BT-Drucksache 15/1984

Mehr Sicherheit an unbeschrankten Bahnübergängen

Vom 11. November 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1984
15. Wahlperiode 11. 11. 2003

Antrag
der Abgeordneten Gero Storjohann, Gerhard Wächter, Dirk Fischer (Hamburg),
Eduard Oswald, Klaus W. Lippold (Offenbach), Renate Blank, Georg Brunnhuber,
Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Klaus Brähmig, Hubert Deittert, Enak Ferlemann,
Dr. Michael Fuchs, Peter Götz, Klaus Hofbauer, Volker Kauder, Jürgen Klimke,
Norbert Königshofen, Werner Kuhn (Zingst), Eduard Lintner, Klaus Minkel,
Günter Nooke, Lena Strothmann, Edeltraut Töpfer, Volkmar Uwe Vogel
und der Fraktion der CDU/CSU

Mehr Sicherheit an unbeschrankten Bahnübergängen

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Unbeschrankte Bahnübergänge zählen mit zu den unfallträchtigsten Bereichen
im Straßenverkehr. Im Jahr 2002 ereigneten sich 294 Unfälle allein an den
Bahnübergängen der Deutsche Bahn AG. 61 Menschen kamen dabei ums Le-
ben. Der Großteil dieser tödlichen Unfälle ereignete sich an Bahnübergängen,
die nicht durch Schranken gesichert waren. Auch in diesem Jahr wurden diese
Kreuzungspunkte von Straße und Schiene erneut zu tödlichen Fallen. Das
schwere Busunglück in Ungarn Anfang Mai 2003 und nicht zuletzt ein tragi-
scher Unfall bei Eutin in Schleswig-Holstein Anfang September 2003 haben
die Diskussion aufleben lassen, ob und wie diese Unfälle zu vermeiden gewe-
sen wären.
Da das hohe Gefährdungspotential der unbeschrankten Bahnübergänge bereits
seit langem bekannt ist, ergriff man in den letzten Jahren verstärkt Gegenmaß-
nahmen. Es wurde eine breit angelegte Informations- und Aufklärungskam-
pagne gestartet, und die Deutsche Bahn AG ging dazu über, bislang unbe-
schrankte Bahnübergänge technisch nachzurüsten. Im Ergebnis nahm die Zahl
der Unfälle an Bahnübergängen deutlich ab. Tatsache ist aber auch, dass noch
immer etwa die Hälfte der rund 24 000 Bahnübergänge im Netz der Deutsche
Bahn AG als „technisch nicht gesichert“ einzustufen ist. An dieser Zahl wird
sich vermutlich in naher Zukunft – nicht zuletzt aus finanziellen Gründen –
nicht viel ändern. Daher müssen kostengünstige Alternativlösungen gefunden
werden. Entsprechende Ansätze liegen bereits vor. So empfehlen Institutionen
aus dem Bereich Verkehrssicherheit, wie beispielsweise der ADAC, die Ver-
wendung von Verkehrszeichen auf gelb-fluoreszierender Folie an Unfall-
schwerpunkten. Studien und Pilotprojekten zufolge führen diese zu einer Erhö-
hung der Sicherheit an Bahnübergängen. Trotzdem steht das Bundesministe-
rium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) einem Einsatz gelb-
fluoreszierender Verkehrsschilder negativ gegenüber mit der Begründung, dass
auf diese Weise zweierlei Arten von Verkehrszeichen geschaffen würden. Dem
Verkehrsteilnehmer würde suggeriert, dass den anderen Verkehrszeichen weni-
ger Bedeutung beizumessen sei. Zudem entstünde mit der Zeit ein Gewöh-

