BT-Drucksache 15/1781

1. zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung -15/503 Nr. 1.3 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament Nukleare Sicherheit im Rahmen der Europäischen Union KOM (2002) 605 eng.: Ratsdok 15875/02 2. zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung -15/1153 Nr. 2.20- Vorschlag für eine Richtlinie (Euratom) des Rates zur Festlegung grundlegender Verpflichtungen und allgemeiner Grundsätze im Bereich der Sicherheit kerntechnischer Anlagen Vorschlag für eine Richtlinie (Euratom) des Rates über die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle KOM (2003) 32 endg;, Ratsdok 8990/03

Vom 20. Oktober 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1781
15. Wahlperiode 20. 10. 2003

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(15. Ausschuss)

1. zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 15/503 Nr. 1.3 –
Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament
Nukleare Sicherheit im Rahmen der Europäischen Union
KOM (2002) 605 endg.; Ratsdok. 15875/02

2. zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 15/1153 Nr. 2.20 –
Vorschlag für eine Richtlinie (EURATOM) des Rates zur Festlegung grundle-
gender Verpflichtungen und allgemeiner Grundsätze im Bereich der Sicherheit
kerntechnischer Anlagen
Vorschlag für eine Richtlinie (EURATOM) des Rates über die Entsorgung abge-
brannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle
KOM (2003) 32 endg.; Ratsdok. 8990/03

A. Problem
Mit den Richtlinienvorschlägen, deren grundsätzliche Begründung sich in der
vorangegangenen Mitteilung findet, soll ein rechtlich verbindliches Gemein-
schaftskonzept zur Gewährleistung eines hohen Niveaus nuklearer Sicherheit in
der erweiterten Europäischen Union geschaffen werden.

B. Lösung
In Kenntnis der Mitteilung der Kommission und der Richtlinienvorschläge
(EURATOM) des Rates Annahme einer Entschließung, mit der die Bundes-
regierung u. a. aufgefordert wird, den Richtlinienvorschlägen der EU-Kommis-
sion in der derzeit vorliegenden Fassung nicht zuzustimmen und auf eine
grundsätzliche Klärung der Zuständigkeiten der Kommission im Bereich der
nuklearen Sicherheit hinzuwirken. Zur Begründung wird u. a. darauf verwiesen,
dass die beabsichtigten Regelungen europarechtlich strittig sind. Weiter wird
die Bundesregierung aufgefordert, auf einen europäischen Konsens über den
Ausstieg aus der Kernenergienutzung hinzuwirken und sich für den Vorrang der
nicht-nuklearen Energieforschung in der Gemeinschaft einzusetzen.
Annahme mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP

Drucksache 15/1781 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1781

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
in Kenntnis der Unterrichtungen durch die Bundesregierung – Drucksachen
15/503 Nr. 1.3 und 15/1153 Nr. 2.20 – folgende Entschließung anzunehmen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Der Deutsche Bundestag lehnt die Richtlinienvorschläge der EU-Kommission
zur Sicherheit kerntechnischer Anlagen und zur Entsorgung abgebrannter
Brennelemente und radioaktiver Abfälle in der derzeit vorliegenden Fassung
ab.
Die Reichweite der Zuständigkeit der Kommission für die von ihr beabsichtig-
ten Regelungen ist europarechtlich strittig und bedarf zuerst der Klärung, bevor
über die Vorschläge der Kommission entschieden wird. Die Artikel 31 und 32
des EURATOM-Vertrages bieten nach Auffassung des Deutschen Bundestages
keine hinreichende Rechtsgrundlage für die weit reichenden Eingriffe in die
einzelstaatlichen Belange.
Die Richtlinienvorschläge der EU-Kommission berühren die Interessen deut-
scher Kernenergiepolitik im Hinblick auf die Gewährleistung hoher Sicher-
heitsstandards und die Entwicklung einer gesicherten Entsorgung.
Mit den Richtlinienvorschlägen greift die Kommission über bisherige Regelun-
gen der Gemeinschaft im Kernbereich des Strahlenschutzes hinaus in das natio-
nale Regelwerk zur Gewährleistung der kerntechnischen Sicherheit ein und be-
ansprucht auch dort Kompetenzen. Das Vorhaben, die in jedem Mitgliedstaat
einzurichtenden unabhängigen Sicherheitsbehörden und Inspektoren unter ein
von der EU-Kommission kontrolliertes System zur Inspektion der Inspektoren
zu unterstellen, würde der Kommission erstmals unmittelbare Kontrollbefug-
nisse im Bereich der kerntechnischen Sicherheit in allen Mitgliedstaaten ein-
räumen. Dafür besteht aus deutscher Sicht kein Anlass, da eine zusätzliche
Kontrollebene nicht zu mehr Sicherheit, sondern im Wesentlichen zu mehr Bü-
rokratie führen würde. Die Aufsicht muss auch weiterhin ausschließlich bei den
zuständigen Sicherheitsbehörden der Mitgliedstaaten liegen. Ebenso muss in
konsequenter Anwendung des Verursacherprinzips die primäre Verantwortung
für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen bei den Betreibern verbleiben.
In der vorliegenden Form sind von den Vorschlägen der Kommission auch ma-
teriell keine Verbesserungen der Sicherheit in den europäischen Nuklearanla-
gen zu erwarten. Der vorgelegte Entwurf basiert teilweise auf den allgemein ge-
haltenen IAEO Empfehlungen, teilweise werden Vorstellungen für zusätzliche
Kontrollmechanismen auf Gemeinschaftsebene entwickelt, die in dieser Form
in den Empfehlungen der IAEO nicht enthalten sind. Insgesamt stellen die Vor-
schläge der Kommission keinen inhaltlichen Fortschritt dar. Es ist nicht ausge-
schlossen, dass eine Festschreibung des Status Quo auf einem Niveau erfolgt,
das weder den deutschen noch den internationalen Erwartungen an die dynami-
sche Weiterentwicklung des Standes von Wissenschaft und Technik entspricht.
Erforderlich wäre eine Verständigung auf dynamische Sicherheitsgrundsätze,
Verfahren zu deren Konkretisierung sowie eine konsequente Anwendung des
Verursacherprinzips zur Gewährleistung eines bestmöglichen Gesundheits-
schutzes und Minimierung des Gefährdungspotentials.
Der Deutsche Bundestag teilt gemeinsam mit der Bundesregierung die Ein-
schätzung der Kommission im Richtlinien-Vorschlag über die Entsorgung radi-
oaktiver Abfälle, dass die unbefristete oberirdische bzw. oberflächennahe Lage-
rung radioaktiver Abfälle keine Alternative zur Endlagerung darstellt. Die vor-

Drucksache 15/1781 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

geschlagene Bereitstellung von unterirdischen Endlagern zur Entsorgung kern-
technischer Abfälle bis zum Jahr 2013 für schwach- und mittelradioaktive und
bis zum Jahr 2018 für hochradioaktive Abfälle steht jedoch nicht im Einklang
mit der deutschen nationalen Entsorgungsstrategie. Die Zeitvorgaben der Kom-
mission sind angesichts der bislang in keinem europäischen Land hinreichend
geklärten wissenschaftlichen Grundlagen und den weiterhin bestehenden Kon-
troversen über geeignete Endlagerstätten unrealistisch und dazu geeignet, fal-
sche Erwartungen hervorzurufen oder sogar sicherheitstechnisch bzw. akzep-
tanzpolitisch unzureichenden Lösungen der Entsorgungsproblematik Vorschub
zu leisten.
Die Vorschläge der EU-Kommission beinhalten zudem implizit die Option der
Errichtung europäischer Endlager, so dass unter Berücksichtigung der von der
Gemeinschaft für die Entsorgung beanspruchten Regelungskompetenz mögli-
cherweise ab 2013 bzw. 2018 verfügbare Endlager von anderen Mitgliedstaaten
ohne einzelstaatliche Entscheidungsbefugnis genutzt werden könnten. Dies ist
mit dem Grundsatz der Betreiberverantwortung sowie der deutschen Position
der nationalen Zuständigkeit für die Entsorgung radioaktiver Abfälle nicht ver-
einbar. Grundsätzlich ist jeder Mitgliedstaat zur Sicherstellung der Endlagerung
aller in seinem Hoheitsgebiet anfallenden radioaktiven Abfälle verpflichtet. Der
Import radioaktiven Abfalls ist nach geltendem EU-Recht nur mit Zustimmung
des Mitgliedstaates möglich. Jedes Mitglied der Europäischen Union muss
auch in Zukunft das Recht haben, die Ein- und Ausfuhr sowie die Endlagerung
radioaktiver Abfälle in nationaler Verantwortung zu regeln.
Das Anliegen der Kommission, eine verläßliche finanzielle Vorsorge für die
Stilllegung kerntechnischer Anlagen zu schaffen, ist unter Wahrung des Subsi-
diaritätsprinzips grundsätzlich zu begrüßen. Begleitend ist die Weiterentwick-
lung des Umwelthaftungsrechts erforderlich.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
– den Richtlinienvorschlägen der EU-Kommission in der derzeit vorliegenden

Fassung nicht zuzustimmen;
– auf eine grundsätzliche Klärung der Zuständigkeiten der Kommission im

Bereich der nuklearen Sicherheit hinzuwirken;
– Verhandlungen unter Beachtung der vorgenannten Darlegungen zu führen;
– einer Ausweitung der atompolitischen Kompetenzen der EU-Kommission

ohne eindeutige und einvernehmliche vertragsrechtliche Zuständigkeit der
Kommission nicht zuzustimmen;

– sich für den Vorrang der nichtnuklearen Energieforschung in der Gemein-
schaft einzusetzen und die nukleare Energieforschung auf die Fragen des
Gesundheitsschutzes, der Sicherheit sowie der Zwischen- und Endlagerung
zu begrenzen;

– die mittel- und osteuropäischen Länder weiterhin bei der Verbesserung der
Sicherheit ihrer bestehenden kerntechnischen Anlagen und der Entsorgung
zu unterstützen;

– auf einen europäischen Konsens über den Ausstieg aus der Kernenergie hin-
zuwirken, da Kernspaltung und Fusionstechnologie keine nachhaltigen
Energieerzeugungstechnologien und zur Verwirklichung der mittel- und
langfristigen Ziele der europäischen Energie- und Klimaschutzpolitik nicht
geeignet sind;

– sicherzustellen, dass das Primat der nationalen Entsorgungsverantwortung
gewährleistet ist und sich für ein Verbringungsverbot außerhalb der Gemein-
schaft einzusetzen;

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/1781

– darauf hinzuwirken, dass der EURATOM-Vertrag aufgelöst wird und die
weiterhin relevanten Fragen der Sicherheit, des Gesundheitsschutzes, der
Entsorgung, des Transports von spaltbarem Material, des Rückbaus von
Atomkraftwerken und der Abfallbehandlung in geeigneter Weise vertraglich
sichergestellt werden;

– darauf hinzuwirken, dass das europäische Wettbewerbsrecht unter Aufsicht
des zuständigen Wettbewerbskommissariates bei dem Betreiben von Atom-
anlagen uneingeschränkt Geltung hat.

Berlin, den 24. September 2003

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz undReaktorsicherheit
Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker
Vorsitzender

Horst Kubatschka
Berichterstatter

Dr. Rolf Bietmann
Berichterstatter

Michaele Hustedt
Berichterstatterin

Birgit Homburger
Berichterstatterin

Drucksache 15/1781 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Horst Kubatschka, Dr. Rolf Bietmann,
Michaele Hustedt und Birgit Homburger

I.
Die Mitteilung der Kommission – KOM (2002) 605 endg.;
Ratsdok. 15875/02 (Anlage 1) – wurde mit Überweisungs-
drucksache 15/503 Nr. 1.3 vom 21. Februar 2003 zur feder-
führenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an den
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
überwiesen.
Die Richtlinienvorschläge (EURATOM) des Rates – (KOM
(2003) 32 endg.; Ratsdok. 8990/03) (Anlage 2) – wurde mit
Überweisungsdrucksache 15/1153 Nr. 2.20 vom 6. Juni 2003
zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an
den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit überwiesen.
Beide mitberatenden Ausschüsse haben das ihnen überwie-
sene Dokument zur Kenntnis genommen.

II.
In der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Euro-
päische Parlament vom November 2002 legt die Kommis-
sion die Gründe dar, die sie aus ihrer Sicht dazu bewogen
haben, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgelegten
Richtlinienentwürfe zu erarbeiten.
Mit den Richtlinienvorschlägen vom Juni 2003 wird dann
das bereits angekündigte rechtlich verbindliche Gemein-
schaftskonzept zur Gewährleistung eines hohen Niveaus nu-
klearer Sicherheit in der Europäischen Union konkretisiert.
Es enthält u. a.
– eine Festschreibung grundlegender Verpflichtungen und

allgemeiner Grundsätze für die Einhaltung gemeinsamer
Sicherheitsnormen,

– die Schaffung von Stilllegungsfonds zur Finanzierung
der Stilllegung kerntechnischer Anlagen,

– die Einrichtung eines Inspektionssystems auf EU-Ebene
zur Überprüfung der nuklearen Sicherheitsbehörden und
der Mitgliedstaaten,

– die Einführung von Berichtspflichten über die Maßnah-
men zur Erfüllung der aus der Richtlinie erwachsenden
Verpflichtungen sowie über den Stand der Sicherheit
kerntechnischer Anlagen,

– die Festlegung von Anforderungen an die Entsorgung
abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle,

– die Festlegung von Anforderungen für von den Mitglied-
staaten aufzustellende Programme zur Entsorgung radio-
aktiver Abfälle,

– den Zeitplan für die Genehmigung und den Betrieb von
Endlagern für schwach- und mittelaktive sowie hochak-
tive und langlebige radioaktive Abfälle,

– die Festlegung gemeinsamer Bereiche für Forschung
und technologische Entwicklung durch die Kommission,

– die Festlegung von Berichtspflichten der Mitgliedstaaten.

Der Bundesrat hat in seiner 790. Sitzung am 11. Juli 2003
(Bundesratsdrucksache 327/03 (Beschluss)) grundsätzlich
die Bemühungen begrüßt, einen einheitlichen Mindeststan-
dard für die Sicherheit europäischer Kernanlagen zu schaf-
fen, jedoch an einzelnen Regelungen Kritik geübt (darunter
auch zur Frage, ob die Artikel 30 ff. EAG-Vertrag die vorge-
schlagenen Regelungsinhalte decken).

III.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit hat die Dokumente der Kommission in seiner Sitzung
am 24. September 2003 beraten. Die Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legten hierzu einen Ent-
schließungsantrag (siehe Beschlussempfehlung) vor.
Von Seiten der Fraktion der SPD wurde ausgeführt, mit dem
vorgelegten Entschließungsantrag wolle man die Position
der Bundesregierung in dieser Sache stärken, aber auch die
Auffassung des Parlaments deutlich machen. In der derzeit
vorliegenden Fassung lehne man die Richtlinienvorschläge
der EU-Kommission zur Sicherheit kerntechnischer Anla-
gen und zur Entsorgung abgebrannter Brennelemente und
radioaktiver Abfälle ab. Es müsse geklärt werden, welche
rechtlichen Zuständigkeiten die Kommission auf diesem
Gebiet habe. Nach eigener Auffassung schlage sie hier
Regelungen vor, für die sie keine Zuständigkeit habe. Einer
Ausweitung der Kompetenzen der Kommission in diesem
Bereich könne man nicht zustimmen. In dem Antrag spreche
man sich auch für den Vorrang der nicht-nuklearen
Energieforschung aus, da man selbst für den Ausstieg aus
der Kernenergienutzung eintrete. Soweit Forschung in diesem
Sektor betrieben werden solle, trete man dafür ein, sie auf
die Sektoren Gesundheitsschutz sowie Sicherheit beim Be-
trieb und bei der Zwischen- und Endlagerung der radioakti-
ven Abfälle zu begrenzen. Die mittel- und osteuropäischen
Länder seien weiterhin bei der Verbesserung der Sicherheit
ihrer bestehenden kerntechnischen Anlagen und bei der Ent-
sorgung zu unterstützen. Weiter fordere man die Bundesre-
gierung auf, auf einen europäischen Konsens über den Aus-
stieg aus der Kernenergie hinzuwirken. Hierfür gebe es be-
reits eine Mehrheit unter den europäischen Staaten. Eine
weitere wichtige Forderung sei die Gewährleistung eines
Primats einer nationalen Entsorgungsverantwortung. Ferner
fordere man, den EURATOM-Vertrag aufzulösen, die wei-
terhin relevanten Fragen der Sicherheit, des Gesundheits-
schutzes, der Entsorgung, des Transports von spaltbarem
Material, des Rückbaus von Atomkraftwerken und der Ab-
fallbehandlung aber in geeigneter Weise vertraglich sicher-
zustellen. Schließlich müsse darauf hingewirkt werden, dass
das europäische Wettbewerbsrecht unter Aufsicht des zu-
ständigen Wettbewerbskommissariats bei den Betreibern
von Atomanlagen uneingeschränkt Geltung habe.
Der Anregung der Fraktion der FDP, einen gemeinsamen
Antrag auszuarbeiten, wolle man nicht nachkommen, da
sich die Gemeinsamkeit nur auf den kleineren Teil der eige-
nen Forderungen beziehe und der der Beschlussempfehlung
beizufügende Bericht ohnehin deutlich mache, in welchen

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/1781

Punkten man sich in der Ablehnung der Richtlinienvor-
schläge einig sei.
Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wurde festgestellt,
ein hohes Niveau nuklearer Sicherheit in der Europäischen
Union, wie dies die Richtlinienvorschläge der Kommission
anstrebten, sei sicher insbesondere angesichts der bevorste-
henden Erweiterung von allgemeinem Interesse. Zum Teil
griffen die Richtlinienvorschläge allerdings in Kompeten-
zen ein, die auf nationaler Ebene wahrzunehmen seien. Des-
halb habe auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom
11. Juli 2003 die Richtlinienvorschläge im Grundsatz be-
grüßt, in Einzelpunkten jedoch deutlich Kritik geübt. Er-
staunlich sei, dass die Kommission als Frist für die nukleare
Entsorgung das Jahr 2018 eingesetzt habe, während die der-
zeitige Bundesregierung hierfür das Jahr 2030 anstrebe. Für
die eigene Fraktion sei es unbestritten, dass man eine Ent-
sorgungslösung innerhalb eines vertretbaren Zeitraums in
Verantwortung für die nächste Generation benötige.
Der vorliegende Entschließungsantrag der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spreche sich für einen
Ausstieg aus der Kernenergienutzung auch auf der europäi-
schen Ebene aus. Dies halte man schon deshalb für illuso-
risch, da bedeutende europäische Partnerländer auch in Zu-
kunft auf die Kernenergienutzung setzten. Insbesondere
gelte dies für die zukünftigen Beitrittsländer. Völlig falsch
sei es aus eigener Sicht, die Auflösung des EURATOM-Ver-
trags anzustreben, da dadurch die Rechtsgrundlage für die
Sicherheit in Europa gefährdet werde. Dagegen sei man sich
in der Ablehnung der in den Richtlinienvorschlägen vorge-
sehenen Stilllegungsfonds auf europäischer Ebene einig.
Auch nach eigener Auffassung müsse die Entscheidung
über den Weg der finanziellen Absicherung künftiger Still-
legungen von Kernkraftwerken in nationaler Verantwortung
bleiben. Die pauschale Forderung der Koalitionsfraktionen
nach einem Vorrang der nicht-nuklearen Energieforschung
halte man dagegen für eine falsche Weichenstellung, zumal
davon insbesondere die Kernfusionsforschung in negativer
Weise betroffen wäre. Insgesamt lehne man daher den vor-
liegenden Entschließungsantrag ab, da hier die falsche Poli-
tik, jede Option auf die Kernenergienutzung auszuschließen,
auf die europäische Ebene übertragen werden solle.
Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wurde darauf hingewiesen, dass durch den EURATOM-Ver-
trag die Anlagen zur Kernenergienutzung gegenüber anderen
Energieerzeugungsanlagen deutlich bevorzugt würden. Man
habe deshalb gefordert, das europäische Wettbewerbsrecht
bei den Betreibern von Atomanlagen uneingeschränkt zur
Geltung zu bringen. Die indirekte Subventionierung dieser
Anlagen über Rückstellungen, die nicht besteuert würden,
seien wettbewerbsrechtlich gesehen zumindest fragwürdig.
Was die Kritik an dem Termin für die Endlagerung im Jahre
2030 anbelange, so gehe er auf eine Vereinbarung der Bun-
desregierung mit den Unternehmen zurück. Auch dort teile

man die Auffassung, dass dieser Zeitplan für Deutschland
der beste Weg sei. Dass mit den Richtlinienvorschlägen Min-
deststandards für die kerntechnische Sicherheit festgelegt
würden, halte man gerade angesichts der bevorstehenden Er-
weiterung der Europäischen Union für richtig. Nicht folgen
könne man aber der Absicht der Kommission, dass die Euro-
päische Union auch Kompetenzen für die Kontrolle bei der
nuklearen Sicherheit erhalte, da sie dazu angesichts der Viel-
fältigkeit der Anlagen nicht in der Lage sei. Dies könnten die
verschiedenen Länder besser. Es sei ein zentraler Punkt des
eigenen Entschließungsantrags, dass man gerade hier die
Ausweitung der europäischen Kompetenzen ablehne.
Von Seiten der Fraktion der FDP wurde vorgetragen, bereits
im Vorfeld der heutigen Sitzung habe man deutlich ge-
macht, dass man in Teilen die im Entschließungsantrag der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN be-
schriebenen Positionen unterstütze. Dies betreffe z.B. die
Forderung, dass jedes Mitglied der Europäischen Union
auch in Zukunft das Recht haben müsse, die Ein- und Aus-
fuhr sowie die Endlagerung radioaktiver Abfälle in nationa-
ler Verantwortung zu regeln. Auch spreche man sich dezi-
diert gegen eine zusätzliche Kontrollinstanz für nukleare Si-
cherheit auf europäischer Ebene aus, da dies nichts anderes
als mehr Bürokratie bedeute. Von daher rege man an, mit
Blick auf die weiteren Verhandlungen auf europäischer
Ebene den Versuch zu unternehmen, einen gemeinsamen
Antrag zu formulieren.
Nicht zustimmen könne man selbstverständlich den Teilen
des Antrags der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, die den Ausstieg aus der Kernenergienutzung
und die Priorität für die nicht-nukleare Energieforschung
beträfen. So müsse z.B. nach eigener Auffassung die Frage
des nuklearen Endlagers nach Vorlage des Berichts des Ar-
beitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AK-
End) nunmehr im Deutschen Bundestag behandelt und nicht
einem weiteren Gremium zugewiesen und damit auf die
lange Bank geschoben werden. Aus der Kernenergienut-
zung lasse sich gerade im Interesse des Klimaschutzes nicht
aussteigen, solange man nicht über ein klares Energiever-
sorgungskonzept verfüge. Schließlich halte man auch den
geforderten Vorrang für die nicht-nukleare Energiefor-
schung in der EU unter dem Gesichtspunkt, dass die Option
für eine Nutzung der Kernfusion erhalten bleiben müsse, für
falsch.
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, dem Deutschen
Bundestag zu empfehlen, in Kenntnis der Unterrichtungen
durch die Bundesregierung - Drucksachen 15/503 Nr. 1.3
(KOM (2002) 605 endg.; Ratsdok. 15875/02) (Anlage 1)
und 15/1153 Nr. 2.20 (KOM (2003) 32 endg.; Ratsdok.
8990/03) (Anlage 2) -, die in der Beschlussempfehlung wie-
dergegebene Entschließung anzunehmen.

Berlin, den 17. Oktober 2003

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Anlage 1: KOM (2002) 605 endg.; Ratsdok. 15875/02
Anlage 2: KOM (2003) 32 endg.; Ratsdok. 8990/03

Horst Kubatschka
Berichterstatter

Dr. Rolf Bietmann
Berichterstatter

Michaele Hustedt
Berichterstatterin

Birgit Homburger
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/1781

Anlage 1

15875/02 SBH/hp 1
DG C III DE

RAT DER
EUROPÄISCHEN UNION

Brüssel, den 20. Dezember 2002 (07.01)
(OR. fr)

15875/02

ATO 154
ENER 782

ÜBERMITTLUNGSVERMERK
Absender: Herr Sylvain BISARRE, Direktor, im Auftrag des Generalsekretärs der

Europäischen Kommission

Eingangsdatum: 8. November 2002

Empfänger: der Generalsekretär/Hohe Vertreter, Herr Javier SOLANA

Betr.: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament

- Nukleare Sicherheit im Rahmen der Europäischen Union

Die Delegationen erhalten in der Anlage das Kommissionsdokument - KOM(2002) 605 endg.

________________________

Anl.: KOM(2002) 605 endg.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 11 – Drucksache 15/1781

KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

Brüssel, den 6.11.2002
KOM(2002) 605 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION
AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

Nukleare Sicherheit im Rahmen der europäischen Union

Drucksache 15/1781 – 12 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

EINLEITUNG

1. Mit dem Grünbuch „Hin zu einer europäischen Strategie für
Energieversorgungssicherheit“, das die Kommission am 29. November 2001
verabschiedet hat1, ist eine lebhafte, objektive und offene Debatte über die
Kernenergie in Gang gesetzt worden. Am 26. Juni 2002 hat die Kommission den
Abschlussbericht über das Grünbuch2 angenommen, nach dem „die
Wahlmöglichkeiten der Mitgliedstaaten möglichst umfassend sein (müssen) und ohne
Voreingenommenheit hinsichtlich ihrer Souveränität in diesen Fragen. Die Option
der Kernenergie steht den Staaten in der Europäischen Union, die dies wünschen,
offen.“

2. Die zivilen kerntechnischen Tätigkeiten unterliegen in der Europäischen Union dem
im Jahre 1957 unterzeichneten EU-Vertrag. Mit ihm wurde eine Versorgungsagentur
geschaffen, die darüber wachen soll, dass die europäischen Nutzer regelmäßig und
gerecht mit Kernmaterialien versorgt werden. Außerdem wurde die Euratom-
Sicherheitsüberwachung ins Leben gerufen, im Rahmen derer nachzuprüfen ist, dass
Kernmaterialien nicht zu anderen als den angegebenen Zwecken verwendet werden.
Hiermit sind 250 Inspektoren beauftragt. Laut dem Bericht der von der Kommission
beauftragten hochrangigen Sachverständigengruppe vom Februar 2002 ist es zur
Einschätzung der nuklearen Sicherheit als Ganze sinnvoll, den Auftrag der
Inspektoren auf den Bereich des physischen Schutzes auszudehnen3. Das durch den
Vertrag eingesetzte Instrumentarium und die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft
sichern die weltweit wirkungsvollste Überwachung von Kernmaterialen. Mit den
Tätigkeiten der Versorgungsagentur und der EURATOM-Sicherheitsüberwachung
ist die globale Kompetenz der EU im Bereich des Kernbrennstoffkreislaufs - von den
Kernmaterialien bis hin zu den Abfällen - abgesteckt.

Allerdings bestand die erste Aufgabe des Euratom-Vertrags darin, für den Betrieb
der kerntechnischen Anlagen unter guten Sicherheitsbedingungen unter anderem
dank der Verfolgung einer Gesundheitsschutzpolitik zu sorgen. Ein eigenes,
wichtiges Regelwerk - unabhängig von dem, das unter der Schirmherrschaft der
Internationalen Atomenergie-Organisation entstanden ist - ist im Bereich des
Strahlenschutzes aufgebaut worden. Es ist paradox, dass für die Sicherheit der
kerntechnischen Anlagen nicht eine ähnliche Entwicklung stattgefunden hat, da sie
doch konkret den Schutz der Bevölkerung vor ionisierender Strahlung gewährleisten
soll, zumal die Kommission seit vielen Jahren mit der Gemeinsamen
Forschungsstelle (GSF) über ein unbestreitbares technisches Know-how verfügt.
Daher sollten die Vorschriften im Bereich des Strahlenschutzes durch gemeinsame
Sicherheitsnormen für in Betrieb oder in der Stillegung befindliche kerntechnische

1 KOM(2000) 769 vom 29 November 2000; „Hin zu einer europäischen Strategie für
Energieversorgungssicherheit“, Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften,
2001, ISBN 92-894-0319-5

2 KOM (2002) 321 endg. vom 26. Juni 2002: Abschlussbericht über das Grünbuch „Hin zu einer
europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit“

3 SEC (2002) 658 Mitteilung von Frau de Palacio im Einvernehmen mit Herrn Kinnock über „Der Auftrag
des Amtes für Euratom-Sicherheitsüberwachung und die Überarbeitung des Organisationsplans der
Generaldirektion Energie und Verkehr“ vom 26. Juni 2002

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13 – Drucksache 15/1781

Anlagen ergänzt werden, wie dies der Europäische Rat, insbesondere auf der Tagung
in Laeken, und das Europäische Parlament in seinem Rübig-Bericht vom 8. Juli 2002
zum Bericht der Kommission über die Tätigkeit des Amts für Euratom-
Sicherheitsüberwachung 1999-2000 gefordert haben.

3. Die 2004 in einer ersten Phase anstehende Erweiterung der Europäischen Union nach
10 mittel- und osteuropäischen Staaten ist ohne Beispiel in der Geschichte des
Aufbaus der Gemeinschaft. Die Geschichte dieser Länder im 20. Jahrhundert und die
Art ihrer wirtschaftlichen Entwicklung haben ein Thema in den Brennpunkt gerückt,
das bei den vorherigen Erweiterungen eine untergeordnete Rolle spielte — die
Atomwirtschaft. Wie im Grünbuch zur Energieversorgungssicherheit betont wurde,
unterscheiden sich die Beitrittsländer im Hinblick auf die Abhängigkeit von
Energieeinfuhren und die Energiebilanz kaum von den aktuellen Mitgliedstaaten.
Dem Nuklearsektor muss jedoch bei der Erweiterung der Europäischen Union
besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Sieben der Beitrittsländer verfügen über Kernkraftwerkemit insgesamt 22 Reaktoren.
2004 werden 19 Kernreaktoren, die in 5 der 10 Beitrittsländern genutzt werden, in
die Union aufgenommen. Die Besonderheit ihrer Beziehungen zur Russischen
Föderation, die sich aus der ehemaligen Abhängigkeit von der Sowjetunion ergibt,
und die Verpflichtung zur Übernahme des Bestands an gemeinschaftlichen
Rechtsvorschriften haben deutlich gemacht, dass ein neuer, objektiver
Handlungsbedarf der Gemeinschaft im Nuklearsektor besteht, und zwar unabhängig
von den heutigen energiepolitischen Entscheidungen oder denen, die später von den
neuen und den alten Mitgliedstaaten gefällt werden.

4. Diese fünfte Erweiterung hat die mit der nuklearen Sicherheit zusammenhängenden
Fragen in einem bisher nicht dagewesenen Umfang in den Vordergrund gerückt. In
der Agenda 2000 wurden zunächst anhand der von den für die nukleare Sicherheit
zuständigen Behörden angestellten Analyse die Reaktoren ermittelt, die in näherer
Zukunft abgebaut werden müssten, da sie nicht mehr zu wirtschaftlich vertretbaren
Kosten nachgerüstet werden können. In einem zweiten Schritt hat eine
Sicherheitsbewertung der übrigen Reaktoren und kerntechnischen Anlagen den Rat
dazu veranlasst, in Zusammenarbeit mit der Kommission genaue Leitlinien über die
Verbesserungen vorzugeben, die angestellt werden müssten, damit die Beitrittsländer
das vom Rat von Köln (Juni 1999) geforderte hohe Sicherheitsniveau erreichen
können.

Diese Bewertung durch die Gemeinschaft hat eine europäische Perspektive auf dem
Gebiet der nuklearen Sicherheit durchscheinen lassen. Der Europäische Rat von
Laeken vom Dezember 2001 hat sie festgeschrieben. Er hat gefordert, dass
regelmäßig Berichte über die nukleare Sicherheit in der EU vorgelegt werden. Ohne
einen gemeinschaftlichen Bezugsrahmen für die Normen der nuklearen Sicherheit
können diese nicht verfasst werden. So konnte die Gemeinschaft also vorwiegend
zum Nutzen der Beitrittsländer konkrete Maßnahmen zur Sicherheit kerntechnischer
Anlagen unternehmen. Daher besteht heute die etwas paradoxe Situation, dass
Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich nuklearer Sicherheit in Drittstaaten
international anerkannt und begrüßt werden, ihre internen Handlungsmöglichkeiten
jedoch beschränkt sind.

Drucksache 15/1781 – 14 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

5. Eine große Zahl Kernreaktoren in der Europäischen Union erreichen das Ende ihrer
Betriebszeit. Einige Staaten stellen sich die Frage nach der Beibehaltung
kerntechnischer Anlagen auf ihrem Hoheitsgebiet, wie beispielsweise Belgien.
Deutschland geht ihrerseits einen Schritt weiter und wird ihr letztes Kernkraftwerk
im Jahre 2021 endgültig schliessen. In den Beitrittsländern hat die Europäische
Union die vorzeitige Abschaltung von acht Kernreaktoren zwischen 2002 und 2009
gefordert: Bohunice 1 und 2, Kosloduj 1 bis 4 und Ignalina 1 und 2.Diese Sachlage,
die unabhängig von den energiepolitischen künftigen Entscheidungen der
Mitgliedstaaten besteht, zeigt deutlich, wie notwendig es für den Elektrizitätssektor
ist, allen Mitgliedstaaten und den Beitrittsländern eine klare Regelung für die
Stilllegungsfonds der Kraftwerke an die Hand zu geben. Dieses System soll
sicherstellen, dass die Stilllegungsmaßnahmen unter den besten
sicherheitstechnischen Bedingungen stattfinden. Doch der Rückbau von
Kernkraftwerken erfordert beträchtliche Finanzmittel. Bis hin zur Sanierung des
Standorts eines Kraftwerks werden Beträge in einer Größenordnung von 15 % der
Gesamtinvestitionskosten pro stillzulegenden Reaktor benötigt: dies bedeutet Kosten
zwischen 200 Millionen EUR und einer Milliarde Euro.

Die Mitgliedstaaten mit Kernkraftwerken finanzielle Vorkehrungen getroffen haben,
damit für die Ausgaben im Zusammenhang mit Stilllegungen genügend Mittel zur
Verfügung stehen, variiert das Konzept jedoch hinsichtlich der Reglementierung der
Fonds von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat erheblich. Darüber hinaus führt die jetzige
Situation zu Ungleichheiten, die dem reibungslosen Funktionieren des
Binnenmarktes entgegenwirken und einer gesunden Konkurrenz im
Elektrizitätssektor abträglich sind.

Das Europäische Parlament hat (bei der Aussprache über den Richtlinienvorschlag
über gemeinsame Regeln des Energiebinnenmarktes) die widrigen Auswirkungen
dargelegt, die eine unzweckmäßige Verwendung der Stilllegungsfonds auf den
Wettbewerb haben kann.In der Tat muss dafür gesorgt werden, dass für die
Stillegungsmaßnahmen ausreichend Mittel verfügbar sind, aber gleichzeitig muss
sicher gestellt werden, dasss die entsprechenden Fonds ausschließlich für diese
Arbeiten eingesetzt werden.

Die Beitrittsländer haben ähnliche Rechtsvorschriften über solche Fonds, doch die
verfügbaren Mittel sind in der Regel unzureichend, da die Fonds zu spät eingerichtet
wurden. Bei vorgezogenen Abschaltungen von Kernkraftwerken ist die Frage der
Verfügbarkeit von Mitteln noch akuter. Freilich können Zuschüsse aus dem PHARE-
Programm wie auch EURATOM-Darlehen hinzukommen und teilweise die Lücken
schließen, doch die Verwirklichung des Binnenmarktes und der Schutz der Umwelt
verlangen gemeinschaftliche Regeln, die in der erweiterten Union dafür sorgen, dass
Mittel bei Bedarf verfügbar und in ausreichender Höhe vorhanden sind.

6. Wie auch immer die Zukunft der Kernkraft aussehen mag, wo auch immer sie
eingesetzt wird - zur Energieerzeugung, in der Industrie oder in der Medizin - und
unabhängig davon, ob man für oder gegen Kernenergie ist, die dabei anfallenden
radioaktiven Abfälle erfordern radikale Lösungen. Der Abschlussbericht über das
Grünbuch hält fest: „Eine wesentliche Lehre, die sich aus der Debatte über das
Grünbuch jedoch ziehen lässt, ist die Tatsache, dass die Zukunft dieses
Energieträgers davon abhängt, ob auf die Frage der Behandlung radioaktiver

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 15 – Drucksache 15/1781

Abfälle und ihres Transports eine klare, sichere und transparente Antwort gefunden
wird4“.

Bislang sind noch keine hoch radioaktiven Abfälle endgelagert worden.
Hochradioaktive Abfälle fallen seit nahezu einem halben Jahrhundert an und werden
unter je nach Mitgliedstaat oder Beitrittsland unterschiedlichen Bedingungen
zwischengelagert, entweder vor Ort bei den Kraftwerken (als abgebrannte
Brennelemente) oder in eigenen Zwischenlagern. Diese Art der Zwischenlagerung,
die derzeit auf unbestimmte Dauer und häufig oberirdisch erfolgt, gibt nach den
Ereignissen des 11. September 2001 Anlass zu Sorge in Bezug auf die möglichen
Beschädigungen dieser Lager.

