BT-Drucksache 15/1633

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung -15/1280 Nr. 240- Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament Intensivierung der EU-Maßnahmen für die Mittelmeer-Partnerländer in den Bereichen Menschenrechte und Demokratisierung Strategische Leitlinien -Ratsdok.-Nr. 9696/03-

Vom 30. September 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1633
15. Wahlperiode 30. 09. 2003

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
(16. Ausschuss)

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 15/1280 Nr. 2.40 –

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament
Intensivierung der EU-Maßnahmen für die Mittelmeer-Partnerländer in den
Bereichen Menschenrechte und Demokratisierung
Strategische Leitlinien
– Ratsdok.-Nr. 9696/03 –

A. Problem
Die Mitteilung der Kommission enthält in Form von 10 Empfehlungen Leitli-
nien, die der Förderung der Demokratie und der Menschenrechte in den Bezie-
hungen der EU zu den EU-Partnerländern in der Mittelmeerregion dienen sol-
len.

B. Lösung
Annahme einer Entschließung, in der der Deutsche Bundestag u. a. die Bundes-
regierung auffordert, innerhalb der EU auf die konsequente Umsetzung der
Leitlinien hinzuwirken. Dabei ist einem regelmäßigen Monitoring der men-
schenrechtsbezogenen Vereinbarungen der Assoziationsabkommen, ggf. der
Anwendung von Sanktionsmaßnahmen im Falle der Nichteinhaltung der Ab-
kommensverpflichtungen besondere Bedeutung zuzumessen.
Einstimmige Annahme der Entschließung

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Wurden nicht erörtert

Drucksache 15/1633 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
in Kenntnis der Unterrichtung – Drucksache 15/1280 Nr. 2.40 – folgende Ent-
schließung anzunehmen:
Der Deutsche Bundestag hält die strategischen Leitlinien „Intensivierung der
EU-Maßnahmen für die Mittelmeer-Partnerländer in den Bereichen Menschen-
rechte und Demokratisierung“ für ein wichtiges handlungsorientiertes Konzept
zur Verbesserung der Menschenrechtslage und zur Demokratisierung in den
Partnerländern und bittet die Bundesregierung, innerhalb der Europäischen
Union auf ihre konsequente Umsetzung hinzuwirken. Eine besondere Bedeu-
tung misst der Deutsche Bundestag dabei einem regelmäßigen Monitoring der
menschenrechtsbezogenen Vereinbarungen der Assoziationsabkommen bei so-
wie der Anwendung der in den Abkommen vorgesehenen Maßnahmen für den
Fall, dass die Verpflichtungen nicht erfüllt werden.

Berlin, den 24. September 2003

Der Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Christa Nickels Rudolf Binding
Vorsitzende und Berichterstatterin Berichterstatter
Holger Haibach Rainer Funke
Berichterstatter Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1633

Bericht der Abgeordneten Rudolf Bindig, Holger Haibach, Christa Nickels
und Rainer Funke

I. Überweisung
Die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europä-
ische Parlament „Intensivierung der EU-Maßnahmen für die
Mittelmeer-Partnerländer in den Bereichen Menschenrechte
und Demokratisierung – Strategische Leitlinien“ (Ratsdok.-
Nr. 9696/03) wurde als Unterrichtung der Bundesregierung
(Bundestagsdrucksache 15/1280 Nr. 2.40) am 27. Juni 2003
dem Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
zur federführenden Beratung und dem Auswärtigen Aus-
schuss, dem Rechtsausschuss, dem Ausschuss für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie dem
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Die Mitteilung der Kommission listet 10 Bereiche auf, in
denen sich die der EU und ihren Mittelmeer-Partnern zur
Verfügung stehenden Instrumente wirksamer zur Errei-
chung der Förderung der Rechtstaatlichkeit, der Demokrati-
sierung und der Achtung der Menschenrechte und Grund-
freiheiten nutzen lassen:
– Vertiefung und stärkere operative Ausrichtung des poli-

tischen Dialogs über Menschenrechte und Demokrati-
sierung auf allen Ebenen mit den MEDA-Partnern;

– Aktualisierung der gemeinsamen Kenntnisse und Ex-
pertisen zu Menschenrechts- und Demokratisierungsfra-
gen in der Region;

– Bessere Koordinierung zwischen den Delegationen der
Kommission und den Botschaften der Mitgliedstaaten
über Menschenrechts- und Demokratisierungsfragen und
entsprechende Kooperationsmaßnahmen;

– regelmäßige Kontakte zwischen den Delegationen der
Kommission und der Zivilgesellschaft in enger Abstim-
mung mit den Botschaften der EU-Mitgliedstaaten;

– Entwicklung von Nationalen Aktionsplänen für Men-
schenrechte und Demokratie im Rahmen von MEDA mit
den Partnern, die sich daran beteiligen wollen;

– Aufstellung Regionaler Aktionspläne für Menschen-
rechts- und Demokratiefragen mit den MEDA-Partnern,
die eine weitere Zusammenarbeit zu konkreten Fragen
entwickeln wollen;

– verstärkte Beachtung von Menschenrechts- und Demo-
kratisierungsfragen in den Länderstrategiepapieren der
Kommission und stärkere Berücksichtigung der in diesen
Bereichen erzielten Fortschritte in den Nationalen

Richtprogrammen, auch durch eine besondere zusätzli-
che Fazilität;

– verstärkte Konzentration auf Menschenrechts- und De-
mokratisierungsfragen in den Regionalen Strategiepro-
grammen und Regionalen Richtprogrammen der
Kommission;

– verstärkte Komplementarität zwischen den Programm
MEDA und der Europäischen Initiative für Demokra-
tie und Menschenrechte;

– verstärkte Anstrengungen auf allen Ebenen zur Verbes-
serung der Rahmenbedingungen für Wahlen.

Nach Auffassung der Kommission werden die in ihrer Mittei-
lung vorgeschlagenen praktischen Maßnahmen zur größerer
Kohärenz und Vereinbarkeit zwischen den Maßnahmen der
Gemeinschaft und der GASP führen und die Nutzung von Sy-
nergien auf allen Handlungsebenen ermöglichen: auf der
Ebene des politischen Dialogs, durch stärkere Berücksichti-
gung der Menschenrechts- und Demokratisierungsdimension
in den Kooperationsprogrammen und durch Stärkung der
Komplementarität zwischen den einzelnen Kooperationsinst-
rumenten, die der Europäischen Union zur Verfügung stehen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat die Vorlage in seiner
23. Sitzung am 24. September 2003 beraten und dem feder-
führenden Ausschuss die Kenntnisnahme empfohlen.
Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 25. Sitzung
am 24. September 2003 beraten und dem federführenden
Ausschuss die Kenntnisnahme empfohlen.
Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat die Vorlage in seiner 22. Sitzung am
24. September 2003 beraten und dem federführenden Aus-
schuss die Kenntnisnahme empfohlen.
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union hat die Vorlage in seiner 26. Sitzung am
23. Juli 2003 beraten und dem federführenden Ausschuss
die Kenntnisnahme empfohlen.

IV. Beratung im federführenden Ausschuss
Der Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
hat in seiner 22. Sitzung am 24. September 2003 in Kennt-
nis der Unterrichtung – Drucksache 15/1280 Nr. 2.40 – ein-
stimmig die in der Beschlussempfehlung enthaltene Ent-
schließung angenommen.

Berlin, den 24. September 2003
Rudolf Binding Holger Haibach Christa Nickels Rainer Funke
Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatterin Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/1633

9696/03 KW/rk 1
DG E DE

RAT DER
EUROPÄISCHEN UNION

Brüssel, den 23. Mai 2003 (27.05)
(OR. en)

9696/03

MED 25

ÜBERMITTLUNGSVERMERK

Absender: Herr Sylvain BISARRE, Direktor, im Auftrag des Generalsekretärs der
Europäischen Kommission

Eingangsdatum: 21. Mai 2003

Empfänger: der Generalsekretär/Hohe Vertreter, Herr Javier SOLANA

Betr.: MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS
EUROPÄISCHE PARLAMENT
Intensivierung der EU-Maßnahmen für die Mittelmeer-Partnerländer in den
Bereichen Menschenrechte und Demokratisierung - Strategische Leitlinien

Die Delegationen erhalten in der Anlage das Kommissionsdokument - KOM(2003) 294 endg.

________________________

Anl.: KOM(2003) 294 endg.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/1633

KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

Brüssel, den 21.05.2003
KOM(2003) 294 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION
AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

Intensivierung der EU-Maßnahmen für die Mittelmeer-Partnerländer in den Bereichen
Menschenrechte und Demokratisierung

Strategische Leitlinien

Drucksache 15/1633 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

1. EINLEITUNG

Die Grundrechte-Charta von Nizza vom Dezember 2000 legt fest, dass die Union auf den
Grundsätzen von Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte
und Grundfreiheiten beruht. Die Förderung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der
Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ist eines der zentralen Ziele der EU-
Außenpolitik. Die Mitteilung der Kommission vom 8. Mai 2001 über Die Rolle der
Europäischen Union bei der Förderung der Menschenrechte und der Demokratisierung in
Drittländern1 legte dieses Ziel im Zusammenhang mit dem strategischen Gesamtkonzept der
Kommission für die Außenbeziehungen in den kommenden Jahren fest. Die Mitteilung
fordert die Union auf, den Menschenrechten und der Demokratisierung in ihren Beziehungen
zu Drittländern größere Priorität einzuräumen und ein aktiveres Vorgehen zu wählen. Der Rat
begrüßte die Mitteilung der Kommission in seinen Schlussfolgerungen über die Rolle der
Europäischen Union bei der Förderung der Menschenrechte und der Demokratisierung in
Drittländern vom 25. Juni 2001 und bekräftigte die Entschlossenheit der EU, stabile und
demokratische Strukturen zu fördern, deren Grundlage die vollständige Achtung der
Menschenrechte ist.

