BT-Drucksache 15/1790

Errichtung einer Stiftung "Staatsoper Unter den Linden"

Vom 22. Oktober 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1790
15. Wahlperiode 22. 10. 2003

Antrag
der Abgeordneten Dr. Peter Gauweiler, Günter Nooke, Bernd Neumann (Bremen),
Renate Blank, Verena Butalikakis, Gitta Connemann, Kurt-Dieter Grill, Siegfried
Helias, Dr. Günter Krings, Dr. Martina Krogmann, Dr. Norbert Lammert, Vera
Lengsfeld, Dorothee Mantel, Melanie Oßwald, Heinrich-Wilhelm Ronsöhr, Kurt
J. Rossmanith, Erika Steinbach, Christian Freiherr von Stetten, Edeltraut Töpfer,
Wolfgang Zeitlmann und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Wolfgang Gerhardt
und der Fraktion der FDP

Errichtung einer Stiftung „Staatsoper Unter den Linden“

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag spricht sich für eine Übernahme der deutschen Staats-
oper Unter den Linden in eine neu zu gründende bundeseigene Stiftung – alter-
nativ für eine Einbeziehung der Staatsoper Unter den Linden in die Stiftung
Preußischer Kulturbesitz – aus.
Der Deutsche Bundestag ermächtigt die Bundesregierung, zu diesem Zwecke
eine bundeseigene Stiftung ins Leben zu rufen oder die Staatsoper Unter den
Linden in die Stiftung Preußischer Kulturbesitz in geeigneter Form einzubezie-
hen. Eine doppelte Bezahlung der Berliner Opernreform durch den Bund muss
allerdings ausgeschlossen sein.

Berlin, den 20. Oktober 2003

Begründung
Die Staatsoper Unter den Linden war eine Schöpfung Preußens und wurde von
der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs zunächst
aus dem Etat des Königreiches, dann des Landes Preußen finanziert. Die Sie-
germächte des Zweiten Weltkrieges lösten den Staat Preußen ersatzlos auf; in
der Bundesrepublik Deutschland teilten sich mehrere Bundesländer seine terri-
toriale und kulturelle Erbschaft. Dort wurde auch für die durch den Siegerbe-
schluss herrenlos gewordenen Erbschaften Preußens auf kunst- und kulturhisto-
rischem Terrain die Stiftung Preußischer Kulturbesitz gegründet. Sie betreibt
bis heute Museen, Bibliotheken und Archive. Die Frage, wie es die Stiftung mit

Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Drucksache 15/1790 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
msterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 340, Telefax (02 21) 97 66 344

dem Theater- und Musiktheatererbe halten würde, stellte sich bei ihrer Grün-
dung nicht, weil die einschlägigen Institutionen auf dem Gebiet der sowjeti-
schen Besatzung bzw. der späteren DDR lagen.
Die DDR trat ganz selbstverständlich dieses Musiktheatererbe Preußens an und
verwandelte – insofern konsequent – die „Lindenoper“ in die Staatsoper der
DDR. Sie folgte damit den Beispielen anderer Länder mit Staatsopern, wie
z. B. in Wien oder Paris. Nach der Wiedervereinigung fiel – dem bundesrepu-
blikanischen Kulturföderalismus folgend – die ehemalige Staatsoper der DDR
an den Stadtstaat Berlin. Die nahe liegende Frage, ob die „Lindenoper“ nicht
sehr viel sinngemäßer dem Institutionenverbund Stiftung Preußischer Kulturbe-
sitz eingegliedert werden sollte, wurde seinerzeit nicht aufgeworfen. Mögli-
cherweise wurde in der Eile des Einigungsprozesses eine endgültige Regelung
auch deshalb vermieden, weil es damals noch keinen Hauptstadtbeschluss gab.
Nachdem dieser Beschluss inzwischen gefasst wurde und auch immer mehr mit
Leben erfüllt wird, kann die Staatsopernfrage nüchtern nach Nutzen und Vorteil
betrachtet werden.
Laut Einigungsvertrag hat der Bund auch für die nicht der Stiftung Preußischer
Kulturbesitz zugeordneten Teile des preußischen Erbes eine potentielle Verwal-
tungs- und Finanzierungskompetenz und eine Verpflichtung für den Erhalt der
aus dem Osten des Landes übernommenen Kulturinstitutionen. Insofern ist der
Länderkonsens über eine potentielle Zuständigkeit des Bundes zum gesamten
preußischen Erbe vorhanden.
Die klarste und transparenteste Lösung ist die Errichtung einer neuen eigen-
ständigen Stiftung „Staatsoper Unter den Linden“. Alternativ ist auch eine Auf-
nahme der Staatsoper Unter den Linden als preußisches Kulturerbe in die Stif-
tung Preußischer Kulturbesitz eine folgerichtige Möglichkeit. Offensichtlich
aber kann eine sinnvolle Zukunft für dieses bedeutende kulturpolitische Instru-
ment Staatsoper nur in der Abkoppelung von der gegenwärtigen Trägerschaft
durch das Land Berlin liegen, das damit schon jetzt überfordert ist. Spätestens
nach der Vereinigung Berlins mit dem Land Brandenburg würde der gegenwär-
tige Zustand ohnehin unhaltbar.
Die Errichtung einer Stiftung „Staatsoper Unter den Linden“ ist nicht nur De-
monstration unseres gemeinsamen Willens, die künstlerische Unabhängigkeit
der Staatsoper und damit die Strahlkraft der Hauptstadtkultur zu stärken, son-
dern eröffnet auch die Möglichkeit, durch private Zustiftungen und Spenden
das Mäzenatentum und die Bürgergesellschaft zu revitalisieren.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.