Die Kernenergie kann sich, wie im Grünbuch über die Energieversorgungssicherheit
dargelegt, nur weiterentwickeln, wenn die Frage der Abfallentsorgung
zufriedenstellend und mit größtmöglicher Transparenz gelöst wird. Die jüngsten
Meinungsumfragen der Kommission5 haben diese Analyse bestätigt und aufgezeigt,
dass ein klares Konzept für die Abfallentsorgung die Akzeptabilität der Kernenergie
bei der Öffentlichkeit entscheidend verbessern könnte. Die Union sollte sich
vergewissern, dass die Entscheidungen der Mitgliedstaaten innerhalb einer
vernünftigen Frist und in Achtung künftiger Generationen gefällt werden.

Die Endlagerung in tiefen geologischen Formationen ist nach vorherrschender
Expertenmeinung die beste bekannte Lösung für die langfristige Entsorgung
radioaktiver Abfälle. Die Forschungsarbeiten über die Abfallentsorgungstechniken,
durch die es möglich ist, die Menge an langlebigen radioaktiven Elementen zu
verringern, stellen keine Alternative zur geologischen Lagerung dar. Sie müssen mit
Blick darauf weiterverfolgt werden, es künftigen Generationen zu ermöglichen, neue
Technologien der Abfallbehandlung - wie beispielsweise die Transmutation - in der
Hoffnung einzusetzen, dass die Menge der Abfälle spürbar verringert wird. Deshalb
sind im sechsten EURATOM-Forschungsrahmenprogramm für den Zeitraum 2002-
2006 90 Millionen EUR für die Forschungsarbeiten über radioaktive Abfälle
vorgesehen. Die GSF wendet im sechsten Rahmenprogramm einen beträchtlichen
Teil ihrer Leistungen für Maßnahmen auf dem Gebiet der Forschung über Abfälle
auf.

4 Im Hinblick auf die Bedeutung des Transports nuklearer Stoffe beabsichtigt die Kommission eine
besondere Mitteilung auf diesem Gebiet vorzustellen, sowie gegebenenfalls entsprechende
Rechtsetzungsvorschläge.

5 Eine im Oktober/November 2001 für die Kommission durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass eine große
Mehrheit der befragten Personen (zwei Drittel) die Ansicht vertreten, dass die Kernenergie eine Option für
die Elektrizitätserzeugung bleiben muss, wenn auf die Frage der Entsorgung radioaktiver Abfälle eine
sicherheitstechnisch befriedigende Antwort gefunden wird (Eurobarometer 2001- Öffentliche Meinung in
Europa über Nuklearabfälle).

Drucksache 15/1781 – 16 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

7. Durch die Erweiterung erscheinen auch die mit der Russischen Föderation
bestehenden, bislang nicht gelösten Schwierigkeiten beim Handel mit
Kernmaterialien unter einem neuen Licht. Russland ist ein wichtiger Lieferant von
Kernmaterialien (Natururan und angereichertes Uran). Seit Anfang der neunziger
Jahre verkauft Russland größere Mengen Natururan und bietet vor allem die
Anreicherung von Uran zu Preisen unterhalb des Weltmarktniveaus an.

Diese Situation hat die Euratom-Versorgungsagentur veranlasst, ab 1992 eine Politik
zur Diversifizierung der Versorgungsquellen zu betreiben, um eine übermäßige
Abhängigkeit von den Neuen Unabhängigen Staaten zu vermeiden. Ein erster
Vereinbarungsentwurf zum Handel mit Kernmaterialien scheiterte an der
Blockadehaltung der russischen Seite, die günstigere Bedingungen durchsetzen
wollte. Die später im Rahmen der Partnerschafts- und Kooperationsabkommens
(unterzeichnet am 24. Juni 1994 in Korfu) aufgenommenen Verhandlungen waren
nicht von Erfolg gekrönt, und das Thema des Handels mit Kernmaterialien wurde
vermieden6.

In Ermangelung eines Abkommens zwischen den Parteien haben der Rat und die
Kommission eine gemeinsame Erklärung („Erklärung von Korfu“7) verabschiedet,
wonach der Anteil der europäischen Anreicherungsbetriebe am europäischen Markt
bei ca. 80 % stabilisiert werden muss. Der Grundsatz, Grenzen zu setzen, wird auch
für Natururan bekräftigt.

Die russische Seite nutzte den im Oktober 2000 mit der EU aufgenommenen
Energie-Dialog zu stets nachdrücklicheren Forderungen, bezeichnete die im Rahmen
der Erklärung von Korfu ergriffenen Maßnahmen als unvereinbar mit den
internationalen Handelsregeln der WTO und stiftete Verwirrung in Bezug auf das
Bestehen einer Quote von 30 % bei allen Einfuhren von Energieerzeugnissen in die
Union. Die Verhandlungen über andere Themen von gemeinsamem Interesse sind
dadurch beeinträchtigt. Jede offizielle Zusammenkunft, auch die Gipfel zwischen der
EU und Russland, benutzen die Vertreter Russlands als Gelegenheit, sich über die
auferlegten Beschränkungen zu entrüsten und eine befriedigende Lösung für den seit
1994 behinderten Handel mit Kernmaterialien zu fordern. Der Gipfel EU-Russland
vom 29. Mai 2002 kam zu folgendem Schluss: „Die jetzige Situation hinsichtlich der
Einfuhr von Kernmaterialien in die EU-Mitgliedstaaten beunruhigt die russische
Seite. In Übereinstimmung mit Artikel 22 des PKA und vor dem Hintergrund der EU-
Erweiterung kamen wir überein, eine für beide Seiten akezptable Lösung zu finden.8“

Das Umfeld des Handels mit Kernmaterialien hat sich seit den neunziger Jahren
sowohl global als auch in Europa und Russland stark verändert. Die Abkommen über
die Verschrottung der Atomwaffen, aber vor allem die anstehende Erweiterung der
Union um Staaten mit Kernkraftwerken sowjetischer Bauart, die nahezu
ausschließlich von russischen Zulieferern mit Kernbrennstoff versorgt werden, geben

6 In Ermangelung einer Einvernehmens der beiden Parteien wird dort der Handel mit Kernmaterialien nicht
direkt behandelt. In Artikel 22 des Abkommens vereinbaren die Parteien, alle notwendigen Maßnahmen zu
ergreifen, um bis Januar 1997 eine Vereinbarung bezüglich des Handels mit Kernmaterialien zu erzielen.

7 Die Erklärung von Korfu wurde nicht veröffentlicht.
8 Gemeinsame Erklärung, Moskau von W.W. Putin, Präsident der Russischen Föderation, J.M. Aznar,

Präsident des Europäischen Rats/Hoher Vertreter der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU,
und R. Prodi, Präsident der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Moskau 29. Mai 2002, Anhang
2

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 17 – Drucksache 15/1781

Anlass dazu, die derzeitige Versorgungspolitik aus einer langfristig angelegten
Perspektive zu überdenken. Für die Europäische Union ist dies auch ein geeigneter
Zeitpunkt, um gegenüber den russischen Behörden geltend zu machen, dass die
Aufnahme von Verhandlungen über den Handel mit Kernmaterialien parallel
konkrete Gespräche über die Sicherheit der in Russland noch betriebenen
Kernkraftwerke der ersten Generation zur Folge haben müsste.

8. Das Fehlen eines gemeinschaftlichen Bezugsrahmens für die nukleare Sicherheit der
Anlagen und die Ungewissheit finanzieller Mittel im Dienste der Sicherheit bei der
Stilllegung, die Ermangelung sicherer Lösungen bei der Abfallentsorgung und das
Fehlen eines Rahmens für den Handel mit Kernmaterialien mit Russland sind
Bereiche in denen die Gemeinschaftsrechtsetzung zu ergänzen ist.

Die Kommission antwortet auf diese Aufgaben und auf seine bei der Annahme des
Gutachtens über die Überwachung des Grünbuchs am 26. Juni 2002 eingegangene
Verpflichtung, so rasch wie möglich einen Vorschlag zu unterbreiten, der ein wahres
Gemeinschaftskonzept im Bereich nukleare Sicherheit und rasche Fortschritte hinsichtlich
langfristiger Lösungen bei der Entsorgung radioaktiver Abfälle ermöglicht.

A – EIN GLOBALES KONZEPT FÜR DIE NUKLEARE SICHERHEIT IN DER
UNION, VON DER KONZIPIERUNG BIS ZUR STILLLEGUNG DER ANLAGEN

1. Die Sicherheit kerntechnischer Anlagen : eine Zuständigkeit der Gemeinschaft
die vertieft werden muss

1.1 Erhöhung der Sicherheit kerntechnischer Anlagen : ein zwingendes Erfordernis
in einer erweiterten Union

a) Unzureichende Mittel in der Union

Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom-Vertrag) enthält
Bestimmungen, wonach die Gemeinschaft einen Rahmen für die Nutzung der Kernenergie
durch die Mitgliedstaaten schaffen kann, und zwar insbesondere für die nukleare Sicherheit
und den Gesundheitsschutz.

Die nukleare Sicherheit9 fällt gemäß Kapitel 7 Euratom-Vertrag in die Zuständigkeit der
Gemeinschaft. Ein Korps von 250 Inspektoren des Amts für Euratom-
Sicherheitsüberwachung ist mit der Überwachung befasst, um zu gewährleisten, dass
Kernmaterialien keinen bestimmungsfremden Zwecken zugeführt werden.

Die Zuständigkeiten in Bezug auf die Sicherheit10 der kerntechnischen Anlagen11 wird
hingegen im Euratom-Vertrag nicht so deutlich geregelt. Bei den Vertragsverhandlungen in

9 Die nukleare Sicherheit betrifft Maßnahmen in Bezug auf den Zugang zu Kernmaterialien und radioaktiven
Stoffen sowie deren Schutz und Verwendung. Sie erstreckt sich konkret auf den physischen Schutz und die
Überwachung der Nichtverbreitung.

10 Die nukleare Sicherheit betrifft Maßnahmen, mit denen Wirksamkeit und Sicherheit bei Konstruktion und
Betrieb kerntechnischer Anlagen sichergestellt werden sollen.

Drucksache 15/1781 – 18 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

den fünfziger Jahren stand die Atomindustrie noch am Anfang ihrer Entwicklung. Unter den
damaligen Umständen war deren Förderung eine selbstverständliche Notwendigkeit. Aus
diesem Grund fällt die Sicherheit der kerntechnischen Anlagen in die Verantwortlichkeit der
Betreiber, wobei diese der Aufsicht der einzelstaatlichen Behörden unterliegen.

Nach Artikel 2 Buchstabe b Euratom-Vertrag hat die Gemeinschaft nach Maßgabe des
Vertrags „einheitliche Sicherheitsnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der
Arbeitskräfte aufzustellen und für ihre Anwendung zu sorgen“. Kapitel 3 des Vertrags, das
den Gesundheitsschutz betrifft, enthält Bestimmungen in Bezug auf die Grundnormen für den
Schutz vor den Gefahren ionisierender Strahlung.

Kapitel 3 des Vertrags floss vorwiegend in den Strahlenschutz ein. Auf diesem Bereich
bestanden schon einige Jahre vor der Abfassung des Euratom-Vertrags insbesondere aufgrund
des Einsatzes von Radioaktivität in der Medizin gewisse Besorgnisse. Der Strahlenschutz war
ursprünglich eine Teildisziplin der medizinischen Radiologie und diente dem Schutz des
medizinischen Personals bei der Handhabung von Röntgengeräten.

Gleichwohl steht außer Frage, dass die Wahrung eines hohen Niveaus nuklearer Sicherheit zu
den Aufgaben gehört, die der Europäischen Atomgemeinschaft obliegen. Nukleare Sicherheit
und Strahlenschutz sind heute eng miteinander verflochtene, gleichermaßen auf das Ziel des
Gesundheitsschutzes ausgerichtete Gebiete. Unter diesen Umständen ist es weder möglich
noch wünschenswert, eine Trennung dieser beiden Disziplinen aufrecht zu erhalten.

Bislang hat die Gemeinschaft ihre Zuständigkeit im Bereich der nuklearen Sicherheit nicht
umfassend wahrgenommen. Die Kommission wirkt allerdings im Rahmen der
Entschließungen des Rates vom 22. Juli 197512 und vom 18. Juni 199213 über die
technologischen Probleme der Sicherheit bei der Kernenergie14 seit mehr als zwanzig Jahren
aktiv auf die Harmonisierung der Vorgehensweisen auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit
hin. Im Hinblick auf die Erweiterung der Union wurde deutlich, dass weiter gehende
Maßnahmen notwendig sind.

Die Union hat nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl 1986 — dem zweifellos schwersten
Unfall in der Geschichte der Kernenergienutzung — und nach dem Münchener G 7-Gipfel
von 1992 begonnen, sich um die Sicherheit kerntechnischer Anlagen in den Länder Mittel-
und Osteuropas und in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion zu sorgen.

Die Maßnahmen, die auf Gemeinschaftsebene ergriffen wurden, um in den kerntechnischen
Anlagen der Beitrittsländer ein hohes Sicherheitsniveau zu schaffen, haben diesbezüglich die
Entwicklung einer europäischen Perspektive ermöglicht. Diese für die Beitrittsländer
erarbeitete Perspektive ist von umfassender Bedeutung und muss im Rahmen eines
Gemeinschaftskonzepts die Grundlage für eine Referenzmethode zur Evaluierung der
Sicherheit kerntechnischer Anlagen der Mitgliedstaaten bilden.

11 Zu den kerntechnischen Anlagen werden gemeinhin Anlagen des Kernbrennstoffzyklus gezählt
(insbesondere zivil genutzte Reaktoren, Forschungsreaktoren, Wiederaufarbeitungs- und
Anreicherungsanlagen usw.)

12 ABl. C 185 vom 14.8.1975, S. 1.
13 ABl. C 172 vom 18.6.1992, S. 2.
14 Gemeint ist die „nukleare Sicherheit“. Die Begriffsvielfalt geht auf unterschiedliche Übersetzungen des

englischen Begriffs „safety“ zurück.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19 – Drucksache 15/1781

Die unter der Schirmherrschaft der Internationalen Atomenergie-Organisation erstellten
Normen stellen einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der nuklearen Sicherheit dar. Sie sind
hingegen nicht rechtsverbindlich und können nicht immer unmittelbar in die technologischen
Gegebenheiten der europäischen Atomindustrie umgesetzt werden. Die Verfahren der
Übernahme und Anpassung auf Gemeinschaftsebene sind im Übrigen weitaus zügiger als die
zwischenstaatlichen Entscheidungsmechanismen. Mit dieser Problematik wurde die
Gemeinschaft bereits auf dem Gebiet des See- und Luftverkehrs konfrontiert.

Der Schutz vor ionisierender Strahlung stellt ein Problem dar, das über die Nutzungszeitraum
einer kerntechnischen Anlage reicht. Die endgültige Außerbetriebnahme einer
kerntechnischen Anlage markiert den Beginn einer neuen Phase, die im Ergebnis dazu führen
soll, dass alle betriebsbedingten Restriktionen zum Strahlenschutz in der betreffenden Anlage
aufgehoben werden können. Anlass für diese Restriktionen sind die in Form von
Strukturmaterialien, Ausrüstungen, Betriebsabfällen und abgebrannten Brennelementen
vorhandenen radioaktiven Stoffe.

Diese Materialien müssen entfernt und entsprechend ihren physikalischen Eigenschaften und
ihrer Radioaktivität unter Einhaltung der geltenden Sicherheitsvorschriften behandelt werden.
Bei den dazu notwendigen Maßnahmen, die unter dem Begriff Stilllegung subsumiert werden,
entstehen Abfälle in großer Menge. Bei den Kosten der Stilllegung stellt die endgültige
Entsorgung der radioaktiven Abfälle den größten Posten dar.

Auf nationaler Ebene bestehen Rechtsvorschriften zur Festlegung einer Strategie für die
Stilllegung kerntechnischer Anlagen. Darin sind die Zuständigkeiten für die verschiedenen
Maßnahmen im Rahmen von Stilllegungen festgelegt und Mechanismen für die Bereitstellung
ausreichender Finanzmittel vorgesehen, um die Kosten der verschiedenen Maßnahmen in den
einzelnen Phasen des Stilllegungsprozesses einschließlich der langfristigen Entsorgung
radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente zu decken.

Es ist zu betonen, dass die Höhe der Reserven von Land zu Land erheblich variiert, und zwar
nicht nur nach dem Umfang des Nuklearparks, sondern auch aufgrund unterschiedlicher
Methoden zur Bestimmung der für die Stilllegung zu veranschlagenden Mittel. Diese hängen
stark von den gewählten Stilllegungsstrategien, den Methoden zur Berechnung künftiger
Kosten und den Prognosen zur Entwicklung finanzieller Variablen ab. Die
Regelungskonzepte der EU-Mitgliedstaaten in Bezug auf die finanziellen Ressourcen für die
Stilllegung unterscheiden sich erheblich.

Da die Betreiber auf dem Elektrizitätsmarkt finanziellen Risiken ausgesetzt sind, stellt sich
die Frage, was geschieht, wenn die Rücklagen nicht verfügbar sein sollten. Falls ein Staat
wegen Insolvenz des verantwortlichen Betreibers die Kosten einer Stilllegung tragen müsste,
wäre dies weder gegenüber dem Steuerzahler zu rechtfertigen noch gegenüber anderen
Betreibern, die zweckmäßigere Vorkehrungen zur Bildung von Rücklagen getroffen oder
diese besser verwaltet haben.

Die Stilllegungsmassnahmen erfordern erhebliche finanzielle Ressourcen. Um jeder Gefahr
für die Gesundheit der Bevölkerung und für die Umwelt zuvorzukommen, ist es notwendig
auf Gemeinschaftsebene zu gewährleisten, dass ausreichende Finanzmittel für die
Durchführung der Tätigkeiten im Bereich der Stilllegung kerntechnischer Anlagen, unter
Wahrung der Sicherheitsnormen, verfügbar sind. Zu diesem Zweck muss eine besondere

Drucksache 15/1781 – 20 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Regelung festgelegt werden für die Einrichtung von Fonds zur Stilllegung kerntechnischer
Anlagen, zum denen die Betreiber kerntechnischer Anlagen während der gesamten Laufzeit
der Anlage regelmässig beitragen müssen. Diese besondere Regelung muss die Verfügbarkeit
und Angemessenheit der Mittel während der Stilllegungsmassnahmen gewährleisten.

b) Bewertung der Beitrittsländer durch Kommission und Rat

In Ermangelung eines einschlägigen gemeinsamen Bezugssystems mussten Kommission und
Rat zur Evaluierung eine entsprechende Methode erarbeiten. Gleichzeitig haben die
Streitigkeiten zwischen den österreichischen und tschechischen Behörden über das Kernkraft-
werk Temelin die Notwendigkeit einer gemeinsamen Referenzmethode hinreichend belegt.

Bewertungsmethode

Die Kommission und der Rat haben im Jahr 2000 eine auf Texte oder Arbeiten
unterschiedlichen juristischen Stellenwerts gestützte Methode entwickelt. Zwei wesentliche
Elemente wurden ermittelt. Dabei handelt es sich einerseits um das Übereinkommen über
nukleare Sicherheit der Internationalen Atomenergie-Organisation und andererseits um die
vom Rat so genannten gemeinsamen Grundsätze und Standpunkte der Union. Es wurde
betont, dass in Bezug auf die technischen und organisatorischen Anforderungen derzeit in der
Union ein großes Maß an Konvergenz besteht.

Die Methodik, die gewählt wurde, um ein hohes Niveau nuklearer Sicherheit zu definieren,
das von den Beitrittsländern zu erreichen ist, besteht darin, die in den Beitrittsländern und in
den Mitgliedstaaten üblichen Praktiken und geltenden Vorschriften miteinander zu
vergleichen. Diese Methodik ist umfassend und bildet die Grundlage für eine
Referenzmethode zur Bewertung der Sicherheit kerntechnischer Anlagen.

Infolge der Evaluierung, die Kommission und Rat 2001 auf der Grundlage dieser Methodik
vorgenommen haben, konnten Empfehlungen erarbeitet werden, die die Kommission im Juli
2001 allen Beitrittskandidaten übermittelt hat. Diese sind wohlgemerkt als Beschreibung des
gemeinsamen Standpunktes der Union zum Kapitel Energie (14) in Bezug auf die nukleare
Sicherheit zu verstehen. Die Beitrittsländer wurden aufgefordert, die Empfehlungen offiziell
anzunehmen und einen Zeitplan für deren Umsetzung zu erstellen.

Zwei grundlegende Elemente dieser Evaluierung sind festzuhalten. Erstens wird die
Notwendigkeit bekräftigt, die Reaktoren außer Dienst zu stellen, die unter realistischen
Bedingungen kein hohes Sicherheitsniveau erreichen können (Kosloduj 1-4 in Bulgarien,
Ignalina 1-2 in Litauen und Bohunice 1 und 2 in der Slowakei). Zweitens wird festgestellt,
dass die Sicherheit der anderen Reaktoren der Beitrittsländer durch Verbesserungen
unterschiedlichen Umfangs auf ein Niveau angehoben werden kann, das dem Sicherheits-
niveau entsprechender Reaktoren in den derzeitigen Mitgliedstaaten vergleichbar ist.

Die Umsetzung dieser Empfehlungen wurde von Kommission und Rat beobachtet. Die
Arbeiten wurden im Januar 2002 aufgenommen und müssten so rechtzeitig abgeschlossen
werden, dass in jedem Beitrittsland vor Abschluss der Beitrittsverhandlungen — also für zehn
Kandidaten vor Ende 2002 — eine Evaluierung vorgenommen werden kann. Gleichwohl wird
die Umsetzung bestimmter Empfehlungen sich über mehrere Jahre und über die Erweiterung

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 21 – Drucksache 15/1781

hinaus erstrecken, und es muss durch Beobachtung sichergestellt werden, dass die betref-
fenden Ländern den eingegangenen Verpflichtungen vor dem Beitritt nachgekommen sind.

In Ermangelung eines gemeinsamen Bezugsrahmen für die Weiterverfolgung der
Empfehlungen nach dem Beitritt könnte die Union dem Vorwurf ausgesetzt sein, mit
zweierlei Maß zu messen. Die Union würde die Sicherheit kerntechnischer Anlagen der neu
beigetretenen Mitglieder beaufsichtigen, in Bezug auf die bisherigen Mitgliedstaaten aber
nicht tätig werden. Eine derartige Situation wäre nicht zu rechtfertigen.

Sonderfall Temelin

Im Hinblick auf die Zeit nach dem Beitritt ist die Beilegung der Streitigkeiten zwischen den
tschechischen und österreichischen Behörden über die Inbetriebnahme des in der
Tschechischen Republik nahe der österreichischen Grenze gelegenen Kernkraftwerks Temelin
ein besonders interessanter Fall.

Die Inbetriebnahme des KKW Temelin hat die Beziehungen der beiden Länder erheblich
belastet. Die Kommission hat vermittelt, um den Dialog zwischen den tschechischen und den
österreichischen Behörden zu fördern. Diese Bemühungen schlugen sich in einem Protokoll
nieder, das im Dezember 2000 in Melk von den österreichischen und tschechischen Behörden
unter Beteiligung der Kommission unterzeichnet wurde.

In Anwendung von Kapitel IV dieses Protokolls, das die nukleare Sicherheit betrifft, haben
die Tschechische Republik, Österreich und die Kommission Gespräche über 29 Punkte
aufgenommen, die den österreichischen Behörden Sorge bereiteten. Im Abschlussbericht zu
den in diesem Rahmen geführten Diskussionen wird betont, dass das Ziel des inzwischen
gemeinhin als „Melker Prozess“ bekannten Unterfangens — nämlich den Dialog zwischen
den beiden Staaten zu fördern — erreicht wurde, wenngleich eine Einigung in allen Punkten
nicht möglich war.

Es ist dem Eingreifen der Kommission zu verdanken, dass die Tschechische Republik und
Österreich die Gespräche in einem weniger emotionsgeladenen Rahmen wieder aufnehmen
konnten. Am 29. November 2001 haben die beiden Staaten, weiterhin unter Vermittlung der
Kommission, einen Folgeprozess zum Melker Protokoll vereinbart. Dieser wird im Rahmen
eines bilateralen Abkommens zwischen den beiden Staaten umgesetzt. Dieses Abkommen
sollte Österreich ein Recht auf Beobachtung der nuklearen Sicherheit einer tschechischen
kerntechnischen Anlage einräumen.

Ein solches Recht auf Beobachtung der nuklearen Sicherheit einer kerntechnischen Anlage
eines anderen Staats ist ein ungewöhnlicher Mechanismus. Es ist offensichtlich, dass es bei
Bestehen gemeinsamer Sicherheitsnormen sehr viel einfacher gewesen wäre, eine Lösung für
diese Differenzen zu finden. Solche Normen hätten Österreich als Referenz gedient und wären
von der Tschechischen Republik im Rahmen des gemeinschaftlichen Besitzstands (Acquis)
übernommen worden. Die Kommission wäre dann routinemäßig tätig geworden, um
sicherzustellen, dass die Übernahme des Acquis ordnungsgemäß erfolgt ist.

Schließlich ist festzuhalten, dass die Sicherheit des KKW Temelin parallel zu diesem Prozess
von der Kommission und dem Rat ebenso evaluiert wurde wie die anderen kerntechnischen
Anlagen der Beitrittskandidaten. Den Ergebnissen dieser Evaluierung zufolge ist das

Drucksache 15/1781 – 22 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Sicherheitsniveau dieses Reaktors ausreichend, wenn die vorgeschlagenen Empfehlungen in
die Tat umgesetzt werden.

Die Gemeinschaft sollte nunmehr ihre Zuständigkeiten im Bereich der nuklearen Sicherheit
umfassend wahrnehmen. Es wäre paradox, wenn die Gemeinschaft Evaluierungen der
Sicherheit kerntechnischer Anlagen in den Beitrittsländern vornehmen würde, aber ihre
diesbezüglichen Maßnahmen innerhalb einer erweiterten Gemeinschaft begrenzt blieben.
Hierfür besitzt die Gemeinschaft eine geeignete Rechtsgrundlage.

1.2. Rechtsmittel zur Erhöhung der Sicherheit kerntechnischer Anlagen

Die Betrachtung der kerntechnischen Sicherheit aus einer rein nationalen Perspektive ist heute
nicht mehr wünschenswert. Nur ein gemeinsames Vorgehen kann gewährleisten, dass in einer
auf achtundzwanzig Mitgliedstaaten angewachsenen Union ein hohes Niveau kerntechnischer
Sicherheit aufrechterhalten wird. Eine Gemeinschaftsmaßnahme in diesem Bereich muss sich
in den grundlegenden Rechttexten auf eine solide Rechtsgrundlage stützen. Auf dieser
Grundlage kann ein neues Konzept für die nukleare Sicherheit entwickelt werden.

Als Rechtsgrundlage für Maßnahmen in diesem Bereich, der Anwendungen der Kernenergie
betrifft, ist zweifellos der Euratom-Vertrag heranzuziehen. Die Bestimmungen des Vertrags
zum Gesundheitsschutz bieten einen allgemeinen Rahmen, der eigentlich alle Elemente
umfasst, die die rechtliche Grundlage der Gemeinschaftszuständigkeit im Bereich der
nuklearen Sicherheit bilden. Im Übrigen wird diese Zuständigkeit, jenseits rein rechtlicher
Aspekte, vom Rat anerkannt.

a) Zuständigkeit der Gemeinschaft

Nach der Präambel des Euratom-Vertrages sind die Mitgliedstaaten einerseits „entschlossen,
die Voraussetzungen für die Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie zu schaffen“ und
andererseits bestrebt, „die Sicherheiten zu schaffen, die erforderlich sind, um alle Gefahren
für das Leben und die Gesundheit ihrer Völker auszuschließen“. Ferner hat die Gemeinschaft
gemäß Artikel 2 Buchstabe b „einheitliche Sicherheitsnormen für den Gesundheitsschutz der
Bevölkerung und der Arbeitskräfte aufzustellen und für ihre Anwendung zu sorgen“.

Kapitel 3 des Vertrags, das den Gesundheitsschutz betrifft, enthält Bestimmungen in Bezug
auf die Grundnormen für den Schutz vor ionisierender Strahlung. Die Gründerväter des
Vertrags waren bemüht, die Gemeinschaft ausdrücklich mit Kompetenzen im Gesundheits-
schutz zu versehen. Dieser betrifft den Strahlenschutz ebenso wie die nukleare
Sicherheit.Strahlenschutz kann als Gesamtheit der Maßnahmen zum Schutz von Mensch und
Umwelt vor den Gefahren ionisierender Strahlung definiert werden.

Die Sicherheit wiederum betrifft Maßnahmen, mit denen in kerntechnischen Anlagen
wirksame Vorkehrungen gegen potentielle radiologische Risiken getroffen und
aufrechterhalten werden, um Einzelne, die Gesellschaft und die Umwelt vor den schädlichen
Auswirkungen der von diesen Anlagen ausgehenden ionisierenden Strahlen zu schützen.
Diese beiden Disziplinen haben ein gemeinsames sanitäres Ziel, nämlich den Schutz vor
ionisierender Strahlung.

Die Lektüre der Schlussanträge des Generalanwalts im Rahmen der Beschwerde der
Kommission gegen den Beschluss des Rates zur Genehmigung des Beitritts der Gemeinschaft

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23 – Drucksache 15/1781

zum Übereinkommen über nukleare Sicherheit15 ist diesbezüglich sehr aufschlussreich. Dieser
hebt nämlich hervor, dass es angesichts des derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstands
weder möglich noch wünschenswert sei, künstliche Grenzen zwischen den beiden Disziplinen
Strahlenschutz und nukleare Sicherheit aufrechtzuerhalten. Seinen weiteren Ausführungen
zufolge hindert der Umstand, dass die Mitgliedstaaten eine ausschließliche Zuständigkeit in
Bezug auf die technologischen Aspekte der Sicherheit wahren, die Gemeinschaft nicht an der
Verabschiedung von Rechtsvorschriften, die bestimmte Anforderungen bezüglich der
Sicherheit, der Genehmigung, der Inspektion und der Evaluierung oder der Mechanismen für
die Anwendung festlegen.

Diese Analyse bestätigt sinngemäß die inhärente Verbindung zwischen den beiden Begriffen.
Die Zuständigkeiten der Gemeinschaften gehen über den Strahlenschutz im engen Sinn
hinaus. Wie der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen betont, ist eine Interpretation im
Hinblick auf das künftige Vorgehen insbesondere dann gerechtfertigt und relevant, wenn die
betreffenden Artikel vor langer Zeit abgefasst und seither nicht überarbeitet wurden. Der
Euratom wurde in den fünfziger Jahren abgefasst und wurde seither im Wesentlichen nicht
geändert. Schließlich ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung den
weiten Geltungsbereich des Gegenstands des Strahlenschutzes bestätigt hat.

Die Bestimmungen von Kapitel 3 Euratom-Vertrag erlauben die Feststellung, dass die
Gemeinschaft über Zuständigkeiten im Bereich der Sicherheit kerntechnischer Anlagen
verfügt. Die in Artikel 30 genannten Grundnormen müssen ergänzt werden, um diesen
Bereich abzudecken. Zu diesem Zweck sieht Artikel 32 vor, dass die Grundnormen überprüft
oder ergänzt werden können. Die Verfasser des Vertrages haben so ein entwicklungsfähiges
System geschaffen, um der Gemeinschaft die Möglichkeit zu geben, ihre Gesundheitspolitik
nicht nur zu ändern, sondern auch deren Anwendungsbereich auszudehnen. Es darf daran
erinnert werden, dass das aus Titel II Kapitel 3 Euratom-Vertrag abgeleitete Recht, dessen
Hauptrechtsakt die Richtlinie 96/29 Euratom16 ist, ein einheitliches und sich
fortentwickelndes System darstellt, das heute etwa zwanzig Rechtsakte unterschiedlichen
verbindlichen Charakters umfasst, welches insbesondere die medizinische Anwendung
ionisierender Strahlung17, den Informationsaustausch im Fall einer radiologischen
Notstandssituation18, die Verbringungen radioaktiver Abfälle und radioaktiver Stoffe19, usw.
regelt.

b) Zuständigkeit vom Rat bekräftigt

Im Laufe der Entwicklung der europäischen Atomindustrie erwies sich die Konvergenz auf
Gemeinschaftsebene als notwendig, um die Mitgliedstaaten in ihren Bestrebungen zur
Harmonisierung der Sicherheitspraktiken zu unterstützen. Daher wurde in der Entschließung
des Rates vom 22. Juli 1975 über die technologischen Probleme der Sicherheit bei der
Kernenergie eingeräumt, dass es Aufgabe der Kommission ist, für Initiativen, die im Bereich
der kerntechnischen Sicherheit auf breiterer internationaler Ebene ergriffen werden, „die Rolle
eines Katalysators zu spielen“. Die Kommission hat im Hinblick auf diese Entschließung
mehrere Sachverständigengruppen eingesetzt, die sich mit Fragen der nuklearen Sicherheit

15 Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 13.12.2001, Rechtssache C-29/99.
16 ABl. L 159 vom 29.06.1996, S. 1.
17 Richtlinie 97/43/Euratom, ABl. L 180 vom 9.7.1997, S. 22.
18 Entscheidung 87/600/Euratom, ABl. L 371 vom 30.12.1987 und Richtlinie 89/618, ABl. L 357 vom

7.12.1989, S. 31.
19 Richtlinie 92/3/Euratom, ABl. L 35 vom 12.2.1992, S. 24 und Verordnung (Euratom) Nr. 1493/93, ABl. L 148

vom 19.6.1993, S. 1.

Drucksache 15/1781 – 24 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

befassen. Diese Gruppen, an denen Vertreter der einzelstaatlichen Sicherheitsbehörden
beteiligt sind, haben aktiv zur Harmonisierung der Verfahren im Bereich der nuklearen
Sicherheit beigetragen. Infolge einer weiteren Entschließung des Rates vom 18. Juni 1992
konnten sich auch Vertreter der mittel- und osteuropäischen Länder (MOEL) sowie der aus
der ehemaligen Sowjetunion hervorgegangenen Republiken (Neue Unabhängige Staaten,
NUS) an diesen Sachverständigengruppen beteiligen.

In diesem Zusammenhang ist auch daran zu erinnern, dass die Gemeinsame Forschungsstelle
(GFS) seit vielen Jahren eine wichtige Rolle in der Forschung zur Verbesserung der
Sicherheit kerntechnischer Anlagen spielt. Ihr Sachverstand in Bezug auf die Sicherheit des
Brennstoffkreislaufs und die Reaktorsicherheit ist unstrittig und wird international anerkannt.
Daneben unterstützt die GFS die Kommission bei der Auswertung der zu PHARE und TACIS
eingehenden Vorschläge sowie der Ergebnisse der im Rahmen dieser Programme
durchgeführten Aktionen.

Durch den Beschluss des Rates vom 21. März 1994 wurde die Kommission ermächtigt, im
Hinblick auf einen Finanzbeitrag zur Verbesserung der Sicherheit und des Wirkungsgrads von
Kernkraftanlagen in bestimmten MOEL und NUS Anleihen aufzunehmen. Dieser
Mechanismus wurde insbesondere genutzt, um die Reaktorsicherheit der Blöcke 5 und 6 des
KKW Kosloduj in Bulgarien zu verbessern. Schließlich ist zu betonen, das die Gemeinschaft
seit 1990 ca. 220 Mio. € in Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit kerntechnischer
Anlage in den Beitrittsländern investiert hat.

Wie bereits erwähnt, wurde die Kommission auf der Tagung des Europäischen Rates in Köln
im Juni 1999 beauftragt, über die Anwendung hoher Sicherheitsstandards in Mittel- und
Osteuropa zu wachen. Im Sinne dieser Aufforderung haben die Kommission und der Rat 2001
die Sicherheit der kerntechnischen Anlagen in den Beitrittsländern evaluiert und so die
Möglichkeit geschaffen, eine von fünfzehn Mitgliedstaaten und der Kommission getragene
europäische Perspektive auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit zu entwickeln.

Eine Situation, in der Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich nuklearer Sicherheit in
Drittstaaten international anerkannt und begrüßt werden, ihre internen
Handlungsmöglichkeiten jedoch beschränkt sind konnte im Vorfeld einer beispiellosen
Erweiterung, in deren Zusammenhang Fragen der nuklearen Sicherheit grundlegende
Bedeutung zukommt, keinen Bestand haben. Auf der Tagung des Europäischen Rates in
Laeken im Dezember 2001 wurde der Übergang von einer Phase der Reflexion im Hinblick
auf die Erweiterung zu einer globalen politischen Vision auf Ebene der erweiterten Union
bekräftigt. So heißt es in den Schlussfolgerungen dieser Ratstagung : „Der Europäische Rat
sagt zu, in der Union auch weiterhin ein hohes Maß an nuklearer Sicherheit zu gewährleisten.
Er betont mit Nachdruck, dass Schutz und Sicherheit von Kernkraftwerken überwacht werden
müssen. Er bittet um die regelmäßige Vorlage von Berichten der Atomenergieexperten der
Mitgliedstaaten, die in engem Kontakt mit der Kommission bleiben werden“.

Die Schlussfolgerungen der Ratstagung in Laeken setzen die Schlussfolgerungen der Kölner
Ratstagung innerhalb der Union um. Mit diesen Schlussfolgerungen wird ein gemeinsames
Ziel verfolgt, nämlich die Wahrung eines hohen Niveaus nuklearer Sicherheit. Die vom Rat
angesprochene umfassende Methodik zur Evaluierung der Sicherheit kerntechnischer Anlagen
in den Beitrittsländern muss für eine vergleichbare Evaluierung innerhalb der Union
eingesetzt werden können.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 25 – Drucksache 15/1781

Die Kommission ist der Ansicht, dass rechtlichen und politischen Voraussetzungen für die
Einrichtung eines Gemeinschaftssystems für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen heute
gegeben sind.

