BT-Drucksache 15/2008

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -15/1654- Entwurf eines Gesetzes über die Zustimmung zur Änderung der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank

Vom 12. November 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2008
15. Wahlperiode 12. 11. 2003

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 15/1654 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Zustimmung zur Änderung der Satzung
des Europäischen Systems der Zentralbanken
und der Europäischen Zentralbank

A. Problem
Bei Erweiterungen des Euro-Währungsgebiets erhöht sich die Anzahl der Mit-
glieder des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB-Rat). Um sicherzustel-
len, dass der EZB-Rat auch künftig in der Lage ist, Entscheidungen effizient
und rechtzeitig zu treffen, hat der Rat der Europäischen Union in der Zusam-
mensetzung der Staats- und Regierungschefs am 21. März 2003 eine Änderung
des Artikels 10.2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und
der Europäischen Zentralbank beschlossen. Dieser Ratsbeschluss bedarf der
Ratifikation durch alle Mitgliedstaaten.

B. Lösung
Annahme des Gesetzentwurfs, welcher als Vertragsgesetz die Voraussetzungen
für eine Ratifikation der Beschlüsse des Rates der Europäischen Union vom
21. März 2003 schafft.
Einstimmige Annahme des Gesetzentwurfs

C. Alternativen
Keine

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Die Änderung des Artikels 10.2 des Europäischen Systems der Zentralbanken
und der Europäischen Zentralbank begründet keine neuen finanziellen Ver-
pflichtungen.

Drucksache 15/2008 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2. Vollzugsaufwand
Bei der Anwendung des durch die Satzungsänderung eingeführten Rotations-
verfahrens für die Stimmrechte im EZB-Rat entstehen der Europäischen Zen-
tralbank in geringem Umfang administrative Kosten.

E. Sonstige Kosten
Keine

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2008

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf – Drucksache 15/1654 – unverändert anzunehmen.

Berlin, den 12. November 2003

Der Finanzausschuss

Christine Scheel Ortwin Runde Georg Fahrenschon
Vorsitzende Berichterstatter Berichterstatter

Drucksache 15/2008 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ortwin Runde und Georg Fahrenschon

1. Verfahrensablauf
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 15/1654 in seiner 66. Sitzung am 16. Oktober 2003
dem Finanzausschuss zur federführenden Beratung sowie
dem Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union zur Mitberatung überwiesen. Nachträglich hat der
Deutsche Bundestag in seiner 69. Sitzung am 23. Oktober
2003 die Vorlage auch dem Haushaltsausschuss zur Mit-
beratung überwiesen. Der Ausschuss für die Angelegen-
heiten der Europäischen Union hat in seiner Sitzung am
5. November 2003 zu dem Gesetzentwurf Stellung genom-
men. Der Haushaltsausschuss hat den Gesetzentwurf in sei-
ner Sitzung am 6. November 2003 beraten. Der Finanzaus-
schuss hat die Beratung des Gesetzentwurfs in seiner Sit-
zung am 5. November 2003 begonnen und am 12. Novem-
ber 2003 abgeschlossen. Am 5. November 2003 hat der
Finanzausschuss eine nichtöffentliche Anhörung zu dem
Gesetzentwurf durchgeführt. Der Bundesrat hat am 26. Sep-
tember 2003 zu der Gesetzesvorlage Stellung genommen.

2. Inhalt der Vorlage
Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die Voraussetzungen für eine
Ratifikation der vom Rat der Europäischen Union beschlos-
senen Änderung des Artikels 10.2 der Satzung des Europäi-
schen Systems der Zentralbanken und der Europäischen
Zentralbank zu schaffen. Hiermit soll nach einer Erweite-
rung des Euro-Währungsgebietes und der entsprechenden
Erhöhung der Anzahl der Mitglieder des Rates der Europäi-
schen Zentralbank sichergestellt werden, dass der EZB-Rat
auch künftig in der Lage ist, Entscheidungen effizient und
rechtzeitig zu treffen.
Der dem Gesetzentwurf zugrunde liegende Beschluss des
Rates in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungs-
chefs vom 21. März 2003 über eine Änderung des Artikels
10.2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralban-
ken und der Europäischen Zentralbank (2003/223/EG) sieht
folgende Maßnahmen vor:
– In einem deutlich erweiterten Euro-Währungsgebiet

werden nicht mehr alle Präsidenten der Nationalen Zen-
tralbanken im EZB-Rat stimmberechtigt sein. Für die
Verteilung der Stimmrechte unter den Präsidenten der
Nationalen Zentralbank wird ein Rotationsverfahren ein-
geführt, das spätestens dann beginnt, wenn mehr als 18
Mitgliedstaaten den Euro eingeführt haben.