In der vorliegenden Mitteilung werden Arbeitsleitlinien aufgezeigt, die zur Verwirklichung
dieses Ziels in Zusammenarbeit mit den EU-Partnerländern in der Mittelmeerregion dienen
sollen. Ferner sollen mit der Mitteilung einige der Herausforderungen aufgegriffen werden,
die unlängst vom UNDP-Bericht über menschliche Entwicklung in der arabischen Welt 2002
aufgeworfen wurden, der große Mängel bei Fragen wie Regierungsführung, Menschenrechte,
Demokratisierung, Gleichstellung der Geschlechter und Bildung in der arabischen Welt
hervorgehoben hat.

Menschenrechte und Grundfreiheiten sind im regionalen Kontext des Barcelona-Prozesses/der
Europa-Mittelmeer-Partnerschaft sowie in den bilateralen Assoziierungsabkommen, die mit
allen Mittelmeer-Partnerländern geschlossen wurden oder derzeit ausgehandelt werden,
wesentlicher Bestandteil des Rahmens für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union
und ihren Partnern im Mittelmeerraum. Die Mitteilungen der Kommission zur Vorbereitung
der Tagungen der Euro-MED-Außenminister in Marseille vom 15.-16. November 20002 und
in Valencia vom 22.-23. April 20023 sowie die entsprechenden Schlussfolgerungen und der in
Valencia durch alle Teilnehmer vereinbarte Aktionsplan4 bekräftigen diese gemeinsamen
Verpflichtungen und verdeutlichen die Notwendigkeit und den Willen, die Anstrengungen im
Bereich der Förderung der Menschenrechte zu intensivieren. Ferner berücksichtigt die
vorliegende Mitteilung die Ergebnisse von zwei Seminaren, die von der Kommission im
Laufe des Jahres 2002 mit Vertretern der Zivilgesellschaft aus Europa und aus dem
Mittelmeerraum in Amman und Casablanca veranstaltet wurden. Schließlich reiht sich die
Mitteilung in die unlängst von der Kommission angenommene neue Vision eines Größeren
Europa ein5.

1 KOM(2001) 252 endg.
2 KOM(2000) 497 endg. "Intensivierung des Barcelona-Prozesses"
3 SEK(2002) 159 endg.
4 Dokument des EURO-MED-Ratssekretariats 2/02 vom 24. April 2002
5 KOM(2003) 104 endg. vom 11.3.2003.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/1633

Gestützt auf gemeinsame Verpflichtungen zeigt die vorliegende Mitteilung Leitlinien für die
beste Nutzung der Instrumente auf, die der Union und ihren Mittelmeer-Partnern zur
Verfügung stehen, um ihr gemeinsames Ziel der Förderung der Demokratisierung und der
Förderung und des Schutzes der universellen Menschenrechte und Grundfreiheiten wirksam
umzusetzen. Sie macht 10 konkrete Empfehlungen zur Verbesserung des Dialogs
zwischen der EU und ihren Mittelmeer-Partnern und schlägt finanzielle
Zusammenarbeit durch die EU bei Menschenrechtsfragen vor. Die Wirksamkeit der
Umsetzung wird durch drei sich gegenseitig ergänzende Ebenen gestärkt: politischer
Dialog und Finanzhilfe, MEDA-Programm und Hilfe im Rahmen der Europäischen
Initiative für Demokratie und Menschenrechte (EIDMR) sowie durch die nationale und
die regionale Dimension.

Das vorliegende Dokument bezieht sich auf die Mittelmeerländer, die Partnerländer im
Barcelona-Prozess, jedoch keine beitretenden Länder oder EU-Beitrittskandidaten sind,6 und
zwar: Algerien, Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Syrien, Tunesien und die
Palästinensische Behörde.

2. DIE WICHTIGSTEN MENSCHENRECHTS- UND
DEMOKRATISIERUNGSFRAGEN DER REGION

Die Lage im Hinblick auf die Menschenrechte und die Demokratisierung in den MEDA-
Ländern ist vielfältig und komplex, doch lassen sich allgemeine Tendenzen ableiten. Der
UNDP-Bericht über menschliche Entwicklung in der arabischen Welt 2002 kam zu dem
Schluss, dass trotz erheblicher Fortschritte in einigen Gebieten die weitere wirtschaftliche und
soziale Entwicklung durch tiefverwurzelte Mängel in den Regierungsstrukturen der
arabischen Welt behindert wird. Der Bericht nennt drei "Defizite" in Bezug auf Freiheit, die
Stellung der Frau und den Bildungsstand. Er kommt zu dem Schluss, dass eine gründliche
Reform und Konsolidierung der politischen Steuerung, eine Stärkung der politischen und
wirtschaftlichen Freiheiten und die Verbesserung der Beteiligung der Öffentlichkeit
wesentliche Voraussetzungen für die Verwirklichung einer dauerhaften wirtschaftlichen,
sozialen und menschlichen Entwicklung sind.

Die arabischen Länder fallen im Hinblick auf alle sechs im UNDP-Bericht verwendeten
Variablen der Regierungsführung hinter den weltweiten Durchschnitt zurück, außer bei der
Rechtsstaatlichkeit, wo sie leicht über dem Durchschnitt liegen. In vielen MEDA-Ländern übt
eine mächtige Exekutive erhebliche Kontrollgewalt aus und ist unzureichenden
Gegengewichten seitens der Legislative und der Judikative unterworfen. Häufig sind die
Legitimitätsnormen überholt. Die repräsentativen demokratische Strukturen sind schwach und
nicht immer echt. Frauen spielen im wirtschaftlichen und sozialen Leben nach wie vor eine
untergeordnete Rolle und werden durch Recht und Tradition weitgehend diskriminiert.

6 Bei der Türkei, die EU-Beitrittskandidat ist, werden Fragen der Menschenrechte und der
Demokratisierung auf Grundlage der politischen Kriterien von Kopenhagen im Rahmen der
Heranführungsstrategie behandelt. Malta und Zypern sind Länder, die im Begriff sind, der EU
beizutreten

Drucksache 15/1633 – 10 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Der seit Langem bestehende internationale Konsens, dass Menschenrechte und
Grundfreiheiten universell, unteilbar und miteinander verbunden sind, spiegelt sich in der
Tatsache wider, dass die meisten MEDA-Länder die meisten großen internationalen
Menschenrechtsinstrumente ratifiziert haben und die Prinzipien der universellen
Menschenrechte in ihren Verfassungen, Rechtsordnungen und Regierungserklärungen
verankert sind. Einige erfreuliche Maßnahmen im Bereich der Menschenrechte sind mit
MEDA-Partnern wie Marokko, Jordanien und der Palästinensischen Behörde im Gange, die
sich in einem recht positiven Prozess entsprechender Reformen befinden.

Im Allgemeinen jedoch werden bei der Umsetzung der Menschenrechte in der Region die
internationalen Normen nicht eingehalten. Durch den Aufstieg des religiösen Extremismus zu
einer einflussreichen politischen Alternative wird die Förderung von Demokratie und
Menschenrechten komplizierter. Ein Spannungsverhältnis zwischen der Sorge um die innere
Sicherheit und der Förderung und dem Schutz der Menschenrechte kann nachteilige
Konsequenzen für die Menschenrechte nach sich ziehen wie insbesondere nach dem
11. September 2001 unter dem Deckmantel des "Kriegs gegen den Terror" deutlich zu Tage
getreten ist. Die Meinungs- und die Vereinigungsfreiheit werden unter Rückgriff auf
notstandsrechtliche Bestimmungen häufig beschnitten. Menschenrechtsaktivisten und
Menschenrechtsorganisationen sehen sich rechtlichen und administrativen Zwängen
ausgesetzt, werden häufig marginalisiert und manchmal unterdrückt.

Eine kurze Analyse der einzelnen Länder würde die unzureichenden Fortschritte im Hinblick
auf den Rechtsrahmen (und seine Anwendung), die institutionelle Kapazität, die
Bildungsmaßnahmen und den Grad der Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Förderung
und am Schutz der Menschenrechte bestätigen.

Die Lage lässt sich wie folgt zusammenfassen:

– Defizite bei der Regierungsführung behindern die Entwicklung demokratischer
Werte und die Förderung und den Schutz der Menschenrechte;

– Die Marginalisierung der Frau untergräbt die politische Repräsentativität und
behindert die wirtschaftliche und soziale Entwicklung;

– Die Umsetzung der internationalen Menschenrechtsübereinkommen ist schwach
ausgeprägt;

– Dem Rechtssystem und dem Justizwesen fehlt es an ausreichender Unabhängigkeit;

– Im zivilen und politischen Bereich tätige NRO sind schwach, werden in ihren
Tätigkeiten streng eingegrenzt und sind von internationalen Netzen abgeschnitten;

– Das Bildungswesen ist im Verhältnis zu vielen anderen Entwicklungsländern
finanziell zwar besser gestellt, der Unterricht erreicht jedoch nicht alle in gleichem
Maße, dient nicht der Überwindung traditioneller Diskriminierungsmuster und ist an
die Anforderungen der modernen Wirtschaft schlecht angepasst7;

7 Die Empfehlungen der UNDP zum Bildungswesen sind für die Region von entscheidender Bedeutung.
Die Kommission greift diese Empfehlungen im Rahmen der regionalen und nationalen MEDA-
Richtprogramme auf.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 11 – Drucksache 15/1633

– Autoritarismus und eine schlechte Bilanz in der Wirtschafts- und Sozialpolitik
begünstigen die politische Marginalisierung und schüren radikale Bewegungen und
Gewalt;

– Einige politische Lesarten des Islam berufen sich auf kulturelle Unterschiede, um die
Universalität der Menschenrechte in Frage zu stellen.