2. Neues Konzept für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen

Ein Gemeinschaftskonzept ist heute notwendig. Es erlaubt nämlich über einen zwingenden
rechtlichen Rahmen, einen einheitlichen Kontrollrahmen und ein einheitliches
Auslegungskriterium für diese Normen zu verfügen. Ein Gemeinschaftskonzept für die
Sicherheit kerntechnischer Anlagen muss ebenso wie die bestehenden nationalen Systeme auf
zwei Pfeilern ruhen. Einerseits ist eine Reihe von Vorschriften notwendig, und andererseits
ein Mechanismus, mit dem deren Einhaltung kontrolliert werden kann. Dieser Mechanismus
muss es ermöglichen, die Nichteinhaltung der Gemeinschaftsvorschriften mit Sanktionen zu
belegen.

2.1 Gemeinsame Normen

Ein Gemeinschaftskonzept für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen impliziert nicht
zwangsläufig die Aufstellung detaillierter technischer Sicherheitsvorschriften. Ein solches
System darf nämlich nicht die in den Mitgliedstaaten bereits bestehenden Regeln
duplizieren.Den Errungenschaften der Mitgliedstaaten ist hier Rechnung zu tragen.
Gleichwohl ist einzuräumen, dass die Sicherheitsmaßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten
trotz der immer weiteren Harmonisierung auf diesem Gebiet nach wie vor erheblich
voneinander abweichen. Ungeachtet dieser Verschiedenartigkeit der nationalen Regeln und
Grundsätze weist die Union heute ein hohes Niveau nuklearer Sicherheit auf. Es ist jedoch
nicht gewährleistet, dass dieses Niveau aufrechterhalten bleibt. An diesem Punkt muss das
Gemeinschaftskonzept ansetzen.

a) Bestehende Vorschriften

Es besteht eine Reihe von Grundsätzen, die einem rechtsverbindlichen Gemeinschaftskonzept
zu Grunde gelegt werden können. Diese könnten im Rahmen eines Gemeinschaftstextes
formalisiert werden, der sich im Wesentlichen zunächst auf die im Übereinkommen über
nukleare Sicherheit der Internationalen Atomenergie-Organisation enthaltenen Elemente
stützt. Dieses Übereinkommen enthält keine detaillierten technischen Regeln. Es erstellt
jedoch einen präzisen rechtlichen Rahmen, der die Grundlage eines Systems für die nukleare
Sicherheit darstellt. Alle Mitgliedstaaten und die Mehrheit der Beitrittskandidaten
(ausgenommen Estland und Malta) sind Unterzeichner des Übereinkommens über die
nukleare Sicherheit.

Allerdings ist festzustellen, dass der Geltungsbereich des Übereinkommens sich auf
Kernkraftwerke beschränkt. Angesichts der Entwicklung der europäischen Atomindustrie
scheint die Einrichtung eines Systems wünschenswert, dessen Geltungsbereich weiter ist und
alle zivilen kerntechnischen Anlagen erfasst.

Die Formalisierung dieser Vorschriften in einem Rechtstext der Gemeinschaft ergänzt die in
Artikel 30 Euratom Vertrag genannten Grundnormen, so dass die Sicherheit kerntechnischer
Anlagen erfasst wird. Seit dem Inkrafttreten des Vertrags wurden diese Normen wiederholt
revidiert, zuletzt am 13. Mai 1996 (Richtlinie 96/29 (Euratom)) 20. In diesem Fall geht es nicht
darum, diese Richtlinie mit Grundnormen zu ändern, sondern eine neue Richtlinie zu

20 ABl. L 159 vom 29.06.1996, S. 1.

Drucksache 15/1781 – 26 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

erarbeiten, die diese ergänzt. Der Begriff „Grundnorm“ muss sich konkret auf zwei Bereiche
erstrecken, den Strahlenschutz und die Sicherheit kerntechnischer Anlagen.

Es liegt auf der Hand, dass ein solches gemeinschaftliches Sicherheitskonzept sich
längerfristig nicht darauf beschränken kann, lediglich einschlägige Bestimmungen aus dem
Übereinkommen über nukleare Sicherheit zu übernehmen. Jene können freilich, da sie von
allen Mitgliedstaaten angewandt werden müssen, eine konsensfähige Ausgangsbasis bilden,
worauf weitere Elemente sich stützen, um eine für die Mitgliedstaaten verbindliche Regelung
zu bilden.

b) Evoluierende Vorschriften

Die Entwicklung der gemeinsamen Normen für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen stellt
eine Überarbeitung derselben dar und muss daher gemäß Artikel 32 Euratom-Vertrag einem
festgelegten Verfahren folgen. Zu diesem Zweck sieht Artikel 31 vor, dass die Grundnormen
von der Kommission nach Stellungnahme einer Gruppe von Persönlichkeiten ausgearbeitet
werden, die der Ausschuss für Wissenschaft und Technik aus wissenschaftlichen
Sachverständigen der Mitgliedstaaten ernannt hat und nach Stellungnahme des Wirtschafts-
und Sozialausschusses. Nach Anhörung des Europäischen Parlaments legt der Rat die
Grundnormen auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit fest.

Konkret muss die Entwicklung der europäischen Sicherheitsnormen den Ergebnissen der
Arbeit der IAEA auf dem Gebiet der Sicherheit kerntechnischer Anlagen Rechnung tragen.
Sie muss insbesondere auch den Ergebnissen der Arbeit der Arbeitsgruppe der
Regulierungsbehörden für Kernenergie (NRWG), insbesondere den von dieser Gruppe
erarbeiteten gemeinsamen Standpunkten, sowie den Arbeiten der Vereinigung
westeuropäischer Aufsichtsbehörden (WENRA) im Bereich der Harmonisierung Rechnung
tragen. Die von der Kommission und dem Rat für die Erfordernisse der Evaluierung
kerntechnischer Anlagen in den Beitrittsländern erarbeitete Methodik ist ein weiteres
wichtiges Element, das berücksichtigt werden muss.

Da es sich hier um einen Bereich handelt, in dem bereits bedeutende einzelstaatliche
Bestimmungen bestehen, sollte die Kommission sich die Erfahrungen der Experten im
Bereich der nuklearen Sicherheit zunutze machen können, um die harmonisierte Entwicklung
der gemeinsamen Normen voranzutreiben. Dazu muss sie sich auf den Ausschuss gemäß
Artikel 31 Euratom-Vertrag stützen.

Das Gemeinschaftssystem wird sich zunächst auf einen Korpus von Mindestnormen stützen.
Es wird allerdings einen Rechtsrahmen mit einem Mechanismus festlegen, die die
Entwicklung dieser Normen erlaubt. Eine der ersten Aufgaben des Ausschusses gemäß
Artikel 31 Euratom-Vertrag wird also darin bestehen, auf der Grundlage der erwähnten
Studien einen Korpus operationeller rechtlich verbindlicher Normen zu erstellen, der als
gemeinsames Bezugssystem dienen kann. Auf der Grundlage dieser Normen wird es möglich
sein, in den Mitgliedstaaten Prüfungen durchzuführen. Um jegliche Ungleichbehandlung
derzeitiger Mitgliedstaaten und neu beigetretener Länder auszuschließen, muss die Regelung
zum Zeitpunkt der Erweiterung der Union, also am 1. Januar 2004, in Kraft sein. Dieses
Datum markiert den Beginn der konkreten Umsetzung dieses Gemeinschaftskonzepts, das
sich anschließend fortentwickelt.

Die gemeinsamen Normen sind Teil eines dynamischen Prozesses. Es geht nämlich nicht
darum, einen Korpus technischer Normen für kerntechnische Anlagen festzulegen. Ziel der
Gemeinschaftsnormen ist vielmehr, die Wahrung eines hohen Niveaus nuklearer Sicherheit in

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 27 – Drucksache 15/1781

der Union zu gewährleisten. Dieses System muss sich daher auf den Sachverstand der
einzelstaatlichen Sicherheitsbehörden stützen. Das Gemeinschaftssystem ergänzt die
nationalen Systeme.

c) Regelmäßige Berichterstattung

Die Mitgliedstaaten werden analog zum Übereinkommen über nukleare Sicherheit und im
Sinne der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Laeken verpflichtet sein, über die
Maßnahmen, die sie ergriffen haben, um ihren Verpflichtungen nachzukommen, sowie über
den Sicherheitszustand der in ihre Zuständigkeit fallenden Anlagen Bericht zu erstatten. Diese
Berichte werden einer Prüfung durch die Mitgliedstaaten und die Kommission im Rahmen
eines „Peer review“-Mechanismus unterzogen.

2.2 Unabhängiges Prüfungssystem

Die Einrichtung eines unabhängigen Prüfungssystems ist ein unverzichtbares Element für die
Glaubwürdigkeit und Effektivität eines Gemeinschaftskonzepts für die Sicherheit
kerntechnischer Anlagen. Im Unterschied zu den Inspektionen des Amts für Euratom-
Sicherheitsüberwachung, die aufgrund des heiklen Charakters von Kernmaterialien im
Hinblick auf die Nonproliferation in derselben Anlage in rascher Folge wiederholt
vorgenommen werden können, muss die Frequenz der Überprüfungen im Bereich der
nuklearen Sicherheit in der Regel nicht gleich hoch sein.

Das Prüfungssystem muss sich im Wesentlichen auf den technischen Sachverstand der
einzelstaatlichen Sicherheitsbehörden stützen. Es wird nämlich nicht nötig sein, ein Korps
von Gemeinschaftsinspektoren einzusetzen, wie es im Rahmen der Kontrolle von
Kernmaterialien der Fall ist. Die Gemeinschaftsprüfung wird sich im Wesentlichen auf die
Art und Weise beziehen, in der die Sicherheitsbehörden ihre Aufgabe wahrnehmen. Es hat
nicht zur Aufgabe die Sicherheit von kerntechnischen Anlagen vor Ort zu prüfen.

Ein solches System dürfte bei den Mitgliedstaaten größere Akzeptanz finden. Für die
Kommission hätte es den Vorteil, dass Experten im Bereich der nuklearen Sicherheit
bereitstünden, ohne dass dies erhebliche oder zumindest ähnliche Auswirkungen auf den
Haushalt hätte wie ein Korps permanenter Inspektoren. Dieses System wäre also genau auf
die vorgesehene Funktion zugeschnitten.

Die Mitgliedstaaten werden Sachverständige unter Angabe ihrer jeweiligen Kompetenzen
vorschlagen müssen, auf die die Kommission nach den Erfordernissen der unabhängigen
Prüfungen in den Mitgliedstaaten zurückgreifen kann. Die Zuständigkeit für Entscheidungen
in Bezug auf Überprüfungen und ihre etwaigen Folgen liegt natürlich ausschließlich bei der
Kommission. Zu Jahresbeginn erstellt die Kommission ein Programm der Überprüfungen, die
sie im Lauf des betreffenden Jahres vorzunehmen gedenkt. Sobald dieses Programm
beschlossen ist, kontaktiert sie die zuvor von den Sicherheitsbehörden benannten
Sachverständigen, die sie einzusetzen gedenkt, um deren Verfügbarkeit zu den vorgesehenen
Daten zu gewährleisten. Die Kommission wird sich nach Möglichkeit bemühen, den
normalen Betrieb in den einzelstaatlichen Sicherheitsbehörden durch die Anforderung der
Sachverständigen nicht zu beeinträchtigen.

Die Sachverständigen erhalten rechtzeitig vor der Prüfung die zur Ausübung ihrer Tätigkeit
erforderlichen Unterlagen. Vor der Prüfung findet in den Gebäuden der Kommission eine
Koordinierungssitzung statt. Die Überprüfung wird dem betreffenden Mitgliedstaat in dem
die Überprüfung stattfindet angekündigt. Letzterer kann gegen die Zusammensetzung der mit

Drucksache 15/1781 – 28 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

der Prüfung beauftragten Sachverständigengruppe unter Angabe von Gründen Beschwerde
einlegen.

Die Kommission kann gestützt auf die nach den Prüfungen erstellten Berichte Bemerkungen
vorbringen, die zu den notwendigen Massnahmen zur Wahrung der Sicherheit der Anlagen
führen können. Die Kommission wird im Übrigen alle zwei Jahre einen Bericht über den
Stand der nuklearen Sicherheit in der Europäischen Union vorlegen müssen.Wie bereits
betont wurde, endet die Notwendigkeit des Schutzes vor ionisierender Strahlung nicht mit
dem Ende der Nutzung einer kerntechnischen Anlage. Die Sorge um die Sicherheit besteht
während der Stilllstandsmassnahmen in verschiedenm Umfang weiter.

3. Angemessene finanzielle Ressourcen im Dienste der Sicherheit

3.1.Wahrung der Verfügbarkeit der Stilllegungsfonds

Die Wahrung eines hohen Sicherheitsniveaus kerntechnischer Anlagen, sowohl in der
Nutzungs- als auch in der Stilllegungsphase, bedarf angemessener finanzieller Ressourcen.

Die Stilllegung einer kerntechnischen Anlage ist eine industriell schwierige Aufgabe, die sich
auf mehrere Jahre erstrecken kann. Die bei den Stilllegungsarbeiten anfallenden Kosten
können sehr hoch sein. Zu deren Bewältigung sind finanzielle Ressourcen notwendig. Diese
müssen durch Beiträge des Betreiber während des Betriebs der kerntechnischen Anlage
aufgebracht werden. Es ist in der Tat von wesentlicher Bedeutung, dass diese Tätigkeiten zum
gegebenen Zeitpunkt unter Wahrung eines hohen Sicherheitsniveaus durchgeführt werden
können.

Wichtigstes Anliegen der Allgemeinheit, der einzelstaatlichen Behörden und der Betreiber ist
es, zu gewährleisten, dass die Sicherheits- und Strahlenschutzvorschriften bei der Stilllegung
eingehalten werden. Es muss sichergestellt werden, dass Finanzmittel für die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen verfügbar sind.

Die einzelstaatlichen Vorschriften müssen verhindern, dass die Stilllegung einer
kerntechnischen Anlage mangels Ressourcen nicht planmäßig aufgenommen, nicht nach den
zweckmäßigen Verfahren durchgeführt oder vor Abschluss abgebrochen wird.

Dies würde nämlich dazu führen, dass große Mengen radioaktiver Stoffe unter Bedingungen
zurückblieben, die in Bezug auf Überwachung und Entsorgung untragbar wären, was
gravierende Folgen für die nukleare Sicherheit und den Strahlenschutz hätte. Damit würde
eines der zentralen Ziele des Euratom-Vertrags verfehlt. Wie bereits bemerkt wurde, hat die
Gemeinschaft nämlich gemäss Artikel 2 Euratom-Vertrag „einheitliche Sicherheitsnormen für
den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte aufzustellen und für ihre
Anwendung zu sorgen“. Dafür hat die Gemeinschaft grundlegende Sicherheitsnormen für den
Strahlenschutz21 festgelegt. Kapitel 3 Euratom-Vertrag ist also die rechtliche Grundlage, die
eine Tätigkeit der Gemeinschaft in diesem Bereich begründet.

Zur Zeit bilden die Betreiber entweder interne Rücklagen in der Unternehmensbilanz oder
nutzen Beiträge an externe Fonds, die hierfür auf verschiedene Weise vorgesehen sind.

Die Stromerzeugung aus Atomkraft erfolgt in Kernkraftwerken, deren Nutzungsdauer recht
lange ist. Sie beträgt durchschnittlich vierzig Jahre (sofern nicht auf politischer Ebene ein

21 COM 96/29/Euratom.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 29 – Drucksache 15/1781

vorheriger Verzicht auf die Nutzung der Kernenergie oder eine Verlängerung der
Betriebsdauer von Anlagen beschlossen wurde). Angesichts der vorgesehenen Beträge und
ungeachtet ihrer zeitlich gestaffelten Verwendung zur Stilllegung muss der Betreiber schon
beim Bau der kerntechnischen Anlage nicht nur die technologischen, sozialen und
wirtschaftlichen Aspekte in Bezug auf die Produktionskosten, sondern auch die
wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projekts insgesamt, einschließlich der Stilllegung der
Anlagen, integrieren.

Selbst wenn Rücklagen gebildet werden, um die Stilllegung zur ermöglichen und die
Entsorgung der radioaktiven Abfälle und der abgebrannten Brennelemente zu gewährleisten,
liegt das zentrale Problem darin, das Bestehen dieser Ressourcen langfristig, über einen
Zeitraum von mehreren Jahrzehnten, zu sichern. Die Einrichtung externer, mit eigener von
den Betreibern getrennterRechtspersönlichkeit und speziell zur Stilllegung ihrer Anlagen
bestimmter Stilllegungsfonds die beste Option ist, um die Stilllegung unter Einhaltung aller
nötigen Sicherheitsvorkehrungen zu bewerkstelligen. Falls besondere, gebührend begründete
Umstände diese Kontentrennung nicht erlauben, kann die Verwaltung der Fonds unter der
Bedingung beim Betreiber verbleiben, dass die Verfügbarkeit der aufgebrachten Aktiva zur
Deckung der Stilllegungsarbeiten gewährleistet ist.

Die Kommission wird gestützt auf die regelmäßig von Seiten der Mitgliedstaaten
übermittelten Informationen alle drei Jahre einen Bericht über die Lage der Fonds vorlegen
und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, um Missständen abzuhelfen, die die Stilllegung in
Frage stellen könnten.

Die Einrichtung externer, nach den Grundsätzen der Sorgfalt verwalteter Fonds, ermöglicht
es, die langfristige Verfügbarkeit der Mittel und ein hohes Sicherheitsniveau kerntechnischer
Anlagen während der Stilllegungsmassnahmen zu gewährleisten.

Die Notwendigkeit zur Harmonisierung der Methoden für die Einschätzung der künftigen
Stilllegungskosten wurde bereits betont. Daneben sind Übergangsmaßnahmen vorzusehen, die
es den betreffenden Unternehmen erforderlichenfalls ermöglichen, die Folgen der
Übertragung erheblicher Summen auf externe Fonds zu minimieren.

Die Kommission sieht eine Übergangsfrist vor, die mindestens drei Jahre ab dem Inkrafttreten
der Vorschriften, welche die Mitgliedstaaten erlassen, um diese Richtlinie nach deren
Annahme durch den Rat umzusetzen dauern könnte.

3.2 Die Lage der Beitrittsländer

Die Kommission wurde auf der Kölner Ratstagung im Juni 1999 beauftragt, über die
Anwendung hoher Sicherheitsstandards in Mittel- und Osteuropa zu wachen. Die
Kommission wurde auf der Grundlage dieses Mandats in zwei Etappen tätig. Sie hat zunächst
die Reaktoren ermittelt, die außer Betrieb genommen werden sollten. Daraufhin hat sie
zusammen mit dem Rat eine Methode zur Bewertung der Sicherheit der kerntechnischen
Anlagen in den Beitrittsländern erarbeitet.

Wie im Grünbuch betont wurde, ist die Zukunft der Kernkraftnutzung in Europa ungewiss.
Sie ist von einer Reihe von Faktoren abhängig, darunter die Reaktorsicherheit in den
Beitrittsländern. Aus diesem Grund hat die Union einige dieser Länder ersucht, bestimmte
Reaktoren außer Betrieb zu setzen. Als Gegenleistung beteiligt sich die Union an den Kosten
der Stilllegung und stellt Finanzmittel bereit.

Drucksache 15/1781 – 30 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

a) Betroffene Reaktoren

Drei Beitrittskandidaten sind von der vorzeitigen Außerdienststellung von Kernreaktoren
betroffen: Bulgarien (Kosloduj Block 1 bis 4), Litauen (Ignalina 1 und 2) und die Slowakei
(Bohunice 1 und 2). Im Juni 2002 hat Litauen sich verpflichtet, den Reaktor Ignalina 2 im
Jahr 2009 außer Betrieb zu nehmen. Die Kommission erwartet von Bulgarien dieses Jahr eine
Entscheidung über die vorzeitige Schließung der Blöcke 3 und 4 des Kernkraftwerks
Kosloduj. Nach Ansicht der Europäischen Union sollten diese Blöcke 2006 außer Betrieb
genommen werden. Die Daten der Außerbetriebnahme sind im Beitrittsvertrag zu bestätigen.

Internationale Sachverständige sind zu der Auffassung gelangt, dass diese Anlagen
schwerwiegende konzeptionelle Mängel aufweisen, die sich nicht wirksam und zu
angemessen Kosten beheben lassen. Daneben wird in dem 1999 vorgelegten Bericht der
Vereinigung westeuropäischer Aufsichtsbehörden (WENRA, Western European Nuclear
Regulators Association), in der die Sicherheitsbehörden von neun EU-Mitgliedstaaten
vertreten sind22, deutlich festgestellt, dass die betreffenden Reaktoren ungeachtet aller zur
Verbesserung der Sicherheit unternommenen Anstrengungen kein nach westlichen Standards
annehmbares Sicherheitsniveau erreicht werden kann.

Die Kommission hat sich bei der Abfassung der Agenda 2000, in der die Daten für die
Außerbetriebnahme von fünf Reaktoren bestätigt und für das Jahr 2002 endgültige
Entscheidungen in Bezug auf drei andere Reaktoren angekündigt werden, auf internationalen
Gutachten gestützt.

b) Kosten der Stilllegung und Finanzmittel

Die Gemeinschaft finanziert über das PHARE-Programm bereits seit Jahren Projekte im
Nuklearsektor der Beitrittsländer, wovon einige Maßnahmen zur endgültigen Außerbetrieb-
nahme betreffen: Abfallbehandlung, Lagerung der Brennelemente, Planung der Arbeiten usw.

Hohe Stilllegungskosten

Die Gemeinschaft leistet über das PHARE-Programm den größten Beitrag zu den
internationalen Stilllegungsfonds, die von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und
Entwicklung (EBWE) verwaltet werden. Die Mittel, die in den nationalen Stilllegungsfonds
der drei Länder zur Verfügung stehen, in denen Reaktoren vorzeitig außer Betrieb genommen
werden sollen, reichen ganz offensichtlich nicht aus, um die Gesamtheit der notwendigen
Arbeiten bis zum vollständigen Rückbau zu finanzieren.

Bei seiner letzten Sitzung in Brüssel am 24. und 25. Oktober 2002 hat der Europäische Rat
daran erinnert, dass «Da Litauen bestätigt hat, dass Reaktor 1 des Kernkraftwerks Ignalina vor
2005 abgeschaltet wird, und sich verpflichtet, Reaktor 2 bis spätestens 2009 abzuschalten,
wird ein Programm unterstützender Maßnahmen für die Stilllegung des AKW Ignalina
ausgearbeitet.” Er hat insbesondere daran erinnert, dass “Die Verpflichtungsermächtigungen
für dieses Programm werden sich auf jährlich 70 Mio. Euro für den Zeitraum 2004-2006
belaufen.” Er hat schliesslich daran erinnert, dass “die Europäische Union (…) bestätigt (…)
in Solidarität mit Litauen ihre Bereitschaft, über 2006 hinaus eine angemessene zusätzliche
gemeinschaftliche Unterstützung für die Stilllegungsarbeiten zu leisten.”

22 Deutschland, Belgien, Spanien, Finnland, Frankreich, Italien, Niederlande, Vereinigtes Königreich,
Schweden.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31 – Drucksache 15/1781

Der Europäische Rat hat ebenfalls darauf hingewiesen, dass “Zur Fortsetzung der im Rahmen
des PHARE-Programms geplanten Heranführungshilfe für die Stilllegung des Kernkraftwerks
Bohunice in der Slowakei sind für den Zeitraum 2004-2006 Verpflichtungsermächtigungen in
Höhe von 20 Mio. Euro jährlich vorgesehen.”

Der Europäische Rat hat festgestellt, dies sei ein “Geschätzter Betrag, der auf der Grundlage
des Ausgabenprofils der Stilllegungsarbeiten im Rahmen der Finanzmittel für die Stilllegung
der AKW Ignalina und Bohunice entsprechend zu überprüfen ist. Die Mittelbindungen im
Rahmen von Phare sind für Ignalina höher und für Bohunice niedriger als erwartet.”

Finanzielle Perspektiven

Die Kommission ist keine über 2006 hinaus gehenden Verpflichtungen eingegangen, obgleich
sich nach den vorgesehenen Stilllegungsplänen in den darauffolgenden Jahren die größten
Finanzierungsbedürfnisse ergeben werden.

Die mangelnde Bereitschaft Litauens und Bulgariens zu Selbstverpflichtungen im Rahmen
von Kompromissen zur Außerdienststellung hingen zweifellos damit zusammen, dass die
Kommission noch keine klaren Verpflichtungen in Bezug auf die Finanzierung, insbesondere
im Zeitraum 2007-2010, eingegangen ist. Die Kommission muss sich also anschicken diesen
beiden Ländern bei der Vorbereitung des nächsten Finanzierungspakets eine besondere
Aufmerksamkeit zu schenken.

B – DIE ENTSORGUNG ABGEBRANNTER BRENNELEMENTE UND
RADIOAKTIVER ABFÄLLE

Trotz der weltweiten Entwicklung der Kernenergie und der Ansammlung radioaktiver Abfälle
über ein halbes Jahrhundert hinweg ist es in Europa - wie auch im Rest der Welt - nicht
gelungen, nationale Strategien zu entwickeln, um die mit allen Abfällen aus der Kerntechnik
verbundenen Probleme endgültig zu lösen. Allerdings kann sich die Kernenergie, wie im
Grünbuch über die Energieversorgungssicherheit23 dargelegt, nur weiterentwickeln, wenn die
Frage der Abfallentsorgung zufriedenstellend und mit größtmöglicher Transparenz gelöst
wird. Auch die jüngsten Meinungsumfragen der Kommission24 haben bestätigt, dass eine
sichere, verlässliche Abfallentsorgung eine unverzichtbare Komponente bei allen Debatten
über die Zukunft der Kernenergie ist.

Die Frage stellt sich vor allem für die gefährlichsten Abfälle am Ende des
Kernbrennstoffkreislaufs. Sie machen zwar nur 5 % aller Nuklearabfälle aus, auf sie entfällt
aber 95 % der Radioaktivität. Diese Abfälle werden zurzeit in oberflächennahen oder
unterirdischen Zwischenlagern gelagert. Diese Art der Zwischenlagerung, die derzeit auf
unbestimmte Dauer erfolgt, gibt Anlass zu Sorge in Bezug auf die möglichen Beschädigungen
dieser Lager, insbesondere nach den Ereignissen des 11. September 2001.

23 KOM(2000) 769 vom 29 November 2000. „Hin zu einer europäischen Strategie für
Energieversorgungssicherheit“, Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen
Gemeinschaften, 2001, ISBN 92-894-0319-5

24 Eurobaromètre Nr. 56, 2001 – Europäer und radioaktive Abfälle
(http://europa.eu.int/comm/energy/nuclear/pdf/eb56_radwaste_en.pdf)

Drucksache 15/1781 – 32 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Die Suche nach einer Lösung für die Endlagerung der Abfälle geht weiter. Auf der Grundlage
der jüngsten technologischen Entwicklungen muss erkundet werden, welche Möglichkeiten
der Lagerung bestehen und welche das höchste Maß an Sicherheit bieten.

Anhand dieser Erfahrungen lässt sich festhalten, dass die Lagerung in tiefen geologischen
Formationen heutzutage die am besten realisierbare und die zuverlässigste Möglichkeit ist
und dass die Techniken für Bau und Betrieb anwendungsreif sind. In der ganzen
Europäischen Union und in der Schweiz gibt es unterirdischer Laboratorien zur detaillierten
Untersuchung der geeignetsten geologischen Schichten. In Europa haben sich Schweden und
Finnland bereits für eine Lagerung in der Tiefe entschieden und erste Untersuchungen zur
Durchführbarkeit angestellt. Allerdings könnte die Lagerung der Abfälle in den ausgewählten
Stätten tatsächlich nicht vor 2015 - 2020 erfolgen. Die Schätzungen der Kosten für die
Endlagerung schwanken je nach Land, stellen aber nur einen geringen Prozentsatz der
Gesamtkosten je kWh dar.

Auch wenn die Lagerung in tiefen geologischen Formationen eine endgültige Lösung
darstellt, kann man sich für den Fall, dass in der Zukunft bessere technologische Lösungen
auftauchen, welche ein höheres Sicherheitsniveau zu vertretbaren Kosten bieten, die
Möglichkeit vorbehalten, diese Abfälle später zurückzuholen. Möglich ist dies dank der
Grundstrategie „Konzentrieren und Einschließen“, durch die dafür gesorgt ist, dass die
Abfälle von der Umgebung abgeschirmt und nach der Einlagerung jahrzehntelang stabil sind.

Die neuen Techniken der Abfallbehandlung, durch die es möglich ist, die Menge an
langlebigen radioaktiven Elementen zu verringern, stellen keine Alternative zur geologischen
Lagerung dar, sondern sind als eine wichtige ergänzende Strategie anzusehen. Parallel zur
Entwicklung dieser Lagerstätten in der Tiefe müssen weiterhin neue Technologien entwickelt
werden, damit künftigen Generationen die Möglichkeit gegeben wird, die wirkungsvollste
Behandlung der Abfälle vorzunehmen, zum Beispiel die Technik der „Trennung und
Transmutation“ anzuwenden. Deshalb wird ein Teil der Mittel, die im sechsten EURATOM-
Forschungsrahmenprogramm für die Jahre 2002 bis 2006 für radioaktive Abfälle zur
Verfügung stehen, in die Forschung über neue Technologien gesteckt, parallel zu den
Forschungsaktivitäten über die Lagerung.

Unabhängig von den künftigen energiepolitischen ist es undenkbar, dass die vorhandenen
Abfälle nicht so gelagert werden, dass die Gesundheit der Bevölkerung wie auch der Schutz
der Umwelt langfristig gesichert sind.

1. Die Abfallentsorgung: offene Fragen

Die Kernenergie wird seit fünf Jahrzehnten zu zivilen Zwecken genutzt. Die während dieses
ganzen Zeitraums angefallene Abfallmenge kann man als begrenzt ansehen, und die Frage,
was mit ihnen geschieht, stand von Anfang an nicht im Vordergrund. Dennoch darf man die
Frage der langfristigen Entsorgung dieser Abfälle nicht auf künftige Generationen abwälzen.

1.1 Die gegenwärtige Lage

Radioaktive Abfälle fallen hauptsächlich bei folgenden Tätigkeiten an:

– die Elektrizitätserzeugung durch Kernenergie, einschließlich der Tätigkeiten
am Ende des Brennstoffkreislaufs und der Stilllegung;

– Betrieb von Forschungsreaktoren;

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33 – Drucksache 15/1781

– Nutzung der Strahlung und radioaktiver Materialien in der Medizin, der
Landwirtschaft, der Industrie und der Forschung;

– Behandlung von Materialien, die natürliche Radionuklide enthalten.

a) Lage in der Europäischen Union

Insgesamt fallen in der Europäischen Union pro Jahr 40.000 m3 , wobei der Großteil
aus Tätigkeiten im Zusammenhang mit der nuklearen Elektrizitätserzeugung stammt.

Obschon die Endlagerung der weniger radioaktiven, kurzlebigen Abfälle mit einer
bewährten Technik möglich wäre, wird sie nur in fünf Mitgliedstaaten mit
Kernreaktoren praktiziert (Finnland, Frankreich, Spanien, Schweden und im
Vereinigten Königreich). In Deutschland wurde in der Vergangenheit diese
Kategorie von Abfällen endgelagert, aber weder Belgien noch die Niederlande haben
auf diese Möglichkeit zurückgegriffen; diese beiden Länder lagern derzeit ihre
Abfälle übergangsweise in nationalen Zentrallagern zwischen. In den Mitgliedstaaten
ohne Kernenergieprogramm wird eine ähnliche, zeitlich unbestimmte
Zwischenlagerung praktiziert.

Abgebrannte Brennelemente und hoch radioaktive, langlebige Abfälle werden in der
Nähe der Kraftwerke, in Wiederaufarbeitungsanlagen oder an anderen Stätten, wo sie
erzeugt werden, zwischengelagert, bis eine dauerhafte Lösung gefunden ist. Kein
Land in der ganzen Welt hat bisher diese Abfälle endgültig beseitigt, und es ist von
Land zu Land sehr unterschiedlich, wie weit man noch von dieser dauerhaften
Lösung entfernt ist. In der Europäischen Union sind Finnland und Schweden
vielleicht am weitesten fortgeschritten, da sie seit langem Programme für die
Entwicklung der Einlagerung in großer Tiefe haben. Aber selbst in Finnland wird die
endgültige Genehmigung für die Entwicklung des einzigen Standorts, der derzeit
erforscht wird, frühestens in acht Jahren erteilt werden. In Belgien laufen seit
mehreren Jahren bereits Forschungsarbeiten zur tiefen Endlagerung. In Frankreich
werden zur Zeit Zugangesschächte zu einem unterirdischen Laboratorium gegraben.
Deutschland verfügt über einen aussichtsreichen Standort, der jedoch zurzeit aus
politischen Gründen nicht genutzt werden kann. Manche Mitgliedstaaten überdenken
all ihre Optionen wie auch den damit verbundenen Entscheidungsprozess. Andere
dagegen schieben die Entscheidung vor sich her.

b) Die prekäre Situation der Zwischenlagerung in den Beitrittsländern

In den Beitrittsländern mit von der Sowjetischen Union gebauten Kernkraftwerken
und Forschungsreaktoren ist die Entsorgung abgebrannter Brennelemente in den
vergangenen zehn Jahren zu einer entscheidenden Frage geworden, weil die
Rücksendung nach Russland zur Wiederaufarbeitung oder Lagerung nicht mehr zu
den gleichen Bedingungen möglich ist. Von heute auf morgen mussten diese Länder
Zwischenlager für ihre abgebrannten Brennelemente bauen. Mit der Durchführung
echter Programme für die längerfristige Entsorgung dieser abgebrannten
Brennelemente ist man kaum oder gar nicht vorangekommen.

Was die weniger gefährlichen Abfälle aus Kernkraftwerken angeht, so verfügen nur
die Tschechische Republik und die Slowakei über Lager, die tatsächlich in Betrieb
sind. Mehrere Länder verfügen über Lager nach russischer Bauart für die
radioaktiven Abfälle, die nicht aus dem Kernbrennstoffkreislauf stammen. Allerdings

Drucksache 15/1781 – 34 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

entsprechen diese Anlagen nicht immer den in der Union geltenden
Sicherheitsnormen. In manchen Fällen müssten die Abfälle woanders aufgearbeitet
und in andere Anlagen verbracht werden.

1.2. Begrenzte gemeinschaftliche und internationale Vorschriften

Wichtigste Grundsätze bei der Entsorgung aller gefährlichen Abfälle müssen die
Gewährleistung eines hohen Maßes an Sicherheit für die Bevölkerung und die
Arbeitnehmer sowie der Umweltschutz sein. In Bezug auf abgebrannte
Brennelemente und radioaktive Abfälle beinhaltet die Anwendung dieser
Grundsätze, dass Mensch, Gesellschaft und Umwelt vor den schädlichen
Auswirkungen ionisierender Strahlungen geschützt werden.

In den letzten Jahren standen diese Prinzipien auch im Vordergrund der Maßnahmen
der Gemeinschaft: dazu gehörten Forschungsarbeiten wie auch politische und
gesetzgeberische Initiativen.

Das in dem gemeinschaftlichen Aktionsplan25 verfolgte Konzept und die damit
verbundene Strategie besteht darin, die Harmonisierung und Zusammenarbeit
zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern, um ein gleichmäßiges, akzeptables
Sicherheitsniveau in der gesamten Europäischen Union zu erreichen. Der jüngste
Bericht über die Lage der Entsorgung radioaktiver Abfälle in der Europäischen
Union wurde 1999 veröffentlicht26. Außerdem hat die Kommission27 vor kurzem
einen ähnlichen Bericht über die Beitrittsländer veröffentlicht.

Die Entsorgung radioaktiver Abfälle ist nach wie vor eines der Hauptthemen der
Forschungsrahmenprogramme der Gemeinschaft über die Kernspaltung. Ein
Schlüsselaspekt dieser Programme ist die Unterstützung für Forschungsaktivitäten in
bestehende unterirdische Forschungsanlagen, die es erlauben, grundlegende Daten zu
gewinnen über das aufnehmende geologische Umfeld und Lagerungstechniken zu
experimentieren, die für eine endgültige Lagerung gebraucht werden können. Die
fortgeschrittenen Techniken für die chemische und nukleare Trennung wie auch für
die Minimierung der langlebigen Abfälle (üblicherweise gemeinsam als „Trennung
und Transmutation“ bezeichnet) sind weitere wichtige Forschungsbereiche.

Die Grundnormen für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der
Arbeitnehmer vor den Gefahren ionisierender Strahlung untermauern die
Angleichung der Grundprinzipien der Abfallentsorgung, Normen, die ein
gemeinsames, international anerkanntes Strahlenschutzniveau in der gesamten
Europäischen Union garantieren. Die jüngste Überarbeitung der Grundnormen fand
1996 statt28; die Umsetzung in einzelstaatliches Recht musste bis zum 13. Mai 2000
erfolgen. Darüber hinaus wird mit dem Kapitel 3 (Titel II) des EURATOM-Vertrags
ein gemeinschaftliches Überwachungs- und Kontrollsystem für internationale

25 Entschließung des Rates (92/C 158/02) vom 15. Juni 1992 über die Erneuerung des Aktionsplans der
Gemeinschaft für radioaktive Abfälle.

26 Mitteilung der Kommission an den Rat „Mitteilung und 4. Bericht über die derzeitige Lage und die
Aussichten auf dem Gebiet der Entsorgung radioaktiver Abfälle in der Europäischen Union“, KOM(98)
799 vom 11.01.1999.

