BT-Drucksache 15/1814

Entwicklung des Fahrradtourismus in Deutschland

Vom 21. Oktober 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1814
15. Wahlperiode 21. 10. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jürgen Klimke, Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, Dirk Fischer
(Hamburg), Edeltraut Töpfer, Renate Blank, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Georg
Brunnhuber, Cajus Caesar, Hubert Deittert, Dr. Hans Georg Faust, Albrecht Feibel,
Enak Ferlemann, Dr. Michael Fuchs, Ralf Göbel, Peter Götz, Gerda Hasselfeldt,
Uda Carmen Freia Heller, Klaus Hofbauer, Gerlinde Kaupa, Werner Kuhn (Zingst),
Eduard Lintner, Laurenz Meyer (Hamm), Maria Michalk, Klaus Minkel, Bernward
Müller (Gera), Eduard Oswald, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Ruprecht Polenz,
Klaus Riegert, Kurt J. Rossmanith, Anita Schäfer (Saalstadt), Bernhard
Schulte-Drüggelte, Wilhelm Josef Sebastian, Kurt Segner, Johannes Singhammer,
Gero Storjohann, Lena Strothmann, Volkmar Uwe Vogel, Gerhard Wächter,
Klaus-Peter Willsch und der Fraktion der CDU/CSU

Entwicklung des Fahrradtourismus in Deutschland

Der Fahrradtourismus in Deutschland hat sich seit Beginn der 80er Jahre vor
allem in strukturschwachen, ländlichen Regionen zu einem wichtigen Wirt-
schaftszweig mit einem jährlichen Umsatz von 5 Mrd. Euro entwickelt. Eine
weitere Förderung hat nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern wirkt sich
auch positiv auf die Prinzipien der Nachhaltigkeit aus und stärkt so den sanften
Tourismus. Darüber hinaus sind die gesundheitlichen Vorteile und der sport-
liche Aspekt bei der Weiterentwicklung des Fahrradtourismus zu berücksichti-
gen. Die Potenziale des Fahrradtourismus sind in Deutschland noch nicht aus-
geschöpft. Wichtig ist der verstärkte Ausbau bestehender Angebote und eine
bessere Vernetzung der einzelnen Verkehrsmittel. Zusätzlich steht eine bessere
Nutzung der Potenziale in direktem Zusammenhang mit der Erhöhung der Ver-
kehrssicherheit für Radfahrer sowie mit Maßnahmen zu einer Reduzierung der
Fahrraddiebstähle.
Von besonderer Bedeutung sind Möglichkeiten des Fahrradtransports in Zügen
des Nah- und Fernverkehrs. Während die Deutsche Bahn AG (DB AG) die
Fahrradmitnahme im Nahverkehr zunehmend verbessert hat, gibt es noch
Lücken im Bereich des Fernverkehrs, obwohl die Fahrradmitnahme genau hier
die Voraussetzung für das Erreichen von weiter entfernten Zielgebieten ist.
Dabei beträgt die durchschnittliche Anreiselänge von Radtouristen 200 bis
300 km, im internationalen Bereich sogar 400 bis 600 km. Eine spürbare Ein-
schränkung des Angebots im Fernverkehr erfolgte durch den Wegfall der Inter-
Regio-Züge. Im Grundangebot des Fernverkehrs – dem ICE – ist die Fahrrad-
mitnahme nicht möglich. Auch das Pilotprojekt „Fahrradmitnahme im ICE“ auf
der Projektstrecke Stuttgart–Zürich wurde Ende 2002 eingestellt. Es besteht
also ein großer Ausbauspielraum im Dienstleistungsangebot auf den Bahnhö-
fen und bei der DB AG, um die Umsteigepotenziale vom Auto auf die Bahn
besser auszuschöpfen.

Drucksache 15/1814 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Der von der Bundesregierung Mitte 2002 herausgegebene „Nationale Radver-
kehrsplan 2002–2012“ verstand seinen Auftrag darin, die Chancen des Fahrrad-
verkehrs im Rahmen einer integrierten Verkehrspolitik auszubauen. Die politi-
sche Verantwortung für die Umsetzung des Plans wurde jedoch vom Bund auf
Unternehmen, die Länder und die Kommunen übertragen.

Wir fragen die Bundesregierung:
I. Fahrradtourismus in Zahlen
1. Wie hat sich der prozentuale Anteil des Fahrradtourismus am gesamten

deutschen Tourismus im Zeitraum 1993 bis 2002 nach Erkenntnissen der
Bundesregierung entwickelt?

2. Wie hoch war die Zahl der touristischen Übernachtungen von Radtouristen
in Deutschland nach Erkenntnissen der Bundesregierung im Jahr 2002?

3. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die von Radtouristen
auf dem Weg zu ihrem Urlaubsziel genutzten Verkehrsmittel und zu wel-
chem Anteil sind darin die folgenden Verkehrsmittel vertreten:
– Auto
– Bahn
– Flugzeug?