Israel unterscheidet sich in einigen Zügen von den übrigen MEDA-Partnern. Das Land ist
eine etablierte parlamentarische Demokratie mit einer wirksamen Gewaltenteilung, einem
funktionierenden Regierungssystem und einer aktiven Beteiligung von NRO und der
Zivilgesellschaft an allen internen Aspekten des politischen und sozialen Lebens. Israels
Einhaltung international anerkannter Menschenrechtsstandards jedoch ist nicht
zufriedenstellend. Handlungsbedarf besteht in zwei wichtigen spezifischen Bereichen. Erstens
in der Frage, wie sich die erklärtermaßen jüdische Natur des Staates Israel mit den Rechten
der nichtjüdischen Minderheiten Israels in Einklang bringen lässt. Zweitens die Verletzung
der Menschenrechte im Zusammenhang mit der Besetzung palästinensischer Gebiete.8 Es
besteht dringender Bedarf, die Einhaltung der universellen Menschenrechtsstandards und des
humanitären Völkerrechts durch alle am israelisch-palästinensischen Konflikt beteiligten
Parteien zu einem zentralen Faktor der Anstrengungen zur Wiederbelebung des
Friedensprozesses im Nahen Osten zu erheben. Hierzu muss die EU besondere
Anstrengungen unternehmen und eine geeignete Strategie formulieren.

Kasten 1: Zusammenfassung des UNDP-Berichts

Der UNDP-Bericht über die menschliche Entwicklung in der arabischen Welt 2002 kommt zu dem Schluss, dass die
arabischen Länder9 unter einem erheblichen Freiheitsdefizit leiden. Kennzeichnend hierfür ist eine schlechte Bilanz in den
Bereichen Regierungsführung und Grundfreiheiten.

Die politische Partizipation ist in der arabischen Welt schwächer ausgeprägt als in vielen anderen Regionen. Es gibt nicht
immer eine echte repräsentative Demokratie, und manchmal fehlt sie völlig. Die Legitimitätsnormen sind meist überholt. Die
politischen Systeme haben begonnen, sich zu öffnen, doch dieser Prozess ist in hohem Maße reglementiert und unvollständig.
Nach wie vor gibt es Regime, die auf Massenmobilisierung setzen, die Vereinigungsfreiheit ist eingeschränkt und die
Übertragung politischer Macht im Wege von Wahlen keinen üblichen Weg darstellt.

Der arabischen Länder fallen im Hinblick auf alle sechs Variablen des Regierens, die der Bericht verwendet, hinter den
weltweiten Durchschnitt zurück (Qualität der Institutionen, Korruption, Rechtsstaatlichkeit, Bürokratismus, Wirksamkeit des
Regierungshandelns, politische Instabilität) außer bei der Rechtsstaatlichkeit, wo sie leicht über dem Durchschnitt liegen.

Die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit werden häufig beschnitten. NRO und zivilgesellschaftliche Akteure sehen sich
zahlreichen Zwängen ausgesetzt. Die Haltung der staatlichen Behörden ihnen gegenüber reicht von der Bekämpfung über die
Beeinflussung bis hin zur Gewährung von Freiheit unter Aufsicht. Die Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit NRO sind
zu einer wichtigen Frage geworden. Während im sozialen Bereich tätige Organisationen tendenziell besser akzeptiert werden,
misstrauen die Behörden Organisationen, die Interessen vertreten und private Geber meiden sie, so dass sie gezwungen sind,
sich internationalen Finanzierungsquellen zuzuwenden, was die Feindseeligkeit der Behörden vertieft und das
Kommunikationsdefizit gegenüber der Gesellschaft vergrößert (Zusammenfassung der Dienststellen der Kommission).

8 In diesem Zusammenhang hat die Europäische Union wiederholt die Aufmerksamkeit auf die
Menschenrechtsverpflichtungen aller Konfliktparteien gelenkt, unter anderem durch ihre
Entschließungen und Stellungnahmen bei der UN-Menschenrechtskommission Kommission in Genf
und im III. Hauptausschuss der UN-Generalversammlung

9 Algerien, Bahrein, Komoren, Dschibuti, Ägypten, Irak, Jordanien, Kuwait, Libanon, Libyen,
Mauretanien, Marokko, Oman, Palästina, Katar, Saudi-Arabien, Somalia, Sudan, Syrien, Tunesien,
Vereinigte Arabische Emirate, Jemen.

Drucksache 15/1633 – 12 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

3. RAHMEN FÜR MASSNAHMEN DER EU

3.1. Allgemeiner Kontext

Die EU setzt sich für die Förderung von Demokratie, verantwortungsvollem
Regieren und Rechtsstaatlichkeit sowie für die Förderung und den Schutz aller
Menschenrechte ein - bürgerlicher, politischer, wirtschaftlicher, sozialer und
kultureller. Der Rat hat zahlreiche wichtige Dokumente angenommen, die der EU als
Richtschnur für Maßnahmen in spezifischen thematischen Bereichen auf dem Gebiet
der Menschenrechte dienen10. Insbesondere legt die EU großen Wert auf die
Abschaffung der Todesstrafe, den Kampf gegen Folter und unmenschliche
Behandlung, die Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und die
Diskriminierung von Minderheiten, die Förderung und den Schutz der Rechte der
Frau und des Kindes sowie den Schutz von Menschenrechtlern. Die EU erkennt in
vollem Umfang an, dass die Zivilgesellschaft bei der Förderung von
Menschenrechten und Demokratisierung eine entscheidende Rolle spielt.

Die Mitteilung der Kommission "Die Rolle der EU bei der Förderung der
Menschenrechte und der Demokratisierung in Drittländern"11 legte die Politik im
Bereich Menschenrechte und Demokratisierung im Zusammenhang mit dem
strategischen Gesamtkonzept der Kommission für die Außenbeziehungen in den
kommenden Jahren fest und empfahl

– die Förderung von Kohärenz und Vereinbarkeit bei der Unterstützung der
Menschenrechte und der Demokratisierung insbesondere zwischen den
politischen Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft und anderen EU-
Maßnahmen, besonders der GASP;

– ein aktiveres Vorgehen insbesondere durch Nutzung der Gelegenheiten, die
sich im Rahmen des politischen Dialogs, des Handels und der Außenhilfe
bieten;

– eine strategischere Vorgehensweise im Hinblick auf die Europäische Initiative
für Demokratie und Menschenrechte (EIMDR), so dass deren Programme und
Projekte vor Ort mit den Verpflichtungen der EU im Bereich Menschenrechte
und Demokratie in Einklang stehen.

10 Leitlinien für die EU-Politik gegenüber Drittländern hinsichtlich der Todesstrafe, Rat "Allgemeine
Angelegenheiten", Luxemburg, 29. Juni 1998; Leitlinien für die EU-Politik gegenüber Drittländern
hinsichtlich Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe,
Rat "Allgemeine Angelegenheiten", Luxemburg, 9. April 2001; EU-Leitlinien über
Menschenrechtsdialoge, Rat der EU, 13. Dezember 2001.

11 KOM(2001) 252 endg.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13 – Drucksache 15/1633

Der Rat begrüßte in seinen Schlussfolgerungen vom 25. Juni 2001 die Mitteilung und
bekräftigte, dass er sich weiterhin für Kohärenz und Vereinbarkeit zwischen den
Maßnahmen der Gemeinschaft, der GASP und der Entwicklungspolitik einsetzt und
zu diesem Zweck für eine enge Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen seinen
zuständigen Gremien und der Kommission und für die Einbeziehung der
Menschenrechte und der Demokratisierung in die Strategien und Maßnahmen der EU
sorgen wird. Ferner hob der Rat die Notwendigkeit eines offenen Dialogs mit dem
Europäischen Parlament und der Zivilgesellschaft als ein Element bei der Festlegung
und regelmäßigen Überprüfung der Prioritäten im Bereich der Menschenrechts- und
Demokratisierungspolitik hervor. In seinen Schlussfolgerungen vom 10. Dezember
2002 begrüßte der Rat weiter die praktischen Maßnahmen zur Verwirklichung dieser
Ziele, die von der Arbeitsgruppe "Menschenrechte" (COHOM) in ihrem Bericht vom
25. November 2002 vorgeschlagen wurden. Diese praktischen Maßnahmen sowie die
Mitteilung der Kommission vom 7.11.2002 über regierungsunabhängige Akteure12

wurden bei der Ausarbeitung der vorliegenden Mitteilung voll berücksichtigt.

3.2. Regionaler Kontext: Der Barcelona-Prozess (Europa-Mittelmeer-Partnerschaft)

Eines der wichtigsten Ziele der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft (Barcelona-
Prozess) ist die Errichtung eines Raumes des Friedens und der Stabilität, gestützt auf
die Grundsätze der Menschenrechte und der Demokratie sowie die Entwicklung
einer freien und blühenden Zivilgesellschaft. Der Barcelona-Erklärung vom
28. November 1995, die den Auftakt zur Europa-Mittelmeer-Partnerschaft bildete,
liegen die Grundsätze repräsentative Demokratie, Menschenrechte und
Grundfreiheiten (Kasten 1) zu Grunde. Die beim Europäischen Rat in Santa Maria da
Feira im Juni 200013 angenommene gemeinsame Strategie der EU und der
Mittelmeerregion bekräftigte diese Grundsätze.