27 Bericht der Kommission EUR 19154
28 Richtlinie des Rates 96/29/EURATOM vom 13. Mai 1996

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35 – Drucksache 15/1781

Transporte radioaktiver Abfälle29 eingerichtet. Schließlich ist die im Rahmen des
Kapitels Umwelt des EG-Vertrags erlassene Richtlinie über die
Umweltverträglichkeitsprüfung und ihre Änderungen30 31ebenfalls von erheblicher
Bedeutung für den Sektor der radioaktiven Abfälle.

Außerdem gibt es eine Reihe von internationalen Übereinkommen, denen bei der
Schaffung gemeinsamer Sicherheitspraktiken und -niveaus auf der internationalen
Bühne eine wichtige Rolle zukommt. Das wichtigste ist das gemeinsame
Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente
und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle32, das unter der
Schirmherrschaft der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO)
ausgehandelt wurde und am 18. Juni 2001 in Kraft trat. Dieses Übereinkommen ist
im Moment Gegenstand eines Vorschlags der Kommission33 betreffend den Beitritt
der Europäischen Gemeinschaft und von EURATOM. Darüber hinaus erarbeitet die
IAEO zurzeit eine Dokumentation über sämtliche Aspekte der Sicherheit der
Entsorgung radioaktiver Abfälle, einschließlich der Empfehlungen über die engültige
und sichere Lagerung sämtlicher Kategorien radioaktiver Abfälle.

2.Wege zu einer sicheren Lösung

Nach Ansicht der Kommission ist es an der Zeit, auf dem Gebiet der Entsorgung
radioaktiver Abfälle konkrete Entscheidungen über die Entsorgung radioaktiver
Abfälle zu treffen, insbesondere um die Endlagerung zu fördern sowie die
Verstärkung der Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet im allgemeinen, was andere
auf möglichen späteren wissenschaftlichen Entwicklungen fundierte Lösungen nicht
ausschliesst.

2.1 Eine Entscheidung für die Endlagerung

Obschon beträchtliche Mengen (mehr als 2.000.000 m3) der am wenigsten
gefährlichen Kategorie von radioaktiven Abfällen in der Vergangenheit in der
Europäischen Union beseitigt worden sind, haben momentan nicht alle Länder im
Betrieb befindliche Lager. Diese Kategorie von Abfällen, die in erheblich größeren
Mengen anfallen als die gefährlicheren Kategorien, stellen hinsichtlich ihrer
Beseitigung keine besondere technologische Herausforderung dar, erfordern aber
dennoch während ihrer Zwischenlagerung eine genaue Überwachung.

In Bezug auf die gefährlicheren Abfälle besteht ein breiter internationaler Konsens
darüber, dass die Beseitigung durch Einlagerung in großer Tiefe von geologisch
beständigen Formationen die beste Entsorgungsmöglichkeit darstellt. Durch ein
System aus mehrfachen Barrieren für den Einschluss und die richtige Wahl des
Wirtsgesteins können diese Abfälle für extrem lange Zeiträume abgeschirmt werden,
so dass gewährleistet ist, dass jegliche Restradioaktivität nur in unerheblicher
Konzentration austritt. Diese Strategie der tiefen Endlagerung verringert das Risiko
des ungewollten menschlichen Eindringens erheblich und ist im Wesentlichen passiv

29 Richtlinie des Rates 92/3/EURATOM vom 3. Februar 1992
30 Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27 Juni 1985
31 Richtlinie 97/11/EWG des Rates vom 3. März 1997
32 Wortlaut bei der IAEO erhältlich –INFCIRC/546 (24. Dezember 1997)
33 KOM(2001) 520 endg., 15. Oktober 2001

Drucksache 15/1781 – 36 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

und beständig, ohne dass weitere Interventionen des Menschen oder behördliche
Kontrollen erforderlich sind.

Dass mehrere Mitgliedstaaten mit der Ermittlung und Genehmigung der geeigneten
Lagerstätten, insbesondere im Falle der Lager in tiefen geologischen Formationen,
im Rückstand sind, ist allerdings Besorgnis erregend. Inzwischen nimmt die Menge
an abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen, die in Zwischenlagern
an der Oberfläche gelagert werden, immer weiter zu. Diese oberirdischen Anlagen
erfordern aktive Maßnahmen wie Kontrolle und Instandhaltung, damit ein
gleichbleibend hohes Sicherheits- und Umweltschutzniveau gesichert ist. Dies stellt
eine inakzeptable Belastung für künftige Generationen dar. Außerdem ist es nach den
Ereignissen des 11. September 2001 wegen der Gefahr der Beschädigung solcher
oberirdischen Anlagen durch einen Terroranschlag unbedingt erforderlich, rasch zu
handeln.

Nach Jahren des Zweifelns und Zauderns, was insbesondere mit politischen
Vorbehalten zu tun hatte, ist es höchste Zeit, dass die Mitgliedstaaten endlich
ernsthaft einen Zeitplan für die endgültige Lagerung sämtlicher radioaktiver Abfälle
verfolgen. Vor allem sollten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union Programme
für die tiefe Lagerung hoch radioaktiver, langlebiger Abfälle beschließen. Dann sind
sie gehalten, Entscheidungen über die Genehmigung von Lagerstätten und die
Inbetriebnahme dieser Anlagen zu den vorgeschriebenen Terminen zu fällen. Hierzu
schlägt die Kommission vor, dass die Mitgliedstaaten sich bezüglich eines
vorgegebenen Zeitplans für nationale Programme für die Lagerung radioaktiver
Abfälle im Allgemeinen und die tiefe Lagerung hoch aktiver Abfälle im Besonderen
verpflichten Die Mitgliedstaaten sind gehalten, spätestens im Jahre 2008 die
Genehmigungen für die Wahl der (nationalen oder regionalen) Lagerstätte für hoch
aktive Abfälle zu erteilen und den Standort spätestens im Jahre 2008 betriebsfähig zu
machen. Die Lagerung schwach aktiver, kurzlebiger Abfälle muss spätestens im
Jahre 2013 erfolgen. Die Bedeutung, die die Kommission der Einhaltung des
Zeitplans durch die Mitgliedstaaten beimisst steht der Umsetzung anderer Lösungen,
die sich in der Zukunft aus wissenschaftlichen Entwicklungen ergeben könnten nicht
entgegen.

2.2. Aufstockung der finanziellen Mittel für die Forschung

Auch wenn die Einlagerung im geologischen Untergrund über sehr lange Zeiträume hinweg
die Abfälle so abschirmt, wie dies erforderlich ist, so ist es dennoch geboten, dass die
Forschungsarbeiten weitergeführt und ausgebaut werden, damit die Technik und die
Anwendungsmethoden optimiert werden. Allerdings darf die Einlagerung in der Tiefe nicht
dazu führen, dass die Forschung auf anderen Gebieten der Entsorgung radioaktiver Abfälle
eingeschränkt wird, wie z. B. die Forschungsarbeiten über neue Technologien zur
Minimierung der Abfallmenge, da sich aus solchen Forschungsgebieten in der Zukunft neue
Optionen abzeichnen könnten.

Das gemeinschaftliche Rahmenprogramm spielt nach wie vor eine wichtige Rolle für die
Förderung der Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der radioaktiven Abfälle. Im
sechsten EURATOM-Forschungsrahmenprogramm für den Zeitraum 2002-2006 sind
90 Millionen EUR für die Forschungsarbeiten über radioaktive Abfälle vorgesehen. Die GSF
wendet einen wesentlichen Teil ihrer verfügbaren Mittel für Maßnahmen auf dem Gebiet der
Forschung über Abfälle auf.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 37 – Drucksache 15/1781

Mehrere Mitgliedstaaten haben eigene Forschungs- und Entwicklungsprogramme, die
entweder aus nationalen Budgets oder vom Nuklearsektor finanziert werden. Dennoch reicht
die Kapazität dieser Programme nicht aus, um sämtliche Fragen zu behandeln.Gemäss dem
Verursacherprinzip müssten sich die Betreiber, die Abfälle produzieren, stärker und sichtbarer
an den Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen beteiligen. Damit dies Wirklichkeit wird
und um die Zusammenarbeit zwischen diesen Programmen und den Informationsaustausch
auf Gemeinschaftsebene zu verstärken, plant die Kommission, dem Rat die Errichtung eines
oder mehrerer gemeinsamer Unternehmen im Sinne des Kapitels 5 (Titel II) des EURATOM-
Vertrags, die diese Mittel verwalten und die Forschungsprogramme über die
Abfallentsorgung lenken sollen, vorzuschlagen. Diese gemeinsamen Unternehmen, die sich
auf eine freiwillige Vereinbarung mit der Industrie und den Mitgliedstaaten gründen würden,
sollen die Mittel der Gemeinsamen Forschungsstelle, der Mitgliedstaaten und der
Unternehmen zusammenbringen.

SCHLUSSFOLGERUNGEN :

In Anbetracht der notwendigen Verbesserungen im Bereich nuklearer Sicherheit und der
Verpflichtung der Union ein wahres Gemeinschaftskonzept in diesem Bereich vorzulegen,
ergreift die Kommission dem Rat vorzulegende kohärente und sich ergänzende
Massnahmenentwürfe, nach Stellungnahme der in Artikel 31 Euratom vorgesehenen
Sachverständigengruppe im Hinblick auf die Annahme :

- einer Rahmenrichtlinie zur Festlegung grundlegender Verpflichtungen und allgemeiner
Grundsätze im Bereich der Sicherheit in Betrieb oder in der Stilllegung befindlicher
kerntechnischer Anlagen in der erweiterten Union, im Hinblick auf die Einführung
gemeinsamer Sicherheitsnormen und Kontrollmechanismen, die die Anwendung der
gemeinsamen Methoden und Kriterien im gesamten erweiterten Europa gewährleisten. Die
Richtlinie sieht ebenfalls die Verfügbarkeit angemessener finanzieller Ressourcen für die
Sicherheit von in Betrieb und in der Stilllegungsphase befindlichen kerntechnischen Anlagen
vor.

- einer Richtlinie über radioaktive Abfälle, die die Einlagerung der Abfälle in geologischen
Formationen bevorzugt, was die nach dem heutigen Wissensstand sicherste Technik darstellt.
In der Richtlnie ist vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach einem
vorgegebenen Zeitplan nationale Programme für die Lagerung radioaktiver Abfälle im
Allgemeinen und die tiefe Lagerung hoch aktiver Abfälle im Besonderen aufstellen. Die
Mitgliedstaaten sind gehalten, die Genehmigungen für die Wahl der nationalen oder
regionalen Lagerstätte zu erteilen.

Ausserdem legt die Kommission dem Rat einen Beschlussentwurf vor, der die Kommission
ermächtigen soll, ein Abkommen EURATOM-Russische Föderation über den Handel mit
Kernmaterialien auszuhandeln. Dieses Abkommen wird sich auf die entsprechenden
Bestimmungen des Euratom-Vertrags stützen und muss den Gegebenheiten des Marktes in
der erweiterten Union wie auch den speziellen Beziehungen der Beitrittsländer zur
Russischen Föderation in diesem Bereich Rechnung tragen und gleichzeitig das Interesse der
europäischen Verbraucher sowie die Lebensfähigkeit der europäischen Unternehmen
schützen, insbesondere die der andere Anreicherungsindustrie. Das neue Abkommen wird
eine regelmäßige Überwachung des gesamten Handels mit Kernmaterialien einrichten,
unabhängig davon, ob sie für Elektrizitätsversorgungsunternehmen oder für
Anreicherungsbetriebe bestimmt sind. Dieser Beschluss ist Gegenstand einer gesonderten
Mitteilung.

Drucksache 15/1781 – 38 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

ANHANG

ANHANG A – DER STILLLEGUNGSPROZESS KERNTECHNISCHER ANLAGEN

Die Stilllegung einer kerntechnischen Anlage umfasst alle technischen und administrativen
Maßnahmen mit dem Ziel, die betreffende Anlage von sämtlichen radiologischen
Restriktionen zu befreien.

In der Praxis gilt der Abriss der im engeren Sinn nukleartechnischen Gebäude als Stilllegung
einer Anlage. Dann sind keine radioaktiven Stoffe mehr am Standort vorhanden und dieser
kann anderweitig genutzt werden. Die Internationale Atomenergie-Organisation IAEO hat
drei wesentliche Phasen der Stilllegung definiert, die im Atomenergiesektor allgemein als
Referenz gelten:

– Phase 1: Entfernung der Kernmaterialien und der während des Betriebs
erzeugten radioaktiven Abfälle. Die verschiedenen Dichtungsbarrieren werden
beibehalten. Die Öffnungs- und Zugangssysteme werden verschlossen und
versiegelt. Die Anlage bleibt unter radiologischer Aufsicht; die Messungen
werden fortgesetzt, der physische Schutz aufrecht erhalten.

– Phase 2: Die Einschließung wird auf ein Minimum beschränkt. Alle Anlagen
und Gebäude mit Ausnahme des Reaktorgebäudes und der zugehörigen
Materialien in Kernkraftwerken werden dekontaminiert bzw. rückgebaut. Das
Überwachungsniveau wird gesenkt.

– Phase 3: Rückbau der übrigen Strukturen, Entsorgung verbliebener
Materialien. Alle Materialien, deren Radioaktivität über den
Ausschlussschwellen liegt, werden der Endlagerung zugeführt. Der Standort
wird für andere Bestimmungen freigegeben.

Diese drei Phasen können sich ohne Verzögerung aneinander anschließen, dazwischen
können aber auch längere Zeiträume liegen (bis zu hundert Jahre zwischen Phase 2 und 3). Im
ersten Fall kann von sofortigem Rückbau, im zweiten von gestaffeltem Rückbau gesprochen
werden.

Im konkreten Fall wird die jeweilige Strategie nach radiologischen und finanziellen
Gesichtspunkten ausgewählt, es können aber auch politische Gründe zum Tragen kommen.

Die Verantwortung für die gewählte Strategie und die Bereitstellung der für die
Stilllegungsmaßnahmen und die Abfallentsorgung notwendigen Ressourcen liegt beim
Betreiber einer kerntechnischen Anlage. Dessen Entscheidungen werden jedoch in
erheblichem Umfang von bestimmten Elementen der einzelstaatlichen Atompolitik
beeinflusst, die insbesondere auf folgende Ziele ausgerichtet ist:

> industrielle und nukleare Betriebssicherheit

> Minimierung radioaktiver und konventioneller Abfälle

> sichere und langfristige Entsorgung der erzeugten Abfälle

> Minimierung der Strahlungsrisiken für Beschäftigte und Bevölkerung und industrieller
Risiken

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 39 – Drucksache 15/1781

> Minimierung der Umweltauswirkungen

> Minimierung der sozioökonomischen Auswirkungen

Je länger der Zeitraum ist, über den die zeitliche Staffelung bestimmter Maßnahmen sich
erstreckt, umso geringer sind deren radiologische Auswirkungen, wodurch die Gesamtkosten
(zu aktualisierten Preisen) der Stilllegungsmaßnahmen gesenkt werden.

Die Hypothesen zu den künftigen finanziellen Variablen spielen angesichts der langen
Zeiträume (mitunter mehrere Jahrzehnte oder sogar über hundert Jahre) in der Planung der
Stilllegungsphasen auch bei der Kostenschätzung eine wichtige Rolle.

Die Schätzung der Mittelausstattung, die der Stilllegungsfonds am Ende der Nutzungsdauer
einer Anlage erreichen muss, hängt daher auch stark von den strategischen Entscheidungen in
Bezug auf die Planung der Stilllegungsmaßnahmen ab.

Drucksache 15/1781 – 40 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

ANHANG B – Finanzierungsregelungen für die Stilllegung in den einzelnen
MitgliedstaatenBeschreibung der Regeln für die Finanzierung der Stilllegungƒ Jede Elektrizitätsgesellschaft muss einen Finanzplan erstellen, der Gegenstand

einer besonderen Vereinbarung mit dem Staat ist.ƒ Die Finanzierung wird durch einen internen Fonds gedeckt, der direkt vom
Unternehmen verwaltet wird (künftig könnten die betreffenden Aktiva
obligatorisch in der Bilanz ausgewiesen werden).ƒ Der Fonds wird durch jährliche Beiträge gespeist. Diese Beiträge müssen sich
im Falle von Kernkraftwerken dreißig Jahre nach der Inbetriebnahme
einschließlich der akkumulierten Zinsen auf 12% der derzeit für den Bau einer
gleichwertigen Anlage notwendigen Investitionssumme (ohne Verzinsung
während des Baus) belaufen.ƒ Die Rückstellungen werden nach einem Satz diskontiert, den die aus Vertretern
von Electrabel, den Gewerkschaften und dem Staat gebildete
Kontrollkommission für Elektrizität und Erdgas alle fünf Jahre revidiert. 1999
wurde dieser Satz auf 8,6% festgelegt.ƒ Die Kernkraft nutzenden Energieversorgungsunternehmen erörtern mit den
Behörden die Übertragung der Rücklagen in einen externen Fonds einer
separaten Gesellschaft, Synatom, die zu 100% vom größten Versorgungs-
unternehmen kontrolliert wird, woran der Staat eine Schlüsselbeteiligung hält.
Es ist ein Übergangszeitraum von drei Jahren vorgesehen.ƒ Synatom verwaltet bereits die abgebrannten Brennelemente und zugehörigen
Abfall.x Dieser Gesellschaft wäre es erlaubt, dem Versorgungsunternehmen Geld zu

leihen, allerdings nur zu marktüblichen Zinssätzen.

B

Auswirkungen der Umsetzung der neuen Richtlinie:

- Ressourcenbildung erfolgt in befriedigender Höhe.

- Der neu einzurichtende externe Fonds würde der von der Richtlinie geforderten
„Externalisierung“ gerecht, dessen Unabhabhängigkeit und Abgrenzung von den
Finanzen des Versorgungsunternehmens sollte jedoch sichergestellt werden.

- Das belgische System, über das derzeit verhandelt wird, zeigt, dass Belgien in
relativ kurzer Zeit (3 Jahre) der Richtlinie entsprechen könnte.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 41 – Drucksache 15/1781ƒ Die Elektrizitätsversorger sind für alle Aspekte der Stilllegung zuständig, die
Kosten eingeschlossen. Die Unternehmen treffen ihre Vorkehrungen in Bezug
auf Belastungen in eigener Initiative nach Maßgabe der geschätzten Kosten und
der erwarteten Lebensdauer der Anlagen.ƒ Rückstellungen erfolgen nach Maßgabe der geschätzten Stilllegungskosten
(nominal).

Sie werden seit 1999 zu einem realen Diskontsatz von 5,5% diskontiert. Der
Rückstellungszeitraum umfasst 25 Jahre.x Die Portefeuille-Strukturierung bezüglich dieser Rücklagen unterliegt keinen
Auflagen. Jedes Versorgungsunternehmen folgt im Einvernehmen mit den
Steuerbehörden des betreffenden Bundeslandes eigenen Grundsätzen der
Verwaltung.x Die Lizenzträger schaffen Finanzreserven zur Deckung der Folgekosten des
Betriebs einer kerntechnischen Anlage, z.B. Kosten von Stilllegung und
Rückbau, Behandlung und Entsorgung radioaktiver Stoffe und abgebrannter
Brennelemente. Die Rücklagen werden nicht besteuert. Bis heute wurden
Rücklagen in Höhe von 35 Mrd. € gebildet, wovon ca. 45% für Stilllegung und
Rückbau und ca. 55% für die Abfallbewirtschaftung bestimmt sind.

Aufgrund von Neuregelungen bei der Besteuerung, die 1999 in Kraft traten, müssen
die Rücklagen teilweise aufgelöst werden. Der Grund hierfür liegt darin, dass diese
Rücklagen nun bis zum voraussichtlichen Verwendung Zinsen in Höhe von 5,5%
tragen. Die für Stilllegung und Abfallbewirtschaftung vorzusehenden Mittel setzen
sich also aus den jährlichen Rückstellungen und Zinserträgen in Höhe von 5,5%
zusammen.

D

Auswirkungen der Umsetzung der neuen Richtlinie:

Die Stilllegungskosten scheinen höher zu liegen als in anderen Mitgliedstaaten.ƒ Die Übergangsfrist muss hinreichend lange sein, wenngleich die Auswirkungen
unterschiedlich sein werden, je nachdem, ob Kapitalvermögen auf die neuen
Fonds übertragen werden kann.

Drucksache 15/1781 – 42 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiodeƒ Die Zuständigkeit für Stilllegungsmaßnahmen und Abfallwirtschaft
(einschließlich Endlagerung) geht an die staatseigene Gesellschaft ENRESA
über.ƒ Die künftigen Stilllegungskosten werden analysiert, jährlich revidiert und im
Rahmen des allgemeinen Plans für radioaktive Abfälle aufgeführt, der dann der
Regierung vorgelegt wird.ƒ Angesetzt werden die realen Kosten, die zu einem realen Satz von 2,5%
diskontiert werden.ƒ Um künftigen Kosten begegnen zu können, verwaltet ENRESA einen Fonds,
der von einer Stromverkaufssteuer gespeist wird, die für Stilllegungskosten und
Verbindlichkeiten am Ende des Brennstoffkreislaufs einen durchschnittlichen
Wert von 3 €/MWh darstellt.ƒ Die Berechnungsmethode für den proportionalen Anteil beruht auf folgendem
Grundsatz: Die jährlichen Einkünfte sind in jeder Anlage proportional zur
Stromerzeugung. Der Beitrag wird errechnet, indem die geschätzten und
diskontierten Gesamtaufwendungen durch die diskontierte
Gesamtstromerzeugung dividiert werden.

E

Auswirkungen der Umsetzung der neuen Richtlinie:

Keine / geringe Auswirkungen. Das spanische Modell ist mit dem derzeitigen
Richtlinienvorschlag vereinbar.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 43 – Drucksache 15/1781ƒ Den gesetzlichen Bestimmungen zufolge gehen die Kosten der Entsorgung
nuklearer Abfälle (einschließlich Stilllegungskosten) zu Lasten der
Elektrizitätserzeuger. Zur Einrichtung des Nationalen Fonds für die Entsorgung
nuklearer Abfälle müssen die für künftige Investitionen zur
Abfallbewirtschaftung notwendigen Mittel aufgebracht werden.ƒ Die Stilllegungskosten müssen in den ersten 25 Jahren der Betriebsdauer einer
Anlage finanziert werden.ƒ Der betreffende Fonds wird durch den Staatlichen Verwaltungsfonds (VYR)
vom Ministerium für Industrie und Handel verwaltet.ƒ Derzeit leisten Fortum und TVO die größten Beiträge zum Fondskapital.ƒ Diese Beitragszahler sind berechtigt, gegen Sicherheitsleistung Darlehen aus
dem Fonds aufzunehmen. Diese Darlehen können jeweils maximal 75% des
bestätigten Fondsanteils des Darlehensnehmers betragen. Der Staat ist
berechtigt, die nicht von den Beitragszahlern aufgenommene Summe zum
gleichen Zinssatz als Kredit aufzunehmen.x Außerdem müssen die Betreiber nuklearer Anlagen als Sicherheit für ihre nicht
durch die Fondsanteile gedeckten Verbindlichkeiten Vermögenswerte anbieten,
die nichts mit dem Nuklearbetrieb zu tun haben.x Die Unternehmen Fortum (ex-IVO) und Teollisuuden Voima (TVO) müssen
jährlich eine vorläufige Kostenschätzung für die bis Ende des kommenden
Jahres anstehenden Belastungen erstellen. Die Nominalkosten werden nach
Maßgabe des aktuellen Kostenniveaus geschätzt und nicht diskontiert.

FI

Auswirkungen der Umsetzung der neuen Richtlinie:

Das finnische Modell ist grundsätzlich mit der Richtlinie vereinbar. Der Umstand,
dass den Betreibern Geld aus dem Fonds geliehen wird, könnte in Bezug auf die
Trennung finanzieller Risiken problematisch sein, die bestehenden Sicherheiten
scheinen jedoch auszureichen.

Drucksache 15/1781 – 44 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiodeƒ Electricité de France (EDF) ist für alle Aspekte der Stilllegung zuständig, die
Finanzierung eingeschlossen. Das Unternehmen trifft seine Vorkehrungen in
Bezug auf Belastungen in eigener Initiative nach Maßgabe der geschätzten
Kosten und der erwarteten Lebensdauer der Anlagen.ƒ Die Rückstellungen werden für jeden Reaktor auf der Grundlage der
Stilllegungskosten über einen Zeitraum von 30 Jahren nominal kalkuliert. Die
Rückstellungen werden jährlich unter Berücksichtigung der Inflation und
erforderlichenfalls der tatsächlichen Entwicklung der Stilllegungskosten neu
festgesetzt. Dies ist ein eher konservatives Konzept, da die Rückstellungen
nicht diskontiert werden.ƒ Diese Rückstellungen werden nach einer Vereinbarung mit den Finanzbehörden
nicht besteuert, und die Mittel sind teilweise nach staatlich genehmigten Regeln
zu verwalten und in einem separaten, aber nicht externen Konto zu führen.ƒ Die Rücklagen wurden in den letzten Jahren verwendet, um die Stilllegung der
ältesten KKW einzuleiten. Die Mittel wurden teilweise als Investition in neue
Vermögenswerte eingesetzt und trugen ferner zum Abbau der
Unternehmensschulden bei.ƒ EDF schafft Rücklagen für die Stilllegung von KKW, in dem ein bestimmter
Prozentsatz vom Erlös jeder verkauften kWh zurückgestellt wird. Die Höhe der
Rücklagen wird in den Konten der EDF ausgewiesen. EDF trägt die volle
Verantwortung für die Verwaltung der Mittel.ƒ Die angesetzten Stilllegungskosten basieren auf den vom Industrieministerium
festgesetzten durchschnittlichen Stilllegungskosten (258,86 € — Preise von
1998 — je kW installierter Leistung). Dieser Kostenansatz wird jährlich nach
Maßgabe des Einzelhandelspreisindex des BIP aktualisiert.

Die Gesamtkosten der Stilllegung französischer KKW belaufen sich auf
16,2 Mrd. € zu Preisen von 1998 (ca. 15% der Investitionen).ƒ Daneben besteht ein weiterer spezifischer Fonds zur Finanzierung der Lagerung
und Behandlung nuklearer Abfälle.

Die darin verfügbaren Mittel belaufen sich auf 16,6 Mrd. € (Preise von 1998).

F

Auswirkungen der Umsetzung der neuen Richtlinie:

EDF hat zwar vor Kurzem begonnen, einen internen Fonds einzurichten, der von
Agenten verwaltet wird, dieser ist jedoch nur mit geringen Mitteln ausgestattet und
wird den Anforderungen der Richtlinie in Bezug auf die Externalisierung mit
Sicherheit nicht gerecht.

Der Übergang zum Modell der externen Fonds wird große Kapitalbewegungen
erforderlich machen, während derzeit gedeckte Verbindlichkeiten nicht ohne
Weiteres unverzüglich in Sachvermögen umgewandelt werden können.

In diesem Fall kann eine Übergangfrist von 3 Jahren notwendig sein.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 45 – Drucksache 15/1781

Ein spezifischer, staatlich verwalteter Fonds wird gespeist durch Abgaben, die auf
den Strompreis erhoben und den Mitteln zugeschlagen werden, die von ENEA
angesammelt und bereits in den Fonds eingezahlt wurden.

Die staatseigene Gesellschaft SOGIN verwaltet den Fonds und ist für die
Stilllegungsmaßnahmen zuständig. Die mit der Stilllegung verbundenen
Belastungen fallen also nicht mehr in die Zuständigkeit von ENEL (ehem.
Betreiber) oder ENEA (Forschungs- und Entwicklungssausschuss für Kernenergie
und erneuerbare Energien).

Die nationale Agentur, die sich um die Abfallbewirtschaftung und -endlagerung
kümmert, erhält einen entsprechenden Fondsanteil.

I

Auswirkungen der Umsetzung der neuen Richtlinie:

Der bestehende externe Fonds entspricht der Richtlinie. Allerdings sind alle
Anlagen außer Betrieb. Die Richtlinie wäre in der Praxis nicht auf Italien
anwendbar.ƒ Rückstellungen werden von den Betreibern vorgenommen, die Zuständigkeit ist

jedoch dezentralisiert.ƒ Die Gesellschaft COVRA ist für die Abfallentsorgungsstrategie zuständig und
erhält jährlich einen bestimmten Betrag von den Versorgungsunternehmen.ƒ Die Versorgungsunternehmen schaffen durch Abzüge von den Erlösen je kWh
in ihren Bilanzen Rücklagen für die Stilllegung.ƒ Eine Anlage (Dodewaard) steht zur Stilllegung an.NL

Auswirkungen der Umsetzung der neuen Richtlinie:

Nur die Anlage von Borssele könnte von der Richtlinie betroffen werden (sofern sie
nicht eher außer Betrieb gesetzt wird); Stilllegung und Abfallentsorgung wurden
bereits vollständig kalkuliert. Die Rücklagen wurden teilweise bereits auf die
Abfallagentur COVRA übertragen. Die Auswirkungen sind recht begrenzt.

Drucksache 15/1781 – 46 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiodeƒ Die am Ende des Brennstoffkreislaufs und bei der Stilllegung kerntechnischer
Anlagen anfallenden Kosten gehen nach schwedischem Recht zu Lasten der
Reaktoreigner.ƒ Während der ersten 25 Betriebsjahre wird eine Abgabe auf die Elektrizitäts-
erzeugung aus Kernkraft erhoben. Diese Abgaben gehen an den Staat und
werden als Nuklearabfallfonds (ein Fonds pro Reaktoreigner) in der Bank von
Schweden gehalten. Ihrer Berechnung liegt eine Ertragsrate von 4% bis 2020
und 2,5% danach zugrunde.ƒ Die Mittel können von den Versorgungsunternehmen und der von diesen
gegründeten Schwedischen Gesellschaft für Atomabfälle und Abfallentsorgung
(SKB-AB) für die jeweils anstehenden Maßnahmen verwendet werden. Dem
Atomkraftinspektorat (SKI) obliegt es sicherzustellen, dass die Mittel
bestimmungsgemäß verwendet wurden. Ende 1998 hatten sich in den Fonds
insgesamt mehr als 23 Mrd. SEK angesammelt.ƒ Die Höhe der Abgabe wird von den Behörden jährlich für jede Anlage
festgelegt. Die Entscheidung der Behörden stützt sich auf Vorschläge von SKN.
Die Abgabe betrug in den letzten Jahren zwischen 0,01 und 0,02 SEK/kWh.ƒ Die Reaktoreigner sind gesetzlich verpflichtet, jährlich eine
Gesamtbetriebskostenrechnung in Bezug auf abgebrannte Brennstoffe,
radioaktive Abfälle (einschließlich Endlagerung) und Stilllegung vorzunehmen.
Diese Berechnungen werden den Vorschlägen für die Abgaben zu Grunde
gelegt. Sie werden von der Schwedischen Gesellschaft für Atomabfälle und
Abfallentsorgung (SKB) erstellt und SKN in einem Jahresbericht vorgelegt.ƒ Der letzten Kostenberechnung zufolge beliefen sich die undiskontierten
künftigen Gesamtkosten auf 50 Mrd. SEK zu Preisen von 2002. Die Gesamt-
kosten für die Stilllegung der 12 Reaktoren wurden auf 17 Mrd. SEK geschätzt.ƒ Bei der Erstellung des Vorschlag für den Beitrag trägt SKN allen relevanten
Faktoren Rechnung, z.B. den aggregierten Kosten, der erwarteten
Reaktorlebensdauer und den Zinsen auf die Fondseinlagen.

S

Auswirkungen der Umsetzung der neuen Richtlinie:

Keine / geringe Auswirkungen. Das schwedische Modell ist mit dem derzeitigen
Richtlinienvorschlag vereinbar.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 47 – Drucksache 15/1781

UK ƒ Im Vereinigten Königreich sind die Elektrizitätsgesellschaften für alle Aspekte
der Stilllegung zuständig, die Finanzierung eingeschlossen.ƒ Die Rücklagen werden von den Betreibern in Sachvermögen oder
Finanzanlagen reinvestiert.ƒ British Energy hat einen externen Fonds eingerichtet, um alle Kosten der
Stilllegung, einschließlich jener, die in Phase zwei und drei und bei der
Entsorgung der dabei anfallenden Abfälle entstehen, zu decken. Die beim
Entfernen der Kernmaterialien nach der Außerbetriebnahme (Phase eins) und
bei der Entsorgung radioaktiver Abfälle aus abgebrannten Brennelementen
anfallenden Kosten werden nicht durch den Fonds gedeckt, sondern direkt
durch in der Bilanz von British Energy ausgewiesene Mittel.ƒ Die Fondseinlagen belaufen sich auf 0,4 Mrd. GBP (2001); der Fonds erhält
18 Mio. GBP jährlich für die neun Anlagen von BE.ƒ BNFL hat 1994 einen Fonds eingerichtet, der 1997 aufgelöst wurde, um erneut
ein System auf der Grundlage von Rückstellungen anzuwenden.ƒ Die Ausgaben stützen sich auf den geschätzten Auslagenplan und werden
diskontiert. 1999 betrug der entsprechende Satz 3%.ƒ British Energy legt diesen Ausgaben die „safe store“-Strategie („sichere
Lagerung“) zu Grunde, die darin besteht, bei der Außerbetriebnahme das
notwendige Mindestmaß an Vorkehrungen zu treffen und dann mindestens ein
Jahrhundert lang die Radioaktivität abklingen zu lassen.ƒ Die abschließende Phase der Stilllegung würde bei einem gasgekühlten Reaktor
(Typ AGR) nach 80 und bei einem Reaktor vom Typ Sizewell B nach zwanzig
Jahren beginnen.ƒ Versicherungsmathematiker setzen eine nominale Ertragsrate von 3,5% jährlich
nach Steuern für Investitionen in die Fonds von British Energy an.ƒ Die Differenz zwischen dem Diskontsatz der Verbindlichkeit und der
Ertragsrate der Einlagen fließt neben der Entwicklung des Marktwerts der
Aktiva und der Entwicklung der Stilllegungskosten in die Neubewertung der
Nettoschuld ein, die als Passivposten in der Bilanz von British Energy
ausgewiesen wird.ƒ Der Zeitraum für die Rücklagenbildung entspricht der Amortisierungsdauer der
Anlagen.

Drucksache 15/1781 – 48 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Auswirkungen der Umsetzung der neuen Richtlinie:

Der externe Fonds besteht im Falle von BE bereits und wird unabhängig verwaltet.
Es bleibt die Frage nach der Deckung der Kosten für die Endlagerung der Abfälle
aus abgebrannten Brennelementen, denen im Fonds nicht Rechnung getragen wird.