– Das Rotationssystem beruht auf folgenden wesentlichen
Grundsätzen:
– Für die stimmberechtigten Mitglieder gilt weiterhin

der Grundsatz „ein Mitglied – eine Stimme“,
– alle EZB-Mitglieder nehmen weiterhin persönlich

und in Unabhängigkeit an den Sitzungen des EZB-
Rates teil,

– um dem Grundsatz der Repräsentativität besser zu
entsprechen als dies bei der Fortschreibung des gel-
tenden Artikels 10.2 der Satzung der Fall wäre, sind
die Präsidenten der Zentralbanken wirtschaftlich grö-

ßerer Mitgliedstaaten häufiger stimmberechtigt als
diejenigen aus wirtschaftlich kleineren Mitgliedstaa-
ten.

Im Einzelnen ist Folgendes vorgesehen:
– Die Gesamtzahl der stimmberechtigten Präsidenten der

Nationalen Zentralbanken wird beschränkt, wobei jeder
stimmberechtigte NZB-Präsident eine Stimme hat. Ab
dem Zeitpunkt, zu dem die Anzahl der NZB-Präsidenten
15 übersteigt, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem diese 22 be-
trägt, werden zwei Gruppen gebildet: EZB-Präsidenten
aus wirtschaftlich größeren Mitgliedstaaten werden da-
bei in die erste Gruppe mit insgesamt fünf NZB-Präsi-
denten eingeteilt. Die zweite Gruppe besteht aus den üb-
rigen NZB-Präsidenten. Für die Einteilung dient zum
einen mit einer Gewichtung von fünf Sechstel das Krite-
rium Anteil des Mitgliedstaates am aggregierten Brutto-
inlandsprodukts zu Marktpreisen des Euro-Währungsge-
bietes. Zum anderen wird mit der Gewichtung eines
Sechstels das Kriterium des Anteils des Mitgliedstaates
an der gesamten aggregierten Bilanz der monetären Fi-
nanzinstitute des Euro-Währungsgebietes genutzt.

– Die NZB-Präsidenten der ersten Gruppe sind nicht weni-
ger häufig stimmberechtigt als die NZB-Präsidenten der
zweiten Gruppe. Vorbehaltlich dessen werden der ersten
Gruppe mit fünf NZB-Präsidenten insgesamt vier
Stimmrechte zugeteilt, der zweiten Gruppe elf Stimm-
rechte.

– Ab einer Anzahl von 22 NZB-Präsidenten werden drei
Gruppen gebildet. Die Gruppen werden nach oben be-
schriebenen Kriterien wie folgt eingeteilt: Die erste
Gruppe besteht weiterhin aus fünf NZB-Präsidenten und
behält vier Stimmrechte. Die Hälfte der Gesamtzahl der
NZB-Präsidenten wird in die zweite Gruppe eingeord-
net, die nunmehr acht Stimmrechte erhält. Die übrigen
NZB-Präsidenten bilden die dritte Gruppe, die über drei
Stimmrechte verfügt.

– Die NZB-Präsidenten, die der gleichen Gruppe zugeord-
net sind, sind für gleich lange Zeiträume stimmberech-
tigt.

– Detailregelungen zur Durchführung des Artikels 10.2 so-
wie eine mögliche Verschiebung des Beginns des Rotati-
onssystems bis zu dem Zeitpunkt, zu dem 18 NZB-Präsi-
denten im EZB-Rat sind, werden von allen Mitgliedern
des EZB-Rates mit ungewichteter Zweidrittel-Mehrheit
beschlossen.