4. Welche Potenziale sieht die Bundesregierung für den Fahrradtourismus
und woraus leitet sie diese Potenziale ab?

5. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die auf Radtourismus
spezialisierten Anbieter im Tourismusbereich, z. B. Bett and Bike, ent-
wickelt und wie stark werden deren Angebote von den Reisenden genutzt?
Werden diese Anbieter regional gefördert?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung die Chance, durch eine verstärkte För-
derung des Radtourismus auch den Tourismus im ländlichen Raum zu stär-
ken?

7. In welchem Verhältnis steht nach Erkenntnissen der Bundesregierung die
Entwicklung des Fahrradtourismus zu den Verkaufszahlen von Fahrrädern?
Lässt sich daraus auch eine positive Entwicklung für die Fahrradindustrie
ableiten?

II. Nationaler Radverkehrsplan
8. Mit welchen Maßnahmen versucht die Bundesregierung auf eine bessere

Vernetzung des Fahrrades mit den anderen Verkehrsmitteln hinzuwirken,
auf deren große Bedeutung im „Nationalen Radverkehrsplan 2002 bis
2012“ hingewiesen wird?
Wie soll dabei eine schnellere und sichere Erreichbarkeit von so genannten
Schnittstellen angestrebt werden?

9. Wie wirkt die Bundesregierung darauf hin, die Fahrradmitnahme in allen
Angeboten des öffentlichen Verkehrs einfach und kostengünstig zu gestal-
ten?

10. Entwickelt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang auch Maßnah-
men, um auf Angebote für öffentliche Verkehrsmittel hinzuwirken, die
auf spezifische Nachfrager im Bereich des Radtourismus zugeschnitten
sind?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1814

11. Welche Überlegungen gibt es in der Bundesregierung, den Fahrradfahrern
bzw. insbesondere Mountainbikern in geeigneter Form das Fahren außer-
halb des Radwegenetzes zu ermöglichen, um dem sportlichen Verlangen
Rechnung zu tragen?
Wie bewertet die Bundesregierung die sportlichen Belange der Fahrradfah-
rer bzw. insbesondere Mountainbiker in Abwägung zum Natur- und Um-
weltschutz und den Interessen anderer Verkehrsteilnehmer?

12. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Bedeutung des
Radfahrens für die Gesunderhaltung und sind ihr Untersuchungen bekannt,
die Kosteneinsparungen im Gesundheitswesen belegen?
Wenn ja, welche Konsequenzen hat die Bundesregierung aus den Ergebnis-
sen gezogen?
Wenn nein, ist die Bundesregierung bereit, sich auf diesem Gebiet sach-
kundig zu machen bzw. eine Untersuchung zu dem angeführten Sachver-
halt in Auftrag zu geben?

13. Wieso hat die Bundesregierung die Verantwortung für die Umsetzung des
Nationalen Radverkehrsplans an die Länder und Kommunen trotz deren
angespannter Haushaltslage übertragen, und müsste sie nicht zumindest
einen Teil der Kosten für diese Umsetzung selbst tragen?

III. Fahrradmitnahme im Fernverkehr
14. Wie hat sich die Anzahl der Fahrradmitnahmen im Fernverkehr im Zeit-

raum von 1998 bis 2002 entwickelt?
15. Teilt die Bundesregierung die Ansicht des Allgemeinen Deutschen Fahr-

rad-Clubs (ADFC), dass Fernverkehrsverbindungen bei der DB AG für
Radfahrer als große Gruppe der Bahnfahrer erweitert und verbessert wer-
den sollten?
Wenn ja, mit Hilfe welcher Maßnahmen versucht die Bundesregierung auf
die DB AG Einfluss zu nehmen?
Wenn nein, warum nicht?

16. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage, dass die Fahrradmitnahme
auf touristisch attraktiven Strecken des Fernverkehrs, wie z. B. auf der
kürzlich für die Fahrradmitnahme eingestellten ICE-Strecke Stuttgart–Zü-
rich, eine positive Wachstumswirkung auf den Radtourismus in den jewei-
ligen Regionen ausüben würde?

17. Wie bewertet die Bundesregierung – im Hinblick auf ihre fahrradtouristi-
schen Ziele – die Begründung der DB AG für eine ablehnende Haltung,
dass es durch die Mitnahme von Fahrrädern zu Verspätungen der ICEs
kommen und zudem zu viele dringend benötigte Sitzplätze verloren gehen
würden?

18. Sieht die Bundesregierung in dem Versand von Fahrrädern, wie er von der
DB AG in Zusammenarbeit mit dem Hermes-Versand-Service angeboten
wird, trotz der deutlich höheren Kosten auch eine Alternative zur Fahrrad-
mitnahme?

19. Aus welchen Gründen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung das Pilot-
projekt „Fahrradmitnahme im ICE“ auf der Projektstrecke Stuttgart–Zürich
eingestellt?
Wie beurteilt die Bundesregierung diese Gründe im Hinblick auf ihre fahr-
radtouristischen Ziele?