Die Stilllegung der Magnox-Reaktoren von Magnox Electric (BNFL) wird sich über
einen sehr langen Zeitraum erstrecken. Die dazu notwendigen Mittel werden von
der öffentlichen Hand bereitgestellt, um die durch Betriebseinnahmen
anzusammelnden (unzureichenden) Rücklagen zu ergänzen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 49 – Drucksache 15/1781

Anhang C - Stilllegungsprojekte in der EU

(Stand April 2002)

ÖSTERREICH

NAME TYP Betriebsdauer PHASE BEMERKUNGEN

Keine Stilllegungen in Österreich

BELGIEN

NAME TYP Betriebsdauer PHASE BEMERKUNGEN

BR3 MOL DWR 1962-87 -3 kleine Reaktoranlage

EUROCHEMIC (Dessel) - 1965-80 -3 Wiederaufarbeitungsanlage

DÄNEMARK

NAME TYP Betriebsdauer PHASE BEMERKUNGEN

DR-2 DR 1959-1975 2 Gebäude wird wiederverwendet

Heißzellen 1964-1990 2 Gebäude wird wiederverwendet

FINNLAND

NAME TYP Betriebsdauer PHASE BEMERKUNGEN

Keine Stilllegungen in Finnland

FRANKREICH

NAME TYP Betriebsdauer PHASE BEMERKUNGEN

G1 MARCOULE GKR 1956-68 3* kleiner Leistungsreaktor

G2 MARCOULE GKR 1959-80 -2 kleiner Leistungsreaktor

G3 MARCOULE GKR 1960-84 -2 kleiner Leistungsreaktor

CHINON-A1 GKR 1963-73 1,a kleiner Leistungsreaktor

Drucksache 15/1781 – 50 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

CHINON-A2 GKR 1965-85 -2 großer Leistungsreaktor

CHINON-A3 GKR 1966-90 -2 großer Leistungsreaktor

CHOOZ A DWR 1967-91 -2 großer Leistungsreaktor

St LAURENT A1 GKR 1969-90 -2 großer Leistungsreaktor

St LAURENT A2 GKR 1971-92 -2 großer Leistungsreaktor

EL 4 Monts d’Arrée HWR 1969-90 -3* kleiner Leistungsreaktor

EL 2 SACLAY HWR 1952-65 3* kleiner Leistungsreaktor

EL 3 SACLAY HWR 1957-79 3* kleiner Leistungsreaktor

PEGASE Cadarache DWR 1963-74 3,b kleiner Leistungsreaktor

RAPSODIE Cadarache SBR 1967-83 -2 kleiner Leistungsreaktor

TRITON Fontenay SR 1959-82 3 kleiner Leistungsreaktor

MELUSINE Grenoble SR 1958-88 -2 kleiner Leistungsreaktor

MINERVE Saclay LW-SR 1954-76 3* kleiner Leistungsreaktor

ZOE Fontenay HW 1948-75 3,a kleiner Leistungsreaktor

NEREIDE Fontenay LW-SR 1959-82 3 kleiner Leistungsreaktor

PEGGY Cadarache GKR 1961-75 3 kleiner Leistungsreaktor

CESAR Cadarache - 1964-74 3 kritische Anordnung

MARIUS Cadarache - 1960-83 3 kritische Anordnung

ELAN II B La Hague - 1970-73 -2 Strahlungsquellenfabrik

ELAN II A La Hague - 1968-70 3* Pilotanlage für Elan II B

AT 1 La Hague - 1969-79 3* Wiederaufarbeitungsanlage

PIVER Marcoule - 1966-80 3,c Abfallverglasungsanlage

ATTILA - 1968-75 -1* Pilotzelle für Trockenbearbeitung

RM 2 - 1964-85 -2* Radiometallurgielabor, 13 Zellen

Bau 19 Fontenay - 1957-84 3* Plutonium-Metallurgie

SUPERPHENIX SBR 1986-98 -1 großer Leistungsreaktor

BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51 – Drucksache 15/1781

NAME TYP Betriebsdauer PHASE BEMERKUNGEN

HDR Grosswelzheim SWR 1970-71 -3 großer Leistungsreaktor

KKN Niederaichbach HWR 1973-74 -3 großer Leistungsreaktor

KRB A Gundremmingen SWR 1967-77 -3 großer Leistungsreaktor

KWL Lingen SWR 1968-77 2 großer Leistungsreaktor

MZFR Karlsruhe HWR 1966-84 -3 großer Leistungsreaktor

VAK Kahl SWR 1962-85 -3 großer Leistungsreaktor

AVR Jülich HTR 1969-88 -1 großer Leistungsreaktor

D300 Hamm-Uentrop HTR 1987-88 -1 großer Leistungsreaktor

KKR Rheinsberg DWR 1966-90 -3 großer Leistungsreaktor

KGR 1 Greifswald DWR 1974-90 -3 großer Leistungsreaktor

KGR 2 Greifswald DWR 1975-90 -3 großer Leistungsreaktor

KGR 3 Greifswald DWR 1978-90 -3 großer Leistungsreaktor

KGR 4 Greifswald DWR 1979-90 -3 großer Leistungsreaktor

KGR 5 Greifswald DWR 1989-90 -3 großer Leistungsreaktor

KNK-II Karslruhe SBR 1979-91 -2 großer Leistungsreaktor

KWW Würgassen DWR 1975-94 0 großer Leistungsreaktor

Otto-Hahn, Schiffsreaktor DWR 1968-79 3 kleine Reaktoranlage

FR-2 Karlsruhe HWR 1961-86 2 kleine Reaktoranlage

FRJ-1 Merlin Jülich SR 1962-85 -2 kleine Reaktoranlage

RFR Rossendorf SR 1957-91 -3 kleine Reaktoranlage

FRN TRIGA III Neuherberg TRIGA 1972-82 2 kleine Reaktoranlage

FRF-2 Frankfurt TRIGA 1977-83 2 kleine Reaktoranlage

FRG-2 Geesthacht SR 1963-95 -3 kleine Reaktoranlage

Nukem Hanau - 1962-88 -3 Brennelementefabrik

WAK Karlsruhe - 1971-90 -3 Wiederaufarbeitungsanlage

HOBEG Hanau - 1962-88 -3 Brennelementefabrik

Siemens Brennelementwerk Hanau - 1968-91 0 Produktionsanlage für Uran/MOX-
Brennelemente

Drucksache 15/1781 – 52 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

SNEAK schnelle kritische Anordnung

SNR SBR kleiner Leistungsreaktor

GRIECHENLAND

NAME TYP Betriebsdauer PHASE BEMERKUNGEN

Keine Stilllegungen in Griechenland

IRLAND

NAME TYP Betriebsdauer PHASE BEMERKUNGEN

Keine Stilllegungen in Irland

ITALIEN

NAME TYP Betriebsdauer PHASE BEMERKUNGEN

GARIGLIANO SWR 1964-78 -2 großer Leistungsreaktor

LATINA GKR 1963-86 -2 großer Leistungsreaktor

CAORSO SWR 1978-86 -1 großer Leistungsreaktor

TRINO DWR 1964-87 -1 großer Leistungsreaktor

AVOGADRO Compes SR 1959-71 2,b kleine Reaktoranlage

ISPRA-1 (EU) HWR 1958-74 -2 kleine Reaktoranlage

Galileo Galilei,Cisam,Pisa SR 1963-80 2 kleine Reaktoranlage

ESSOR Ispra (EU) HWR 1967-83 -2 kleine Reaktoranlage

LUXEMBURG

NAME TYP Betriebsdauer PHASE BEMERKUNGEN

Keine Stilllegungen in Luxemburg

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53 – Drucksache 15/1781

NIEDERLANDE

NAME TYP Betriebsdauer PHASE BEMERKUNGEN

DODEWAARD SWR 1968-1997 0 kleiner Leistungsreaktor

PORTUGAL

NAME TYP Betriebsdauer PHASE BEMERKUNGEN

Keine Stilllegungen in Portugal

SPANIEN

NAME TYP Betriebsdauer PHASE BEMERKUNGEN

VANDELLOS 1 GKR 1972-89 -2 großer Leistungsreaktor

JEN-1 Madrid SR 1958-87 1 kleine Reaktoranlage

ARB1 Bilbao Arg 1962-74 1 kleine Reaktoranlage

ARGOS Barcelona Arg 1963-77 -3 kleine Reaktoranlage

CORAL Madrid SBR 1968-88 3 kleine Reaktoranlage

SCHWEDEN

NAME TYP Betriebsdauer PHASE BEMERKUNGEN

AGESTA HWR 1964-74 1 kleiner Leistungsreaktor

R1 Stockholm GR 1954-70 3 Forschungsreaktor

KRITZ Studsvik DWR 1959-75 3 Forschungsreaktor

Alpha-lab Studsvik Laboratorium 1960-75 3 sonstige Anlagen

VEREINIGTES KÖNIGREICH

NAME TYP Betriebsdauer PHASE BEMERKUNGEN

DFR Dounreay SBR 1963-77 -1 großer Leistungsreaktor

PFR Dounreay SBR 1975-94 -1 großer Leistungsreaktor

Drucksache 15/1781 – 54 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

WAGR Windscale FGR 1962-81 -3 großer Leistungsreaktor

SGHWR Winfrith HWR 1968-90 -1 großer Leistungsreaktor

BERKELEY 1 GKR 1961-89 -2 großer Leistungsreaktor

BERKELEY 2 GKR 1961-88 -2 großer Leistungsreaktor

HINKLEY POINT A GKR 1965-2000 -1 großer Leistungsreaktor

HUNTERSTON A1 GKR 1964-90 -2 großer Leistungsreaktor

HUNTERSTON A2 GKR 1964-89 -2 großer Leistungsreaktor

TRAWSFYNYDD 1 GKR 1965-93 -2 großer Leistungsreaktor

TRAWSFYNYDD 2 GKR 1965-93 -2 großer Leistungsreaktor

WINDSCALE Pile 1 GR 1950-57 -2,d,e kleine Reaktoranlage

WINDSCALE Pile 2 GR 1951-58 -2,e kleine Reaktoranlage

Merlin Aldermaston SR 1959-62 1 kleine Reaktoranlage

BEPO Harwell GR 1948-68 2 kleine Reaktoranlage

DMTR Dounreay HWR 1958-69 1 kleine Reaktoranlage

DRAGON Winfrith HTR 1965-76 1 kleine Reaktoranlage

ZEBRA - 1967-82 2 schnelle kritische Anordnung

DIDO Harwell HWR 1956-90 -1 kleine Reaktoranlage

PLUTO Harwell HWR 1956-90 -1 kleine Reaktoranlage

GLEEP GR 1947-90 2 kleine Reaktoranlage

NESTOR Arg 1961-95 1 kleine Reaktoranlage

B212 Cäsium-Anlage (S) - 1956-58 -3 sonstige Anlage

B206 Lösungsm.rückgewinng. (S) - 1952-63 -3 sonstige Anlage

B29 Brennelementelager (S) - 1952-64 -1 sonstige Anlage

B205 Wiederaufarbeitung (S) - 1957-68 -3 sonstige Anlage

B204 Wiederaufarbeitung (S) - 1952-73 -3 sonstige Anlage

B207 Uranreinigungsanlage (S) - 1952-73 -3 sonstige Anlage

Mitfällungsanlage (S) - 1969-76 ? sonstige Anlage

Urananreicherungsanlage (C) - 1953-82 -3 sonstige Anlage

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 55 – Drucksache 15/1781

B100-103 Uranrückgewinnung (S) - 1952-85 3,f sonstige Anlage

B209 Pu-Finishing-Anlage (S) - 1953-86 -3 sonstige Anlage

B203 Pu-Rückgewinngs.-Anl. (S) - 1956-86 -3 sonstige Anlage

B30 Brennstofflagerbecken (S) - 1960-86 -2 sonstige Anlage

B277 Produktionsanlage für
Schnellbrutreaktor-Brennstoff (S)

- 1970-88 -3 sonstige Anlage

B205 Pu-Gänge (S) - 1964-88 -3 sonstige Anlage

Erläuterungen:

REAKTORTYPEN

GKR Gasgekühlter Reaktor

HWR Schwerwasser-moderierter Reaktor

DWR Druckwasserreaktor

SR Schwimmbadreaktor

SBR Schnellbrutreaktor

SWR Siedewasserreaktor

HTR Hochtemperaturreaktor

Arg Reaktor Typ Argonaut

FGR Fortgeschrittener gasgekühlter Reaktor

GR Luftgekühlter Graphitreaktor

STILLLEGUNGSSTADIEN

0 Stilllegung angekündigt

1 Stillgelegt auf Stufe 1

2 Stillgelegt auf Stufe 2

3 Stillgelegt auf Stufe 3

3* Stillgelegt auf Stufe 3 außer Hoch- und Tiefbauten

-x Stilllegungsmaßnahmen zum Erreichen von Stufe x laufen derzeit

ERGÄNZENDE ANGABEN

a teilweise in Museum umgewandelt

B umgewandelt in Anlage für abgebrannte Brennelemente

C Ausrüstung rückgebaut, Gebäude weiter zu verwenden

Be weiterverwandt für

Drucksache 15/1781 – 56 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

D enthält beschädigte Brennelemente

E Kamin wird teilweise rückgebaut

F wird als Lager für radioaktive Abfälle benutzt

S Sellafield (UK)

C Capenhurst (UK)

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 57 – Drucksache 15/1781

Anlage 2

8990/03 TR/ef 1
DG C II DE

RAT DER
EUROPÄISCHEN UNION

Brüssel, den 06.05.2003 (07.05)
(OR. fr)

Interinstitutionelles Dossier:
2003/0021 (CNS)
2003/0022 (CNS)

8990/03

ATO 95
ENER 132

VORSCHLAG

Absender: Europäische Kommission

vom 2. Mai 2003

Betr.: - Vorschlag für eine Richtlinie (Euratom) des Rates zur Festlegung
grundlegender Verpflichtungen und allgemeiner Grundsätze im Bereich der
Sicherheit kerntechnischer Anlagen

- Vorschlag für eine Richtlinie (Euratom) des Rates über die Entsorgung
abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle

Die Delegationen erhalten in der Anlage den mit Schreiben von Frau Patricia BUGNOT,
Direktorin, an den Generalsekretär/Hohen Vertreter, Herrn Javier SOLANA, übermittelten
Vorschlag der Kommission.

________________________

Anl.: KOM (2003) 32 endg.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 59 – Drucksache 15/1781

KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

Brüssel, den 30.1.2003
KOM(2003) 32 endgültig

2003/0021(CNS)
2003/0022(CNS)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE (Euratom) DES RATES

zur Festlegung grundlegender Verpflichtungen und allgemeiner Grundsätze im Bereich
der Sicherheit kerntechnischer Anlagen

Vorschlag für eine

RICHTLINIE (Euratom) DES RATES

über die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle

(von der Kommission vorgeleg)

Drucksache 15/1781 – 60 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

BEGRÜNDUNG

Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom-Vertrag) enthält in
Titel II Bestimmungen, wonach die Gemeinschaft einen Rahmen für die Nutzung der
Kernenergie durch die Mitgliedstaaten schaffen kann, und zwar insbesondere für die nukleare
Sicherheit (Kapitel 7) und den Gesundheitsschutz (Kapitel 3).

Nach Artikel 2 Buchstabe b Euratom-Vertrag hat die Gemeinschaft nach Maßgabe des
Vertrags „einheitliche Sicherheitsnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der
Arbeitskräfte aufzustellen und für ihre Anwendung zu sorgen“. Titel II Kapitel 3 des Vertrags,
das den Gesundheitsschutz betrifft, enthält Bestimmungen in Bezug auf die Grundnormen für
den Schutz vor ionisierender Strahlung. Dieses Kapitel des Vertrags schlug sich vorwiegend
im Strahlenschutz nieder. Der Gesundheitsschutz erstreckt sich allerdings konzeptionell auf
den Strahlenschutz und die nukleare Sicherheit gleichermaßen. Diese beiden Disziplinen
haben letztlich ein gemeinsames Ziel, nämlich den Schutz vor ionisierender Strahlung.

Die Kommission wirkt im Rahmen der Entschließungen des Rates vom 22. Juli 19751 und
vom 18. Juni 19922 über die technologischen Probleme der Sicherheit bei der Kernenergie3

seit mehr als zwanzig Jahren aktiv auf die Harmonisierung der Vorgehensweisen auf dem
Gebiet der nuklearen Sicherheit hin. Trotz der Anstrengungen zur Harmonisierung
unterscheiden die Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten im Bereich der nuklearen
Sicherheit sich allerdings immer noch stark.

Die Union hat nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl 1986 — dem zweifellos schwersten
Unfall in der Geschichte der Kernindustrie — und nach dem Münchener G 7-Gipfel von 1992
begonnen, sich um die Sicherheit kerntechnischer Anlagen in den Länder Mittel- und
Osteuropas und in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion zu sorgen.

Die im Jahr 2004 in einer ersten Phase anstehende Erweiterung der Europäischen Union nach
zehn mittel- und osteuropäische Staaten ist ohne Beispiel in der Geschichte des Aufbaus der
Gemeinschaft. Die Geschichte dieser Länder im 20. Jahrhundert und die Art ihrer
wirtschaftlichen Entwicklung haben ein Thema in den Brennpunkt gerückt, das bei den
vorherigen Erweiterungen eine untergeordnete Rolle spielte — die Atomwirtschaft.

Die Maßnahmen, die auf Gemeinschaftsebene ergriffen wurden, um in den kerntechnischen
Anlagen der Beitrittsländer ein hohes Sicherheitsniveau zu schaffen, haben diesbezüglich die
Entwicklung einer europäischen Perspektive ermöglicht. Diese für die Beitrittsländer
entwickelte Perspektive hat umfassende Bedeutung.

Die unter der Schirmherrschaft der Internationalen Atomenergie-Organisation erarbeiteten
technischen Normen stellen einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der nuklearen Sicherheit
dar. Sie spiegeln einen technischen Konsens wieder, sind jedoch nicht rechtsverbindlich. Um
ihre Wirkung zu gewährleisten sind die Verfahren der Übernahme und Anpassung auf
Gemeinschaftsebene im Allgemeinen zügiger als die zwischenstaatlichen
Entscheidungsmechanismen. Mit dieser Problematik wurde die Gemeinschaft bereits auf dem
Gebiet des See- und Luftverkehrs konfrontiert.

1 ABl. C 185 vom 14.08.1975, S. 1.
2 ABl. C 172 vom 18.06.1992, S. 2.
3 Gemeint ist die „nukleare Sicherheit“. Die Begriffsvielfalt geht auf unterschiedliche Übersetzungen des

englischen Begriffs „safety“ zurück.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 61 – Drucksache 15/1781

Der Schutz vor ionisierender Strahlung stellt ein Problem dar, das über die Nutzungszeitraum
einer kerntechnischen Anlage reicht. Die endgültige Außerbetriebnahme einer
kerntechnischen Anlage markiert den Beginn einer neuen Phase, die im Ergebnis dazu führen
soll, dass alle betriebsbedingten Restriktionen zum Strahlenschutz in der betreffenden Anlage
aufgehoben werden können. Anlass für diese Restriktionen sind die in Form von
Strukturmaterialien, Ausrüstungen, Betriebsabfällen und abgebrannten Brennelementen
vorhandenen radioaktiven Stoffe.

Diese Materialien müssen entfernt und entsprechend ihren physikalischen Eigenschaften und
ihrer Radioaktivität unter Einhaltung der geltenden Sicherheitsvorschriften behandelt werden.
Bei den dazu notwendigen Maßnahmen, die unter dem Begriff Stilllegung subsumiert werden,
entstehen Abfälle in großer Menge. Bei den Kosten der Stilllegung stellt die endgültige
Entsorgung der radioaktiven Abfälle den größten Posten dar.

Die Stilllegungsmassnahmen bedürfen erhebliche finanzielle Ressourcen. Die sichere
Stilllegung kerntechnischer Anlagen, einschließlich der langfristigen Behandlung der
radioaktiven Abfälle und der abgebrannten Brennelemente, erfordert erhebliche Finanzmittel.
Um jeder Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung und für die Umwelt zuvorzukommen,
ist es notwendig auf Gemeinschaftsebene zu gewährleisten, dass ausreichende Finanzmittel
für die Durchführung der Tätigkeiten im Bereich der Stilllegung kerntechnischer Anlagen,
unter Wahrung der Sicherheitsnormen, verfügbar sind. Zu diesem Zweck muss eine
besondere Regelung festgelegt werden für die Einrichtung von Fonds zur Stilllegung
kerntechnischer Anlagen, zum denen die Betreiber kerntechnischer Anlagen während der
gesamten Laufzeit der Anlage regelmässig beitragen müssen. Diese besondere Regelung muss
die Verfügbarkeit und Angemessenheit der Mittel während der Stilllegungsmassnahmen
gewährleisten.

Angesichts all dessen, ist es notwendig die kerntechnische Sicherheit aus der
Gemeinschaftsperspektive zu betrachten. Nur ein gemeinsames Vorgehen kann gewährleisten,
dass in einer erweiterten Union bei der Sicherheit kerntechnischer Anlagen, von ihrer
Konzipierung bis zu ihrer Stilllegung, ein hohes Niveau aufrechterhalten wird. Eine
entsprechende Maßnahme würde sich rechtlich auf die Bestimmungen des Titels II Kapitel 3
Euratom-Vertrag stützen; sie stellt eine Ergänzung der in Artikel 30 vorgesehenen Normen
dar.

I. Notwendigkeit eines globalen Konzepts für die nukleare Sicherheit in der erweiterten
Europäischen Union

Ein Gemeinschaftskonzept für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen muss ebenso wie die
bestehenden nationalen Systeme auf zwei Pfeilern ruhen. Einerseits ist eine Reihe von
Vorschriften notwendig, und andererseits ein Mechanismus, mit dem deren Einhaltung
kontrolliert werden kann.

1. Gemeinsame Normen

Ein Gemeinschaftskonzept für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen impliziert nicht
zwangsläufig die Aufstellung detaillierter technischer Sicherheitsvorschriften. Ein solches
System darf nämlich nicht die in den Mitgliedstaaten bereits bestehenden Regeln duplizieren.

Drucksache 15/1781 – 62 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

a) Bestehende Vorschriften

Es besteht eine Reihe von Grundsätzen, die einem rechtsverbindlichen Gemeinschaftskonzept
zu Grunde gelegt werden können. Diese können in einer Rahmenrichtlinie des Rates
übernommen werden, die sich im Wesentlichen auf die im unter der Schirmherrschaft der
Internationalen Atomenergie-Organisation vereinbarten Übereinkommen über nukleare
Sicherheit enthaltenen Elemente stützt. Dieses Übereinkommen enthält keine detaillierten
technischen Regeln. Es erstellt jedoch einen präzisen rechtlichen Rahmen, der die Grundlage
eines Systems für die nukleare Sicherheit bildet. Alle Mitgliedstaaten und die Mehrheit der
Beitrittskandidaten (ausgenommen Estland und Malta) sind Unterzeichner des
Übereinkommens über die nukleare Sicherheit.

Allerdings ist festzustellen, dass der Geltungsbereich des Übereinkommens sich auf
Kernkraftwerke beschränkt. Angesichts der Entwicklung der europäischen Atomindustrie
scheint die Einrichtung eines Systems wünschenswert, dessen Geltungsbereich weiter ist und
alle kerntechnischen Anlagen erfasst. Diese Erweiterung des Geltungsbereichs ist jedoch auf
Anlagen des Brennstoffkreislaufs und auf Forschungsanlagen beschränkt. Es wurde als nicht
notwendig erachtet, in diesem Ansatz die Besitzer geringer Mengen von Kernmaterial mit
einzubeziehen, ein Material das im Wesentlichen als umschlossene Strahlenquelle auftritt.

Die Formalisierung dieser Grundsätze in einem Rechtstext der Gemeinschaft ergänzt die in
Artikel 30 Euratom Vertrag genannten Grundnormen, so dass die Sicherheit kerntechnischer
Anlagen erfasst wird. Seit dem Inkrafttreten des Vertrags wurden diese Normen wiederholt
revidiert, zuletzt am 13. Mai 1996 (Richtlinie 96/29 (Euratom))4. In diesem Fall geht es nicht
darum, diese Richtlinie mit Grundnormen zu ändern, sondern eine neue Richtlinie zu
erarbeiten, die diese ergänzt.

Der Europäische Gerichtshof hat diese Einschätzung in seinem Urteil vom 10. Dezember
2002 in der Rechtssache C-29/99 bestätigt. Der Gerichtshof führt einerseits aus, dass „zur
Abgrenzung der Zuständigkeiten der Gemeinschaft nicht künstlich zwischen dem
Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Sicherheit der Quellen ionisierender Strahlungen
zu unterscheiden“ sei.5 Andererseits bestätigt der Gerichtshof die technische Zuständigkeit
der nationalen Sicherheitsbehörden für die Baugenehmigung oder die Betriebsgenehmigung
kerntechnischer Anlagen. Der Gerichtshof räumt jedoch ein, dass die technische
Zuständigkeit der nationalen Sicherheitsbehörden kein Hindernis für die Erlassung von
Vorschriften auf diesem Gebiet durch die Gemeinschaft ist. Das Urteil des Gerichtshofes ist
in diesem Punkt deutlich: „Auch wenn es zutrifft, dass der Gemeinschaft durch den EAG-
Vertrag nicht die Zuständigkeit verliehen wird, den Bau oder den Betrieb von Kernanlagen zu
genehmigen, so verfügt sie nach den Artikeln 30 bis 32 EAG-Vertrag doch über eine
Regelungszuständigkeit, im Hinblick auf den Gesundheitsschutz ein Genehmigungssystem zu
schaffen, das von den Mitgliedstaaten anzuwenden ist. Ein solcher Rechtsetzungsakt stellt
nämlich eine Maßnahme zur Ergänzung der in Artikel 30 EAG-Vertrag genannten
Grundnormen dar.“6

Der Begriff „Grundnorm“ erstreckt sich sowohl auf den Strahlenschutz als auf die Sicherheit
kerntechnischer Anlagen.

4 ABl. L 159 vom 29.06.1996, S. 1.
5 Randnummer 82 des Urteils des Gerichtshofes vom 10.12.02.
6 Randnummer 89 des vorgenannten Urteils des Gerichtshofes.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63 – Drucksache 15/1781

Es liegt auf der Hand, dass ein solches gemeinschaftliches Sicherheitskonzept sich
längerfristig nicht darauf beschränken kann, lediglich einschlägige Bestimmungen aus dem
Übereinkommen über nukleare Sicherheit zu übernehmen. Jene können freilich, da sie von
allen Mitgliedstaaten angewandt werden müssen, eine konsensfähige Ausgangsbasis bilden,
worauf weitere Elemente sich stützen.

b) Evoluierende Vorschriften

Die Entwicklung der gemeinsamen Normen für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen stellt
eine Überarbeitung derselben dar und muss daher gemäß Artikel 32 Euratom-Vertrag einem
festgelegten Verfahren folgen. Zu diesem Zweck sieht Artikel 31 vor, dass die Grundnormen
von der Kommission nach Stellungnahme einer Gruppe von Persönlichkeiten ausgearbeitet
werden, die der Ausschuss für Wissenschaft und Technik aus wissenschaftlichen Sachver-
ständigen der Mitgliedstaaten ernannt hat und nach Stellungnahme des Wirtschafts- und
Sozialausschusses. Nach Anhörung des Europäischen Parlaments legt der Rat die
Grundnormen auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit fest.

Konkret muss die Entwicklung der europäischen Sicherheitsnormen den Ergebnissen der
Arbeit der IAEA auf dem Gebiet der Sicherheit kerntechnischer Anlagen Rechnung tragen.
Sie muss insbesondere auch den Ergebnissen der Arbeit der Arbeitsgruppe der
Regulierungsbehörden für Kernenergie (NRWG), insbesondere den von dieser Gruppe
erarbeiteten gemeinsamen Standpunkten, sowie den Arbeiten der Vereinigung
westeuropäischer Aufsichtsbehörden (WENRA) im Bereich der Harmonisierung Rechnung
tragen. Die von der Kommission und dem Rat für die Erfordernisse der Evaluierung
kerntechnischer Anlagen in den Beitrittsländern entworfene Methodik ist ein weiteres
wichtiges Element, das berücksichtigt werden muss.

Da es sich hier um einen Bereich handelt, in dem bereits bedeutende einzelstaatliche
Bestimmungen bestehen, sollte die Kommission sich die Erfahrungen der Experten im
Bereich der nuklearen Sicherheit zunutze machen können, um die harmonisierte Entwicklung
der gemeinsamen Normen voranzutreiben. Dazu muss sie sich auf den Ausschuss gemäß
Artikel 31 Euratom-Vertrag stützen.

Das Gemeinschaftssystem wird sich auf grundlegende Verpflichtungen und allgemeine
Grundsätze stützen. Es wird einen Rechtsrahmen mit einem Mechanismus festlegen, der seine
Entwicklung erlaubt. Eine der ersten Aufgaben mit denen sich der Ausschuss gemäß Artikel
31 beschäftigen wird, wird darin bestehen, auf der Grundlage der erwähnten Studien einen
Korpus operationeller Normen zu prüfen, der als gemeinsames Bezugssystem dienen soll. Auf
der Grundlage dieser Normen wird es möglich sein, in den Mitgliedstaaten Prüfungen
durchzuführen. Um jegliche Ungleichbehandlung derzeitiger Mitgliedstaaten und neu
beigetretener Länder auszuschließen, muss die Regelung zum Zeitpunkt der Erweiterung der
Union, also am 1. Mai 2004, in Kraft sein. Dieses Datum markiert den Beginn der konkreten
Umsetzung dieses Gemeinschaftskonzepts, das sich anschließend fortentwickelt.

Die gemeinsamen Normen sind Teil eines dynamischen Prozesses. Ihr Ziel ist es, die
Wahrung eines hohen Niveaus nuklearer Sicherheit in der Union zu gewährleisten. Dieses
System muss sich daher auf die Kompetenzen der einzelstaatlichen Sicherheitsbehörden
stützen. Das Gemeinschaftssystem ergänzt die nationalen Systeme.

Drucksache 15/1781 – 64 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

c) Regelmäßige Berichterstattung

Die Mitgliedstaaten werden analog zum Übereinkommen über nukleare Sicherheit und im
Sinne der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Laeken verpflichtet sein, über die
Maßnahmen, die sie ergriffen haben, um ihren Verpflichtungen nachzukommen, sowie über
den Sicherheitszustand der in ihre Zuständigkeit fallenden Anlagen Bericht zu erstatten. Diese
Berichte werden einer Prüfung durch die Mitgliedstaaten und die Kommission im Rahmen
eines „Peer review“-Mechanismus unterzogen.

2. Unabhängiges Prüfungssystem

Die Einrichtung eines unabhängigen Prüfungssystems ist ein unverzichtbares Element für die
Glaubwürdigkeit und Effektivität eines Gemeinschaftskonzepts für die Sicherheit
kerntechnischer Anlagen. Das Prüfungssystem muss sich im Wesentlichen auf den
technischen Sachverstand der einzelstaatlichen Sicherheitsbehörden stützen. Die
Gemeinschaftsprüfung wird sich auf die Art und Weise beziehen, in der die
Sicherheitsbehörden ihre Aufgabe wahrnehmen. Es hat nicht die Aufgabe die Sicherheit von
kerntechnischen Anlagen vor Ort zu prüfen.

Die Mitgliedstaaten werden Sachverständige unter Angabe ihrer jeweiligen
Kompetenzbereiche benennen müssen, auf die die Kommission nach den Erfordernissen der
unabhängigen Prüfungen in den Mitgliedstaaten zurückgreifen kann. Die Zuständigkeit für
Entscheidungen in Bezug auf Überprüfungen und ihre etwaigen Folgen liegt natürlich
ausschließlich bei der Kommission. Um die Unabhängigkeit der Überprüfungen zu
gewährleisten erscheint es wünschenswet, dass die Sachverständigen in ihrem Mitgliedstaat
nicht mit Prüfungen beauftragt werden.Die Kommission kann gestützt auf die nach den
Prüfungen erstellten Berichte Stellungnahmen abgeben, die zu geeigneten Massnahmen
führen können, um die Sicherheit kerntechnischer Anlagen zu gewährleisten.Die Kommission
wird im Übrigen verpflichtet sein, dem Rat und dem Europäischen Parlament alle zwei Jahre
einen Bericht über den Stand der nuklearen Sicherheit in der Europäischen Union vorzulegen.

Der Gemeinschaftsansatz stellt keine neue Kontrollebene kerntechnischer Anlagen dar. Dieser
Ansatz, qualitativer Art, richtet eine Gegenkontrolle der nationalen Sicherheitsbehörden ein,
der der Gemeinschaft erlaubt sichzustellen, dass das Sicherheitsniveau in allen
Mitgliedstaaten gleich ist. Dieses System ermöglicht darüber hinaus ein Gemeinschaftslabel
zu vergeben, welches das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Sicherheit kerntechnischer
Anlagen stärkt. Dieser neuartige Ansatz hat den Vorteil im gemeinschaftlichen Rahmen
Überprüfungen zu veranlassen, die von den Sicherheitsbehörden durchgeführt werden. Er
stützt sich auf den Grundsatz des „Peer Review“, sowohl bei der Gegenkontrolle als auch bei
der Prüfung der regelmässigen Berichte im Rahmen des „Peer Review“. Die Gemeinschaft
hat nicht die Absicht die Sicherheitsbehörden der Mitgliedstaaten zu ersetzen.

II. Angemessene finanzielle Ressourcen

Die Wahrung eines hohen Sicherheitsniveaus kerntechnischer Anlagen, sowohl in der
Nutzungs- als auch in der Stilllegungsphase, bedarf angemessener finanzieller Ressourcen.

Die Stilllegung einer kerntechnischen Anlage ist eine industriell schwierige Aufgabe, die sich
auf mehrere Jahre erstrecken kann. Die bei den Stilllegungsmassnahmen anfallenden Kosten
können sehr hoch sein. Zu deren Bewältigung sind finanzielle Ressourcen notwendig. Diese
müssen durch Beiträge des Betreiber während des Betriebs der kerntechnischen Anlage
aufgebracht werden. Es ist in der Tat von wesentlicher Bedeutung, dass diese Tätigkeiten zum

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 65 – Drucksache 15/1781

gegebenen Zeitpunkt unter Wahrung eines hohen Sicherheitsniveaus durchgeführt werden
können.

Es ist von wesentlicher Bedeutung zu verhindern, dass die Stilllegung einer kerntechnischen
Anlage mangels Ressourcen nicht planmäßig aufgenommen, nicht nach den zweckmäßigen
Verfahren durchgeführt oder vor Abschluss abgebrochen wird.

Dies würde nämlich dazu führen, dass große Mengen radioaktiver Stoffe unter Bedingungen
zurückblieben, die in Bezug auf Überwachung und Entsorgung untragbar wären, was
gravierende Folgen für die nukleare Sicherheit und den Strahlenschutz hätte. Damit würde
eines der zentralen Ziele des Euratom-Vertrags verfehlt. Wie bereits bemerk, hat die
Gemeinschaft nämlich gemäss Artikel 2 Euratom-Vertrag „einheitliche Sicherheitsnormen für
den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte aufzustellen und für ihre
Anwendung zu sorgen“.Dafür hat die Gemeinschaft grundlegende Sicherheitsnormen für den
Strahlenschutz erstellt7. Kapitel 3 Euratom-Vertrag ist also die rechtliche Grundlage, die eine
Tätigkeit der Gemeinschaft in diesem Bereich begründet.

Zur Zeit bilden die Betreiber entweder interne Rücklagen in der Unternehmensbilanz oder
nutzen Beiträge an externe Fonds, die hierfür auf verschiedene Weise vorgesehen sind.

Selbst wenn Rücklagen gebildet werden, um die Stilllegung zur ermöglichen und die
Entsorgung der radioaktiven Abfälle und der abgebrannten Brennelemente zu gewährleisten,
liegt das zentrale Problem darin, das Bestehen dieser Ressourcen langfristig, über einen
Zeitraum von mehreren Jahrzehnten, zu sichern. Hierbei ist die Einrichtung externer, von den
Betreibern getrennter und für die Stilllegung ihrer Anlagen reservierter Stilllegungsfonds die
beste Option, um das angestrebte Ziel zu erreichen, nämlich die Stilllegung unter Einhaltung
aller nötigen Sicherheitsvorkehrungen. soweit gebührend begründete Umstände diese
rechtliche Trennung nicht erlauben, kann die Verwaltung des Fonds unter der Bedingung
beim Betreiber verbleiben, dass die Verfügbarkeit der aufgebrachten Aktiva zur Deckung der
Stilllegungsmassnahmen gewährleistet ist.

Die Kommission wird gestützt auf die regelmäßig von Seiten der Mitgliedstaaten
übermittelten Informationen alle drei Jahre einen Bericht über die Lage der Fonds vorlegen
und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, um Missständen abzuhelfen, die die Stilllegung in
Frage stellen könnten.

Die Einrichtung externer, nach den Grundsätzen der Sorgfalt verwalteter Fonds, ermöglicht
es, die langfristige Verfügbarkeit der Mittel zu sichern, um ein hohes Sicherheitsniveau
kerntechnischer Anlagen während der Stilllegungsmassnahmen zu gewährleisten.

Die Methoden zur Schätzung der künftigen Stilllegungskosten müssen nunmehr harmonisiert
werden. Daneben sind Übergangsmaßnahmen vorzusehen, die es den Unternehmen
erforderlichenfalls ermöglichen, die Folgen dieser Mittelübertragungen auf externe Fonds zu
minimieren.

Die Kommission empfiehlt eine Übergangsfrist von [drei Jahren] ab dem Inkrafttreten der
Vorschriften, welche die Mitgliedstaaten erlassen, um diese Richtlinie nach deren Annahme
durch den Rat umzusetzen.

7 COM 96/29 Euratom

Drucksache 15/1781 – 66 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Schlussfolgerungen

Kurz vor einer in der Geschichte beispiellosen Erweiterung, da die Fragen der nuklearen
Sicherheit eine eminent wichtige Rolle spielen, ist es für die Gemeinschaft an der Zeit,
deutlich ihre Zuständigkeit für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen zu reklamieren und
eine rechtsverbindliche Regelung zu beschließen.

Die Vergemeinschaftung bereits bestehender Regeln und Grundsätze wird eine sowohl
wirksame als auch rasche Umsetzung ermöglichen. Wenn neben anderen auch
Sachverständige aus den einzelstaatlichen Sicherheitsbehörden im Rahmen der
Überprüfungen eingesetzt werden, steht anerkannter technischer Sachverstand zur Verfügung.
Die Verknüpfung der nationalen Systeme und des Gemeinschaftssystems bietet die Gewähr
dafür, dass bei der Sicherheit kerntechnischer Anlagen in der erweiterten Europäischen Union
ein hohes Niveau gewahrt wird.

Die Gewährleistung, dass die Endphase des Nuklearkreislaufs sich unter Einhaltung der
Vorschriften für nukleare Sicherheit und Strahlenschutz vollzieht und dass die Verwendung
der finanziellen Ressourcen transparent ist, ist ebenfalls von wesentlicher Bedeutung. Hierfür
muss ein Rahmen für die einzelstaatlichen Regelungen geschaffen werden. Die Festlegung
von Kriterien für die Einrichtung und Verwaltung von Fonds für die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen erlaubt es ein hohes Sicherheitsniveau während der gesamten
Stilllegungsmassnahmen zu wahren.

Die Kommission ersucht den Rat angesichts der obigen Ausführungen, den beiliegenden
Richtlinienentwurf anzunehmen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 67 – Drucksache 15/1781

2003/0021(CNS)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE (Euratom) DES RATES

zur Festlegung grundlegender Verpflichtungen und allgemeiner Grundsätze im Bereich
der Sicherheit kerntechnischer Anlagen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere
auf Artikel 31, 32 und 187,

auf Vorschlag der Kommission8, der gemäß Artikel 31 des Vertrags nach Stellungnahme
einer Gruppe von Persönlichkeiten ausgearbeitet wurde, die der Ausschuss für Wissenschaft
und Technik aus wissenschaftlichen Sachverständigen der Mitgliedstaaten ernannt hat, und
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses9,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments10,

in Erwägung folgender Gründe:

(1) Nach Artikel 2 Buchstabe b Euratom-Vertrag hat die Gemeinschaft einheitliche
Sicherheitsnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte
aufzustellen und für ihre Anwendung zu sorgen.

(2) Artikel 30 des Vertrags bestimmt, dass in der Gemeinschaft Grundnormen für den
Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte gegen die Gefahren
ionisierender Strahlen festgesetzt werden . Artikel 32 sieht vor, dass die Grundnormen
nach dem Verfahren des Artikels 31 ergänzt werden können.

