BT-Drucksache 15/1723

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Andreas Pinkwart, Carl-Ludwig Thiele, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/1221- Steuersenkung vorziehen

Vom 15. Oktober 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1723
15. Wahlperiode 15. 10. 2003

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Andreas Pinkwart,
Carl-Ludwig Thiele, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/1221 –

Steuersenkung vorziehen

A. Problem
Die wirtschaftliche Zurückhaltung von Unternehmen und Verbrauchern ist
maßgeblich durch die hohe Steuerbelastung in Deutschland bedingt. Zudem
kennzeichnen eine steigende Zahl von Arbeitslosen und Unternehmensinsol-
venzen, stagnierendes Wirtschaftswachstum und überschuldete öffentliche
Haushalte die wirtschafts- und finanzpolitische Situation. Die negativen Grund-
stimmung soll durch eine dauerhafte Senkung der Einkommensteuerbelastung
und durch ein einfaches und gerechtes Steuerrecht durchbrochen werden.

B. Lösung
Mit dem Antrag wird angestrebt, die für das Jahr 2005 bereits gesetzlich vorge-
sehene Absenkung der Steuertarife auf das Jahr 2004 vorzuziehen sowie Sub-
ventionen und Zuwendungen um 20 Prozent zu senken. Ferner sollen Arbeit-
nehmer und Arbeitgeber angehalten werden, durch eine Verlängerung der be-
zahlten Arbeitszeit zur Steigerung des Bruttoinlandsprodukts beizutragen. Die
Bundesregierung sei darüber hinaus aufzufordern, weitere Privatisierungen von
Bundesvermögen vorzunehmen.
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen
die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der
CDU/CSU

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Im Antrag nicht bezifferte Steuermindereinnahmen durch das Vorziehen der
Steuerreformstufe 2005. Mehreinnahmen der öffentlichen Haushalte entstehen
durch den Subventionsabbau, die Privatisierung von Bundesvermögen und die
Erhöhung der vereinbarten Arbeitszeit.

Drucksache 15/1723 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag – Drucksache 15/1221 – abzulehnen.

Berlin, den 15. Oktober 2003

Der Finanzausschuss
Christine Scheel
Vorsitzende

Carl-Ludwig Thiele
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1723

Bericht des Abgeordneten Carl-Ludwig Thiele

I. Verfahrensablauf
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag in seiner
53. Sitzung am 26. Juni 2003 sowie in der 56. Sitzung am
3. Juli 2003 behandelt und dem Finanzausschuss zur feder-
führenden Beratung überwiesen. Der Innenausschuss, der
Rechtsausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit,
der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-
wirtschaft sowie der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit sind mitberatend beteiligt worden.
Der Finanzausschuss hat die Vorlage in seinen Sitzungen
am 11. und 24. September 2003 sowie am 13. und 15. Okto-
ber 2003 beraten. Ferner hat der Ausschuss die Vorlage dem
Haushaltsausschuss mit der Bitte übermittelt, sie in dessen
Anhörung zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 am 8. Oktober
2003 einzubeziehen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
Mit dem Antrag wird angestrebt, die für das Jahr 2005 vor-
gesehene Absenkung der Einkommensteuertarife auf das
Jahr 2004 vorzuziehen sowie Subventionen und Zuwendun-
gen um 20 Prozent zu senken. Ferner sollen Arbeitnehmer
und Arbeitgeber aufgefordert werden, durch eine Verlänge-
rung der bezahlten Arbeitszeit zur Steigerung des Brutto-
inlandsprodukts beizutragen. Die Bundesregierung sei da-
rüber hinaus aufzufordern, weitere Privatisierungen von
Bundesvermögen vorzunehmen. Die Antragsteller weisen
darauf hin, dass die hohe Steuerbelastung in Deutschland
ursächlich für die wirtschaftliche Zurückhaltung von Unter-
nehmen und Verbrauchern sei. Die negative Grundstim-
mung könne durch eine dauerhafte Absenkung der Steuer-
belastung und durch ein einfaches und gerechtes Steuerrecht
durchbrochen werden. Dabei dürfe das Vorziehen der Steu-
ersenkungen nicht durch eine Erhöhung der Staatsverschul-
dung oder Steuererhöhungen an anderer Stelle finanziert
werden. Zusätzlich seien finanzielle Spielräume durch die
Senkung öffentlicher Ausgaben, den Rückzug des Staates
aus vielen Bereichen und den Abbau der derzeit mehr als
70 Mrd. Euro betragenden Subventionen zu schaffen. Von
Arbeitgebern und Arbeitnehmern sei nach Auffassung der
Antragsteller ein Beitrag durch eine Erhöhung der verein-
barten Arbeitszeit um eine Stunde zu leisten, der zu rechne-
rischen Steuermehreinnahmen von rd. 4,8 Mrd. Euro führe.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Innenausschuss empfiehlt die Ablehnung des Antrags
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion
der CDU/CSU gegen die Stimmen der Fraktion der FDP.
Der Rechtsausschuss empfiehlt die Ablehnung des Antrags
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stim-
men der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Frak-
tion der CDU/CSU.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit empfiehlt die
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Koalitions-

fraktionen gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei
Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU.
Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft empfiehlt die Ablehnung des Antrags mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der
CDU/CSU.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit empfiehlt die Ablehnung des Antrags mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der
CDU/CSU.

