BT-Drucksache 15/2162

Konzeption zur Struktur und zur Finanzierung eines Osteuropazentrums für Wirtschaft und Kultur jetzt vorlegen

Vom 9. Dezember 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2162
15. Wahlperiode 09. 12. 2003

Antrag
der Abgeordneten Michael Kretschmer, Katherina Reiche, Dr. Maria Böhmer,
Thomas Rachel, Dr. Christoph Bergner, Helge Braun, Vera Dominke,
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land), Susanne Jaffke, Volker Kauder, Helmut Lamp,
Werner Lensing, Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn), Bernward Müller (Gera), Uwe
Schummer, Marion Seib und der Fraktion der CDU/CSU

Konzeption zur Struktur und zur Finanzierung eines Osteuropazentrums für
Wirtschaft und Kultur jetzt vorlegen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Deutschland verfügt über ein vielfältiges Angebot an wissenschaftlichen Ein-
richtungen mit osteuropäischem Bezug. Mit der Erweiterung der Europäischen
Union gewinnen diese Einrichtungen erheblich an Bedeutung, weil sie in be-
sonderer Weise die Integration der mittel- und osteuropäischen Beitrittsländer
in die bestehende Gemeinschaft begleiten und befördern können. Für Deutsch-
land eröffnet die Erweiterung die Chance, eine Brückenfunktion in der grenz-
überschreitenden wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit einzuneh-
men und das Zusammenwachsen Europas zu beflügeln.
Die Bundesregierung hat es bislang versäumt, der Osteuropaforschung in
Deutschland die Bedeutung beizumessen, die ihr mit der EU-Osterweiterung
zuwächst. In den Jahren 1998 bis 2002 hat sie die Mittel für die Osteuropafor-
schung kontinuierlich von 11 auf 7 Mio. Euro zurückgefahren. Eine Vernetzung
der vielen Akteure, die in Deutschland um die Zusammenarbeit mit Mittel- und
Osteuropa bemüht sind, ist ihr bis heute nicht gelungen. Die Bundesregierung
ist weit hinter dem zurückgeblieben, was sie zur Vorbereitung Deutschlands so-
wie der Beitrittsländer im Hinblick auf die Osterweiterung hätte leisten müssen.
Bemühungen zur Stärkung des wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und kultu-
rellen Austausches mit den osteuropäischen Staaten sind grundsätzlich zu be-
grüßen. Die Initiative zur Gründung eines „Osteuropazentrums für Wirtschaft
und Kultur“ erfolgte jedoch zu einem späten Zeitpunkt und das sowohl im Hin-
blick auf bereits verlorengegangenes wissenschaftliches Potenzial wie auch auf
den fortgeschrittenen Zeitpunkt bis zum EU-Beitritt vieler osteuropäischer
Staaten.
Das Handeln der Bundesregierung, das noch keinerlei Konzeption erkennen
lässt, wirft zudem Zweifel an der Ernsthaftigkeit dieses Vorhabens auf. Am
14. März 2003 wurden die Staatskanzleien der Länder Brandenburg, Mecklen-
burg-Vorpommern und Sachsen, die als Standort Interesse für ein Osteuropa-
zentrum bekundet hatten, gebeten, sich mit Konzepten bei der Bundesregierung
zu bewerben. Seither ist die Bundesregierung nicht in der Lage, Auskunft über
aus ihrer Sicht bestehende Defizite in der Zusammenarbeit Deutschlands mit

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den neuen Mitgliedstaaten zu geben. Demzufolge war auch keine Aussage über
Konzeption, finanzielle Ausstattung oder Profil des zu gründenden Zentrums
möglich. Im August 2003 teilte die Bundesregierung mit, eine endgültige
Standortentscheidung werde im Herbst 2003 getroffen. Dies ist bis jetzt nicht
erfolgt. Bislang sind auch keine finanziellen Ressourcen für das Vorhaben im
Bundeshaushalt 2004 eingeplant.
Durch ihr Handeln missachtet die Bundesregierung die Leistung der heute in
diesem Bereich tätigen Personen und Institutionen. Außerdem ist es angesichts
der dramatischen Haushaltslage geboten, vor der Einrichtung neuer Institutio-
nen zunächst zu untersuchen, ob gegebenenfalls bereits vorhandene Strukturen
genutzt werden können. Besonders dramatisch ist jedoch, dass die Regierung
auf diese Weise nicht zu einer dringend gebotenen Diskussion über die Frage
kommt, welche Vorbereitungen auf die EU-Erweiterung aus deutscher Sicht
noch zu treffen sind. Ohne Zweifel ist eine wissenschaftliche Begleitung des
Intergrationsprozesses notwendig. Auch die grenzüberschreitende Zusammen-
arbeit muss auf den verschiedenen Politikfeldern intensiviert werden. Eine Ver-
stärkung des Beratungsangebots, beispielsweise für deutsche Unternehmen, ist
ebenfalls notwendig. Es hängt von der Aufgabenstellung sowie der personellen
und finanziellen Ausstattung ab, ob ein neues „Osteuropazentrum für Wirt-
schaft und Kultur“ den Erweiterungsprozess unterstützen kann oder ob es nur
ein Alibi für scheinbares Handeln der Regierung bei diesem Thema darstellt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
– darzustellen, welche Defizite sie bezüglich der Zusammenarbeit mit den

Staaten Mittel- und Osteuropas, gerade im Hinblick auf die Osterweiterung
der Europäischen Union, festgestellt hat, und wie diese Defizite durch die
Gründung eines „Osteuropazentrums für Wirtschaft und Kultur“ behoben
werden sollen;

– zu belegen, welche Einrichtungen mit Osteuropabezug heute bereits existie-
ren und wie sich deren Aufgabenschwerpunkte von einem neu zu schaffen-
den „Osteuropazentrum für Wirtschaft und Kultur“ unterscheiden werden
bzw. wie diese Eirichtungen in ein neu zu schaffendes Osteuropazentrum
synergetisch eingebunden werden können;

– sich zu erklären, wie die Finanzierung des „Osteuropazentrums für Wirt-
schaft und Kultur“ erfolgen soll und zu erläutern, warum im Haushalt 2004
keinerlei Mittel für diese Einrichtung vorgesehen sind.

Berlin, den 9. Dezember 2003
Michael Kretschmer
Katherina Reiche
Dr. Maria Böhmer
Thomas Rachel
Dr. Christoph Bergner
Helge Braun
Vera Dominke
Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)
Susanne Jaffke

Volker Kauder
Helmut Lamp
Werner Lensing
Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn)
Bernward Müller (Gera)
Uwe Schummer
Marion Seib
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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