(3) Artikel 187 des Vertrages legt fest, dasszur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben
die Kommission alle erforderlichen Auskünfte einholen und alle erforderlichen
Nachprüfungen vornehmen kann; der Rahmen und die nähere Maßgabe hierfür werden
vom Rat gemäß den Bestimmungen dieses Vertrags festgelegt.

(4) Die Richtlinie 96/29/Euratom des Rates11 legt die grundlegenden Sicherheitsnormen
für den Schutz der Gesundheit der Arbeitskräfte und der Bevölkerung gegen die
Gefahren durch ionisierende Strahlungen fest.

(5) Der Reaktorunfall von Tschernobyl 1986 hat gezeigt, dass die Gemeinschaft ihre zu
diesem Zeitpunkt geltenden Grundnormen um Bestimmungen ergänzen muss, die bei
Eintreten der Gefahr einer radiologischen Notstandssituation angewendet werden. So

8 ABl. C […] vom […], S. […].
9 ABl. C […] vom […], S. […]..
10 ABl. C […] vom […], S. […]
11 ABl. L 159 vom 29.06.1996, S. 1

Drucksache 15/1781 – 68 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

wurden durch die Entscheidung des Rates 87/600/Euratom12

Gemeinschaftsvereinbarungen für den beschleunigten Informationsaustausch im Fall
einer radiologischen Notstandssituation getroffen, und durch die Richtlinie des Rates
89/618/Euratom13 wurden den Mitgliedstaaten Verpflichtungen in Bezug auf die
Unterrichtung der Bevölkerung bei einer radiologischen Notstandssituation auferlegt.

(6) Die Grundnormen wurden ferner ergänzt durch die Richtlinie 92/3/Euratom des Rates
vom 3. Februar 1992 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringungen radioaktiver
Abfälle von einem Mitgliedstaat in einen anderen, in die Gemeinschaft und aus der
Gemeinschaft14 sowie die Verordnung (Euratom) Nr. 1493/93 über die Verbringung
radioaktiver Stoffe zwischen den Mitgliedstaaten15.

(7) Wenngleich das aus den geltenden Grundnormen hervorgehende Strahlenschutzsystem
auf der Grundlage derzeitiger wissenschaftlicher Kenntnisse auf diesem Gebiet für den
Gesundheitsschutz der Bevölkerung ein hohes Niveau gewährleistet, muss dieser
Schutz durch die strikte Anwendung von Sicherheitsnormen ergänzt werden, die
darauf ausgelegt sind, die Expositionsrisiken für die Bevölkerung zu verhüten und zu
beherrschen. Was insbesondere kerntechnische Anlagen angeht, so ist die Wahrung
eines hohen Sicherheitsniveaus, von ihrer Konzipierung bis zu ihrer Stilllegung, durch
die Aufrechterhaltung eines wirksamen Schutzes vor radiologischen Risiken und die
Verhütung von Unfällen mit potentiellen radiologischen Konsequenzen eine
unerlässliche Voraussetzung dafür, dass das in Artikel 2 Buchstabe b) des Vertrages
erwähnte Ziel des Gesundheitschutzes vollständig erreicht wird.

(8) Trotz einer gewissen Angleichung unterscheiden die Maßnahmen der einzelnen
Mitgliedstaaten im Bereich der nuklearen Sicherheit sich derzeit immer noch stark.
Diese Verschiedenartigkeit steigert sich in Anbetracht der anstehenden Erweiterung
der Europäischen Union. Zur Zeit erlaubt diese Verschiedenartigkeit der Gemeinschaft
nicht sich unter bestmöglichen Bedingungen zu vergewissern, dass das Ziel des
Gesundheitsschutzes, das ihr Artikel 2 Buchstabe b) des Vertrages auferlegt, erreicht
wird. Damit die Gemeinschaft gewährleisten kann, dass die in dieser Vorschrift
geforderten einheitlichen Sicherheitsnormen tatsächlich angewendet werden, müssen
die Grundnormen für den Strahlenschutz durch gemeinsame Sicherheitsregeln ergänzt
werden soweit dies für die Abwendung von Gefahren für das Leben und die
Gesundheit der Bevölkerung erforderlich ist.

(9) Über die Betriebsphase einer Kernanlage hinaus können auch bei
Stilllegungsmassnahmen Gefahren ionisierender Strahlung auftreten. Um den Risiken,
die sich aus der Ausbreitung radioaktiver Stoffe ergeben, zu begegnen, ist es
notwendig, die sichere Stilllegung kerntechnischer Anlagen zu gewährleisten,
einschließlich der langfristigen Behandlung der radioaktiven Abfälle und der
abgebrannten Brennelemente.

(10) Zur Verwirklichung der genannten Zielvorgaben auf dem Gebiet des Strahlenschutzes
auf Gemeinschaftsebene sind grundlegende Verpflichtungen und allgemeine
Grundsätze im Bereich der Sicherheit kerntechnischer Anlagen festzulegen.

12 ABl. L 371 vom 30.121987, S. 76.
13 ABl. L 357 vom 7.12.1989, S. 31.
14 ABl. L 35 vom 12.2.1992, S. 24.
15 ABl. L 148 vom 19.61993, S. 1.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 69 – Drucksache 15/1781

(11) Die sichere Stilllegung kerntechnischer Anlagen, einschließlich der langfristigen
Behandlung der radioaktiven Abfälle und der abgebrannten Brennelemente, erfordert
erhebliche Finanzmittel. Um jeder Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung und für
die Umwelt zuvorzukommen, ist es notwendig auf Gemeinschaftsebene zu
gewährleisten, dass ausreichende Finanzmittel für die Durchführung der Tätigkeiten
im Bereich der Stilllegung kerntechnischer Anlagen, unter Wahrung der
Sicherheitsnormen, verfügbar sind. Zu diesem Zweck muss eine besondere Regelung
festgelegt werden für die Einrichtung von Fonds zur Stilllegung kerntechnischer
Anlagen, zum denen die Betreiber kerntechnischer Anlagen während der gesamten
Laufzeit der Anlage regelmässig beitragen müssen. Um die Verfügbarkeit und
Angemessenheit der Mittel während der Stilllegungsmassnahmen zu gewährleisten
müssen, ausser in gebührend begründeten Ausnahmefällen, Fonds mit einer eigenen,
von den Betreibern abgekoppelten, Rechtspersönlichkeit eingerichtet werden.

(12) Diese Richtlinie liegt in der Logik der Regelung des am 24. Oktober 1996 in Kraft
getretenen Übereinkommens über nukleare Sicherheit, das von allen Mitgliedstaaten
unterzeichnet wurde.. Mit dem Beschluss der Kommission 1999/819/Euratom ist die
Europäische Atomgemeinschaft dem Übereinkommen am 31. Januar 2000
beigetreten16. Da der Geltungsbereich des Übereinkommens sich auf Kernkraftwerke
beschränkt, weitet die vorliegende Richtlinie die dort festgelegten Grundsätze auf alle
kerntechnische Anlagen, die die Umsetzung von Sicherheitsmassnahmen benötigen
aus.

(13) In der gleichen Zielsetzung bestimmt das am 18. Juni 2001 in Kraft getretene
Gemeinsame Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter
Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle17 in
Artikel 26, dassjede Vertragspartei die geeigneten Maßnahmen trifft, um die
Sicherheit der Stilllegung einer kerntechnischen Anlage zu gewährleisten. Diese
Maßnahmen haben sicherzustellen, dass qualifiziertes Personal und ausreichende
Finanzmittel zur Verfügung stehen. Nach Artikel 22 Ziffer ii) trifft jede Vertragspartei
die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, dass angemessene Finanzmittel zur
Unterstützung der Sicherheit von Anlagen zur Behandlung abgebrannter
Brennelemente oder radioaktiver Abfälle während ihrer Betriebsdauer und für die
Stillegung zur Verfügung stehen.

(14) Damit die Kommission die Anwendung dieser Regeln beaufsichtigen kann, muss sie
einerseits Überprüfungen vornehmen können und andererseits einen
Überprüfungsmechanismus der von den Mitgliedstaaten gemäss der vorliegenden
Richtlinie übermittelten Berichteaufstellen

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Zweck und Anwendungsbereich

1. Mit dem Ziel den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte vor den
Gefahren ionisierender Strahlung zu wahren legt die vorliegende Richtlinie die
grundlegenden Verpflichtungen und allgemeinen Grundsätze fest, die der

16 ABl. L 318 vom 11.12.1999, S. 20.
17 ABl. […] vom […], S. […].

Drucksache 15/1781 – 70 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Gemeinschaft durch die Gewährleistung eines hohen Sicherheitsniveaus
kerntechnischer Anlagen ermöglichen sicherzustellen, dass die in Artikel 30
Euratom-Vetrag vorgesehenen Grundnormen Anwendung finden.

2. Vorliegende Richtlinie ist auf alle kerntechnische Anlagen anwendbar, auch nach
ihrer Nutzungsphase.

Artikel 2

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1) „Kerntechnische Anlage“jede zivile Anlage mit dem zugehörigen Grundstück, den
Gebäuden und Ausrüstungen, in der Kernmaterial im Sinne des Artikel 197 Euratom-Vertrag
in einem Umfang erzeugt, behandelt, verwendet, gehandhabt, zwischengelagert oder
endgelagert werden, der Sicherheitsbestimmungen notwendig macht; diese
Begriffsbestimmung gilt bis die radiologischen Beschränkungen, die auf diesen Anlagen
lasten aufgehoben sind;

2) „gemeinsame Sicherheitsnormen“alle Regeln, die auf der Grundlage der in dieser
Richtlinie definierten allgemeinen Grundsätze erstellt werden;

3) „Sicherheitsbehörde“ die von den Mitgliedstaaten bestimmten jeweils zuständigen
Behörden, die damit betraut sind, Genehmigungen zu erteilen und über die Anwendung der
Vorschriften in Bezug auf die Wahl des Standorts, die Konzeption, den Bau, die
Inbetriebnahme, den Betrieb oder die Stilllegung kerntechnischer Anlagen zu wachen;

4) „Genehmigung“jegliche Genehmigung, die die Sicherheitsbehörde einem Antragsteller
erteilt und die diesem die Verantwortung für die Wahl des Standorts, die Konzeption, den
Bau, die Inbetriebnahme, den Betrieb oder die Stilllegung kerntechnischer Anlagen überträgt;

5) „für eine kerntechnische Anlage verantwortliches Unternehmen“ jede natürliche oder
juristische Person, die eine kerntechnische Anlage betreibt und nach den einzelstaatlichen
Rechtsvorschriften für die diesbezüglichen Vorkehrungen verantwortlich ist;

6) „endgültige Außerdienststellung (einer kerntechnischen Anlage)“ der Zustand, in dem der
Betrieb einer kerntechnische Anlage aufgrund der Entscheidung der zuständigen Behörden
nicht mehr genehmigt ist;

7) „Stilllegung“ alle Schritte, die zur Entlassung kerntechnischer Anlagen, ausgenommen
Endlager, aus staatlicher Kontrolle führen. Dazu gehören auch die Dekontaminations- und
Demontagearbeiten;

8) „Stilllegungsfonds“ die Finanzmittel, die speziell dazu bestimmt sind, die Kosten der
Stilllegung kerntechnischer Anlagen einschließlich der langfristigen Behandlung der
radioaktiven Abfälle und der abgebrannten Brennelemente unter Einhaltung der
Sicherheitsvorschriften zu decken;

9) „abgebrannte Brennelemente“ verstrahlter Kernbrennstoff, der sich im Reaktorkern
befindet oder endgültig aus diesem entfernt wurde;

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 71 – Drucksache 15/1781

10) „konventionelle Stilllegungsabfälle“die bei den Stilllegungsmaßnahmen anfallenden nicht
radioaktiven Abfälle, die nach den geltenden Vorschriften behandelt und entsorgt werden
müssen;

11) „radioaktive Abfälle“ radioaktives Material in gasförmiger, flüssiger oder fester Form,
das von dem Mitgliedstaat oder von einer natürlichen oder juristischen Person, deren
Entscheidung von dem Mitgliedstaat anerkannt wird, eine Weiterverwendung nicht
vorgesehen ist und das von einer staatlichen Stelle im Rahmen von Gesetzgebung und
Vollzug des Mitgliedstaates kontrolliert wird;

12) „radioaktive Stilllegungsabfälle“ die bei den Stilllegungsmaßnahmen anfallenden
radioaktiven Abfälle;

13) „Tätigkeit“ menschliche Betätigung, die die Strahlenexposition von Einzelpersonen aus
einer künstlichen Strahlenquelle - oder bei der Verarbeitung natürlicher Radionuklide
aufgrund deren Radioaktivität, Spaltbarkeit oder Bruteigenschaft - aus einer natürlichen
Strahlenquelle erhöhen kann, mit Ausnahme von Notfallexpositionen;

14) „Wiederaufarbeitung“ das Verfahren oder die Verrichtung mit dem Ziel, die radioaktiven
Isotope aus abgebrannten Brennelementen zur weiteren Verwendung zu extrahieren.

15) „Stilllegungsstrategie“ die zeitliche Planung der Stilllegungsmaßnahmen ab der
endgültigen Außerdienststellung der betreffenden Anlage;

Artikel 3

Unabhängigkeit der Sicherheitsbehörde

Die Mitgliedstaaten richten eine Sicherheitsbehörde ein. Diese muss im Hinblick auf ihre
Organisation und rechtliche Struktur sowie ihre Entscheidungen unabhängig von jeglichen
öffentlichen oder privaten Einrichtungen oder Organisationen sein, die mit der Förderung
oder Nutzung der Kernenergie beauftragt sind.

Artikel 4

Rolle der Sicherheitsbehörde

Die Sicherheitsbehörde beaufsichtigt und reglementiert die Sicherheit kerntechnischer
Anlagen. Sie erteilt Genehmigungen und überwacht die Anwendung der Vorschriften in
Bezug auf die Wahl des Standorts, die Konzeption, den Bau, die Inbetriebnahme, den Betrieb
oder die Stilllegung kerntechnischer Anlagen.

Artikel 5

Sicherheit kerntechnischer Anlagen

Die Mitgliedstaaten treffen alle notwendigen Maßnahmen, um

a) in kerntechnischen Anlagen wirksame Vorkehrungen gegen potentielle radiologische
Risiken zu treffen und aufrechtzuerhalten, um Einzelne, die Gesellschaft und die
Umwelt vor den schädlichen Auswirkungen der von diesen Anlagen ausgehenden
ionisierenden Strahlen zu schützen,

Drucksache 15/1781 – 72 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

b) Unfälle mit radiologischen Konsequenzen zu verhüten und diese Konsequenzen beim
Eintreten von Unfällen abzumildern,

c) alle weiteren Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit kerntechnischer
Anlagen durchzuführen,

d) die langfristige Behandlung aller Stoffe, einschließlich der radioaktiven Abfälle und
der abgebrannten Brennelemente zu gewährleisten, die während der Stilllegungsphase gemäss
den Grundnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte gegen
die Gefahren ionisierender Strahlen bestehen bleiben.

Artikel 6

Vorrang der Sicherheit

1. Die Mitgliedstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen, damit bei allen Vorgängen, die
unmittelbar kerntechnische Anlagen betreffen, der nuklearen Sicherheit der notwendige
Vorrang zukommt.

2. Die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung gemäss Artikel 44 der Richtlinie
96/29/Euratom berücksichtigen alle Aspekte hinsichtlich der Sicherheit kerntechnischer
Anlagen.

Artikel 7

Pflichten der Unternehmen

1. Die Mitgliedstaaten verpflichten sich die für kerntechnische Anlagen
verantwortlichen Unternehmen, bei deren Betrieb die auf sie anwendbaren
gemeinsamen Sicherheitsnormen sowie die von der Sicherheitsbehörde erlassenen
Vorschriften und eventuell getroffenen Maßnahmen zu beachten.

2. Die Mitgliedstaaten verpflichten sich die für eine kerntechnische Anlage
verantwortlichen Unternehmen, Qualitätssicherungsprogramme zu erstellen, deren
Inhalt und Durchführung von der Sicherheitsbehörde überprüft werden, und diese so
durchzuführen, dass während der gesamten Lebensdauer einer kerntechnischen
Anlage die für alle sicherheitsrelevanten Tätigkeiten festgelegten Anforderungen
eingehalten werden.

3. Die Mitgliedstaaten ergreifen die für die Zuständigkeiten bei der Stilllegung von
kerntechnischen Anlagen erforderlichen Massnahmen, auch wenn die ursprünglich
Verantwortlichen ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen könnten.

Artikel 8

Inspektion

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Sicherheitsbehörde in den kerntechnischen
Anlagen, einschliesslich während der Stilllegung, Inspektionen der nuklearen Sicherheit
vornimmt und die für die kerntechnischen Anlagen verantwortlichen Unternehmen sich
diesen Inspektionen unterziehen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 73 – Drucksache 15/1781

Artikel 9

Finanzmittel

1. Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, damit für die Erfordernisse der
Sicherheit kerntechnischen Anlagen Finanzmittel in angemessener Höhe
bereitstehen.

2. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ausreichende Finanzmittel für die
Stilllegungarbeiten jeder kerntechnischen Anlage unter Berücksichtigung ihrer
langen Durchführungsdauer in Form von Stilllegungsfonds bereitstehen. Diese Fonds
müssen den Mindestkriterien im Anhang entsprechen.

3. Bei kerntechnischen Anlagen, deren Zweck nicht vorwiegend im gewerblichen
Anbieten von Produkten oder Dienstleistungen besteht, im besonderen
Forschungsreaktoren, bestimmen die Mitgliedstaaten die Modalitäten der
Einrichtung von besonderen Mitteln für die Stilllegung.

Artikel 10

Sicherheitssachverständige

1. Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, damit für alle
sicherheitsrelevanten Tätigkeiten Sicherheitssachverständige verfügbar sind.

2. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass geeignete Studienprogramme erstellt werden,
und dass für das betreffende Personal Möglichkeiten zur permanenten theoretischen
und praktischen Fortbildung bestehen.

Artikel 11

Betriebsstörungen

1. Die Mitgliedstaaten ordnen an, dass von den Sicherheitsbehörden genehmigte
Verfahren festgelegt werden, um Betriebsstörungen und Unfällen so zu begegnen,
dass die möglichen Auswirkungen etwaiger radiologischer Notstandssituationen
infolge des Betriebs kerntechnischer Anlagen für die Bevölkerung und die Umwelt
eingeschränkt werden.

2. Die Mitgliedstaaten verlangen, dass die für kerntechnische Anlagen verantwortlichen
Unternehmen sicherheitsrelevante Vorfälle und die Maßnahmen zur Reaktion hierauf
unverzüglich der Sicherheitsbehörde melden.

Artikel 12

Kontrolle der Anwendung

1. Die Kommission veranlasst, dass Prüfungen bei den Sicherheitsbehörden
durchgeführt werden, um ein hohes Niveau kerntechnischer Sicherheit
aufrechtzuerhalten. Die Mitgliedstaaten stellen sich, dass die Sicherheitsbehörden
sich diesen Prüfungen unterwerfen.

Drucksache 15/1781 – 74 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission eine Liste der Sachverständigen mit
Angabe ihrer jeweiligen Kompetenzbereiche, auf die die Kommission für die
Überprüfungen nach Absatz 1 zurückgreift.

Die Sachverständigen müssen von den Sicherheitsbehörden des Mitgliedstaates in
dem die Überprüfung stattfindet anerkannt worden sein, bevor sie die Überprüfungen
nach Absatz 1 vornehmen können. Die Sachverständigen werden nicht im
Mitgliedstaat ihrer Herkunft eingesetzt.

3. Die Kommission informiert den betreffenden Mitgliedstaat vorab von einer
Überprüfung, erläutert dabei deren Art, Zweck und voraussichtlichen Anfangstermin
und nennt die zugelassenen Sachverständigen.

4. Die Kommission übermittelt dem betreffenden Mitgliedstaat die Prüfberichte; dieser
notifiziert innerhalb von drei Monaten nach deren Erhalt die Maßnahmen, die
ergriffen wurden, um etwaigen Missständen abzuhelfen.

5. Die Kommission kann im Anschluss an die Überprüfungen zur Klärung der Berichte
oder einzelner Passagen derselben Bemerkungen an die Mitgliedstaaten richten oder
ergänzende Informationen anfordern.

Artikel 13

Berichte

1. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission jährlich nach dem in Artikel 15
Absatz 1 vorgesehenen Zeitpunkt einen Bericht über die Maßnahmen, die sie
ergriffen haben, um den Verpflichtungen nachzukommen, die ihnen aus der
Richtlinie erwachsen, sowie über den Stand der Sicherheit kerntechnischer Anlagen
auf ihrem Hoheitsgebiet. Die Kommission hält Tagungen mit den Mitgliedstaaten,
zur Überprüfung der vorgelegten Berichte.

2. Gestützt auf die von den Mitgliedstaaten übermittelten Berichte und die
Überprüfungsberichte erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament und
dem Rat alle zwei Jahre nach dem in Artikel 15 Absatz 1 vorgesehenen Zeitpunkt
Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie und die Lage in Bezug auf die
nukleare Sicherheit in der Gemeinschaft.

Artikel 14

Strengere Maßnahmen

Den Mitgliedstaaten steht es frei, Maßnahmen anzuwenden, die strenger sind als die in dieser
Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen. In diesem Fall teilen sie der Kommission die Art dieser
Maßnahmen und deren Gründe mit.

Artikel 15

Durchführung

1. Die Mitgliedstaaten setzen die Recht- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die
erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens am … [vor dem 1. Mai 2004]
nachzukommen. Sie unterrichten die Kommission unverzüglich davon.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75 – Drucksache 15/1781

2. Wenn die Mitgliedstaaten die Vorschriften nach Absatz 1 erlassen, nehmen sie in
diesen Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen
Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die
Einzelheiten dieser Bezugnahme.

3. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission den Wortlaut der wichtigsten
innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die sie in dem unter diese Richtlinie fallenden
Bereich erlassen.

Artikel 16

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

Artikel 17

Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den [..]

Im Namen des Rates

Der Präsident

[…]

Drucksache 15/1781 – 76 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

ANHANG

Die in Artikel 9 genannten Stilllegungsfonds müssen folgenden Mindestkriterien entsprechen:

1. Die Fonds werden derart durch Beiträge der Betreiber kerntechnischer Anlagen
während ihrer Nutzungsdauer gespeist, dass bis zum Zeitpunkt ihrer endgültigen
Außerdienststellung Mittel in einer Höhe bereitstehen, die ausreicht, um alle in Punkt
2 definierten Kosten der Stilllegung zu bestreiten.

2. Die Beiträge für die Finanzierung der Fonds werden nach Maßgabe der geschätzten
Lebensdauer der Anlage und entsprechend der vorgesehenen Stilllegungsstrategie
entrichtet, um die Kosten der Stilllegung der Anlage, die sichere und langfristige
Entsorgung konventioneller und radioaktiver Stilllegungsabfälle, die sichere und
langfristige Entsorgung abgebrannter Brennelemente von Kernkraftwerken und bei
der Wiederaufarbeitung anfallender Abfälle, soweit diese nicht völlig im Rahmen der
Betriebskosten sichergestellt wurde, zu decken.

3. Die Fondsmittel sind darauf ausgerichtet, ausreichende und mit der Fälligkeit der
Stilllegungsverpflichtungen und der in Punkt 2 genannten Kosten zu vereinbarende
Liquidität zu gewährleisten.

4. Die Fondsmittel sind ausschliesslich dazu bestimmt, die in Punkt 2 genannten Kosten
gemäss der Stilllegungsstrategie zu bestreiten und dürfen nicht zu anderen Zwecken
benutzt werden. Die Stilllegungsfonds werden mit eigener Rechtspersönlichkeit
eingerichtet, die nicht mit jener des Anlagenbetreibers identisch ist. Notfalls und
soweit gebührend begründete Umstände diese rechtliche Trennung nicht erlauben,
kann die Verwaltung des Fonds unter der Bedingung beim Betreiber verbleiben, dass
die Verfügbarkeit der aufgebrachten Aktiva zur Deckung der in Punkt 2 genannten
Kosten gewährleistet ist.

5. Für kerntechnische Anlagen, die vor dem Inkrafttreten der in dieser Richtlinie
genannten Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder nach deren Inkrafttreten
innerhalb eines Zeitraums von … [noch zu bestimmen] endgültig außer Dienst
gestellt werden, können Lösungen vorgesehen werden, die von der Einrichtung eines
Stilllegungsfonds im Sinne dieser Richtlinie abweichen.

6. Die Mitgliedstaaten bestimmen vor Inkrafttreten der Rechtsvorschriften, die sie
gemäss dieser Richtlinie erlassenen haben, die Modalitäten für die Übertragung der
beim Betreiber für die Stilllegung notwendigen aufgebrachten Finanzmittel. Diese
Übertragungen sollten in einem Zeitraum von mindestens drei Jahren von dem in
Artikel 15 dieser Richtlinie genannten Zeitpunkt an stattfinden.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 77 – Drucksache 15/1781

FINANZBOGEN ZU RECHTSAKTEN

Politikbereich(e): Energie und Verkehr (06)

Maßnahme(n):

BEZEICHNUNG DER MASSNAHMEN: RICHTLINIE DES RATES ZUR FESTLEGUNG
GRUNDLEGENDER VERPFLICHTUNGEN UND ALLGEMEINER GRUNDSÄTZE IM BEREICH
DER SICHERHEIT KERNTECHNISCHER ANLAGEN

1. HAUSHALTSLINIE(N)

Die Mittelbindung geht zu Lasten einer im Rahmen der vollständigen Definition der
ABB-Struktur für die GD TREN neu einzurichtenden Haushaltslinie. Der Vorschlag der
Verbuchung unter einer existierenden oder geplanten Haushaltslinie wird in den
Gesprächen über die APB 2004 überprüft.

2. ALLGEMEINE ZAHLENANGABEN

2.1 Gesamtmittelausstattung der Maßnahme (Teil B): jährlicher Aufwand:

Die Mittelbindung geht zu Lasten der in Punkt 1 genannten Haushaltslinie
(Haushaltsjahr 2004).

2.2 Laufzeit:

Beginn 2004, fortgesetzte Aktion.

2.3 Mehrjährige Gesamtvorausschätzung der Ausgaben:

a) Fälligkeitsplan für Verpflichtungsermächtigungen/Zahlungsermächtigungen (finanzielle
Intervention) (vgl. Ziffer 6.1.1)

EUR

2004 2005 2006 2007 2008 u. ff.
Jährlich

Summe
2004 bis

2008

Verpflichtungs-
ermächtigungen

39 000 52 000 52 000 52 000 52 000 247 000

Zahlungs-
ermächtigungen

39 000 52 000 52 000 52 000 52 000 247 000

b) Technische und administrative Hilfe und Unterstützungsausgaben (vgl. Ziffer 6.1.2)

VE

ZE

Drucksache 15/1781 – 78 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Zwischensumme a+b

VE 39.000 52.000 52.000 52.000 52.000 247.000

ZE 39.000 52.000 52.000 52.000 52.000 247.000

c) Gesamtausgaben für Personal und sonstige Verwaltungsausgaben (vgl. Ziff. 7.2 und 7.3)

VE/ZE 597.500 604.000 604.000 608.800 608.800 3.023.100

a+b+c insgesamt

VE 636.500 656.000 656.000 660.800 660.800 3.270.100

ZE 636.500 656.000 656.000 660.800 660.800 3.270.100

2.4 Vereinbarkeit mit der Finanzplanung und der Finanziellen Vorausschau

Neue Maßnahme

2.5 Finanzielle Auswirkungen auf die Einnahmen18

Keinerlei finanzielle Auswirkungen (betrifft die technischen Aspekte der Durchführung
einer Maßnahme).

3. HAUSHALTSTECHNISCHE MERKMALE

Art der Ausgaben Neu EFTA-
Beteiligung

Beteiligung
v. Beitritts-

ländern

Rubrik der
FV

OA GM JA NEIN NEIN Nr. 3

4. RECHTSGRUNDLAGE

Artikel 31, 32 und 187 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft

5. BESCHREIBUNG UND BEGRÜNDUNG

5.1 Notwendigkeit einer Maßnahme der Gemeinschaft19

5.1.1 Ziele

Gemäß Artikel 2 Buchstabe b Euratom-Vertrag hat die Gemeinschaft nach Maßgabe des
Vertrags „einheitliche Sicherheitsnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung
und der Arbeitskräfte aufzustellen und für ihre Anwendung zu sorgen“. Titel II
Kapitel 3 des Vertrags, das den Gesundheitsschutz betrifft, enthält Bestimmungen in
Bezug auf die Grundnormen für den Schutz vor ionisierender Strahlung. Dieses Kapitel
des Vertrags schlug sich vorwiegend im Strahlenschutz nieder.

18 Weitere Informationen sind den beigefügten Leitlinien zu entnehmen.
19 Weitere Informationen sind den beigefügten Leitlinien zu entnehmen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 79 – Drucksache 15/1781

Die Kommission setzt sich seit über zwanzig Jahren aktiv für die Harmonisierung der
Vorgehensweisen im Bereich der nuklearen Sicherheit ein. Trotz dieser Anstrengungen
zur Harmonisierung unterscheiden die Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten im
Bereich der nuklearen Sicherheit sich allerdings immer noch stark.

Es ist notwendig die kerntechnische Sicherheit aus der Gemeinschaftsperspektive zu
betrachten. Nur ein gemeinsames Vorgehen kann gewährleisten, dass in einer
erweiterten Union ein hohes Niveau kerntechnischer Sicherheit aufrechterhalten wird.

Da es sich hier um einen Bereich handelt, in dem bereits bedeutende einzelstaatliche
Bestimmungen bestehen, sollte die Kommission sich die Erfahrungen der Experten im
Bereich der nuklearen Sicherheit zunutze machen können, um die harmonisierte
Entwicklung der gemeinsamen Normen voranzutreiben. Dazu muss sie sich auf den
Ausschuss gemäß Artikel 31 Euratom-Vertrag stützen.

Die Einrichtung eines unabhängigen Prüfungssystems ist ein unverzichtbares Element
für die Glaubwürdigkeit und Effektivität eines Gemeinschaftskonzepts für die
Sicherheit kerntechnischer Anlagen. Zur Durchführung dieser Überprüfungen setzt die
Kommission Statutspersonal ein und greift teilweise auf die Dienste der von den
einzelstaatlichen Sicherheitsbehörden benannten Sachverständigen zurück. Die
Überprüfungen werden in jedem Mitgliedstaat, der über kerntechnische Anlagen
verfügt, jährlich vorgenommen.

Stilllegungsmassnahmen können können auch für die menschliche Gesundheit und für
die Umwelt eine potentielle aktuelle oder künftige Bedrohung darstellen, insbesondere
sofern die notwendigen Maßnahmen in Bezug auf radiologische Risiken der Stilllegung
nicht rechtzeitig ergriffen werden.

Die sichere Stilllegung kerntechnischer Anlagen und die sichere langfristige
Bewirtschaftung der radioaktiven Abfälle und abgebrannten Brennelemente erfordern
erhebliche finanzielle Ressourcen, deren Verfügbarkeit während der Betriebsdauer der
Anlagen gesichert werden muss.

Es muss auf Gemeinschaftsebene sichergestellt werden, dass ausreichende finanzielle
Ressourcen zur Verfügung stehen, damit kerntechnische Anlagen unter Einhaltung der
anwendbaren Sicherheitsnormen stillgelegt werden können.

Um die Verfügbarkeit ausreichender Ressourcen zu gewährleisten, bedarf es
spezifischer Regeln für die Einrichtung der Stilllegungsfonds, die mit eigener
Rechtspersönlichkeit eingerichtet werden, die nicht mit jener des Anlagenbetreibers
identisch ist. Zu diesen Fonds müssen die Betreiber kerntechnischer Anlagen während
der gesamten Laufzeit der Anlage regelmässig beitragen. Sie werden speziell für diesen
Zweck eingerichtet.

5.1.2 Maßnahmen im Zusammenhang mit der Ex-ante-Bewertung:

keine

5.2 Geplante Einzelmaßnahmen und Modalitäten der Intervention zu Lasten des
Gemeinschaftshaushalts

Die vorgeschlagenen Maßnahmen kommen den Betreibern kerntechnischer Anlagen und den
nationalen Sicherheitsbehörde zugute. Zweck dieses Vorschlags ist die Festlegung

Drucksache 15/1781 – 80 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

grundlegender Verpflichtungen und allgemeiner Grundsätze im Bereich der Sicherheit
kerntechnischer Anlagen.

5.3 Durchführungsmodalitäten

Die Maßnahme wird von der Kommission selbst mit Statutspersonal und externen Mitarbeitern
durchgeführt.

6. FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN

6.1 Finanzielle Gesamtbelastung für Teil B des Haushalts (während des gesamten
Planungszeitraums)

(Die Berechnung der Gesamtbeträge in der nachstehenden Tabelle ist anhand der

Aufschlüsselung in Tabelle 6.2 zu erläutern).

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 81 – Drucksache 15/1781

6.1.1 Finanzielle Intervention

VE in €

Aufschlüsselung 2004 2005 2006 2007 2008 u. ff.
Jährlich

Insgesamt

Maßnahme 1 – Inspektionen

in den Mitgliedstaaten

39 000 52 000 52 000 52 000 52 000 247 000

INSGESAMT 39 000 52 000 52 000 52 000 52 000 247 000

2004 2005 2006 2007 ab 2008 Insgesamt

1) Technische und administ-
rative Hilfe, Unterstützungs-
und IT-Ausgaben (Ver-
pflichtungsermächtigungen)

- - - - -

a) Büros für technische Hilfe
(BTH)

- - - - -

b) sonstige Formen der tech-
nischen und administrativen
Hilfe

- intern:

- extern:

davon für Aufbau und

Wartung rechnergestützter

Verwaltungssysteme:

- - - - -

Zwischensumme 1 - - - - -

2) Unterstützungsausgaben:
- - - - -

a) Aus- und Fortbildung
- - - - -

b) Sachverständigensitzungen

c) Information und
Veröffentlichungen

- - - - -

Zwischensumme 2

INSGESAMT

6.2 Berechnung der Kosten für jede einzelne der vorgesehenen Maßnahmen zu Lasten
von Teil B (während des gesamten Planungszeitraums)20

Bei den vorgesehenen Uberprüfungen sollen jeweils zwei Sachverständige für die Dauer
von zwei Tagen eingesetzt werden (600 € Tagegeld + 2000 € Reisespesen). Für 2004
sind 15 Uberprüfungen vorgesehen (Kosten: 39 000 €), für die Folgejahre jeweils
20 Uberprüfungen (jährliche Kosten: 52 000 €).

20 Weitere Informationen sind den beigefügten Leitlinien zu entnehmen.

Drucksache 15/1781 – 82 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

7. AUSWIRKUNGEN AUF PERSONAL UND AUF VERWALTUNGSAUSGABEN

7.1 Auswirkungen im Bereich der Humanressourcen

Für die Durchführung der Maßnahme
erforderliches vorhandenes und /oder

zusätzliches Personal

Beschreibung der Aufgaben, die im
Zuge der Durchführung der Maßnahme

anfallen
Art der Mitarbeiter

Zahl der
Dauerplanstellen

Zahl der
Planstellen auf Zeit

Insgesa
mt

Beamte oder
Bedienstete auf
Zeit

A
B
C

1
1
1

1
2

1

Sicherheitssachverständiger
Leitender Verwaltungsbeamter

Sekretärin

Sonstige
Humanressourcen

1 ANS (Sicherheitssachverständiger)

Insgesamt 3 1 5

7.2 Finanzielle Gesamtbelastung durch den Personalbedarf

Art der Humanressourcen
jährliche Beträge in

Euro
Berechnungsweise *

Beamte
Bedienstete auf Zeit

432 000 Durchschnittliche Kosten eines
Kommissionsbeamten, allgemeine
Kosten eingeschlossen – D4 BUDG

Sonstige Humanressourcen
(Angabe der Haushaltslinie)

43 000 ANS

Insgesamt 475 000

Die Beträge entsprechen den Gesamtausgaben für zwölf Monate.

7.3 Sonstige Verwaltungsausgaben im Zusammenhang mit der Maßnahme

Beträge in EuroHaushaltslinie
(Nummer und Bezeichnung)

2004
2005 u. 2006
ff. Jährlich

2007 ff.
Jährlich

Berechnung

Gesamtmittelausstattung (Titel A-7)

A-701 – Dienstreisen
A-7030 – Sitzungen
A-7031 – Obligatorische Ausschüsse (1)

A-7032 – Nichtobligatorische Ausschüsse (1)

A-7040 – Konferenzen
A-705 – Untersuchungen und Konsultationen
Sonstige Ausgaben (im Einzelnen anzugeben)

32.500

40.000

50.000

..39.000

40.000

50.000

39.000

44.800

50.000

+/- 10 Dienstreisen/Jahr + +/-

20 Uberprüfungen (+/- 15
in Jahr 2004)

2 Tagungen jährlich des
Kommittees gemäss Art 3121

Untersuchungen über die
stilllegung

Informationssysteme (A-5001/A-4300)

Andere Ausgaben - Teil A (im Einzelnen
anzugeben)

Insgesamt 122.500 129.000 133.800

Angegeben sind jeweils die Beträge, die den Gesamtausgaben für 12 Monate entsprechen.

21 Für die Berechnung werden 800 Euro pro Teilnehmer zugrunde gelegt. Es sind zwei Teilnehmer pro
Mitgliedstaat und zwei Sitzungen järhrlich vorgesehen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 83 – Drucksache 15/1781

I. Jährlicher Gesamtbetrag (7.2 + 7.3)

II. Dauer der Maßnahme

III. Gesamtaufwand für die Maßnahme (I x II)

597.500 EUR im Jahr 2004,
604.000 EUR jährlich 2005
und 2006ff.,
608.800 EUR im Jahr 2007 ff.

Unbegrenzt

DIE NOTWENDIGEN HUMAN- UND VERWALTUNGSRESSOURCEN WERDEN BEI JÄHRLICHER
ZUWEISUNG VON DEN AN DIE DG TREN ZUGEWIESENEN HAUSHALTSMITTEL
GEDECKT.