Kasten 2: Menschenrechte und Demokratie in der Barcelona-Erklärung (1995)

Wichtigstes Ziel ist es, "den Mittelmeerraum zu einem Gebiet des Dialogs, des Austauschs und der
Zusammenarbeit zu machen, in dem Frieden, Stabilität und Wohlstand gewährleistet sind". Erforderlich dafür
sind "die Stärkung der Demokratie und die Wahrung der Menschenrechte, für eine nachhaltige und
ausgewogene wirtschaftliche und soziale Entwicklung, die Bekämpfung der Armut und ein besseres
gegenseitiges Verständnis der Kulturen, die alle wesentliche Faktoren der Partnerschaft sind".

Die Teilnehmer verpflichten sich,

– entsprechend der Charta der Vereinten Nationen und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu
handeln;

– in ihrem politischen System Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu entwickeln;

– die Menschenrechte und Grundfreiheiten zu achten, darunter Meinungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit,
Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit;

– den Austausch von Informationen über Fragen im Zusammenhang mit den Menschenrechten und den
Grundfreiheiten, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Wege des Dialogs zwischen den Parteien
wohlwollend in Erwägung zu ziehen;

– die Vielfalt und den Pluralismus in ihrer Gesellschaft zu achten und die Erscheinungsformen von
Intoleranz, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, zu bekämpfen;

12 KOM(2002) 598.
13 ABl. L 183 vom 22.7.2000.

Drucksache 15/1633 – 14 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

– Die Teilnehmer unterstreichen, wie wichtig eine angemessene Ausbildung in Fragen der Menschenrechte
und der Grundfreiheiten ist.

Im Rahmen des sozialen, kulturellen und menschlichen "Kapitels"

– messen die Teilnehmer den sozialen Grundrechten und auch dem Recht auf Entwicklung besondere
Bedeutung bei;

– würdigen die Teilnehmer den wesentlichen Beitrag, den die Zivilgesellschaft zur Weiterentwicklung der
Europa-Mittelmeer-Partnerschaft leisten kann;

– fördern die Teilnehmer Maßnahmen zur Unterstützung der demokratischen Institutionen und zur
Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der Zivilgesellschaft [….];

– verpflichten sich die Teilnehmer, den Schutz aller Rechte, die den in ihren jeweiligen Hoheitsgebieten
legal ansässigen Zuwanderern im Rahmen der bestehenden Rechtsvorschriften gewährt werden, zu
gewährleisten;

– betonen die Teilnehmer, dass eine entschlossene Kampagne gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und
Intoleranz geführt werden muss und kommen überein, zu diesem Zweck zusammenzuarbeiten.

Die Mitteilungen der Kommission zur Vorbereitung 4. und 5. Europa-Mittelmeer-
Ministerkonferenz in Marseilles (15.-16. November 2000)14 bzw. Valencia (22.-
23. April 2002)15 sowie unlängst die Mitteilung "Größeres Europa" fordern einen
höheren Stellenwert für Menschenrechte, Demokratie, verantwortungsvolles
Regieren und Rechtsstaatlichkeit in den EU-Beziehungen zu ihren Mittelmeer-
Partnern und legten zu diesem Zweck zahlreiche konkrete Vorschläge vor. Dabei
ging es insbesondere um die systematische Erörterung von Menschenrechten und
Demokratie in allen Begegnungen zwischen der EU und ihren Partnern im Hinblick
auf die Förderung eines strukturierten Fortschritts; eine engere Verknüpfung der
Zuweisung von MEDA-Mitteln mit Fortschritten auf diesen Gebieten; die
Einrichtung gemeinsamer Arbeitsgruppen von Beamten zwischen der EU und den
Partnern; die Förderung der Unterzeichnung, Ratifikation und Umsetzung der
einschlägigen internationalen Instrumente sowie die Anerkennung der Rolle der
Zivilgesellschaft.

Im Aktionsplan, der aus der Konferenz von Valencia hervorging, bekräftigten die
Minister ihr entschiedenes politisches Engagement für Demokratie, Menschenrechte
und Rechtsstaatlichkeit in der Region und vereinbarten im Rahmen des politischen
und sicherheitspolitischen Kapitels die Intensivierung des politischen Dialogs. Hohe
Beamte wurden mit der Prüfung der Errichtung eines strukturierteren Dialogs
beauftragt, der die Effizienz steigern soll.

Kasten 3: Auszug aus der Mitteilung von Valencia (SEK (2002) 159 endg., 13.2.02)

Die Lage der Menschenrechte und der Demokratie in der Region gibt weiterhin Grund zur Besorgnis. Außer
Zypern und Malta hat keiner der Mittelmeerpartner in diesem Bereich eine gänzlich zufriedenstellende Bilanz
vorzuweisen. Auch wenn die Lage von Land zu Land unterschiedlich ist, ist in einigen Länder seit der
Ministertagung in Marseille sogar eine Verschlechterung der Verhältnisse zu verzeichnen. Gegenüber einzelnen
Partnern hat die EU ihre Besorgnis über Verhaftungen und Inhaftierungen ohne fairen Prozess, schlechte
Behandlung von Häftlingen, Versagen bei der Bekämpfung extremistischer Gruppen, außergerichtliche
Hinrichtungen durch die Behörden, Vollstreckung der Todesstrafe, Einschränkungen der Meinungs- und
Vereinigungsfreiheit sowie über Fragen im Zusammenhang mit Rechtsstaatlichkeit und
Geschlechtergleichstellung zum Ausdruck gebracht.

14 "Intensivierung des Barcelona-Prozesses" 6.9.00, KOM(2000) 497 endg.; 13.2.02.
15 SEK(2002) 159 endg.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 15 – Drucksache 15/1633

3.3. Bilateraler Rechtsrahmen– Assoziationsabkommen

Gegenstück zum multilateralen Konzept der Barcelona-Erklärung ist das bilaterale
Konzept für Menschenrechte und demokratische Prinzipien, das in den
Assoziationsabkommen zum Ausdruck kommt, die bereits geschlossen wurden oder
im Begriff sind, zwischen der EU und deren Mitgliedstaaten einerseits und den
jeweiligen Mittelmeer-Partnern andererseits ausgehandelt zu werden16.

Das wichtigste Ziel der Assoziationsabkommen ist der Ausbau der Verbindungen
zwischen der EU und den Mittelmeer-Partnern zur Schaffung dauerhafter
Beziehungen auf Grundlage der Gegenseitigkeit, der Solidarität, der Partnerschaft
und der gemeinsamen Entwicklung. Ferner schaffen die Abkommen einen
strukturierten Rahmen für den regelmäßigen politischen Dialog über bilaterale und
internationale Fragen von gemeinsamem Interesse. Dieser politische Dialog soll sich
insbesondere auf die Voraussetzungen für die Gewährleistung des Friedens, der
Sicherheit, der Demokratie und regionalen Entwicklung beziehen und als Hebel für
Reformen genutzt werden.

Seit 1992 nimmt die EG in alle ihre Abkommen mit Drittstaaten eine Klausel auf, die
die Achtung der Menschenrechte und der Demokratie als "wesentliche Elemente" der
Beziehung festschreibt. Dieser Klausel zufolge sollen sich die Beziehungen zwischen
den Parteien sowie alle Bestimmungen des Abkommens selbst auf die Achtung der
Menschenrechte und der Demokratie gründen, die Richtschnur der nationalen und
internationalen Politik der Parteien sind und ein wesentliches Element des
Abkommens darstellen.12 Diese Klausel bekräftigt die Ziele der Barcelona-Erklärung
und entwickelt sie weiter. Sie liefert die Grundlage für die Entwicklung von Dialog
und Zusammenarbeit mit den Mittelmeer-Partnern in den Bereichen
verantwortungsvolles Regieren, Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie
Rechtsstaatlichkeit.

3.4. Instrumente der Zusammenarbeit

3.4.1. MEDA

Das Programm MEDA17 ist das wichtigste Finanzinstrument der Europäischen Union
zur Unterstützung der Umsetzung der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft. MEDA
bietet technische und finanzielle Begleitmaßnahmen zur Reform der wirtschaftlichen
und sozialen Strukturen in den Mittelmeer-Partnerländern. Die meisten MEDA-
Mittel werden den Partnern bilateral zugeführt18, der übrige Betrag fließt in regionale
Maßnahmen, an denen alle Partner teilnehmen können.

16 Assoziationsabkommen sind mit Tunesien, Israel, Marokko, Jordanien und der Palästinensischen
Behörde (Interimsabkommen) in Kraft getreten. Abkommen wurden unterzeichnet mit Ägypten
(Juli 2001), Algerien (April 2002) und Libanon (Juni 2002).

17 Verordnung (EG) Nr. 1488/96 des Rates, geändert durch Verordnung (EG) Nr. 2698 (2000) vom
27. November 2000.

18 Das gilt für Algerien, Ägypten, Jordanien, Libanon, Marokko, Syrien, Tunesien, Türkei und
die Palästinensische Behörde.

Drucksache 15/1633 – 16 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Die Hauptziele von MEDA leiten sich unmittelbar von der Barcelona-Erklärung von
1995 ab, das heißt, es geht um die Begleitung der politischen, wirtschaftlichen und
sozialen Reformen in den Partnerländern und um die Unterstützung der Umsetzung
der Assoziationsabkommen. Analog zu diesen Abkommen beruht die MEDA-
Zusammenarbeit auf der Achtung der demokratischen Prinzipien und der
Rechtsstaatlichkeit sowie der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren
Verletzung die Annahme geeigneter Maßnahmen rechtfertigt19.

