina
Reiche, Thomas Rachel, Dr. Maria Böhmer, Dr. Christoph Bergner, Helge Braun,
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Dr. Maria Flachsbarth, Helmut Heiderich, Volker
Kauder, Helmut Lamp, Werner Lensing, Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn),
Bernward Müller (Gera), Uwe Schummer und der Fraktion der CDU/CSU

Umsetzung der „Berliner Deklaration“ in den Geo- und Umweltwissenschaften

Geoinformationen bilden einen wichtigen Standortfaktor und einen Schlüssel
zu wirtschaftlichem Wachstum. Bei der Nutzung dieser Potenziale spielen die
Geo- und Umweltwissenschaften eine besondere Rolle. Das Bundeskabinett hat
bereits im Bericht zur Verbesserung der Koordinierung auf dem Gebiet des
Geoinformationswesens vom 17. Juni 1998 festgestellt, dass Geoinformationen
dort zu ungenutzten Datenbrachen verkümmern, wo ihre Gewinnung konzep-
tionell nicht auf eine externe Wiederverwendung angelegt ist. So wird ge-
schätzt, dass allein im Forschungsbereich jedes Jahr in Projekten im Wert von
800 bis 900 Mio. DM Geodaten erzeugt werden, die bei guter Koordination
auch anderweitig genutzt werden könnten.
Der Deutsche Bundestag stellte bereits in der Entschließung zu der Großen An-
frage der Fraktion der CDU/CSU „Nutzung von Geoinformationen in der Bun-
desrepublik Deutschland“ – Drucksachen 14/3214, 14/4139 – (Bundestags-
drucksache 14/5323) am 15. Februar 2001 fest: „Gewinnung, Verarbeitung,
Verbreitung und Nutzung von Geoinformationen sind ein zentrales Element der
modernen Informationsgesellschaft“. „Aus den Anwendungsmöglichkeiten der
Geoinformation für Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft, mit Auswirkun-
gen auf fast alle Segmente der Gesellschaft, ergeben sich wichtige Märkte mit
weit überdurchschnittlichen Wachstumsraten und neuen qualifizierten Arbeits-
plätzen“.
Im Oktober 2003 ist die „Berliner Erklärung über offenen Zugang zu wissen-
schaftlichem Wissen“ verabschiedet worden. Zu den Unterzeichnern gehören
die führenden deutschen Wissenschaftsorganisationen, unter anderem die
Fraunhofer-Gesellschaft, die Max-Planck-Gesellschaft, die Wissenschaftsge-
meinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz, die Helmholtz-Gemeinschaft und die
Deutsche Forschungsgemeinschaft. Die Deklaration ruft dazu auf, die Heraus-
forderungen des Internets als Medium zur Wissensverbreitung aufzugreifen.
Unter Berücksichtigung der Urheberschaft soll allen Nutzern ein freies, unwi-
derrufliches, weltweites Zugangs- und Nutzungsrecht von wissenschaftlichen
Publikationen, Daten- und Metadaten sowie anderen digitalen Materialien ga-
rantiert werden.
Die Umsetzung von Forderungen der Berliner Deklaration durch den Aufbau
einer eScience-Infrastruktur für die Geo- und Umweltwissenschaften ist eine

Drucksache 15/2341 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

wichtige forschungspolitische Aufgabe, durch die entscheidende Vorteile für
Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zu erwarten sind, z. B.:
– Durch den verbesserten Zugriff auf eine hochwertige Datenbasis ist eine

deutliche Qualitätsverbesserung von Forschungsergebnissen zu erwarten.
– Die interdisziplinäre Vernetzung und die multiple Nutzung von Daten über

die Fachgrenzen hinaus werden gestärkt.
– Die Entwicklung einer neuen Generation von digitalen Werkzeugen zur Pro-

zessierung, Speicherung, Verbreitung, Analyse und Visualisierung von Geo-
informationen wird stimuliert.

– Wissenschaftliche Daten können für vielfältige Informations- und Entschei-
dungsprozesse in Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung aufbe-
reitet und genutzt werden.

– Die Entstehung von Innovationsnetzwerken und der Transfer von For-
schungsergebnissen in die Anwendung werden gefördert.

– Die Zusammenarbeit von Hochschulen und Forschungseinrichtungen wird
wesentlich verbessert.

– Die Integration der Infrastruktur in europäische und globale Netzwerke för-
dert internationale Kooperationen.

– Für Aus- und Fortbildung sowie das lebenslange Lernen bieten sich neue
Möglichkeiten.

Zur Erschließung der oben genannten Potenziale ist ein richtungsweisendes,
forschungspolitisches Gesamtkonzept zum Aufbau einer eScience-Infrastruktur
in den Geo- und Umweltwissenschaften erforderlich, wie es z. B. im Rahmen
von eScience-Initiativen in anderen europäischen Ländern oder der Cyberinfra-
structure in den Vereinigten Staaten bereits erfolgreich umgesetzt wird.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie soll der Aufbau einer eScience-Infrastruktur für die Geo- und Umwelt-

wissenschaften organisiert und abgestimmt werden, um Synergien zu schaf-
fen und Doppelarbeit zu vermeiden?

2. Wie soll der zügige Aufbau und der langfristige Betrieb der eScience-Infra-
struktur finanziert werden?

3. Welche Maßnahmen sind geplant, um die breite, übergreifende Einführung
und Nutzung der entstehenden eScience-Infrastruktur im Rahmen eines ge-
zielten Awareness-Programms in Forschungseinrichtungen und Hochschu-
len zu unterstützen?

4. Welche Rolle soll die entstehende Querschnittsdisziplin Geoinformatik
übernehmen und wie soll besonders die Entwicklung innovativer Anwen-
dungen gestärkt werden?

5. Welche Maßnahmen sollen das Wissensmanagement in den Geo- und Um-
weltwissenschaften stärken, da die Realisierung dieser Aufgaben sowie der
komplexen Innovations- und Transferprozesse zusätzliche Kapazitäten be-
nötigt?

6. Welche Schritte sind geplant, um einheitlich positive, rechtliche Rahmenbe-
dingungen für die Nachnutzung von wissenschaftlichen Datenressourcen
aber auch von Daten der öffentlichen Hand zu schaffen?

7. Wie kann ein kostengünstiger oder entgeltfreier Zugang zu den Informatio-
nen der öffentlichen Hand sichergestellt und in das föderale System der
Bund-/Länderkompetenzen integriert werden?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2341

8. Wie soll die Abstimmung mit und die Ausrichtung auf die Entwicklung
eines europäischen bzw. globalen Forschungsraums erfolgen?

Berlin, den 3. Dezember 2003
Vera Dominke
Michael Kretschmer
Marion Seib
Katherina Reiche
Thomas Rachel
Dr. Maria Böhmer
Dr. Christoph Bergner
Helge Braun
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)
Dr. Maria Flachsbarth
Helmut Heiderich
Volker Kauder
Helmut Lamp
Werner Lensing
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)
Bernward Müller (Gera)
Uwe Schummer
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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