8. ÜBERWACHUNG UND BEWERTUNG

8.1 Überwachung

Zur Überwachung werden Prüfungen durchgeführt.

8.2 Verfahren und Häufigkeit der Evaluierung

Die Kommission wird sich um die Mitarbeit der einzelstaatlichen Behörden bemühen, um
Mängel zu beseitigen.

Jahresbericht der Mitgliedstaaten. Tagungen mit den Mitgliedstaaten zur Überprüfung dieser
Berichte. Alle zwei Jahre Bewertungsbericht der Kommission an den Rat und an das
Europäische Parlament.

9. BETRUGSBEKÄMPFUNGSMASSNAHMEN

Übliche Rechnungsprüfung der Kommission.

Drucksache 15/1781 – 84 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

FOLGENABSCHÄTZUNGSBOGEN

AUSWIRKUNGEN DES VORGESCHLAGENEN RECHTSAKTS AUF DIE
UNTERNEHMEN, UNTER BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER KLEINEN

UND MITTLEREN UNTERNEHMEN (KMU)

BEZEICHNUNG DES VORGESCHLAGENEN RECHTSAKTS

Richtlinie des Rates über die Einführung gemeinsamer Normen im Bereich der Sicherheit
kerntechnischer Anlagen

DOKUMENTENNUMMER

DER VORGESCHLAGENE RECHTSAKT

1. Warum ist ein Rechtsakt der Gemeinschaft unter Berücksichtigung des
Subsidiaritätsprinzips in diesem Bereich notwendig und welche Ziele werden in
erster Linie verfolgt?

Durch die vorgeschlagene Richtlinie sollen gemeinsame Normen im Bereich der
Sicherheit kerntechnischer Anlagen eingeführt werden. Trotz der Versuche zur
Harmonisierung sicherheitsrelevanter Praktiken unterscheiden sich diese in den
einzelnen Mitgliedstaaten immer noch stark. Daher ist eine Maßnahme der
Gemeinschaft notwendig. Im Übrigen wurde im Hinblick auf die Erweiterung der
Union deutlich, dass eine derartige Maßnahme notwendig ist.

AUSWIRKUNG AUF DIE UNTERNEHMEN

2. Wer wird durch den vorgeschlagenen Rechtsakt betroffen sein?

– welche Wirtschaftszweige?

Der Vorschlag betrifft den gesamten Nuklearsektor sowie die Sicherheitsbehörden
der Mitgliedstaaten.

– welche Unternehmensgrößen (welcher Anteil kleiner, mittlerer, großer
Unternehmen)?

Diese Richtlinie dürfte nur Großunternehmen, nicht jedoch kleine und mittlere
Unternehmen betreffen.

– befinden sich diese Unternehmen in bestimmten geografischen Gebieten?

Nicht alle Mitgliedstaat verfügen auf ihrem Hoheitsgebiet über kerntechnische
Anlagen. Mit der Erweiterung steigt allerdings die Anzahl der Mitgliedstaaten, die
Kernenergie nutzen. Im Jahr 2004 werden wohl 13 von 25 Mitgliedstaaten über
Leistungsreaktoren verfügen. Die Standorte dieser Anlagen sind nicht auf bestimmte
geographische Gebiete begrenzt, sie befinden sich in Deutschland, Belgien, Finnland,

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 85 – Drucksache 15/1781

Frankreich, Spanien, Ungarn, Litauen, den Niederlanden, der Tschechischen
Republik, dem Vereinigten Königreich, der Slowakei, Slowenien und Schweden.

3. Was werden die Unternehmen zu tun haben, um dem Rechtsakt nachzukommen?

Sie müssen Verfahren entwickeln und anwenden.

4. Welche wirtschaftlichen Folgen wird der vorgeschlagene Rechtsakt voraussichtlich
haben?

– für die Beschäftigung?

keine

– für die Investitionen und die Gründung neuer Unternehmen?

keine

– für die Wettbewerbsposition der Unternehmen?

Keine, da alle Unternehmen den gleichen Maßnahmen unterliegen.

5. Enthält der vorgeschlagene Rechtsakt Bestimmungen, die der besonderen Lage
kleiner und mittlerer Unternehmen Rechnung tragen (etwa reduzierte oder
andersartige Anforderungen usw.)?

nein

ANHÖRUNG

6. Organisationen, die zu dem vorgeschlagenen Rechtsakt konsultiert wurden, und
Darstellung ihrer wichtigsten Auffassungen.

Keine

Drucksache 15/1781 – 86 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Vorschlag für eine

RICHTLINIE (Euratom) DES RATES

über die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und
radioaktiver Abfälle

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 87 – Drucksache 15/1781

BEGRÜNDUNG

1. VORWORT

Bei der Nutzung der Kernenergie zur Elektrizitätserzeugung entstehen abgebrannte
(d.h. bestrahlte) Brennelemente und radioaktive Abfälle. Die gefährlichsten und
radiologisch bedenklichen Formen dieser Materialien werden zur Zeit in
Zwischenlagern aufbewahrt. Bislang wurde noch kein Material endgültig beseitigt,
und in keinem Mitgliedstaat steht in nächster Zeit eine solche Endlagerung an. In der
Zwischenzeit häuft sich immer mehr Material an.

Im vor kurzem verabschiedeten Grünbuch22 der Kommission über die
Energieversorgungssicherheit in der Europäischen Union wurde die Suche nach
akzeptablen Lösungen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle als die wichtigste
Frage für die Nutzung der Kernenergie herausgestellt. Betont wird darin auch die
Notwendigkeit der größtmöglichen Transparenz bei der Erkundung von Lösungen
sowie außerdem die Tatsache, dass weitere Forschungsarbeiten ausschlaggebend sind
für die Lösung herausragender technischer Fragen wie auch für die
Vertrauensbildung in der Öffentlichkeit und der Politik hinsichtlich der Lösungen. In
einer vor kurzem angestellten EU-weiten Meinungsumfrage23 wurde bestätigt, wie
wichtig die Frage der radioaktive Abfälle in den Augen der Bevölkerung ist.

Ungeachtet künftiger Strategien im Bereich der Energieerzeugung muss mit den
zurzeit vorhandenen Abfällen so umgegangen werden, dass die Grundprinzipien des
Schutzes der menschlichen Gesundheit und der Umwelt eingehalten werden. Sehr
bald schon muss gehandelt werden, damit die Verantwortung und die Last für die
Entsorgung der zunehmenden Menge abgebrannter Brennelemente und radioaktiver
Abfälle, die in Zwischenlagern aufbewahrt werden, nicht auf künftige Generationen
abgewälzt werden.

Die derzeitige Politik in den meisten Mitgliedstaaten und den Beitrittsländern geht
auf diese Fragen nicht angemessen ein.

2. DIE LAGE IN DEN EU-MITGLIEDSTAATEN UND IN DEN
BEITRITTSLÄNDERN

Alle Mitgliedstaaten und Beitrittsländer erzeugen radioaktive Abfälle. Diese Abfälle
fallen hauptsächlich bei folgenden Tätigkeiten an:

– die Elektrizitätserzeugung durch Kernenergie, einschließlich der Tätigkeiten
am Ende des Brennstoffkreislaufs und der Stilllegung;

22. KOM(2000) 769 vom 29. November 2000. „Hin zu einer europäischen Strategie für
Energieversorgungssicherheit“, Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften,
2001, ISBN 92-894-0319-5

23 Eurobaromètre Nr. 56, 2001 – Europäer und radioaktive Abfälle
(http://europa.eu.int/comm/energy/nuclear/pdf/eb56_radwaste_en.pdf)

Drucksache 15/1781 – 88 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

– Betrieb von Forschungsreaktoren;

– Nutzung der Strahlung und radioaktiver Materialien in der Medizin, der
Landwirtschaft, der Industrie und der Forschung;

– Behandlung von Materialien, die natürliche Radionuklide enthalten.

Lage in der Europäischen Union

nsgesamt fallen in der Europäischen Union pro Jahr 40.000 m3 an, wobei der
Großteil aus Tätigkeiten im Zusammenhang mit der nuklearen Elektrizitätserzeugung
stammt.24

Obschon die Endlagerung der weniger gefährlichen Abfallkategorie25 mittlerweile
gang und gäbe ist, wird sie derzeit nur in fünf Mitgliedstaaten mit laufendem
Kernenergieprogramm praktiziert (Finnland, Frankreich, Spanien, Schweden und im
Vereinigten Königreich). In Deutschland wurden in der Vergangenheit diese Abfälle
endgelagert, aber weder Belgien noch die Niederlande haben für diese
Abfallkategorie Entsorgungskapazitäten aufgebaut; diese beiden Länder lagern
derzeit ihre Abfälle in nationalen Zentrallagern. In den Mitgliedstaaten ohne
Kernenergieprogramm wird eine zeitlich unbegrenzte Zwischenlagerung praktiziert.

Alle bislang angefallenen gefährlicheren Abfälle26 werden in oberirdischen oder
oberflächennahen Anlagen gelagert, bis eine dauerhaftere Lösung gefunden ist. Kein
Land in der ganzen Welt hat bisher diese Abfälle endgültig beseitigt, und es ist von
Land zu Land sehr unterschiedlich, wie weit man noch von dieser dauerhaften
Lösung entfernt ist. In der EU sind Finnland und Schweden vielleicht am weitesten
fortgeschritten, da sie seit langem Programme für die Entwicklung der Einlagerung
in der Tiefe haben. Manche Mitgliedstaaten überdenken all ihre Optionen wie auch
den damit verbundenen Entscheidungsprozess. Andere dagegen schieben die
Entscheidung vor sich her.

Lage in den Beitrittsländern

In den Beitrittsländern mit von der Sowjetischen Union gebauten Kernkraftwerken
und Forschungsreaktoren ist die Entsorgung abgebrannter Brennelemente in den
vergangenen zehn Jahren zu einer entscheidenden Frage geworden, weil die

24 Für nähere Informationen über das Abfallaufkommen in der EU siehe Verweis in Fußnote 11
25 siehe Empfehlung der Kommission vom 15. September 1999 über ein Klassifizierungssystem für feste

radioaktive Abfälle (SEC(1999) 1302 endg., 1999/669/EG, Euratom). Die Kategorie der weniger
gefährlichen Abfälle umfasst in der Regel kurzlebige schwach- und mittelaktive Abfälle. Diese können
normalerweise in oberirdischen oder öberflächennahen Endlagern beseitigt werden. Nach Schließung des
Lagers wird normalerweise eine aufsichtsrechtliche (oder behördliche) Überwachung für einen Zeitraum
von ungefähr 300 Jahren aufrechtgehalten, um zu verhindern, dass die Abfälle während noch bestehender
Strahlungsgefahr durch menschliches Tun beeinflusst werden.

26 Siehe Verweis in Fußnote 4. Als gefährlichere Abfälle sind hoch radioaktive, langlebige Abfälle eingestuft.
Abgebrannte Brennelemente können aufgearbeitet werden, so dass die Abfallmaterialien beseitigt und das
ungenutzte Uran und Plutonium für die Herstellung frischen Kernbrennstoffs wiedergewonnen wird. Dieser
Vorgang ist als „Wiederaufarbeitung“ bekannt. Die hoch aktiven Abfallmaterialien werden in der Regel in
Glas geschmolzen - „Verglasung“ -, so dass sie eine Form erhalten, die sich für längeres Lagern und
schließlich die Endlagerung eignet. Diese verglasten Abfälle oder, falls die Wiederaufarbeitung nicht
praktiziert wird, die abgebrannten Brennelemente selbst, werden als hoch radioaktiver Abfall angesehen.
Diese Art von Abfällen bleibt über Tausende von Jahren gefährlich.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 89 – Drucksache 15/1781

Rücksendung nach Russland zur Wiederaufarbeitung oder Lagerung nicht mehr
möglich ist. Von heute auf morgen mussten diese Länder Zwischenlager für ihre
abgebrannten Brennelemente bauen. Mit der Durchführung von Programmen für die
längerfristige Entsorgung und letztliche Beseitigung dieser abgebrannten
Brennelemente ist man kaum - wenn überhaupt - vorangekommen.

Was die weniger gefährlichen Abfälle aus Kernkraftwerken angeht, so verfügen nur
die Tschechische Republik und die Slowakei über Endlager, die tatsächlich in
Betrieb sind. Mehrere Länder verfügen über Endlager nach russischer Bauart für die
radioaktiven Abfälle, die nicht aus dem Kernbrennstoffkreislauf stammen. Allerdings
entsprechen diese Anlagen nicht immer den heutigen Sicherheitsnormen. In manchen
Fällen werden die Abfälle woanders aufgearbeitet beziehungsweise entsorgt werden
müssen.

3. GEGENWÄRTIGE GEMEINSCHAFTLICHE UND INTERNATIONALE
MASSNAHMEN

Wichtigste Grundsätze bei der Entsorgung aller gefährlichen Abfälle müssen die
Gewährleistung eines hohen Maßes an Sicherheit für die Bevölkerung und die
Arbeitnehmer sowie der Umweltschutz sein. In Bezug auf abgebrannte
Brennelemente und radioaktive Abfälle beinhaltet die Anwendung dieser
Grundsätze, dass Mensch, Gesellschaft und Umwelt vor den schädlichen
Auswirkungen ionisierender Strahlungen geschützt werden.

In den letzten Jahren standen diese Prinzipien auch im Vordergrund der Maßnahmen
auf Gemeinschafts- und internationaler Ebene: dazu gehörten Forschungsarbeiten
wie auch politische und gesetzgeberische Initiativen.

Die Grundnormen für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der
Arbeitnehmer vor den Gefahren ionisierender Strahlung untermauern die
Angleichung der Grundprinzipien der Abfallentsorgung, Normen, die ein
gemeinsames, international anerkanntes Strahlenschutzniveau in der gesamten
Europäischen Union garantieren. Die letzte Revision der grundlegenden
Sicherheitsnormen27 fand 1996 statt; die Umsetzung in einzelstaatliches Recht
musste bis zum 13. Mai 2000 erfolgen. Darüber hinaus gibt es nach Kapitel 3 Titel II
des EURATOM-Vertrags ein gemeinschaftliches Überwachungs- und
Kontrollsystem für internationale Transporte radioaktiver Abfälle28 . Schließlich ist
die im Rahmen des Kapitels Umwelt des EG-Vertrags erlassene Richtlinie über die
Umweltverträglichkeitsprüfung und ihre Änderungen29 30ebenfalls von erheblicher
Bedeutung für den Sektor der radioaktiven Abfälle.

Das in dem gemeinschaftlichen Aktionsplan31 verfolgte Konzept und die damit
verbundene Strategie besteht darin, die Harmonisierung und Zusammenarbeit

27 Richtlinie des Rates 96/29/EURATOM vom 13 Mai 1996
28 Richtlinie des Rates 92/3/EURATOM vom 3. Februar 1992
29 Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27 Juni 1985
30 Richtlinie 97/11/EWG des Rates vom 3. März 1997
31 Entschließung des Rates (92/C 158/02) vom 15. Juni 1992 über die Erneuerung des Aktionsplans der

Gemeinschaft für radioaktive Abfälle.

Drucksache 15/1781 – 90 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern, um ein gleichwertiges, akzeptables
Sicherheitsniveau in der gesamten EU zu erreichen. Der jüngste Bericht über die
Lage der Entsorgung radioaktiver Abfälle in der Europäischen Union wurde 1999
veröffentlicht32.Außerdem hat die Kommission33 vor kurzem einen ähnlichen Bericht
über die Beitrittsländer veröffentlicht.

Die Entsorgung radioaktiver Abfälle ist nach wie vor eines der
Hauptforschungsthemen der Euratom-Rahmenprogramme. Ein Schlüsselaspekt ist
die Unterstützung für die Forschung in unterirdischen Forschungsanlagen, die
Wissen über Prozesse und Daten liefert, um die Realisierbarkeit der künftigen tiefen
Endlager zu bestätigen. Die fortgeschrittenen Techniken für die chemische und
nukleare Trennung wie auch für die Minimierung der langlebigen Abfälle
(üblicherweise gemeinsam als „Trennung und Transmutation“ bezeichnet) sind
weitere wichtige Forschungsbereiche.

Außerdem gibt es eine Reihe von internationalen Übereinkommen, denen bei der
Schaffung gemeinsamer Sicherheitspraktiken und -niveaus auf der internationalen
Bühne eine wichtige Rolle zukommt. Das wichtigste ist das gemeinsame
Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente
und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle (hier zitiert als
Gemeinsames Abkommen) 34, das unter der Schirmherrschaft der Internationalen
Atomenergie-Organisation (IAEO) ausgehandelt wurde und am 18. Juni 2001 in
Kraft trat. Der Beitritt der Europäischen Gemeinschaft und von EURATOM zu
diesem Übereinkommen ist im Moment Gegenstand eines Vorschlags der
Kommission35. Darüber hinaus erarbeitet die IAEO zurzeit eine Dokumentation über
sämtliche Aspekte der Entsorgung radioaktiver Abfälle, einschließlich der
Empfehlungen über die sichere Endlagerung sämtlicher Kategorien radioaktiver
Abfälle.

4. HANDLUNGSBEDARF

Obschon beträchtliche Mengen36 (beinahe2.000.000 m3) der weniger gefährlichen
Kategorien von radioaktiven Abfällen in der Vergangenheit in der EU beseitigt
worden sind, haben momentan nicht alle Länder Zugang zu Endlagern. Diese
Kategorie von Abfällen, die in erheblich größeren Mengen anfallen als die
gefährlicheren Kategorien, stellen hinsichtlich ihrer Endlagerung keine besondere
technologische Herausforderung dar, erfordern aber während ihrer Zwischenlagerung
eine genaue Überwachung.

In Bezug auf die gefährlicheren Abfälle besteht unter Fachleuten ein breiter
internationaler Konsens darüber, dass die Beseitigung durch Abschirmung in der
Tiefe von beständigen geologischen Formationen die beste Entsorgungsmöglichkeit

32 Mitteilung der Kommission an den Rat „Mitteilung und 4. Bericht über die derzeitige Lage und die
Aussichten auf dem Gebiet der Entsorgung radioaktiver Abfälle in der Europäischen Union“, KOM(98)
799 vom 11.01.1999.

33 Bericht der Kommission EUR 19154
34 Wortlaut bei der IAEO erhältlich –INFCIRC/546 (24. Dezember 1997)
35 KOM(2001) 520 endg., 15 Oktober 2001
36 Für nähere Informationen über das Abfallaufkommen in der EU siehe Verweis in Fußnote 11

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 91 – Drucksache 15/1781

darstellt. Durch ein System aus mehrfachen Rückhaltebarrieren und eine sorgfältige
Auswahl des Wirtsgesteins37 können diese Abfälle für extrem lange Zeiträume
abgeschirmt werden, so dass gewährleistet ist, dass jegliche Restradioaktivität nur
nach vielen tausend Jahren und in im Vergleich zur natürlichen Hintergrundstrahlung
unerheblichen Konzentrationen austritt. Zahlreiche Studien haben bestätigt, dass die
heute verfolgten Konzepte im Falle ihrer Realisierung die erforderliche Abschirmung
der Abfälle über diese sehr langen Zeiträume hinweg leisten können. Diese Strategie
der tiefen Endlagerung verringert das Risiko des ungewollten menschlichen
Eindringens erheblich und ist im Wesentlichen passiv und beständig, ohne dass
weitere Interventionen des Menschen oder behördliche Kontrollen erforderlich sind.

Dass mehrere Mitgliedstaaten mit der Ermittlung und Genehmigung der geeigneten
Endlagerstätten, insbesondere im Falle der Lager in tiefen geologischen
Formationen, im Rückstand sind, ist allerdings Besorgnis erregend. Inzwischen
nimmt die Menge an abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen, die in
Zwischenlagern an der Oberfläche oder oberflächennah gelagert werden, immer
weiter zu. Diese oberirdischen Anlagen erfordern aktive Maßnahmen wie
Überwachung und Instandhaltung, damit ein gleichbleibend hohes Sicherheits- und
Umweltschutzniveau gesichert ist. Dies stellt eine inakzeptable Belastung für
künftige Generationen dar; denn sie werden aus der Elektrizität, die die Reaktoren
produzierten, welche den Abfall erzeugten, keinen Nutzen ziehen. Außerdem ist es
nach den Ereignissen des 11. September 2001 wegen der Gefahr der Beschädigung
solcher oberirdischen Anlagen durch einen Terroranschlag deutlich geworden, dass
rasch gehandelt werden muss.

Wichtige Arbeiten der Forschung und technologischen Entwicklung (FTE) müssen
weitergeführt werden, damit die einzelnen Standorte umfassend untersucht und die
relevanten geologischen, geochemischen und hydrogeologischen Prozesse wie auch
die langfristige Eignung der technischen Einschlussbarrieren in der tatsächlichen
Endlagerumgebung erkundet werden.

Die Einlagerung in tiefen geologischen Formationen kann radioaktive Abfälle vom
Menschen und seiner Umwelt für die sehr lange notwendige Zeit abschirmen und
wird erforderlich sein für eine Anzahl von Abfallarten, die es bereits gibt, sowie
andere, die in Zukunft anfallen werden. Sie ist die beste zur Verfügung stehende
Option für langfristige Entsorgung von vielen der gefährlicheren Arten von Abfall.
Allerdings ist es wichtig, dass das Beginnen des Betreibens von geologischen
Endlagern nicht als letzte Lösungzur Entsorgung von radioaktiven Abfällen gesehen
wird. Fortschritte auf dem Weg zur Endlagerung in tiefen geologischen Formationen
dürfen nicht dazu führen, dass die FTE auf anderen Gebieten der Entsorgung
radioaktiver Abfälle eingeschränkt wird, wie z. B. die Forschungsarbeiten über neue
Technologien zur Minimierung der Abfallmenge, da sich aus solchen
Forschungsgebieten in der Zukunft neue Optionen abzeichnen könnten.

Die finanziellen Verpflichtungen müssen aufrecht gehalten werden, ja sogar in
einigen Mitgliedstaaten aufgestockt werden. Ferner ist eine effektivere
Zusammenarbeit zwischen diesen einzelnen Programmen vonnöten, da Fortschritte

37 Geignete Wirtsgesteine sind u. a. kristalline und vulkanische Gesteinsformationen, Ton- und
Salzformationen

Drucksache 15/1781 – 92 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

auf diesem Gebiet für die EU als Ganze von Bedeutung sind. Durch die Schaffung
eines Rahmens für eine bessere Zusammenarbeit und Koordinierung in diesem
Bereich wird die Kostenwirksamkeit insgesamt verbessert wie auch die so wichtige
Glaubwürdigkeit und öffentliche Akzeptanz der FTE als Ganze.

Das Rahmenprogramm der Gemeinschaft wird zwar weiterhin eine wichtige Rolle
für die Förderung der Forschung auf diesen Gebieten spielen, aber allein reicht es
wohl nicht aus, um den Erfolg zu garantieren. Mehrere Mitgliedstaaten haben eigene
Forschungs- und Entwicklungsprogramme, die entweder aus nationalen Budgets oder
vom Nuklearsektor finanziert werden. Dennoch ist es zurzeit nicht klar, ob diese
einzelnen nationalen Programme ausreichen, um sämtliche noch offenen Fragen zu
behandeln. Es ist wahrscheinlich, dass die finanzielle Verpflichtung entscheidend
aufgestockt werden muss.Die Kommission wird weiterhin die Zusammenarbeit
zwischen den Mitgliedstaaten auf gemeinsamen Gebieten der Forschung und
technologischen Entwicklung ermutigen. Ausserdem plant sie, dem Rat die
Errichtung eines gemeinsamen Unternehmens im Sinne des Kapitels 5 von Titel II
des EURATOM-Vertrags vorzuschlagen, das diese Mittel verwalten und die
Forschung lenken soll. Industrie und Mitgliedstaaten würden sich auf freiwilliger
Basis an diesem gemeinsamen Unternehmen beteiligen.

5. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Weitere Verzögerungen bei den Entscheidungen über die Entwicklung von
Endlagern für die Beseitigung radioaktiver Abfälle lassen sich nicht rechtfertigen. Im
Gegenteil: Es gibt eine ganze Reihe von ethischen, umweltpolitischen und
sicherheitstechnischen Gründen, die für die rasche Entwicklung dieser Anlagen
sprechen. Jegliche Verzögerung, die den Anschein erwecken könnte, dass wir die
Verantwortung für die Beseitigung unserer eigenen Abfälle auf künftige
Generationen abwälzen, ist zu vermeiden, vor allem weil solche Verzögerungen -
insbesondere im Fall der gefährlicheren Abfälle - auch das potenzielle Risiko von
Unfällen und Terroranschlägen erhöhen können.

Deshalb sollten die Mitgliedstaaten geeignete Strategien entwickeln und detaillierte
Programme für die langfristige Entsorgung sämtlicher Arten von Abfällen unter ihrer
Gerichtsbarkeit ausarbeiten. Obschon die Gemeinschaft als Ganze ihre Kapazität zur
Zwischenlagerung ihrer Abfälle aufrechterhalten sollte, sollte der Schwerpunkt
dieser Programme auf der Entwicklung von Endlagern für die radioaktiven Abfälle
liegen. Eine offene, angemessene Information der Öffentlichkeit und eine
Mitwirkung aller - unter Einhaltung des Verursacherprinzips - sind entscheidende
Aspekte dieser Programme.

Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass FTE in ausreichendem Umfang
durchgeführt wird, damit die Fristen für die Umsetzung ihrer Programme eingehalten
werden. Für die weitere Nutzung der Kernenergie könnte es auch nützlich sein,
alternative Technologien für einen möglichen Einsatz in der Zukunft zu erkunden,
die zu geringeren Abfallmengen führen.

Auch wenn die Mitgliedstaaten sich sicherlich zum Ziel setzen sollten, bei der
Entsorgung ihrer eigenen radioaktiven Abfälle selbständig zu sein, müsste es eine
größere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten geben, insbesondere wenn

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 93 – Drucksache 15/1781

dadurch das notwendige hohe Maß an nuklearer Sicherheit und Umweltschutz
gesichert oder noch weiter ausgebaut würde. Ein regionales Konzept, an dem zwei
oder mehr Länder beteiligt sind, könnte ebenfalls Vorteile bieten, insbesondere für
Länder, die noch kein bzw. nur ein begrenztes Kernenergieprogramm haben,
insofern, als dadurch eine sichere und weniger kostspielige Lösung für alle
Beteiligten erreicht würde. Gleichwohl sollte kein Mitgliedstaat verpflichtet sein, die
Einfuhr radioaktiver Abfälle aus einem anderen Mitgliedstaat zu akzeptieren.

6. BESTIMMUNGEN DIESES VORSCHLAGS

Präambel

Rechtsgrundlage für diesen Vorschlag ist der Euratom-Vertrag, insbesondere die
Artikel 31 und 32.

Nach Artikel 2 Buchstabe b Euratom-Vertrag hat die Gemeinschaft „einheitliche
Sicherheitsnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte
aufzustellen und für ihre Anwendung zu sorgen“. Artikel 31 Euratom-Vertrag
schreibt das Verfahren für die Festlegung der Grundnormen und für deren Ergänzung
im Sinne des Artikels 32 vor.

Die Gültigkeit dieser Rechtsgrundlage ist kürzlich im Urteil des Gerichtshofes
(Entscheidung C-29/99) vom 10 Dezember 2002 betreffend die Zuständigkeit des
Gemeinschaft hinsichtlich der nuklearen Sicherheit bestätigt worden. Darin heißt es:
“zur Abgrenzung der Zuständigkeiten der Gemeinschaft nicht künstlich zwischen
dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Sicherheit der Quellen
ionisierender Strahlungen zu unterscheiden." Für den vorliegenden Vorschlag
bedeutet das, dass solche Quellen alle radioaktven Abfälle und abgebrannten
Brennelemente einschlössen.

Zweck und Anwendungsbereich (Artikel 1)

Die Richtlinie verfolgt den Zweck, zur Aufstellung der besten Methoden bei der
Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle in den
Mitgliedstaaten beizutragen. Diese besten Methoden spiegeln folgende
Grundprinzipien wider:

– Schutz der Gesundheit des Menschen sowie der Umwelt sowohl jetzt als
auch in der Zukunft (Nummer 1 (a))

– nukleare Sicherheit und Umweltschutz durch die Anwendung von
Vorsichts- und Vorsorgemaßnahmen (Nummer 1 (b));

– Unterrichtung, Dialog und wo angebrachtBeteiligung der Öffentlichkeit
im Entscheidungsprozess als ein wesentlicher Aspekt des modernen
Regierens im Bereich der radioaktiven Abfälle (Nummer 1 (c)).

Die besondere Art der allgemeinen Anforderungen wird in Artikel 3 erläutert.
Speziellere Anforderungen insbesondere hinsichtlich der radioaktiven Abfälle
werden in den Artikeln 4 und 5 beschrieben.

Drucksache 15/1781 – 94 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Die Mitgliedstaaten und die Beitrittsländer verfolgen unterschiedliche Strategien
hinsichtlich abgebrannter Brennelemente. Manche betrachten sie als Abfälle, andere
sehen in ihnen eine Ressource, aus der wertvolle Mengen spaltbaren und brütbaren
Materials gewonnen werden können, während eine dritte Gruppe noch keine
Strategie festgelegt hat. Angesichts dieser Unterschiede werden in dieser Richtlinie
nicht alle abgebrannten Brennelemente als Abfälle angesehen. Allerdings findet
diese Richtlinie Anwendung auf als Abfälle erklärte Materialien sowie auf sämtliche
abgebrannten Brennelemente, die in den EU-Mitgliedstaaten angefallen sind.
Unabhängig von der von den Mitgliedstaaten verfolgten Strategie hinsichtlich
abgebrannter Brennelemente müssen Kontrolle und Überwachung dieser Materialien
in allen Mitgliedstaaten gleich streng sein.

In Übereinstimmung mit dem Gemeinsamen Abkommen, definiert der vorliegende
Vorschlag radioaktive Abfälle als feste, flüssige oder gasförmige Stoffe. Das
Programm für Entsorgung radioaktiver Abfälle, wie es unter Artikel 4 dieses
Vorschlags definiert wird, umfasst daher auch die Praxis von Ableitungen in die
Umwelt.. In Abweichung von der Definition in dem Gemeinsamen Abkommen
bezieht sich der Begriff Endlagerung, wie er in dem vorliegenden Vorschlag definiert
wird, nur auf die Praxis feste oder verfestigte Abfälle, auch in der Form von
abgebrannten Brennelementen, in ein geeignetes Endlager einzulagern.

Ebenso in Übereinstimmung mit dem Gemeinsamen Übereinkommen werden
Abfälle, die nur natürlich vorkommende radioaktive Stoffe enthalten, von dem
Anwendungsbereich ausgenommen, sofern solche Abfälle nicht auch aus dem
Kernbrennstoffkreislauf stammen. Dies bedeutet, dass Abfälle aus dem Uranbergbau
und der Uranverarbeitung unter diese Richtlinie fallen, während zum Beispiel
radioaktive Abfälle aus der Ölgewinnung ausgenommen sind, sofern die
Mitgliedstaaten sie nicht entsprechend Titel VII Artikel 40 der
Grundnormenrichtlinie (Richtlinie 96/29/Euratom) als radioaktive
Abfälledeklarieren.

Begriffsbestimmungen (Artikel 2)

Die in dieser Richtlinie verwendete Terminologie wurde soweit möglich an das
Gemeinsame Übereinkommen angeglichen (siehe jedoch die spezifische
Bezugnahme auf Endlagerung in Abschnitt 6.2).

Allgemeine Anforderungen an die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und
radioaktiver Abfälle (Artikel 3)

Die Liste der allgemeinen Anforderungen beschreibt Maßnahmen, die die
Mitgliedstaaten ergreifen müssen, um den in Artikel 1 erklärten Zweck der Richtlinie
zu erreichen. Diese Maßnahmen können als bewährte internationale beste Methoden
auf dem Gebiet der Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver
Abfälle angesehen werden und behandeln solche Aspekte wie Gesundheit der
Bevölkerung, Umweltschutz, nukleare Sicherheit, Finanzierung und Regieren Solche
Massnahmen sind Teil der derzeitigen Strategie in vielen Mitgliedstaaten.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 95 – Drucksache 15/1781

Programm für die Entsorgung radioaktiver Abfälle (Artikel 4)

Mit diesem Programm wird die Wurzel der größten Probleme in der EU im
Zusammenhang mit der Entsorgung vorhandener und künftiger Bestände an
radioaktiven Abfällen, einschließlich abgebrannter Brennelemente, für die keine
Wiederaufarbeitung vorgesehen ist, angepackt. Alle Mitgliedstaaten werden
verpflichtet sein, ein langfristiges Entsorgungsprogramm für diese Materialien
festzulegen, das die grundlegenden international vereinbarten Grundsätze der
Abfallentsorgung respektiert. In Übereinstimmung mit der Argumentation in
Abschnitt 4 sollte dieses Programm, wenn immer möglich, die Endlagerung der
Abfälle zum Ziel haben. Langfristige Zwischenlagerung an oder nahe der Oberfläche
für die gefährlichsten Abfälle in Anlagen, die permanente aktive Maßnahmen - wie
regelmässige Wartung und fortdauernde Monitoring- und Überwachungsmaßnahmen
- erfordern, ist auf Dauer nicht tragbar und bedeutet eine nicht akzeptable Last für
künftige Generationen. In dem Artikel werden Termine vorgeschrieben, zu denen
von den jeweiligen nationalen Sicherheitsbehörden die Genehmigung für die
Entwicklung möglicher neuer Endlagerstätten und für die eventuelle Inbetriebnahme
dieser Anlagen erteilt werden sollte. Unter Beachtung der Tatsache, dass
Standortstudien bei tiefen Endlagern viel mehr Zeit in Anspruch nehmen, ist der
Termin für die Inbetriebnahme geologischer Endlager später angesetzt als der für
oberirdische Anlagen. Die in diesem Artikel vorgeschlagenen Termine wurden auf
der Grundlage der gegenwärtigen Situation in den Mitgliedstaaten festgelegt, aber
auch unter Berücksichtigung des Handlungsbedarfs. Alle Termine können auf
Vorschlag der Kommission vom Rat überprüft und geändert werden. Im Anhang der
Richtlinie werden zusätzliche Informationen gegeben über üblicherweise
erforderliche Schritte bei der Entwicklung neuer Endlager.

In einigen Ländern sind die Endlager für die Einlagerung von abgebrannten
Brennelementen und radioaktiven Abfällen dergestalt konzipiert, dass diese auf
einfacherem Wege rückgängig gemacht werden könnte und dass die Stoffe für eine
weitere Aufbereitung wiedererlangt werden könnten, soweit dieses machbar und
vorteilhaft wäre. Einer der Vorteile der “Konzentration- und
Einschließungsmethode” der Endlagerung gegenüber der derjenigen der
“Verdünnungs- und Dispersionsmethode” ist, dass die Abfälle für eine sehr lange
Zeitdauer isoliert bleiben, während der die Einlagerung der Abfallpakete rückgängig
gemacht werden könnte, auch wenn die ökonomischen Kosten eines solchen
Vorgehens unzweifelhaft hoch wären.

Dieser Artikel zusammen mit den Vorschriften über die Berichterstattung in Artikel
7 trägt auch den im Grünbuch der Kommission ermittelten Belangen in Bezug auf
eine größere Transparenz beim Umgang mit diesen Fragen Rechnung.

Die Ausfuhr von Abfällen wird in dem Artikel 4 auch eigens erwähnt. Für bestimmte
Mitgliedstaaten mit sehr begrenzten Abfallmengen stellt der Export in andere Länder
wahrscheinlich aus umweltpolitischer, sicherheitstechnischer und wirtschaftlicher
Sicht die sinnvollste Lösung dar. Allerdings können solche Transfers nur bei
Beachtung der in dem Artikel aufgeführten, äußerst strengen Bedingungen
genehmigt werden. Diese Bedingungen schliessen die Begrenzungen und Kriterien
für die Ausfuhr von radioaktivem Abfall nach Drittländern, die in der Richtlinie 92/3
Euratom aufgeführt sind, ein. Mit dem Vorschlag wird nicht angestrebt, das Recht
eines Landes auf Selbständigkeit in allen Angelegenheiten der Abfallentsorgung

Drucksache 15/1781 – 96 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

einzuschränken, sondern es geht darum, anzuregen, dass Anlagen und
Dienstleistungen wenn immer möglich gemeinsam genutzt werden.