Kasten. 4: Menschenrechte und Demokratie in der MEDA-Verordnung

Ziele und Vorschriften für die Umsetzung von Artikel 2 der MEDA-Verordnung (Unterstützungsmaßnahmen):

– Stärkung der Demokratie, der Achtung und der Verteidigung der Menschenrechte, insbesondere durch
Nichtregierungsorganisationen in der Europäischen Gemeinschaft und den Mittelmeer-Partnerländern;

– Aufbau einer Zusammenarbeit in Bereichen mit Bezug zur Rechtsstaatlichkeit wie die Zusammenarbeit in
Justiz- und Strafsachen, die Stärkung der Institutionen, die die Unabhängigkeit und die Wirksamkeit des
Justizsystems gewährleisten, die Ausbildung der nationalen Sicherheitskräfte und des Zivilschutzes;

– Verantwortungsvolles Regieren (…) durch Unterstützung der wichtigsten Institutionen und der
wichtigsten zivilgesellschaftlichen Akteure wie lokale Behörden, Gruppen im ländlichen Bereich und in
Dörfern, auf gegenseitige Hilfe angelegte Vereinigungen, Gewerkschaften, Medien und Organisationen,
die Unternehmen unterstützen, sowie durch Hilfe bei der Verbesserung der Kapazitäten der öffentlichen
Verwaltung für die Entwicklung und Umsetzung politischer Maßnahmen.

Darüber hinaus heißt es in der Verordnung, dass Gleichstellungsaspekte in die Programmierung und Umsetzung
der Entwicklungszusammenarbeit einbezogen werden müssen und dass die Unterstützung einer nachhaltigen und
sozialen Entwicklung insbesondere die Beteiligung der Zivilgesellschaft und der Bevölkerung an der Planung und
Umsetzung von Entwicklungsmaßnahmen beinhaltet. Siehe Anhang II, EG 2698/2000

MEDA hat nicht nur wirtschaftliche und soziale Programme finanziert. MEDA ist
auch die Grundlage für wichtige laufende oder geplante Programme im Bereich
Menschenrechte und Demokratie, die zu den Nationalen Richtprogrammen 2002-
2004 (NRP) insbesondere mit Algerien, Tunesien, Jordanien, und Ägypten gehören.

Was die MEDA-Regionalprogramme betrifft, so enthält das Regionale
Richtprogramm (RRP) 2002-2004 zahlreiche Maßnahmen zur Unterstützung der
Stärkung von Menschenrechten und Demokratie. Dazu zählen insbesondere die
Programme für Justiz, Bekämpfung von Drogen, organisierte Kriminalität und
Terrorismus sowie die Zusammenarbeit bei der Behandlung von Fragen im
Zusammenhang mit der sozialen Eingliederung von Zuwanderern, der Zuwanderung
und des Personenverkehrs (Beginn 2002), bei Ausbildungsmaßnahmen in den
öffentlichen Verwaltungen (2003) sowie bei der Chancengleichheit für Frauen
(2004). Bei regionalen Maßnahmen ist in der Regel die Zivilgesellschaft an der
Umsetzung der Programme beteiligt, so etwa bei Maßnahmen zum Kulturerbe, zur
audiovisuellen Zusammenarbeit und zum Jugendaustausch.

19 Gemäß Artikel 16 der MEDA-Verordnung, geändert durch Verordnung (EG) Nr. 780/1998 des Rates,
kann der Rat, wenn ein wesentliches Element für die Fortsetzung der Maßnahmen für ein Mittelmeer-
Partnerland nicht erfüllt ist, auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit geeignete
Maßnahmen beschließen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 17 – Drucksache 15/1633

3.4.2. Die Europäische Initiative für Demokratie und Menschenrechte (EIDMR)

Die Europäische Initiative für Demokratie und Menschenrechte (EIDMR)20 wurde
1994 auf Initiative des Europäischen Parlaments eingerichtet. Ihr Ziel ist die
Förderung der Menschenrechte und der Demokratisierung in Drittländern,
insbesondere durch Finanzierung der Maßnahmen von Nichtregierungs-
organisationen und internationalen Organisationen. Die Initiative erhält jährlich
einen Betrag von rund 100 Mio. € für weltweite Maßnahmen.

NRO sind die wichtigsten Begünstigten der EIDMR, deren Arbeit die bilateralen
Hilfeprogramme der Kommission wie MEDA ergänzen soll. Die Maßnahmen im
Rahmen des Programms MEDA werden mit der Partnerregierung ausgehandelt und
die institutionellen Aspekte dieser Zusammenarbeit werden hauptsächlich durch
Regierungs- und Staatsinstitutionen abgewickelt. Die EIDMR erlaubt es, Mittel
zivilgesellschaftlichen Akteuren direkt zuzuführen, das heißt die im Rahmen der
EIMDR finanzierten Maßnahmen müssen nicht zuvor mit den Regierungen der
Drittländer ausgehandelt werden. So kann die EIMDR beispielsweise dort, wo die
bilateralen Mittel für die Reform der Justiz bestimmt sind, die Kapazitäten der
Zivilgesellschaft stärken, diesen Prozess beeinflussen und sich entsprechend
einsetzen.

4. LEITLINIEN FÜR DIE FÖRDERUNG DER DEMOKRATIE UND DER
MENSCHENRECHTE IN DEN BEZIEHUNGEN DER EU ZU DEN
MITTELMEERPARTNERN

4.1. Dialog zwischen der EU und ihren Mittelmeerpartnern

4.1.1. Bilaterale Dialoge

Die EU führt mit allen Ländern, zu denen sie Beziehungen unterhält, einen
politischen Dialog mit verschiedenen Förmlichkeitsstufen. Ein Dialog über
Menschenrechte und Demokratisierung sollte kohärent und einheitlich geführt
werden und sich auf international vereinbarte Standards und Instrumente und
insbesondere auf die der Vereinten Nationen stützen. Sein Ziel soll unter anderem
sein, die Einhaltung internationaler Übereinkommen und Verträge, denen die Partner
zugestimmt haben, und die Bedeutung der derzeitigen Vorbehalte gegenüber diesen
Verträgen und Übereinkommen zu untersuchen. Die EU behält sich das Recht vor,
einzelne Problemfälle zur Sprache zu bringen. Auf Ersuchen der Partner sollte die
EU bereit sein, Menschenrechtsfragen innerhalb der Europäischen Union wie etwa
die Lage der Zuwanderer in der EU zu erörtern.

20 Rechtsgrundlage der EIMDR sind die Verordnungen des Rates (EG) Nr. 975/1999 und (EG) Nr.
976/1999 vom 29. April 1999 – ABl. L 120/8 vom 8. Mai 1999. Die Mittel für die Initiative stammen
aus Kapitel B7-7 des EU-Haushalts.

Drucksache 15/1633 – 18 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bei Ländern, mit denen Assoziationsabkommen bestehen, liefert die Klausel zum
"wesentlichen Element" eine zusätzliche Grundlage für den strukturierten bilateralen
Dialog über Menschenrechte und Demokratie. Neben einem zusätzlichen Artikel
über Maßnahmen, die im Falle der Nichteinhaltung der Verpflichtungen in dem
Abkommen ergriffen werden sollen21 und einer gemeinsamen Erklärung zu diesem
Thema erlaubt es die Klausel zum "wesentlichen Element" jeder Partei, Maßnahmen
zu ergreifen, wenn die andere Partei gegen die demokratischen Grundsätze und die
Menschenrechte verstößt. Die Klauseln zum "wesentlichen Element" bedeuten
jedoch nicht notwendigerweise einen negativen oder mit Strafen verbundenen Ansatz
- sie lassen sich zur Förderung von Dialog und Zusammenarbeit zwischen den
Partnern einsetzen, indem sie gemeinsame Maßnahmen für Demokratisierung und
Menschenrechte fördern, darunter die wirksame Umsetzung internationaler
Menschenrechtsinstrumente und die Prävention von Krisen durch die Errichtung
einer kohärenten und langfristig angelegten kooperativen Beziehung.

Darüber hinaus liefert Artikel 3 der Assoziationsabkommen die Rechtsgrundlage für
die Errichtung eines regelmäßigen institutionalisierten politischen Dialogs zwischen
der EU und ihren Partnerländern. Die EU sollte sich weiterhin bemühen, die
Substanz dieses Dialogs über Menschenrechte und Demokratisierungsfragen zu
vertiefen, und zwar nicht nur allgemein oder im Hinblick auf Einzelfälle, sondern
durch eine Konzentration auf spezifische operative Fragen. Eine Möglichkeit, dies zu
erreichen, könnte die verstärkte Konzentration auf die Einrichtung eines Dialogs auf
Arbeitsebene unterhalb der politischen Ebene sein. Damit könnte versucht werden,
eine gemeinsame Agenda mit klaren Zielen und gegenseitigen Verpflichtungen zur
Zusammenarbeit zu entwickeln. Als Themen für eine systematische Erörterung
bieten sich Meinungs- und Vereinigungsfreiheit und auch die rechtlichen
Rahmenbedingungen für den Status von Zivilgesellschaft und NRO, anderer
regierungsunabhängiger Akteure sowie die Lage und Rechte der Frau an.

