BT-Drucksache 15/1957

zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Thomas Rachel, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -15/1348- Stärkung der dualen Berufsausbildung in Deutschland durch Novellierung des Berufsbildungsrechts

Vom 10. November 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1957
15. Wahlperiode 10. 11. 2003

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Thomas Rachel,
Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 15/1348 –

Stärkung der dualen Ausbildung in Deutschland durch Novellierung
des Berufsbildungsrechts

A. Problem
Die vielfältigen und raschen Veränderungen in Wirtschaft und Technik, Ar-
beitswelt und Gesellschaft erfordern eine Novellierung des Berufsbildungs-
rechts, insbesondere des Berufsbildungsgesetzes. Die Bundesregierung wird
aufgefordert, diese Novellierung noch in dieser Legislaturperiode durchzufüh-
ren und dabei bestimmte Grundsätze zu beachten und bestimmte Forderungen
zu erfüllen.

B. Lösung
Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Drucksache 15/1957 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag – Drucksache 15/1348 – abzulehnen.

Berlin, den 5. November 2003

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
Ulrike Flach
Vorsitzende

Willi Brase
Berichterstatter

Uwe Schummer
Berichterstatter

Grietje Bettin
Berichterstatterin

Christoph Hartmann (Homburg)
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1957

Bericht der Abgeordneten Willi Brase, Uwe Schummer, Grietje Bettin
und Christoph Hartmann (Homburg)

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
15/1348 in seiner 63. Sitzung am 25. September 2003 be-
raten und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung zur federführenden Beratung
und an den Rechtsausschuss, Ausschuss für Wirtschaft und
Arbeit, Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Die vielfältigen und raschen Veränderungen in Wirtschaft
und Technik, Arbeitswelt und Gesellschaft erfordern nach
Ansicht der Antragsteller noch in dieser Legislaturperiode
eine Novellierung des Berufsbildungsrechts, insbesondere
des Berufsbildungsgesetzes. Die Bundesregierung wird auf-
gefordert, dabei bestimmte Grundsätze zu beachten und be-
stimmte Forderungen zu erfüllen. Beispielsweise wird eine
Regulierung und Flexibilisierung des bestehenden Berufs-
ausbildungs- und Weiterbildungswesens, eine Modularisie-
rung der beruflichen Aus- und Weiterbildung, „gestreckte“
Prüfungen, eine Konzentration der gesetzlichen Regelungen
für Aus- und Weiterbildung in einem Gesetz sowie eine In-
ternationalisierung der beruflichen Ausbildung gefordert.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage 15/1348 in seiner
29. Sitzung am 22. Oktober 2003 beraten und die Ableh-
nung empfohlen. Für die Vorlage haben die Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gestimmt. Gegen die Vorlage haben die
Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gestimmt.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat die Vorlage
15/1348 in seiner 37. Sitzung am 22. Oktober 2003 beraten
und die Ablehnung empfohlen. Für die Vorlage hat die
Fraktion der CDU/CSU gestimmt. Gegen die Vorlage haben
die Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gestimmt. Die Fraktion der FDP hat sich enthalten.
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend hat die Vorlage 15/1348 in seiner 19. Sitzung am
22. Oktober 2003 beraten und die Ablehnung empfohlen.
Für die Vorlage haben die Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gestimmt. Gegen die Vorlage haben die Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestimmt.

IV. Beratungsverlauf und -ergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen-
abschätzung hat die Vorlage in seiner 21. Sitzung am 5. No-
vember 2003 beraten.
In die Beratung des Ausschusses wurde von der FDP der
folgende Entschließungsantrag eingebracht:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Viele kleine und mittlere Unternehmen können sich Ausbil-
dung, die damit verbundenen Kosten und den zusätzlichen
Verwaltungsaufwand schlicht nicht mehr leisten. Von großer
Bedeutung für die Fortentwicklung des Berufsbildungsrech-
tes ist, dass bei den Rahmenbedingungen für die berufliche
Bildung mehr Flexibilität und Mittelstandsfreundlichkeit
verwirklicht wird.
Handeln aus Verantwortung für die junge Generation ist
dringend geboten. Eine schnelle und effiziente Novellierung
des Berufsbildungsrechts ist in diesem Zusammenhang not-
wendig.
Um mehr Spielraum für betriebliche Schwerpunkte zu
schaffen, ist eine Flexibilisierung und Deregulierung
unseres Berufsbildungssystems nötig. Alle Ausbildungs-
hemmnisse z. B. im Jugendarbeitsschutzgesetz sind soweit
wie vertretbar möglich zu beseitigen.
Die Ausbildungszeiten müssen differenziert und vor allem
verkürzt werden. Schnellstmöglich sind Berufe mit theorie-
geminderten Anforderungen und verkürzter Ausbildungszeit
einzuführen, die jedoch den Grundsatz der Beruflichkeit
nicht verletzen dürfen und mit weiterführenden Modulen zu
einem vollen Berufsbild führen. Es geht auch darum, bei Ju-
gendlichen mit schlechten Startchancen die Motivation zum
Beginn einer Ausbildung erheblich zu steigern und zugleich
die Chancen auf eine Höherqualifizierung nicht zu ver-
bauen.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
Eine Novelle zum Berufsbildungsrecht vorzulegen, die fol-
gende Grundsätze beachtet:
1. mehr Spielraum für betriebliche Schwerpunkte bei den