IV. Ausschussempfehlung
Der Finanzausschuss empfiehlt mit den Stimmen der Koa-
litionsfraktionen gegen die Stimmen der antragstellenden
Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der
CDU/CSU den Antrag abzulehnen.
Die Koalitionsfraktionen hoben hervor, dass die mit dem
Antrag angestrebten Maßnahmen, namentlich das Vorziehen
der Steuerreformstufe 2005 und der Abbau von Finanz-
hilfen und Steuervergünstigungen, bereits Gegenstand par-
lamentarischer Gesetzgebungsverfahren seien. Mit dem
Haushaltsbegleitgesetz 2004 werde das Vorziehen der drit-
ten Stufe der Einkommensteuerreform von 2005 auf 2004
angestrebt. Zudem seien Einschränkungen im Bereich der
Entfernungspauschale und die Einstellung der Eigenheim-
zulage für Neufälle vorgesehen. Das von der Bundesregie-
rung beschlossene Haushaltsstabilisierungskonzept 2004
führe darüber hinaus zu nachhaltigen Fortschritten bei der
Konsolidierung der öffentlichen Haushalte durch Begren-
zung konsumtiver Ausgaben und verstärkten Subventions-
abbau. Weitere Schritte zum Subventionsabbau zeichneten
sich mit der von den Ministerpräsidenten Hessens und
Nordrhein-Westfalens vorgelegten Konzeption ab, mit der
durch linearen Abbau von Steuervergünstigungen und
Finanzhilfen ein Volumen von 15,8 Mrd. Euro in den Jahren
2004 bis 2006 erreicht werde. Es sei beabsichtigt, das Kon-
zept im Rahmen des zu erwartenden Vermittlungsverfahrens
zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 in die Konsolidierung ein-
zubeziehen.
Die Fraktion der CDU/CSU vertrat die Auffassung, dass die
Steuerpolitik der vergangenen fünf Jahre durch kurzfristi-
gen, erfolglosen Aktionismus, dem die ordnungspolitische
Ausrichtung fehle, gekennzeichnet sei. Als Folge dieser
Politik sei das Vertrauen von Verbrauchern und Investoren
verspielt worden. Zudem stellten sich für die öffentlichen
Haushalte wegen des fehlenden Muts zu wirklichen Struk-
turreformen auf dem Arbeitsmarkt, in den sozialen Siche-
rungssystemen und in der Steuerpolitik zunehmend tiefgrei-
fendere Probleme. Die Staatsschulden wüchsen dynamisch,
ohne dass ein zukunftsfähiges Konsolidierungskonzept er-
kennbar sei. Es sei damit zu rechnen, dass Deutschland in
diesem Jahr erneut bei der Neuverschuldung des Bundes die
verfassungsmäßige Grenze der Investitionsausgaben erheb-

Drucksache 15/1723 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

lich überschreite und auch das Defizitkriterium des Stabili-
täts- und Wachstumspakts verletzt werde.
Die antragstellende Fraktion der FDP wandte sich dagegen,
die Steuersenkungen teilweise durch eine erhöhte Neuver-
schuldung zu finanzieren und forderte, die Staatsausgaben
weitergehend zu reduzieren. Insbesondere seien die Subven-
tionen, wie in dem Antrag ausgeführt, linear um 20 Prozent
abzubauen. Dagegen führe das von den Ländern Hessen und
Nordrhein-Westfalen zur Erörterung gestellte Konzept zu
einem linearen Abbau von lediglich 12 Prozent. Die Frak-
tion der FDP kritisierte ferner die wechselhafte Steuerpoli-

tik der zurückliegenden Jahre und verwies namentlich auf
die fortgesetzte Diskussion über die Abschaffung der Eigen-
heimzulage. Zudem stellten zahlreiche der vorgesehenen
Maßnahmen nicht die Beseitigung steuerlicher Ausnahmen,
sondern reine Steuererhöhungen dar. Es sei damit zu rech-
nen, dass sich mit den laufenden Gesetzgebungsvorhaben
auf diese Weise die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
in Deutschland mit Folgen für Investitionsbereitschaft, Un-
ternehmensgründungen und Arbeitsmarktlage weiter ver-
schlechterten und die wirtschaftspolitischen Möglichkeiten
Deutschlands zerschlagen würden.

Berlin, den 15. Oktober 2003

Carl-Ludwig Thiele
Berichterstatter
msterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 340, Telefax (02 21) 97 66 344

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