Ziel der Kommission sollte es sein, am Verwaltungssitz durch die Programmierung
entsprechender Hilfsprogramme und in den Arbeitsgruppen des Rates sowie in den
Drittländern für Kohärenz und Vereinbarkeit zwischen den Maßnahmen der
Gemeinschaft, der GASP und der Entwicklungspolitik zu sorgen. Sie sollte sich für
die Einbeziehung der Menschenrechte in den Dialog und die Zusammenarbeit
einsetzen sowie die bestmögliche Nutzung aller verfügbaren Instrumente fördern22.
Vor diesem Hintergrund lautet der Vorschlag der Kommission wie folgt:

21 Die Nichteinhaltungsklausel ist in der Regel wie folgt formuliert: "Ist die eine Vertragspartei der
Auffassung, dass die andere eine Verpflichtung aus dem Abkommen nicht erfüllt hat, so kann sie
geeignete Maßnahmen treffen. Abgesehen von besonders dringenden Fällen unterbreitet sie dem
Assoziationsrat vor Ergreifen dieser Maßnahmen alle zweckdienlichen Informationen für eine
gründliche Prüfung der Situation, um eine für die Vertragsparteien annehmbare Lösung zu ermöglichen.
Bei der Wahl der Maßnahmen ist den Maßnahmen der Vorrang zu geben, die das Funktionieren des
Abkommens am wenigsten behindern. Diese Maßnahmen werden unverzüglich dem Assoziationsrat
notifiziert und sind auf Ersuchen der anderen Vertragspartei Gegenstand von Konsultationen im
Assoziationsrat."

22 Mitteilung der Kommission “Die Rolle der EU bei der Förderung der Menschenrechte und der
Demokratisierung in Drittländern", Mai 2001, Schlussfolgerungen des Rates über die Rolle der EU bei
der Förderung der Menschenrechte und der Demokratisierung in Drittländern, 25. Juni 2001.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19 – Drucksache 15/1633

Empfehlung Nr. 1

Die Union sollte für die systematische Einbeziehung von Menschenrechts- und
Demokratiefragen in alle auf institutionalisierter Grundlage stattfindenden Dialoge
sorgen: Im Rahmen der Assoziationsräte (Ministerebene) und der
Assoziationsausschüsse (Ebene hoher Beamter), die die Umsetzung der Abkommen
überwachen, sowie in anderen Zusammensetzungen des politischen Dialogs wie der
Troika. Mit den Partnern sollte sie die Möglichkeiten der Einrichtung von
Untergruppen auf Arbeitsebene prüfen, die Fragen im Zusammenhang mit
Menschenrechten und Demokratisierung behandeln. Ferner sollte ein besserer
operativer Schwerpunkt gelegt werden, der die Zusammenarbeit in Fragen wie
Rechtsreformen und die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Arbeit von NRO
und anderen regierungsunabhängigen Akteuren einschließt.

Empfehlung Nr. 2

Um einen regelmäßigen, tiefgreifenden Dialog über Menschenrechte und
Demokratisierung entwickeln und intensivieren zu können, sind verstärkte
institutionelle Kenntnisse und eine Dokumentation der Lage und der wichtigsten
Probleme in jedem Partnerland erforderlich. Die Delegationen der Kommission
sollten in enger Zusammenarbeit mit den Botschaften der Mitgliedstaaten in jedem
Land auf Grundlage eines standardisierten Analyserasters eine Bestandsaufnahme
durchführen und diese durch regelmäßige Berichte aktualisieren.

Die so gewonnene Lageanalyse sollte mit den Missionsleitern systematisch erörtert,
als Beitrag zu den von den Missionsleitern auszuarbeitenden "EU-Kurzdarstellungen
Menschenrechte" genutzt und in den zuständigen Arbeitsgruppen des Rates
regelmäßig überprüft werden. Die dabei gezogenen Schlussfolgerungen könnten in
den verschiedenen Zusammensetzungen des Dialogs wie oben dargelegt in konkrete
Vorschläge umgesetzt werden.

Ferner bezieht die Kommission Menschenrechte und Demokratisierung systematisch
in den Dialog ein, der mit den Mittelmeerpartnern vor Ort durch ihre Delegationen
geführt wird.

Empfehlung Nr. 3

Die Kommission sollte unter anderem durch verstärkte Koordinierung zwischen den
Delegationen der Kommission und den Botschaften der Mitgliedstaaten für
Kohärenz und Vereinbarkeit sorgen. Die sollte insbesondere wie folgt geschehen:

– Organisation von Zusammenkünften von EU-Sachverständigen auf
Länderebene über die Umsetzung der EIMDR und die
menschenrechtsbezogenen Aspekte des Programms MEDA;

– verstärkte Beiträge über Menschenrechts- und Demokratiefragen zu den
Zusammenkünften der Missionsleiter.

Drucksache 15/1633 – 20 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

– eine aktivere Rolle bei der Umsetzung der UN-Resolutionen und
-Empfehlungen im Bereich Menschenrechte, auch durch eine angemessene
Weiterverfolgung der Empfehlungen der Organe der UN-Charta durch ihre
Delegationen und im Zusammenhang mit Besuchen der
UN-Sonderberichterstatter und Arbeitsgruppen in den betreffenden Ländern.

Außerdem sollte sich die Kommission aktiver um die Einleitung von Gesprächen
über Menschenrechtsfragen in den geografischen Arbeitsgruppen des Rates
bemühen, auch dann, wenn Fragen politischer Natur auftreten, die mit der
Umsetzung der Zusammenarbeit im Bereich Menschenrechte und Demokratisierung
verknüpft sind.

4.1.2. Regionaler politischer Dialog

Im regionalen politischen Dialog (Zusammenkünfte hoher Beamter des Barcelona-
Prozesses) sind Menschenrechte und Demokratisierung bereits regelmäßiger
Tagesordnungspunkt. Dabei neigen die Mitgliedstaaten oder die Mittelmeerpartner
jedoch hauptsächlich dazu, ihre nationale Menschenrechtspolitik allgemein
vorzustellen, woraus sich keine gehaltvollen Gesprächen ergeben. Im Gegenteil kann
der Dialog als Vorwand dienen, um ernsthafte Gespräche zu umgehen. So wird zwar
nicht vorgeschlagen, diesen Teil des regionalen Dialogs abzubrechen, doch muss
anerkannt werden, dass er in seiner gegenwärtigen Form kaum die Möglichkeit hat,
inhaltlich wirksam geführt zu werden. Die EU sollte sich darum bemühen, diesen
Dialog einschlägiger zu gestalten und politischer auszurichten, etwa durch ein
thematisches Herangehen (Lage der Frau, Zivilgesellschaft usw.), das den Stand der
Dinge bei verschiedenen Fragen in der Region herausarbeitet.

4.1.3. Dialog mit der Zivilgesellschaft

Die Zivilgesellschaft spielt bei der Umsetzung und Überwachung jeder
Menschenrechts- und Demokratisierungspolitik eine wesentliche Rolle. Im Rahmen
des Barcelona-Prozesses und durch die Europäische Initiative für Demokratie und
Menschenrechte unterstützte die Kommission NRO und andere
regierungsunabhängige Akteure in der Region und NRO, die von Europa aus
arbeiten und sich um eine effizientere Problemermittlung bemühen und für
Verbesserungen einsetzen. Die Fragen wurden bei allen Zusammenkünften des
Bürgerforums erörtert (in dem NRO und andere Vertreter der Zivilgesellschaft aus
der EU und den Mittelmeer-Partnerländern zusammenkommen), die vor den
Zusammenkünften der Außenminister Europas und des Mittelmeerraums stattfanden.

Empfehlung Nr. 4

Auf nationaler Ebene sollten die Delegationen der Kommission mit den
Mitgliedstaaten regelmäßige Workshops mit der Zivilgesellschaft veranstalten und,
sofern es die Umstände erlauben, eine konstruktive Beteiligung der nationalen
Behörden anstreben. So weit wie möglich sollten Anstrengungen unternommen
werden, damit sich dieser Dialog nicht auf die nationale Zivilgesellschaft
beschränkt, sondern auf regional tätige zivilgesellschaftliche Organisationen
erstreckt. Die Agenda sollten die Delegationen der Kommission mit den
Mitgliedstaaten zusammen erörtern.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 21 – Drucksache 15/1633

Zweck dieser Workshops soll es sein

– die Kenntnisse der EU über die lokalen Bedingungen allgemein auszubauen
und so wertvolle Informationen für die Formulierung der EU-Politik und auch
zur Erarbeitung nationaler und regionaler Richtprogramme zu liefern;

– Empfehlungen hervorzubringen, die bei der Programmierung der EIMDR und
der Identifikation von Projekten helfen sollen;

– durch im Rahmen des Barcelona-Prozesses veranstaltete Bürgerforen einen
Beitrag zur Strukturierung der Debatte auf regionaler Ebene zu leisten;

– die EU-Politik im Bereich Menschenrechte, Demokratisierung und
Rechtsstaatlichkeit einschließlich Geschlechtergleichstellung als
Querschnittsfragen zu fördern;

– Darüber hinaus helfen diese Zusammenkünfte in der Region tätigen
Vereinigungen, Stiftungen und NRO, ihre Arbeit besser zu strukturieren und zu
koordinieren.

4.2. Nationale und Regionale Aktionspläne

Im Rahmen von MEDA wurden zahlreiche Programme und Projekte zur
Unterstützung von Menschenrechten und Demokratie finanziert. Um jedoch die
Wirksamkeit dieser Tätigkeiten zu verbessern, ist es wünschenswert, sie in
ausführliche nationale und regionale Strategien einzubeziehen, die mit den
nationalen Behörden vereinbarten werden.

So sollten in den nationalen und regionalen Menschenrechts- und
Demokratisierungsstrategien die entsprechenden Fragen und Prioritäten benannt und
neben den Schlussfolgerungen nationaler oder regionaler Workshops mit
Nichtregierungsorganisationen (vgl. Empfehlung Nr. 4) auch die Schlussfolgerungen
des UNDP-Berichts berücksichtigt werden, insbesondere verantwortungsvolles
Regieren und Gleichstellungsfragen.