Ausbildungsordnungen
2. mehr betriebliche Spielräume bei den Ausbildungsver-

gütungen
3. Flexibilisierung der möglichen Beschäftigungszeiten

beim Jugendarbeitsrecht
4. Wiederherstellung der alten, bewährten Rechtslage (Be-

nachteiligungsverbot nach § 78 S. 2 BetrVG alt) und
Abschaffung des Übernahmegebotes bei der Jugend-
und Auszubildendenvertretung

5. Entbürokratisierung und Erleichterung der Vorschriften
über Sozialräume

6. freiwillige und partielle Anrechnungsmöglichkeiten von
Berufsgrundbildungsjahr und Berufsfachschule durch
die Betriebe

7. Steigerung der Präsenz der Auszubildenden im Betrieb
durch Blockunterricht und jahrgangsübergreifende Fle-
xibilisierung der Berufsschultage

8. Begrenzung des personellen und finanziellen Prüfungs-
aufwandes auf ein Mindestmaß.

Drucksache 15/1957 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Von Seiten des Berichterstatters der Fraktion der CDU/
CSU wurde erklärt, dass die duale Berufsausbildung als ein
wichtiger Standortvorteil Deutschlands derzeit sehr gefähr-
det sei. Die geforderte Novellierung des Berufsausbildungs-
gesetzes solle die duale Berufsausbildung stärken. In dem
Antrag würden die Eckpunkte für eine Novellierung des
Berufsbildungsrechtes dargestellt. Die berufliche Aus- und
Weiterbildung müsse flexibilisiert, dynamisiert und interna-
tionalisiert werden. Die Entwicklung und Fortschreibung
von Berufsbildern und Ausbildungsverordnungen sollen be-
schleunigt werden. Es sollten vermehrt zweijährige Berufs-
bilder, die stärker praxis- und weniger theorieorientiert
seien, geschaffen werden. Die Aus- und Weiterbildung solle
modularisiert und gestuft gestaltet werden. Über Weiterbil-
dung und berufliche Praxis sollte die Möglichkeit des Hoch-
schulbesuchs eröffnet werden. Der Antrag der Fraktion der
FDP werde unterstützt.
Von Seiten des Berichterstatters der Fraktion der SPD
werden einzelne Forderungen im Antrag der Fraktion der
CDU/CSU begrüßt. Einige Forderungen, vor allem die
Forderung nach einer Modularisierung, würden aber das be-
stehende und bewährte duale Ausbildungssystem gefährden.
Die Forderungen im Entschließungsantrag der Fraktion der
FDP würden diese Gefährdung noch verstärken. Besonders
wurde die Forderung nach einer nur ein- bis zweijährigen
Ausbildungszeit kritisiert. Auch entsprechende Bemühun-
gen der EU-Kommission würden mit Sorge betrachtet. In
Zukunft würden vermehrt gut und sorgfältig ausgebildete
Menschen benötigt. Dies könne durch eine zu kurze Aus-
bildungszeit nicht erreicht werden. Vorschläge der Regie-
rungsfraktionen und der Bundesregierung für eine Reform
der beruflichen Bildung würden in den nächsten Monaten
vorgestellt.
Von Seiten des Berichterstatters der Fraktion der FDP
wird der Antrag der Fraktion der CDU/CSU unterstützt.
Dieser müsse jedoch durch die Forderung im Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion der FDP ergänzt werden. Vor
allem seien mehr Spielräume für die Setzung betrieblicher

Schwerpunkte in der Ausbildung, eine Flexibilisierung der
Beschäftigungszeiten im Jugendarbeitsrecht, die Entbüro-
kratisierung und die Erleichterung der Vorschriften über So-
zialräume sowie die Steigerung der Präsenz der Auszubil-
denden in den Betrieben erforderlich.
Von Seiten der Berichterstatterin der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN werden einige Forderungen im Antrag
der Fraktion der CDU/CSU mit Zustimmung zur Kenntnis
genommen, z. B. die Möglichkeit, einen Zugang zur Hoch-
schulausbildung zu schaffen, die „gestreckten“ Prüfungen,
die Abstimmung von betrieblicher und schulischer Ausbil-
dung in den Regionen, die Internationalisierung der dualen
Ausbildung. Abzulehnen seien jedoch Forderungen, wie die
Rücknahme der staatlichen Verantwortung für die berufliche
Bildung und eine erhebliche Verkürzung der Ausbildungs-
zeiten. Die Forderung der Fraktion der FDP würde auf eine
Reduzierung der Ausbildung auf den jeweiligen betriebli-
chen Bedarf hinauslaufen. Die Anträge beider Fraktionen
müssten deshalb abgelehnt werden.
Von Seiten des Vertreters der Bundesregierung wird darauf
hingewiesen, dass das bestehende Berufsbildungsgesetz
sehr flexibel sei und bereits heute manche der Forderungen,
wie eine zweijährige Ausbildungszeit oder eine gestufte
Ausbildung, ermögliche. Demnach bestehe hinsichtlich be-
stimmter Forderungen der Opposition kein gesetzlicher
Handlungsbedarf.
Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat den Entschließungsantrag der Frak-
tion der FDP mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP abgelehnt.
Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag der Fraktion der
CDU/CSU auf Drucksache 15/1348 abzulehnen. Für die
Vorlage haben die Fraktionen der CDU/CSU und FDP,
gegen die Vorlage die Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gestimmt.

Berlin, den 5. November 2003
Willi Brase
Berichterstatter

Uwe Schummer
Berichterstatter

Grietje Bettin
Berichterstatterin

Christoph Hartmann (Homburg)
Berichterstatter

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