Drucksache 15/1814 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

20. Sieht die Bundesregierung aufgrund der Tatsache, dass in Frankreich die
Fahrradmitnahme in allen Zügen des Fernverkehrs, einschließlich des
Hochgeschwindigkeitszuges TGV, möglich ist, im Vergleich mit der fran-
zösischen Konkurrenz eine Schwachstelle des deutschen Radtourismus?

IV. Fahrraddiebstahl
21. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über die Zahl der Fahrraddieb-

stähle und die damit verbundenen volkswirtschaftlichen Kosten im Zeit-
raum 1996 bis 2002 vor?

22. Mit welchen Maßnahmen, Mitteln und Initiativen will die Bundesregierung
die Zahl der Fahrraddiebstähle verringern?

23. Wie beurteilt die Bundesregierung die von den Innenministern der Länder
1996 vereinbarten einheitlichen Codes zur Kennzeichnung von Fahrrädern
im Hinblick auf die Diebstahlprävention und die vereinfachte Identifizie-
rung von gestohlenen Fahrrädern?

24. Welche Erfahrungen hinsichtlich der Codierung von Fahrrädern und deren
Wirkung liegen der Bundesregierung vor?

25. Unterstützt die Bundesregierung die Forderung, eine Verpflichtung zur
Codierung von Fahrrädern anzuregen, und wie begründet sie ihre Haltung?

26. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse über die Akzeptanz von abschließ-
baren Fahrradboxen an Bahnhöfen oder in Tiefgaragen?
Sieht die Bundesregierung mit dem Einsatz von Fahrradboxen die Mög-
lichkeit, dass dann auch Personen mit hochwertigen Fahrrädern den park &
ride-Verkehr nutzen?

V. Fahrradfahrer im Straßenverkehr
27. Wie viele Unfälle mit Personenschaden gab es nach Erkenntnissen der

Bundesregierung in den Jahren 2000 bis 2002 unter Beteiligung von Rad-
fahrern und welche Hauptursachen waren für diese Unfälle verantwortlich?

28. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher auf Grundlage der ge-
wonnenen Erkenntnisse zu den Hauptursachen durchgeführt, um die Zahl
der Unfälle zu reduzieren?

29. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, unfallträchtige Knoten-
punkte im Straßensystem unter dem Gesichtspunkt erhöhter Sicherheit für
Radfahrer zu optimieren?

30. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage, dass Radfahren künftig
stärker als eigenständige Verkehrsart wahrgenommen und dieses bei allen
verkehrsplanerischen sowie verkehrspolitischen Entscheidungsprozessen
berücksichtigt werden sollte?

31. Inwieweit haben sich nach Erkenntnissen der Bundesregierung die
verkehrsrechtlich geltenden Qualitätsanforderungen an die Anlage von
Radwegen bewährt?
Plant die Bundesregierung Erweiterungen und Verbesserungen dieser Qua-
litätsanforderungen?

32. Werden infrastrukturelle Maßnahmen mit besonderem Gewicht auf
Aspekte der Verkehrssicherheit für Radfahrer von der Bundesregierung
realisiert?
Wenn ja, gibt es dafür besondere Beispiele?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/1814

VI. DB AG – Angebot „Call a bike“
33. Wie wurden die 2002 in drei deutschen Städten eingeführten Callbikes der

Deutschen Bahn AG nach Erkenntnissen der Bundesregierung angenom-
men?

34. Welche bisherigen Erkenntnisse hat die Bundesregierung über das „Call a
bike“-Programm gewinnen können?
Sollten solche Programme nach Ansicht der Bundesregierung dauerhaft
bestehen bleiben?
Sollten sie nach Ansicht der Bundesregierung auf andere Städte oder
Regionen ausgeweitet werden?

Berlin, den 21. Oktober 2003
Jürgen Klimke
Klaus Brähmig
Ernst Hinsken
Dirk Fischer (Hamburg)
Edeltraut Töpfer
Renate Blank
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Georg Brunnhuber
Cajus Caesar
Hubert Deittert
Dr. Hans-Georg Faust
Albrecht Feibel
Enak Ferlemann
Dr. Michael Fuchs
Ralf Göbel
Peter Götz
Gerda Hasselfeldt
Uda Carmen Freia Heller
Klaus Hofbauer
Gerlinde Kaupa
Werner Kuhn (Zingst)
Eduard Lintner
Laurenz Meyer (Hamm)
Maria Michalk
Klaus Minkel
Bernward Müller (Gera)
Eduard Oswald
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Ruprecht Polenz
Klaus Riegert
Kurt J. Rossmanith
Anita Schäfer (Saalstadt)
Bernhard Schulte-Drüggelte
Wilhelm Josef Sebastian
Kurt Segner
Johannes Singhammer
Gero Storjohann
Lena Strothmann
Volkmar Uwe Vogel
Gerhard Wächter
Klaus-Peter Willsch
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