4.2.1. Nationale Aktionspläne

Ziel der Kommission sollte es sein, mit denjenigen Partnern, die eine entsprechende
Bereitschaft zeigen, auf Grundlage eines abgestimmten Konzepts für die Achtung der
Menschenrechte und der Demokratie nationale Aktionspläne zu entwickeln.

Empfehlung Nr. 5

Nationale Aktionspläne sollen drei Zielen dienen:

– Analyse des Kontexts und der Lage insbesondere im Hinblick auf die
Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit Menschenrechten und die
Benennung gemeinsamer Oberziele;

– Erstellung einer Liste mit spezifischen Aktionspunkten, die von messbaren
Leistungsbenchmarks mit klaren Zeitvorgaben begleitet werden;

Drucksache 15/1633 – 22 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

– Ermittlung der zur Verwirklichung der Ziele und spezifischen Zielvorgaben
erforderlichen technischen und finanzielle Hilfe.

Die nationalen Aktionspläne sollten die übrigen wirtschaftlichen und sozialen
Entwicklungspläne (z. B. im Rahmen der MEDA-Zusammenarbeit) ergänzen und sich
auf diese beziehen. Sie könnten über MEDA und gegebenenfalls ergänzt durch
andere Haushaltslinien finanziert werden. Zweck dieser Pläne könnte es sein,

– die verfassungsmäßigen und gesetzlich gewährten Rechte zu analysieren und
Reformen am rechtlichen Rahmen vorzuschlagen;

– die Umsetzung der Menschenrechtsabkommen, denen der jeweilige Staat
beigetreten ist, zu unterstützen und den Beitritt zu denjenigen internationalen
Instrumenten zu fördern, denen der entsprechende Staat noch nicht beigetreten
ist; gegebenenfalls die Entwicklung des Rechtsrahmens auf nationaler Ebene
zu unterstützen;

– die Stellung und die Rechte der Frau in ihren jeweiligen Gesellschaften zu
analysieren und vorzuschlagen, wie sie am besten in die Entwicklung ihrer
Länder einbezogen werden können;

– die Entwicklung geeigneter rechtlicher und administrativer Strukturen zu
unterstützen;

– die Einbeziehung eines nationalen Dialogs mit der Zivilgesellschaft in
nationale Maßnahmen zu unterstützen;

– den Austausch von Informationen über die bewährtesten Verfahren zu fördern
und Anstöße für deren Einbeziehung in nationales Handeln zu geben;

– die Annahme und Umsetzung internationaler Standards und den Beitritt zu
internationalen Instrumenten zu fördern;

Was den Status und die Tätigkeiten von NRO und regierungsunabhängigen Akteuren
betrifft, sollten die nationalen Aktionspläne

– aufzeigen, welche Änderungen am rechtlichen und administrativen Rahmen
notwendig sind, um internationale Verpflichtungen im Hinblick auf Stellung
und Tätigkeiten von NRO und regierungsunabhängigen Akteuren umzusetzen;

– die Kapazitäten von NRO und anderen regierungsunabhängigen Akteuren
durch praktische Schulungsmaßnahmen stärken;

– die Vernetzung zwischen lokalen und europäischen NRO und anderen
regierungsunabhängigen Akteuren fördern;

– lokale NRO und regierungsunabhängige Akteure in internationale Netze
einbinden;

– eine Koordinierung zwischen NRO und internationalen Organisationen
herauszubilden .

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23 – Drucksache 15/1633

Die Gemeinschaft würde sich an der Finanzierung dieser nationalen oder regionalen
(siehe unten) Aktionspläne, die die vereinbarten Mindestanforderungen erfüllen,
beteiligen. Da nicht alle Partner unmittelbar bereit sind, sich an diesem Vorgehen zu
beteiligen, wird das kurzfristige Ziel die Aufstellung nationaler Aktionspläne mit
zunächst zwei oder drei Partnerländern sein. Im Laufe der Umsetzung dieser Pläne
können andere zum Prozess hinzugezogen werden.

4.2.2. Regionale Pläne

Empfehlung Nr. 6

Aktionspläne auf regionaler Ebene oder für Teile einer Region sollten aufgestellt
werden, wenn zwei oder mehr Partner die Zusammenarbeit bei konkreten
Maßnahmen im Zusammenhang mit bilateralen Menschenrechtsmaßnahmen, die im
Fahrplan des Aktionsplans von Valencia genannt werden, weiterentwickeln wollen.
Schwerpunkt dieser Aktionspläne könnten Fragen sein, die in künftigen regionalen
Programmen im Rahmen von MEDA behandelt werden, wie beispielsweise die
Rechte der Frau oder die Zusammenarbeit im Bereich Justiz. Sie könnten ferner eine
Brücke zu anderen multilateralen Aktivitäten schlagen unter anderem zu den
notwendigen Folgemaßnahmen zum UNDP-Bericht über die menschliche
Entwicklung in der arabischen Welt. Regionale Entwicklungspläne könnten
außerdem den Spielraum für die Zusammenarbeit mit regionalen
Zusammenschlüssen wie der Arabischen Liga vergrößern.

4.3. Einbeziehung der Förderung der Menschenrechte und der Demokratie in die
MEDA-Programme

4.3.1. Nationale Richtprogramme

Die Fertigstellung der Länderstrategiepapiere (2002-2006) für die meisten MEDA-
Partnerländer im Jahr 2001 war ein wichtiger Fortschritt hin zur Einbeziehung der
Dimension Menschenrechte und Demokratisierung in das Gesamtkonzept der
Kommission für ihre Hilfe an die Mittelmeerpartner.

Die Untersuchung der politischen und sicherheitspolitischen Lage in den
Länderstrategiepapieren liefert einen Ausgangspunkt, um sich auf die Sektoren oder
Querschnittsmaßnahmen zu konzentrieren, die durch die MEDA-Hilfe und die
EIDMR das Regieren insgesamt verbessern würden. Folglich enthalten die meisten
MEDA-Länderzuweisungen die Unterstützung für Programme im Bereich
"verantwortungsvolles Regieren" und in einigen Fällen für die Zivilgesellschaft (zu
bilateralen Programmen siehe Punkt 3.4.1).

Drucksache 15/1633 – 24 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Empfehlung Nr. 7

Die Ausarbeitung der künftigen Nationalen Richtprogramme wird ab dem Zyklus
2005-2006 zur weiteren Einbeziehung verantwortungsvollen Regierens, der
Menschenrechte und der Demokratie in das Programm MEDA genutzt. In Einklang
mit der oben genannten Erklärung von Marseilles sollte die Zusammenarbeit im
Rahmen von MEDA den Fortschritt der Länder in den Bereichen Menschenrechte
und Demokratisierung besser widerspiegeln. Über die spezifische Unterstützung
hinaus, die für Maßnahmen im Rahmen der nationalen und regionalen Aktionspläne
bereitgestellt werden kann, wird innerhalb von MEDA ein erheblicher zusätzlicher
Betrag vorgesehen, der denjenigen Partnern zur Verfügung gestellt wird, die an der
Ausarbeitung und Umsetzung nationaler Aktionspläne arbeiten. Er wird im Rahmen
ihrer NRP zugewiesen, um Maßnahmen zu finanzieren, die nicht unbedingt in
unmittelbarem Zusammenhang mit Menschenrechten und Demokratisierung stehen.

Die Menschenrechtsdimension der Länderstrategiepapiere wird weiter ausgebaut.
Dabei werden auch die Schlussfolgerungen des UNDP-Berichts 2002 über die
menschliche Entwicklung in der arabischen Welt gebührend berücksichtigt,
insbesondere diejenigen im Hinblick auf verantwortungsvolles Regieren und
Gleichstellungsfragen.

4.3.2. MEDA-Regionalprogramme

Die Regionalen Programme haben bei der Behandlung von Fragen, die zumindest in
der Anfangsphase häufig zu heikel sind, um sie auf nationaler Ebene anzugehen,
ihren Nutzen unter Beweis gestellt. Des Weiteren können Regionale Programme
einen fruchtbaren Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren zwischen
Ländern ermöglichen, denen kulturelle Werte, Hintergrund und Erfahrungen
gemeinsam sind (zu den Regionalen Programmen siehe Punkt 3.4.1, letzter Absatz).

Empfehlung Nr. 8

Bei der Ausarbeitung des Regionalen Richtprogramms (RRP) für 2005-2006 prüft
die Kommission eingehend, wie die Unterstützung der Stärkung der Menschenrechte
und der Demokratie sowie die Einbindung der Zivilgesellschaft einbezogen werden
kann. Des Weiteren arbeitet die Kommission an einer Bewertung der Auswirkungen
der verschiedenen Tagungen des Bürgerforums, die im Vorfeld der
Außenministertagungen "Europa-Mittelmeer" stattfanden. In diesem Zusammenhang
wird sie prüfen, inwiefern das Bürgerforum eine Struktur hervorbringen kann, mit
deren Hilfe sich die Ergebnisse dieser Tagungen operativ stärker auf die
Maßnahmen der Partnerschaft und auf die Einbindung der Zivilgesellschaft
auswirken. Das RRP (2005-2006) berücksichtigt ferner die Schlussfolgerungen des
UNDP-Berichts über die menschliche Entwicklung in der arabischen Welt 2002.

4.3.3. Die Europäische Initiative für Demokratie und Menschenrechte (EIMDR)

Entsprechend den Empfehlungen in der Mitteilung über die Rolle der EU bei der
Förderung der Menschenrechte und der Demokratisierung in Drittländern vom Mai
2001 wurde für die EIMDR eine strategischere Verwendung der Mittel konzipiert. In
den Jahren 2002/2004 konzentriert sich die EIMDR auf eine begrenzte Anzahl
thematischer Prioritäten:

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 25 – Drucksache 15/1633

– Stärkung von Demokratisierung, verantwortungsvollem Regieren und
Rechtsstaatlichkeit;

– Maßnahmen zur Unterstützung der Abschaffung der Todesstrafe;

– Bekämpfung von Folter und Straflosigkeit sowie Unterstützung für
internationale Gerichte und Strafgerichte;

– Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sowie von
Diskriminierung gegenüber Minderheiten und indigenen Völkern.