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nungseffekt, wodurch die positive Wirkung der auffälligen gelben Zeichen
nachlasse. Diese Bewertung des BMVBW steht allerdings im Kontrast zu Stu-
dien und Erfahrungen aus dem In- und Ausland, die im Ergebnis eine gestei-
gerte Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer durch die genannten Verkehrs-
zeichen nachweisen. Auf Basis dieser Erkenntnisse werden gelb-fluoreszie-
rende Verkehrszeichen im europäischen Ausland (z. B. Niederlande, Belgien,
Österreich, Italien, Spanien, Vereinigtes Königreich) bereits verwendet.
Ebenfalls einer Studie zufolge fährt nahezu jeder dritte motorisierte Verkehrs-
teilnehmer zu schnell an Bahnübergänge heran und trägt damit maßgeblich zu
einem erhöhten Unfallrisiko bei. Angesichts dessen erscheint es angebracht,
eine Maßnahme zu ergreifen, die den Fahrer nicht nur zum Abbremsen, son-
dern gänzlich zum Halten zwingt, wenn Örtlichkeit und Sichtbedingungen dies
erforderlich machen. Die Anbringung eines Stoppschildes könnte demnach in
diesen Fällen als eine besonders einfache und kostengünstige, aber auch sehr
effektive Möglichkeit zur Erhöhung der Sicherheit an Bahnübergängen beitra-
gen. Hinzu kommt, dass die Bedeutung dieses Verkehrsschildes jedem Ver-
kehrsteilnehmer bekannt ist, was für das Andreaskreuz so leider nicht gilt. Auf
Länderebene ist vor diesem Hintergrund mittlerweile Bewegung in die Diskus-
sion zur Erhöhung der Verkehrssicherheit an unbeschrankten Bahnübergängen
gekommen. Ein Fachausschuss beschäftigt sich derzeit intensiv mit dem
Modell der Kombination von Andreaskreuz und Stoppschild, und vieles spricht
dafür, dass man im Rahmen einer Initiative den Bund zu einer entsprechenden
Gesetzesänderung auffordern wird.

Der Deutsche Bundestag fordert daher die Bundesregierung auf,
1. die Erkenntnisse aus Pilotversuchen mit Verkehrszeichen auf gelb-fluores-

zierendem Hintergrund an Unfallstellen in Deutschland, insbesondere an
Bahnübergängen, auszuwerten und zu beurteilen und dem Deutschen Bun-
destag zu berichten,

2. Pilotprojekte zu starten, um die Effektivität einer Kombination von Andreas-
kreuz und Stoppschild an unbeschrankten Bahnübergängen zu prüfen,

3. Informationen über die Einsatzbedingungen und Erfahrungen europäischer
Nachbarländer, in denen die Kombination Andreaskreuz und Stoppschild
angewendet wird, zu sammeln und dem Deutschen Bundestag zu berichten,

4. Informationen über die Erfahrungen europäischer Nachbarländer, in denen
Verkehrszeichen auf gelb-fluoreszierenden Folien verwendet werden, zu
sammeln und dem Deutschen Bundestag zu berichten,

5. bei positiver Bewertung der Ergebnisse zu der Verwendung gelb-fluoreszie-
rend unterlegter Verkehrszeichen die Aufstellung dieser an unbeschrankten
Bahnübergängen sowie an Gefahrenstellen mit hoher Unfallquote in ge-
schlossenen Ortschaften zur Erhöhung der Verkehrssicherheit zu genehmi-
gen,

6. bei positiver Bewertung der Ergebnisse zu der Verwendung von Stopp-
schildern an Bahnübergängen die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, die
dem Betreiber des Schienenweges in Abstimmung mit dem Baulastträger
der Straße die Kombination dieses Verkehrsschildes mit dem Andreaskreuz
ermöglicht,

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1984

7. sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die Art der Beschilderung von
Bahnübergängen einheitlich geregelt wird, dabei ist die Gestaltung des in
Deutschland üblichen Andreaskreuzes zu überprüfen, die erheblich von den
Mustern des internationalen Übereinkommens über Straßenverkehrszeichen
(1977) abweicht.

Berlin, den 11. November 2003
Gero Storjohann
Gerhard Wächter
Dirk Fischer (Hamburg)
Eduard Oswald
Klaus W. Lippold (Offenbach)
Renate Blank
Georg Brunnhuber
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Klaus Brähmig
Hubert Deittert
Enak Ferlemann
Dr. Michael Fuchs
Peter Götz
Klaus Hofbauer
Volker Kauder
Jürgen Klimke
Norbert Königshofen
Werner Kuhn (Zingst)
Eduard Lintner
Klaus Minkel
Günter Nooke
Lena Strothmann
Edeltraut Töpfer
Volkmar Uwe Vogel
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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