Forschung und technologische Entwicklung auf dem Gebiet der Entsorgung
radioaktiver Abfälle (Artikel 5)

Spezialisierte und gründliche Forschung und technologische Entwicklung (FTE) ist
erforderlich, um rechtzeitig das Programm zur Entsorgung radioaktiver Abfälle und
die allgemeinen Ziele der vorgeschlagenen Gesetzgebung zu erreichen. Es ist die
Verantwortung der Mitgliedstaaten, ein angemessenes Niveau von FTE Mitteln zu
gewährleisten. Unter voller Beachtung des Verursacherprinzips können diese
Finanzmittel durch eine Abgabe auf die Elektrizitätserzeugung aus Kernenergie
aufgebracht werden und so sicherstellen, dass die Finanzmittel proportional zur
Elektrizitätserzeugung durch Kernenergie sind. Angesicht der momentanen Höhe der
Finanzierung in den Mitgliedstaaten, der offensichtlichen Angemessenheit dieser
Mittel und des Fortschritts in den jeweiligen Sektoren der Entsorgung radioaktiver
Abfälle werden schätzungsweise 0,5 Millionen € pro Terawatt-Stunde Atomstrom
ausreichen, um die erforderliche FTE durchzuführen. Die Höhe der Forschungsmittel
wird jedoch wahrscheinlich in der Zukunft abnehmen, wenn Länder anfangen,
tatsächlich Entsorgungsoptionen durchzuführen. Angesicht der entscheidenden
Bedeutung dieser FTE-Tätigkeiten und im Hinblick darauf, das höchstmögliche Maß
an Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Tätigkeiten in den
Mitgliedstaaten zu erreichen, wird die Kommission die Zusammenarbeit zwischen
den Mitgliedstaaten auf gemeinsamen Gebieten der Forschung und technologischen
Entwicklung entsprechend den Bestimmungen des Kapitels 1 von Titel II des
Vertrages fördern. Dafür können bestimmte Aufgaben an ein oder mehrere
gemeinsame Unternehmen übertragen werden, die nach Kapitel 5 von Titel II des
Vertrages zu errichten sind. Solche gemeinsamen Unternehmen würden für die
Leitung von FTE in Bereichen gemeinsamen Interesses zuständig sein.

Investitionen (Artikel 6)

Die Vorschriften in Kapitel 4 von Titel II des Euratom-Vertrags werden auf die
Investitionen in die Entsorgung radioaktiver Abfälle uneingeschränkt angewandt
werden. In diesem Zusammenhang ist klar, dass Weiterentwicklungen im
Nuklearsektor nur unterstützt werden, wenn entscheidende Fortschritte in Richtung
auf die Durchführung eines Programms für die langfristige Entsorgung sämtlicher
abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle erzielt worden sind.

Berichterstattung (Artikel 7)

Die Vorschriften über die Berichte werden die entsprechenden Bestimmungen unter
Nummer 1 des Aktionsplans der Gemeinschaft ersetzen und die Erörterungen im
Rahmen des Gemeinsamen Übereinkommens voll und ganz berücksichtigen. Ein
wichtiger Aspekt dieser Berichte werden Informationen über FTE-Maßnahmen sein.
Artikel 5 des Euratom-Vertrags bietet bereits eine Grundlage für die Mitgliedstaaten,
Informationen über die relevante Forschung der Kommission mitzuteilen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 97 – Drucksache 15/1781

Durchführung (Artikel 8)

Da es notwendig ist, in diesem Bereich rasch Fortschritte zu erzielen, sollte die
Durchführung so schnell als möglich erfolgen. Denkbar ist, als Termin den 1. Mai
2004 vorzuschlagen.

Drucksache 15/1781 – 98 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2003/0022(CNS)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE (Euratom) DES RATES

über die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere auf
Artikel 31 und 32,

auf Vorschlag der Kommission38, der gemäß Artikel 31 des Vertrags nach Stellungnahme
einer Gruppe von Persönlichkeiten ausgearbeitet wurde, die der Ausschuss für Wissenschaft
und Technik aus wissenschaftlichen Sachverständigen der Mitgliedstaaten ernannt hat, und
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses39,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments40,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Nach Artikel 30 des Vertrages sind Grundnormen für den Gesundheitsschutz der
Bevölkerung und der Arbeitskräfte gegen die Gefahren durch ionisierende
Strahlungen festzusetzen.

(2) Die Richtlinie des Rates 96/29/Euratom41 legt die grundlegenden Sicherheitsnormen
für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Arbeitskräfte gegen die
Gefahren durch ionisierende Strahlungen fest.

(3) Mit der Richtlinie des Rates 92/3/Euratom42 ist bereits ein System zur Überwachung
und Kontrolle der Verbringungen radioaktiver Abfälle von einem Mitgliedstaat in
einen anderen, in die Gemeinschaft und aus der Gemeinschaft eingerichtet worden,
worunter auch ein verbindliches, gemeinsames Meldeverfahren für Verbringungen
solcher Abfälle, sowie sehr strenge Beschränkungen und Kriterien bezüglich
Drittländer, in die radioaktive Abfälle exportiert werden können, fallen.

(4) Die Richtlinie des Rates 85/337/EWG43 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei
bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, einschließlich solcher im
Zusammenhang mit der Beseitigung und langfristigen Lagerung radioaktiver Abfälle,
verlangt von den Mitgliedstaaten, dass sie „die erforderlichen Maßnahmen [treffen],
damit vor Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen unter anderem
aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen

38 ABl. C […], […], S. […].
39 ABl. C […], […], S. […].
40 ABl. C […], […], S. […].
41 ABl. L 159 vom 29.06.1996, S. 1
42 ABl. L 35 vom 12.02.1992, S. 24
43 ABl. L 175 vom 05.07.1985, in der Fassung der Richtlinie 97/11/EG, ABL. L 73 vom 14.03.1997. S. 5.,

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 99 – Drucksache 15/1781

auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer
Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden.“

(5) Das vorhandene Gemeinschaftsrecht enthält keine speziellen Regeln, mit denen dafür
gesorgt ist, dass abgebrannte Brennelemente in der ganzen Europäischen Union
effektiv und durchgängig sicher entsorgt werden, und deshalb sollten die
vorhandenen Gemeinschaftsregeln ergänzt werden.

(6) Im Grünbuch der Kommission „Hin zu einer europäischen Strategie für
Energieversorgungssicherheit“44 wird betont, dass für dasProblem radioaktiver
Abfälle eine zufriedenstellende Lösung mit größtmöglicher Transparenz gefunden
werden muss.

(7) Im Abschlussbericht der Kommission über das Grünbuch45 wird betont, dass rasche
Fortschritte im Hinblick auf tragfähige Lösungen für die Entsorgung radioaktiver
Abfälle erzielt werden können, indem auf Gemeinschaftsebene feste Termine für die
Einführung effizienterer einzelstaatlicher Systeme für die Endlagerung radioaktiver
Abfälle festgelegt werden.

(8) Ziel des internationalen Gemeinsamen Übereinkommens über die Sicherheit der
Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung
radioaktiver Abfälle, das am 18. Juni 2001 in Kraft trat, ist die Erreichung und
Beibehaltung eines weltweit hohen Sicherheitsstandes bei der Entsorgung
abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle durch Verbesserung
innerstaatlicher Maßnahmen und internationaler Zusammenarbeit.

(9) Bei der Elektrizitätserzeugung durch Kernenergie entstehen abgebrannte
Brennelemente und radioaktive Abfälle.

(10) Radioaktive Abfälle fallen auch bei der Verwendung von Radionukliden in der
Medizin, der Forschung und der Industrie an.

(11) Freisetzung von Radionukliden von abgebrannten Brennelementen und radioaktiven
Abfällen können Auswirkungen über staatliche Grenzen hinweg haben.

(12) Jeder Mitgliedstaat bleibt für die Entsorgung sämtlicher abgebrannter Brennelemente
und radioaktiver Abfälle unter seiner Gerichtsbarkeit verantwortlich.

(13) Die sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle würde
durch eine verstärkte Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den
Mitgliedstaaten verbessert.

(14) In der Entschließung des Rates vom 15. Juni 199246 wurde die Kommission ersucht,
ein gemeinsames Konzept auf Gemeinschaftsebene zu entwickeln und mit den
Mitgliedstaten auf die Harmonisierung von Strategien und Praktiken zur Entsorgung
radioaktiver Abfälle hinzuarbeiten, wo immer möglich.

44 KOM(2000) 769
45 KOM(2002) 321 endg..
46 Abl. C 158 vom 25.06.1992 S.3

Drucksache 15/1781 – 100 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

(15) Unter Fachleuten besteht ein breiter internationaler Konsens darüber, dass – auf der
Grundlage des heutigen Wissenstandes, die Endlagerung in geologischen
Formationen die geeigneteste Methode für die langfristige Entsorgung der
gefährlichsten Formen von festen und verfestigten radioaktiven Abfällen darstellt.

(16) Die Festsetzung von Fristen auf Gemeinschaftsebene für die Durchführung von
angemessenen Entsorgungssystemen wird gewährleisten, dass künftigen
Generationen keine unangemessenen Lasten auferlegt werden und gleichzeitig dafür
sorgen, dass jetzt und in Zukunft die grundlegenden Prinzipien des Strahlenschutzes
des Kapitels 1 der Richtlinie 96/29/ Euratom beachtet werden.

(17) Im Bereich der Forschung und technologischen Entwicklung auf den verschiedenen
Gebieten der radioaktiven Abfälle, einschließlich Minimierung, gibt es gemeinsame
Fragestellungen, die viele Mitgliedstaaten betreffen und die sinnvollerweise auf
Gemeinschaftsebene behandelt werden könnten, so dass die durch die
gemeinschaftlichen Rahmenprogramme koordinierte Forschung und Entwicklung
ergänzt wird.

(18) Um die notwendige Forschung und technologische Entwicklung auf dem Gebiet der
Entsorgung radioaktiver Abfälle zu erleichtern, soll die Kommission gemeinsame
Finanzierungen durch die Mitgliedstaaten fördern. Zu diesem Zweck ist es
angebracht die Möglichkeit der Übertragung von Forschung und Entwicklung auf
Gebieten von gemeinsamem Interesse auf Gemeinsame Unternehmen vorzusehen.

(19) Die Anwendung dieser Richtlinie soll durch regelmäßige Berichte der
Mitgliedstaaten überwacht werden,

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Zweck und Anwendungbereich

1. Diese Richtlinie stellt Anforderungen auf für die sichere Entsorgung abgebrannter
Brennelemente und radioaktiver Abfälle aufwie

(a) zu gewährleisten, dass alle abgebrannten Brennelemente und radioaktiven
Abfälle sicher entsorgt werden, so dass die Arbeitskräfte, die Bevölkerung und
die Umwelt vor den schädlichen Auswirkungen ionisierender Strahlung heute
wie auch in Zukunft angemessen geschützt werden.

(b) einen hohen Sicherheitsstandes bei der Entsorgung abgebrannter
Brennelemente und radioaktiver Abfälle zu erreichen und beizubehalten, so
dass die Gesundheit des Menschen und die Umwelt durch alle erforderlichen
Vorsorge- und Vorbeugemaßnahmen geschützt werden, und mit Blick darauf,
dass ein angemessenesSchutzniveau in der ganzen Gemeinschaft durchgängig
und effektiv erreicht wird;

(c) die effektive Unterrichtung und -wo angebracht -Beteiligung der
Öffentlichkeit, damit die geforderte Transparenz in dem einschlägigen
Entscheidungsprozess gewährleistet ist, zu verbessern.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 101 – Drucksache 15/1781

2. Diese Richtlinie findet Anwendung auf alle Stufen der Entsorgung abgebrannter
Brennelemente und radioaktiver Abfälle.

Diese Richtlinie findet keine Anwendung auf Abfälle, die nur natürlich
vorkommende radioaktive Materialien enthalten, die nicht aus dem
Kernbrennstoffkreislauf stammen, sofern sie nicht von einem Mitgliedstaat zu
radioaktiven Abfällen im Sinne dieser Richtlinie erklärt werden.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

(1) „Stilllegung“ alle Schritte, die zur Entlassung kerntechnischer Anlagen,
ausgenommen Endlager, aus staatlicher Kontrolle führen. Dazu gehören auch die
Dekontaminations- und Demontagearbeiten;

(2) „Ableitungen“ geplante und kontrollierte Freisetzungen flüssiger oder gasförmiger
radioaktiverAbfälle, die rechtmäßig im Rahmen der von der staatlichen Stelle
genehmigten Grenzwerte aus staatlich beaufsichtigten kerntechnischen Anlagen
während des Normalbetriebs direkt in die Umwelt erfolgen;

(3) „Endlagerung“ die Einlagerung fester oder verfestigter radioaktiver Abfälle,
einschließlich abgebrannter Brennelemente, in einer geeigneten Anlage, wobei eine
Rückholung nicht beabsichtigt ist;

(4) „geologische Endlagerung“ die Endlagerung in einem geologischen Endlager;

(5) „geologisches Endlager“ ein Endlager, in einer geologisch beständigen
Gesteinsschicht und so tief eingebaut , dass während des Zeitraums, in dem der
Abfall eine radiologische Gefahr darstellt, die Erosion der Stätte durch natürliche
Prozesse wie Witterung und Vergletscherungen unbeachtet gelassen werden kann
und die Wahrscheinlichkeit des menschlichen Eindringens in das Endlager auf das
Mindestmaß herabgesetzt ist, selbst wenn eine behördliche Aufsicht über die Stätte
nicht mehr besteht;

(6) „ionisierende Strahlung“ den Transfer von Energie in Form von Teilchen oder
elektromagnetischen Wellen mit einer Wellenlänge von 100 Nanometern oder
weniger oder einer Frequenz von 3 x 1015 Hertz oder mehr die direkt oder indirekt
Ionen erzeugen können;

(7) „kerntechnische Anlage“ eine Anlage mit ihrem Gelände, ihren Gebäuden und ihrer
Ausrüstung, in der radioaktives Material in solchem Umfang hergestellt, verarbeitet,
verwendet, gehandhabt, gelagert oder endgelagert wird, dass
Sicherheitsüberlegungen erforderlich sind;

(8) „Kernbrennstoffkreislauf“ alle Stufen im Kreislauf der Herstellung, Verwendung und
Behandlung des in Kernreaktoren verwendeten Brennstoffs, einschließlich solcher
Schritte wie Erzgewinnung, Umwandlung, Anreicherung, Brennelementherstellung,
Energieerzeugung, Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente und/oder
Wiederaufarbeitung gefolgt von der Wiedergewinnung spaltbaren und brütbaren

Drucksache 15/1781 – 102 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Materials und Zwischenlagerung verglaster und sonstiger radioaktiver Abfälle,
Konditionierung und Einkapselung abgebrannter Brennelemente und/oder sonstiger
radioaktiver Abfälle und schließlich Endlagerung;

(9) „radioaktive Abfälle“ radioaktives Material in gasförmiger, flüssiger oder fester
Form, für das von dem Mitgliedstaat oder von einer natürlichen oder juristischen
Person, deren Entscheidung von dem Mitgliedstaat anerkannt wird, eine
Weiterverwendung nicht vorgesehen ist und das von einer staatlichen Stelle im
Rahmen von Gesetzgebung und Vollzug des Mitgliedstaats kontrolliert wird Die
verschiedenen Meldekategorien für feste radioaktive Abfälle sind erläutert in der
Empfehlung der Kommission vom 15. September 1999 über ein
Klassifizierungssystem für feste radioaktive Abfälle, SEC(1999) 1302 endg.,
1999/669/EG, Euratom47;

(10) „Entsorgung radioaktiver Abfälle“ sämtliche Tätigkeiten, einschließlich
Stilllegungstätigkeiten, die mit der Handhabung, Vorbehandlung, Behandlung,
Konditionierung, Lagerung oder Endlagerung radioaktiver Abfälle
zusammenhängen, ausgenommen die Beförderung außerhalb der Anlage. Diese
können auch Ableitungen einschließen;

(11) „staatliche Stelle“ eine oder mehrere Stellen, die von dem Mitgliedstaat mit der
rechtlichen Befugnis ausgestattet sind, jeden Aspekt der Entsorgung abgebrannter
Brennelemente oder radioaktiver Abfälle, einschließlich der Erteilung von
Genehmigungen, zu regeln;

(12) „Wiederaufarbeitung“ ein Verfahren oder einen Vorgang, dessen Zweck die
Gewinnung von Nuklearmaterial aus abgebrannten Brennelementen für die
Weiterverwendung ist;

(13) „Verbringung“alle Vorgänge zur Beförderungradioaktiver Abfälle vom Ursprungsort
zum Bestimmungsort, einschließlich Transport, Be- und Entladung zur Endlagerung
oder Lagerung;

(14) „abgebrannte Brennelemente“ Kernbrennstoff, der in einem Reaktorkern bestrahlt
und dauerhaft aus diesem entfernt worden ist;

(15) „Lagerung“ das Aufbewahren abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle
in einer Anlage, in der für ihren Einschluss gesorgt wird, wobei eine Rückholung
beabsichtigt ist.

Artikel 3

Allgemeine Anforderungen an die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und
radioaktiver Abfälle

1. Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, damit abgebrannte
Brennelemente und radioaktive Abfälle in solcher Weise entsorgt werden, dass
Einzelpersonen, die Gesellschaft oder die Umwelt angemessen gegen radiologische
Risiken geschützt sind, .

47 ABl. L 265 vom 13/10/1999, S. 37.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 103 – Drucksache 15/1781

2. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass der Anfall radioaktiver Abfälle auf das
praktikable Mindestmaß beschränkt bleibt.

3. Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsmaßnahmen
und ergreifen sonstige Schritte, die zur Gewährleistung der sicheren Entsorgung
abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle erforderlich sind.

4. Die Mitgliedstaaten errichten oder bestimmen eine Regulierungsbehörde, die mit der
Durchführung des Gesetzgebungs- und Vollzugsrahmens betraut und mit
entsprechenden Befugnissen, Zuständigkeiten, Finanzmitteln und Personal
ausgestattet ist, um die ihr übertragenen Aufgaben zu erfüllen.

5. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass angemessene Finanzmittel zur Unterstützung
der sicheren Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle, auch
aus Stilllegungsmaßnahmen, zur Verfügung stehen und dass
Finanzierungsregelungen dem Verursacherprinzip gerecht werden.

6. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass es eine effektive Unterrichtung und wo
angebracht eine Beteiligung der Öffentlichkeit gibt, damit ein hohes Maß an
Transparenz bei Fragen im Zusammenhang mit der Entsorgung abgebrannter
Brennelemente und radioaktiver Abfälle unter ihrer Gerichtsbarkeit erreicht wird.

Artikel 4

Programm für die Entsorgung radioaktiver Abfälle

1. Jeder Mitgliedstaat stellt ein genau abgestecktes Programm für die Entsorgung
radioaktiver Abfälle auf, das sämtliche radioaktive Abfälle unter seiner
Gerichtsbarkeit betrifft und alle Stufen der Entsorgung umfasst. Im Rahmen
diesesProgramms fallen unter radioaktive Abfälle auch alle abgebrannten
Brennelemente, für die es keine Wiederaufarbeitungsverträge oder im Fall von
Brennstoff aus Forschungsreaktoren Rücknahmevereinbarungen mit dem
Herstellungsland gibt.

2. Das Programm legt insbesondere alle Aspekte der langfristigen Entsorgung und für
feste und verfestigte radioaktive Abfälle der Endlagerung mit einem genauen
Zeitplan für jeden Schritt des Prozesses fest.

3. Gibt es keine geeignete Alternative zur Endlagerung und ist eine solche
Endlagerungsmöglichkeit noch nicht verfügbar, nehmen die Mitgliedstaaten die
folgenden Entscheidungspunkte in ihr Programm auf:

(a) Erteilung der Genehmigung für die Erschließung einer (oder mehrerer)
geeigneten (geeigneter) Endlagerstätte(n) spätestens im Jahre 2008. Im Falle
der geologischen Endlagerung hochaktiver und langlebiger radioaktive Abfälle,
könnte diese Genehmigung von einer weiteren Periode detaillierter
unterirdischer Studien abhängig gemacht werden;

(b) im Falle kurzlebiger schwach- und mittelaktiver Abfälle, wenn diese getrennt
von hochaktiven und langlebigen radioaktiven Abfällen endgelagert werden
sollen, Erteilung der Genehmigung für den Betrieb des Endlagers spätestens im
Jahre 2013;

Drucksache 15/1781 – 104 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

(c) im Falle hochaktiver und langlebiger radioaktiver Abfälle, die in einem
geologischen Endlager beseitigt werden sollen, Erteilung der Genehmigung für
den Betrieb des Endlagers spätestens im Jahre 2018.

4. Auf der Grundlage der nach Artikel 7 vorgeschriebenen regelmäßigen Berichte der
Mitgliedstaaten und der Kommission kann der Rat auf Vorschlag der Kommission
entscheiden, diese Termine im Interesse größerer nuklearer Sicherheit in der
Europäischen Union zu ändern.

5. Das Programm geht besonders auf die in Artikel 3 aufgeführten allgemeinen
Anforderungen ein und berücksichtigt die einzelnen Stufen im Endlagerprozess, die
im Anhang dieser Richtlinie beschrieben sind. In diesem Zusammenhang wird die
unbefristete oberirdische oder oberflächennahe Lagerung abgebrannter
Brennelemente, die nicht wiederaufgearbeitet werden, nicht als geeignete oder
nachhaltige Alternative zur Endlagerung angesehen.

6. Das Programm kann die Verbringung radioaktiver Abfälle oder abgebrannter
Brennelemente nach einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittlandbeinhalten,
falls solche Ausfuhren mit den bestehenden EU-Rechtsvorschriften, insbesondere der
Richtlinie 92/3/Euratom über Verbringung von radioaktiven Abfällen, und
internationalen Verpflichtungen vollständig in Einklang stehen, von festen Verträgen
abgedeckt sind und nur in Staaten mit geeigneten Anlagen erfolgen, die anerkannten
Normen und Standards der mitgliedstaatlichen Ausgangsländer genügen und die im
Fall von Stoffen im Sinne von Artikel 197 des Vertragesentsprechenden
Sicherungsmaßnahmen unterliegen.

Artikel 5

Forschung und technologische Entwicklung auf dem Gebiet der Entsorgung
radioaktiver Abfälle

1. Das Programm für die Entsorgung radioaktiver Abfälle im Sinne von Artikel 4 dieser
Richtlinie soll den Stand der Forschung und technologischen Entwicklung (FTE) auf
dem Gebiet der radioaktiven Abfälle angemessen berücksichtigen.

2. Auf der Grundlage der nach Artikel 7 dieser Richtlinie vorgeschriebenen
regelmäßigen Berichte der Mitgliedstaaten legt die Kommission gemeinsame
Bereiche für Forschung und technologische Entwicklung fest, die auf
Gemeinschaftsebene koordiniert werden können, wobei sie die Aktivitäten unter den
Forschungs- und Ausbildungsprogramm nach Artikel 7 des Vertrages berücksichtigt.

3. Die Kommission regt die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf
gemeinsamen Gebieten der Forschung und technologischen Entwicklung gemäss
Kapitel I des II. Titels des Vertrages an. Zu diesem Zweck können spezifische
Aufgaben auf Gemeinsame Unternehmen übertragen werden, die gemäss Kapitel V
des II. Titels errichtet werden können.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 105 – Drucksache 15/1781

Artikel 6

Investitionen

Bei Ausübung ihrer Zuständigkeiten nach dem Vertrag und insbesondere jenen nach Kapitel
4, Titel II berücksichtigt die Kommission umfassend den Fortschritt, den die Mitgliedstaaten
bei der Erfüllung der in Artikel 4 genannten Ziele für die Genehmigung eines oder mehrerer
Endlager(s) für die verschiedenen Formen radioaktiver Abfälle erzielen.

Artikel 7

Berichterstattung

1. Alle drei Jahre und zum ersten Mal ein Jahr nach dem in Artikel 8 genannten Datum
legt jeder Mitgliedstaat der Kommission einen Bericht über den Stand der
Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle unter seiner
Gerichtsbarkeit sowie den Fortschritt in Bezug auf die Durchführung dieser
Richtlinie vor ,gegebenenfalls einschließlich der im Anhang genannten
Informationen.

2. Gemäss Artikel 5 des Vertrages beschreibt der Bericht auch sämtliche Forschung und
technologische Entwicklung auf dem Gebiet der Entsorgung radioaktiver Abfälle, die
in dem Mitgliedstaat durchgeführt oder geplant wird, einschließlich Informationenzu
den Kosten, Finanzierungsquellen und voraussichtlichen Laufzeiten und
Abschlussterminen.

3. Die Kommission fasst die in diesen Berichten enthaltenen Informationen in einem
Bericht über den Stand der Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver
Abfälle in der Europäischen Union zusammen, der alle drei Jahre veröffentlicht wird.

Artikel 8

Umsetzung

1. Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie spätestens zum …[1. Mai 2004].
nachzukommen. Sie unterrichten die Kommission unverzüglich davon.

2. Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst
oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie
Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

3. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten Rechts- und
Verwaltungsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet
erlassen.

Artikel 9

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt des
Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

Drucksache 15/1781 – 106 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Artikel 10

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am […]

Im Namen des Rates

Der Präsident

[…]

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 107 – Drucksache 15/1781

ANHANG

Entsorgung radioaktiver Abfälle

Es wird angenommen, dass für die Entwicklung, technische Demonstration und Umsetzung
eines Entsorgungssystems für radioaktive Abfälle die Anwendung eines abgestuften Konzepts
sowohl notwendig als auch unvermeidbar ist..

Neuere Erfahrung hat gezeigt, dass, um letzlich erfolgreich zu sein, es wichtig ist, dass die
Entscheidungsprozesse so transparent und offen wie möglich sind. Deshalb sollten alle zu
ergreifenden Schritte von Anfang an so klar wie möglich festgelegt werden. Ferner muss es
einen gut ausgearbeiteten Zeitplan mit genauen Zwischenzielen geben.

Ein Schlüsselelement in dem Prozess ist die Wahl des Standorts eines Endlagers. Dies ist eine
komplexe und kontroverse Frage, die sehr detaillierte technische Arbeit und ausführliche
Erörterungen und Anhörungen einer breiten Palette von Interessenten, insbesondere lokalen
Gemeinschaften, verlangt.

Wichtige Stufen und Zwischenziele in dem Prozess sind in der Regel folgende:

– Wahl von Endlagerungsgrundsätzen und eines Endlagerkonzepts;

– Auslegungsbewertung (z. B. von alternativen Barrierematerialien, Gesteinsarten usw.);

– Festlegung der Systemauslegung und von Sicherheitskriterien für ausgewählte
Barrieren;

– Anpassung des Systems an mögliche Standorte, Auslegungsoptimierung;

– ausführliche Standortuntersuchungen an einem oder mehreren möglichen Standorten;

– Genehmigung für die Erschließung des ausgewählten Standorts (im Fall von
geologischen Endlagern wird die Genehmigung wahrscheinlich von einem weiteren
Zeitraum ausführlicherer unterirdischer Untersuchungen abhängig gemacht, was den
vorangehenden Bau und Betrieb eines unterirdischen Laboratoriums zur Folge hat);

– Bau eines Endlagers;

– Genehmigung für den Endlagerbetrieb (eventuell anfangs als Pilotanlage im Fall der
geologischen Endlagerung).

Je nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und sonstigen Regelwerken kann es weitere
Zwischenschritte in dem Prozess geben, die festzulegen sind. Besonders wichtig ist die
Beteiligung der lokalen Gemeinschaften in der Region im Umkreis der potenziellen,
ausgewählten Standorte; ferner ist ausreichend Zeit für die umfassende Anhörung und die
Mitwirkung der Interessenten am Entscheidungsprozess einzuplanen. Die Auswahl eines
Standorts für hochaktive und langlebige radioaktive Abfälle nimmt in der Regel mehr Zeit in
Anspruch als für schwach und mittelaktive, kurzlebige radioaktive Abfälle, da eine größere
Palette von geologischen Faktoren und technischen Barrieren untersucht werden muss.

Drucksache 15/1781 – 108 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Aus diesem Grund gibt es offensichtlich keine optimale Zeit für den Abschluss des oben
genannten Prozesses. Dennoch sollten die Mitgliedstaaten realistische, genau definierte
Terminvorgaben für jede Stufe in dem Prozess festlegen.

Wichtige Zwischenziele in dem Prozess sind die zur Genehmigung für die Erschließung eines
Standorts und für den Betrieb einer Anlage. In diesem Zusammenhang sorgen die
Mitgliedstaaten dafür, dass ihre Zeitpläne für die Entsorgung radioaktiver Abfälle und
abgebrannter Brennelemente, für die es keinen Wiederaufarbeitungsvertrag gibt, die in Artikel
4 dieser Richtlinie festgelegten Fristen einhalten.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 109 – Drucksache 15/1781

FINANZBOGEN ZU RECHTSAKTEN

Politikbereich(e): Nukleare Sicherheit

Tätigkeit(en): Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle

BEZEICHNUNG DER MASSNAHME: RICHTLINIE DES RATES ÜBER DIE ENTSORGUNG
ABGEBRANNTER BRENNELEMENTE UND RADIOAKTIVER ABFÄLLE

1. HAUSHALTSLINIE (NUMMER UND BEZEICHNUNG)

2. ALLGEMEINE ZAHLENANGABEN

2.1. Gesamtmittelausstattung der Maßnahme (Teil B): Mio. € (VE)

2.2. Laufzeit:

2.3. Mehrjährige Gesamtvorausschätzung der Ausgaben

a) Fälligkeitsplan für Verpflichtungs- und Zahlungsermächtigungen (finanzielle Intervention)

in Mio. € (bis zur 3. Dezimalstelle)

Jahr n n + 1 n + 2 n + 3 n + 4
n + 5
und

Folge-
jahre

Ins-
gesamt

Verpflichtungs-
ermächtigungen

Zahlungs-
ermächtigungen

b) Technische und administrative Hilfe und Unterstützungsausgaben (vgl. Ziffer 6.1.2)

VE

ZE

Zwischensumme a+b

VE

ZE

c) Gesamtausgaben für Humanressourcen und Verwaltung (vgl. Ziffer 7.2 und 7.3)

VE/ZE 0.072 0.072 0.072 0.072 0.072 0.072

Drucksache 15/1781 – 110 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

a+b+c insgesamt

VE

ZE

2.4 Vereinbarkeit mit der Finanzplanung und der Finanziellen Vorausschau

[…] Der Vorschlag ist mit der derzeitigen Finanzplanung vereinbar.

[…] Der Vorschlag macht eine Anpassung der betreffenden Rubrik der Finanziellen
Vorausschau

[…] sowie gegebenenfalls eine Anwendung der Interinstitutionellen Vereinbarung
erforderlich.

2.5 Finanzielle Auswirkungen auf die Einnahmen

[…] Keinerlei finanzielle Auswirkungen (betrifft die technischen Aspekte der
Durchführung einer Maßnahme)

ODER

[…] Folgende finanzielle Auswirkungen auf die Einnahmen sind zu erwarten:

- N.B.: Einzelangaben und Anmerkungen zur Berechnungsmethode sind diesem

Finanzbogen auf einem getrennten Blatt beizufügen.

in Mio. € (bis zur 1.Dezimalstelle)

Stand nach der Maßnahme

Haushalts-
linie

Einnahmen

Stand vor
der

Maßnahme
(Jahr n-1) Jahr n n+1 n+2 n+3 n+4 N+5

a) Einnahmen nominal

b)Veränderung bei den

Einnahmen
'

(Beschreibung für jede einzelne Haushaltslinie; die Tabelle ist um die ent-

sprechende Zeilenzahl zu verlängern, wenn die Wirkung der Maßnahme sich über

mehrere Haushaltslinien erstreckt).

3. HAUSHALTSTECHNISCHE MERKMALE

Art der Ausgaben Neu EFTA-
Beteiligung

Beteiligung von
Beitrittsländern

Rubrik der
FV

OA/NOA GM/NGM JA/NEIN JA/NEIN JA/NEIN N° […]

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 111 – Drucksache 15/1781

4. RECHTSGRUNDLAGE

Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere Artikel 31 und 32.

5. BESCHREIBUNG UND BEGRÜNDUNG

5.1 Notwendigkeit einer Maßnahme der Gemeinschaft

Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene sind erforderlich, damit weitere
Verzögerungen bei der Durchführung von Programmen für die sichere langfristige
Entsorgung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente in den
Mitgliedstaaten der Europäischen Union verhindert werden.

5.2 Geplante Einzelmaßnahmen und Modalitäten der Intervention zu Lasten des
Gemeinschaftshaushalts

5.3 Durchführungsmodalitäten

6. FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN

6.1 Finanzielle Gesamtbelastung für Teil B des Haushalts (während des gesamten
Planungszeitraums)

(Die Berechnung der Gesamtbeträge in der nachstehenden Tabelle ist durch die

Aufschlüsselung in Tabelle 6.2 zu erläutern).

6.1.1 Finanzielle Intervention

VE in Mio. € (bis zur 3. Dezimalstelle)

Aufschlüsselung
Jahr n n + 1 N + 2 n + 3 n+ 4 N + 5

und
folgende

Haushalts
jahre

Gesamt

Maßnahme 1

Maßnahme 2

usw.

INSGESAMT

6.1.2 Technische und administrative Hilfe, Unterstützungsausgaben und IT-Ausgaben

(Verpflichtungsermächtigungen)

Jahr n n + 1 N + 2 n + 3 n + 4 n + 5 und
Folge-
jahre

Gesamt

1) Technische und admini-
strative Hilfe:
a) Büros für technische Hilfe
(BTH)

Drucksache 15/1781 – 112 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

b) Sonstige Formen der tech-
nischen und administrativen
Hilfe:
- intra-muros:
- extra-muros:
davon für Aufbau und

Wartung rechnergestützter

Verwaltungssysteme:

Zwischensumme 1

2) Unterstützungsausgaben:

a) Studien

b) Sachverständigensitzungen

c) Information und Veröffent-
lichungen

Zwischensumme 2

INSGESAMT

6.2 Berechnung der Kosten für jede zu Lasten von Teil B vorgesehene Einzelaktion
(während des gesamten Planungszeitraums)48

(Werden mehrere Maßnahmen durchgeführt, so sind zu den hierfür erforderlichen

Einzelaktionen hinreichend detaillierte Angaben zu machen, um eine Schätzung von Umfang

und Kosten der verschiedenen Teilergebnisse (Outputs) zu gestatten.)

VE in Mio. € (bis zur 3. Dezimalstelle)

Aufschlüsselung Art der Teil-
ergebnisse/

Outputs
(Projekte,

Dossiers usw.)

Zahl der Teil-
ergebnisse/

Outputs
(für die Jahre

1…n insgesamt)

Durchschnitts-
kosten pro Einheit

Gesamtkosten
(für die Jahre

1…n insgesamt)

1 2 3 4=(2X3)
Maßnahme 1
- Einzelaktion 1

- Einzelaktion 2

Maßnahme 2
- Einzelaktion 1
- Einzelaktion 2

- Einzelaktion 3

usw.

GESAMTKOSTEN

Erforderlichenfalls ist die Berechnungsweise zu erläutern.

48 Weitere Informationen sind den beigefügten Leitlinien zu entnehmen

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 113 – Drucksache 15/1781

7. AUSWIRKUNGEN AUF PERSONAL- UND VERWALTUNGSAUSGABEN

7.1 Auswirkungen im Bereich der Humanressourcen

Zur Durchführung der Maßnahme
einzusetzendes Personal: vorhandene

und/oder zusätzliche Mitarbeiter

Beschreibung der Aufgaben, die im
Zuge der Durchführung der Maßnahme

anfallenArt der
Mitarbeiter

Zahl der
Dauerplanstellen

Zahl der Planstellen
auf Zeit

Gesamt

Beamte oder Be-
dienstete auf Zeit

A
B
C

0,3 0,3 Eine ausführlichere
Aufgabenbeschreibung kann

erforderlichenfalls beigefügt werden.

Sonstige
Insgesamt 0,3 0,3

7.2 Finanzielle Gesamtbelastung durch die Humanressourcen

Art der Humanressourcen Beträge (in €) Berechnungsweise *

Beamte
Bedienstete auf Zeit

32 400 0,3 M/J x 108 000 (Einheitskosten)
A1, A2, A4, A5 and A7

Sonstige Humanressourcen
(Angabe der Haushaltslinie)

Insgesamt 32 400

Anzugeben sind jeweils die Beträge, die den Gesamtausgaben für 12 Monate entsprechen.

7.3 Sonstige Verwaltungsausgaben im Zusammenhang mit der Maßnahme

Haushaltslinie
(Nummer und Bezeichnung) Beträge (in €) Berechnungsweise

Gesamtmittelausstattung (Titel A-7)

A-701 – Dienstreisen

A-7030 – Sitzungen

A-7031 – Obligatorische Ausschüsse (1)

A-7032 – Nichtobligatorische Ausschüsse (1)

A-7040 – Konferenzen

A-705 – Untersuchungen und Konsultationen

Sonstige Ausgaben (im Einzelnen anzugeben)
- Veröffentlichung des Lageberichts der Gemeinschaft
auf dem Gebiet der radioaktiven Abfälle

5 000

20 000

15 000

c. 10-15 Manntage Dienstreisen pro
Jahr

2 Sitzungen von Sachverständigen aus
den Mitgliedstaaten pro Jahr in Brüssel
(NB. Sitzungen ersetzen die derzeit
stattfindenden)

voraussichtlich ein Bericht alle 3 Jahre,
Kosten pro Bericht: circa € 45 000

Informationssysteme (A-5001/A-4300)

Andere Ausgaben - Teil A (im einzelnen anzugeben)

Insgesamt 40 000

Anzugeben sind jeweils die Beträge, die den Gesamtausgaben für 12 Monate entsprechen.

Drucksache 15/1781 – 114 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

_______________________________________________________

(1) Angabe von Kategorie und Gruppe des Ausschusses.

I. Jährlicher Gesamtbetrag (7.2 + 7.3) 72 400
II. Dauer der Maßnahme
III. Gesamtkosten der Maßnahme (I x II)


Jahre
72400 €
jährlicher

Die notwendigen Human- und Verwaltungsressourcen werden bei jährlicher zuweisung von
den an die DG TREN zugewiesenen Haushaltsmittel gedeckt.

8. ÜBERWACHUNG UND BEWERTUNG

8.1 Überwachung

8.2 Modalitäten und Periodizität der vorgesehenen Bewertung

9. BETRUGSBEKÄMPFUNGSMASSNAHMEN
msterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 340, Telefax (02 21) 97 66 344

x

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