Um darüber hinaus der Hilfe größtmögliche Wirkung zu verleihen und die
Nachhaltigkeit mit begrenzten Mitteln zu verbessern, konzentriert sich die EIMDR-
Unterstützung im Rahmen von Priorität 1 (Stärkung von Demokratisierung,
verantwortungsvollem Regieren und Rechtsstaatlichkeit) gegenwärtig auf 31
"Schwerpunktländer" weltweit. Ein gemeinsames Merkmal aller Projekte und
Programme ist die Einbeziehung einer Perspektive der Geschlechtergleichstellung.

Schwerpunktländer im südlichen Mittelmeerraum und im Nahen Osten sind
Algerien, Tunesien und Israel sowie das Westjordanland/Gazastreifen. Für die
Finanzierung von Projekten in diesen Ländern in den Jahren 2002-2004 wurden
ausführliche Teilprioritäten ausgearbeitet. Eine Neuerung ist die in diesen Ländern
geplante und von den Delegationen der Kommission verwaltete "Kleinstprojekte-
Fazilität" zur Bereitstellung kleiner Darlehen für Projekte, die von der lokalen
Zivilgesellschaft vorgelegt werden.

Für Projekte im Rahmen der anderen umfassenderen Prioritäten der EIMDR -
Abschaffung der Todesstrafe, Bekämpfung von Folter und Straflosigkeit sowie
Rassismusbekämpfung - können sich alle Drittländer bewerben und die Projekte
beschäftigen sich auch mit Menschenrechtsfragen auf regionaler Ebene. Der Master-
Abschluss der Mittelmeerländer auf dem Gebiet Menschenrechte und
Demokratisierung sorgt für operative Schulungsmaßnahmen zur Herausbildung eines
Kaders an Qualifikationsträgern aus der gesamten Region, die im nationalen und
regionalen Kontext wirksam zur Förderung der Demokratisierung sowie zur
Förderung und zum Schutz der Menschenrechte beitragen können.

Die EIMDR-Strategie im Hinblick auf die Mittelmeerpartner sollte 2003 in Einklang
mit den Schlussfolgerungen der EIMDR-Regionalkonferenzen, die Mitte 2002 in
Amman und Casablanca mit Vertretern der Zivilgesellschaft aus dem Maschrek und
dem Maghreb stattfanden, überprüft werden. Diese Seminare hoben
Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit als Prioritäten für die Region hervor und
empfahlen, der lokalen Zivilgesellschaft verstärkte Unterstützung zukommen zu
lassen.

Drucksache 15/1633 – 26 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Ferner wurde unter Rückgriff auf die EIMDR durch Entsendung von EU-
Wahlbeobachtungsmissionen sowie durch Finanzierung von NRO für wahlbezogene
Projekte Wahlunterstützung geleistet. Maßnahmen auf dem Gebiet der Wahlen
könnten in dem Mittelmeerländern systematischer und umfassend in Erwägung
gezogen werden. Insbesondere ist entscheidend, dass Wahlunterstützung nicht als
einmalige Maßnahme wahrgenommen wird, die in der Hauptsache an
Wahlbeobachtung geknüpft ist (eine Aktivität mit starken politischen
Auswirkungen), sondern vielmehr als ständige und umfassende Anstrengung zur
Verbesserung der Rahmenbedingungen für Wahlen in den Partnerländern. Die
Maßnahmen sollten sich nicht nur auf die verwaltungsmäßigen und rechtlichen
Aspekte eines Wahlprozesses konzentrieren, sondern auch auf die tatsächliche
Wahrnehmung von Menschenrechten und Grundfreiheiten, die eng mit Wahlen
verknüpft sind. In diesem Zusammenhang sollte Wahlbeobachtung auch ein
wichtiges Instrument zur Bewertung der erreichten Fortschritte sein und weitere
Verbesserungen empfehlen.

Empfehlung Nr. 9

Die EIDMR-Strategie gegenüber den Mittelmeerpartnern sollte im Hinblick auf die
Stärkung der Kapazitäten der Zivilgesellschaft auf regionaler Grundlage überprüft
werden. Das soll durch die Einrichtung oder Konsolidierung regionaler NRO-Netze
geschehen, die auch europäische NRO umfassen können. Diese gestärkten, auf
Dauer angelegten Netze und Verbindungen ermöglichen den Austausch von
Informationen und bewährten Verfahren sowie den Aufbau von Kapazitäten und
werden sich auf konkrete, Ergebnis orientierte Maßnahmen in einem oder mehreren
der folgenden Gebiete stützen:

– Vereinigungs- und Meinungsfreiheit (einschließlich Überwachung der/
Eintreten für die rechtlichen Rahmenbedingungen für NRO und andere
regierungsunabhängige Akteure und Menschenrechtler);

– Schutz der/Eintreten für die Rechte spezifischer Gruppen;

– Verantwortungsvolles Regieren und Korruptionsbekämpfung.

Darüber hinaus sollte die EIMDR nach 2004 dem weiteren Ausbau der
Komplementarität zwischen EIMDR und den MEDA-Programmen besondere
Aufmerksamkeit beimessen, insbesondere im Hinblick auf die Finanzierung von
Maßnahmen, die in den Nationalen Aktionsplänen festgelegt werden.

Empfehlung Nr. 10

Alle verfügbaren Instrumente zur Wahlunterstützung (politischer Dialog, MEDA und
EIMDR) sollten kohärent und sich gegenseitig ergänzend eingesetzt werden, um
durch Zusammenarbeit mit staatlichen Behörden und der Zivilgesellschaft die
Verbesserung der Rahmenbedingungen für Wahlen insgesamt anstreben zu können.
Wahlbeobachtung sollte in Erwägung gezogen werden, wenn sie in der betreffenden
Situation einen tatsächlichen zusätzlichen Nutzen verspricht.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 27 – Drucksache 15/1633

5. SCHLUSSFOLGERUNG

Die EU und ihre Mittelmeerpartner verfügen über ein beeindruckendes Spektrum an
Instrumenten, mit dem sie ihre gemeinsamen Kernziele der Förderung der Rechtsstaatlichkeit
der Demokratisierung und der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten verfolgen
können. Die vorliegende Mitteilung hat zehn Bereiche benannt, in denen sich diese
bestehenden Instrumente wirksamer nutzen lassen:

– Vertiefung und stärkere operative Ausrichtung des politischen Dialogs über
Menschenrechte und Demokratisierung auf allen Ebenen mit den MEDA-Partnern;

– Aktualisierung der gemeinsamen Kenntnisse und Expertise zur Menschenrechts-
und Demokratisierungsfragen in der Region;

– Bessere Koordinierung zwischen den Delegationen der Kommission und den
Botschaften der Mitgliedstaaten über Menschenrechts- und Demokratisierungsfragen
und entsprechende Kooperationsmaßnahmen;

– regelmäßige Kontakte zwischen den Delegationen der Kommission und der
Zivilgesellschaft in enger Abstimmung mit den Botschaften der EU-Mitgliedstaaten;

– Entwicklung von Nationalen Aktionsplänen für Menschenrechte und Demokratie
im Rahmen von MEDA mit den Partnern, die sich daran beteiligen wollen;

– Aufstellung Regionaler Aktionspläne für Menschenrechts- und Demokratiefragen
mit den MEDA-Partnern, die eine weitere Zusammenarbeit zu konkreten Fragen
entwickeln wollen;

– verstärkte Beachtung von Menschenrechts- und Demokratisierungsfragen in den
Länderstrategiepapieren der Kommission und stärkere Berücksichtigung der in
diesen Bereichen erzielten Fortschritte in den Nationalen Richtprogrammen, auch
durch eine besondere zusätzliche Fazilität;

– verstärkte Konzentration auf Menschenrechts- und Demokratisierungsfragen in den
Regionalen Strategieprogrammen und Regionalen Richtprogrammen der
Kommission;

– verstärkte Komplementarität zwischen den Programm MEDA und der Europäischen
Initiative für Demokratie und Menschenrechte;

– verstärkte Anstrengungen auf allen Ebenen zur Verbesserung der
Rahmenbedingungen für Wahlen.

Die in der vorliegenden Mitteilung vorgeschlagenen praktischen Maßnahmen werden zu
größerer Kohärenz und Vereinbarkeit zwischen den Maßnahmen der Gemeinschaft und der
GASP führen und die Nutzung von Synergien auf allen Handlungsebenen ermöglichen: auf
der Ebene des politischen Dialogs, durch stärkere Berücksichtigung der Menschenrechts- und
Demokratisierungsdimension in den Kooperationsprogrammen und durch Stärkung der
Komplementarität zwischen den einzelnen Kooperationsinstrumenten, die der Europäischen
Union zur Verfügung stehen.

Der Rat, das Europäische Parlament, unsere Partner im Mittelmeerraum und die übrigen
Partner, mit denen die Kommission zur Förderung der Achtung der Menschenrechte und der

Drucksache 15/1633 – 28 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Demokratisierung zusammenarbeitet, werden ersucht, die in der vorliegenden Mitteilung
dargelegten Maßnahmen zu unterstützen und mit der Kommission an deren Umsetzung
zusammenzuwirken.
msterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 340, Telefax (02 21) 97 66 344

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