– Anpassung der Regelung zur Beschlussfähigkeit dahin
gehend, dass es künftig stimmberechtigte und nicht
stimmberechtigte Mitglieder des EZB-Rates gibt.

3. Stellungnahme des Bundesrates
Der Bundesrat hat in seiner 791. Sitzung am 26. September
2003 gemäß Artikel 76 Abs. 2 GG beschlossen, gegen den
Gesetzentwurf keine Einwendungen zu erheben.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/2008

4. Anhörungen
Bei der am 5. November 2003 stattgefundenen nichtöffentli-
chen Anhörung zu dem Gesetzentwurf hatten folgende Ein-
zelsachverständige, Verbände und Institutionen Gelegenheit
zur Stellungnahme:
Prof. Dr. Peter Bofinger
Prof. Jürgen von Hagen
Deutsche Bundesbank
Europäische Zentralbank
Zentraler Kreditausschuss.
Das Ergebnis der Anhörung ist in die Ausschussberatung
eingegangen.

5. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union empfiehlt einstimmig Zustimmung zu dem
Gesetzentwurf.
Der Haushaltsausschuss empfiehlt ebenso einvernehmlich
Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.

6. Ausschussempfehlung
Alle Fraktionen haben dem vorgelegten Gesetzentwurf zu-
gestimmt.
Die Fraktion der CDU/CSU hat eine Entschließung zu dem
Gesetzentwurf vorgelegt. Mit dieser solle der Deutsche
Bundestag beschließen, der mit dem Gesetzentwurf vorge-
sehenen Ratifizierung der Änderung der Satzung des Euro-
päischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen
Zentralbank grundsätzlich zuzustimmen. Gleichzeitig solle
jedoch – so weit die Entschließung – der Europäischen
Zentralbank zur Kenntnis gebracht werden, dass die Inter-
valle für die Perioden der Stimmberechtigung bzw. der

Nichtstimmberechtigung möglichst kurz seien, jedenfalls
die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten sollten. Die
Fraktion der CDU/CSU hat die Dauer der Intervalle, wäh-
rend derer ein Mitgliedstaat nicht abstimmen kann, als we-
sentlichen Bestandteil der Rotationsregelung insgesamt be-
tont. Da die Dauer der Intervalle nicht ausdrücklich nor-
miert werde, weise die Neufassung der Satzung zu diesem
wesentlichen Punkt eine Lücke auf. Dies habe sich u. a.
auch aus der Anhörung der Deutschen Bundesbank ergeben.
Die Koalitionsfraktionen haben zu der von der Fraktion der
CDU/CSU vorgelegten Entschließung ausgeführt, dass in
der Sache grundsätzliche Übereinstimmung bestehe. Mög-
lichst kurze Intervalle beim Stimmrechtswechsel seien wün-
schenswert, so dass gemäß der Gewichtung größere Länder
fast durchgängig ein Stimmrecht ausüben können. Die Koa-
litionsfraktionen haben jedoch grundsätzliche Bedenken ge-
genüber einer gesonderten Entschließung des Deutschen
Bundestages gegenüber der Europäischen Zentralbank zur
Dauer der Intervalle geltend gemacht. Für die Koalitions-
fraktionen habe die Unabhängigkeit der Europäischen Zen-
tralbank mit samt ihrer Satzungsautonomie oberste Priorität,
weshalb nationale Gesetzgeber, so auch der Deutsche Bun-
destag, hier zur Zurückhaltung aufgefordert seien. Diese
Haltung, nämlich die Betonung der Unabhängigkeit der
Europäischen Zentralbank und des Europäischen Systems
der Zentralbanken, habe der Deutsche Bundestag auf
Vorschlag des Finanzausschusses gerade vor kurzem noch
öffentlich betont. Des Weiteren könne mit Sicherheit davon
ausgegangen werden, dass die ebenso unabhängige Deut-
sche Bundesbank ein Interesse an möglichst kurzen Inter-
vallen der Nichtstimmberechtigung selbständig geltend ma-
chen werde.
Der Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU
wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU und FDP abgelehnt.

Berlin, den 12. November 2003

Ortwin Runde Georg Fahrenschon
Berichterstatter Berichterstatter

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